TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/25 LVwG-2021/27/0035-1, LVwG-2021/27/0036-1

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Veröffentlicht am 25.01.2021
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Entscheidungsdatum

25.01.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG 2014 §7 Abs4
AVG §71

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

I.       (zu LVwG-2021/27/0036)

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 17.11.2020, ***, wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.      (zu LVwG-2021/27/0035)

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 24.07.2018, ***, wegen Übertretung des FSG, den

B E S C H L U S S

1.       Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.11.2020, *** (zu LVwG-2021/27/0036) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 06.08.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG nicht bewilligt.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin ausgeführt, dass die Begründung der belangten Behörde, ihm habe der behauptete Rechtsirrtum in der Zeit vom 31.07.2018 bis 05.08.2020 „früher auffallen müssen“ sei rechtswidrig. Der Beschwerdeführer sei im vorerwähnten Zeitraum einem Rechtsirrtum unterlegen. Ausgehend von den eindeutigen rechtlichen Bestimmungen des FSG, laut denen eine „kumulative Strafe“ von Geld- und Freiheitsstrafe nicht möglich sei, habe er gedacht, dass er nur eine Geldstrafe erhalten habe, weshalb er keine Beschwerde eingebracht habe. Erst durch die Zustellung des Strafantritts sei ihm bewusst geworden, dass er sowohl eine Geldstrafe als auch eine Freiheitsstrafe erhalten habe. Wenn die belangte Behörde feststelle, dass einem sorgfältigen Menschen dieses Ereignis zwischen Zustellung und Eintritt der Rechtskraft aufgefallen wäre, widerspreche dies dem Sinn einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er eine Beschwerde eingebracht hätte, wäre ihm das Ereignis zwischen Zustellung und Eintritt der Rechtskraft aufgefallen.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24.07.2018, *** (zu LVwG-2021/27/0035) wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1.      Datum/Zeit:                   12.02.2018, 19:05 Uhr

         Ort:                               Y, A **, Autobahnausfahrt Y/Ost

         Beroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung waren.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.       § 37 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 FSG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 2.180,00

42 Tage(n) 0 Stunde(n)
0 Minute(n)

14 Tage(n)
0 Stunde(n)

0 Minute(n)

§ 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 Z 1 FSG

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 358,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 2.538,00.“

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 07.09.2020 Beschwerde erhoben und darin ausgeführt, dass eine Geld- und eine Haftstrafe kumulativ verhängt worden wären, was nach § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 Z 1 FSG nicht möglich sei.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt sowie die Akten des Landesverwaltungsgerichts.

II.      Sachverhalt:

Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, ein näher angeführtes Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung war.

Aus diesem Grund wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 2.180,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Tage) sowie eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt, wobei im angefochtenen Straferkenntnis lediglich § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 Z 1 FSG angeführt ist, ein Hinweis auf § 37 Abs 2 FSG fehlt jedoch. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist in der Begründung auf §§ 11 und 12 VStG verwiesen und angeführt, dass diese Bestimmungen im gegenständlichen Fall (ebenfalls) maßgebend seien. Weiters ist in der Begründung ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zumindest vorsätzlich gehandelt habe, da ihm das Unrecht aus sechs rechtskräftigen Bestrafungen (2015-2017) bekannt sei. Der Umstand der Begehung von vielen strafbaren Handlungen derselben Art über einen Zeitraum von 2015 bis heute wurde im angefochtenen Straferkenntnis erschwerend hervorgehoben. Überdies ist auch festgehalten, dass sich an der geistigen Haltung des Beschwerdeführers im Hinblick der Begehung dieser Taten nichts geändert habe, weshalb aus spezialpräventiven Gründen eine Haftstrafe zu verhängen gewesen sei.

In diesem Straferkenntnis ist in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich festgehalten, dass das Rechtsmittel der Beschwerde gegen diesen Bescheid möglich ist und eine Beschwerde innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Behörde einzubringen ist.

Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 31.07.2018 zugestellt. Eine Beschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sodass dieses Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen ist.

Es ist nicht aktenkundig, dass der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde vorgesprochen haben sollte und die Auskunft erhalten haben sollte, dass ihm (mündlich) mitgeteilt werde, dass er keine rechtliche Möglichkeit habe, „das Straferkenntnis zu beeinspruchen“. Im behördlichen Akt findet sich jedoch ein E-Mail des Beschwerdeführers vom 23.10.2018, in welchem ausgeführt wird, dass er sich für einen Zahlungsverzug entschuldige und bei der belangten Behörde mit einem Betrag von Euro 2.538,00 im Soll stehe. Es sei ihm aufgrund seiner aktuellen Situation nicht möglich, den gesamten Betrag zu bezahlen und ersuche er daher um eine Ratenzahlung in Höhe von monatlich Euro 200,00. In weiterer Folge hat die belangte Behörde einen Bescheid über Teilzahlung vom 23.10.2018, ***, erlassen, mit dem das Ansuchen vom 23.10.2018 um Teilzahlung abgewiesen wurde. Die Zahlungsunfähigkeit sei ausreichend dokumentiert, da beim Bezirksgericht Innsbruck ein Schuldenregulierungsverfahren über den Beschwerdeführer eröffnet und am 02.06.2016 aufgrund eines vorgelegten Zahlungsplans aufgehoben worden sei. Das Ende der Zahlungsfrist sei mit 11.05.2023 fixiert worden. Im Verwaltungsstrafverfahren sei die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe ergangen.

Mit Schreiben vom 15.07.2020 hat die belangte Behörde ausgeführt, dass die zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers aufgrund der zuvor ergangenen Aufforderung, die verhängte Freiheits-/Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten nicht befolgt wurde. Die zum 14.07.2020 offene (Ersatz)freiheitsstrafe wird mit einem Ausmaß von 53 Tagen, 14 Stunden und 40 Minuten angeführt und wird auf ursprünglich 42 Tage Ersatzfreiheitsstrafe und 14 Tage Freiheitsstrafe verwiesen.

In der Aufforderung der belangten Behörde zum Antritt der Freiheits-/Ersatzfreiheitsstrafe vom 27.09.2018, ***, die dem Beschwerdeführer am 12.10.2018 zugestellt wurde, ist ebenfalls eine Ersatzfreiheitsstrafe (EF) im Ausmaß von 42 Tagen und ein Strafbetrag in Höhe von Euro 2.180,00, sowie eine Freiheitsstrafe (F) im Ausmaß von 14 Tagen ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 06.08.2020 hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass mit Straferkenntnis vom 24.07.2018 über ihn eine Geldstrafe und eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt worden sei und die Geldstrafe in Raten abbezahlt werde. Die Haftstrafe sei zwar in Rechtskraft erwachsen, jedoch rechtswidrig. Eine Freiheitsstrafe sei nur im Sinn des § 37 FSG möglich zu verhängen und würde im Straferkenntnis die Freiheitsstrafe wegen § 37 Abs 1 und Abs 3 verhängt worden sein, welche Gesetzesstellen eine Freiheitsstrafe nicht vorsehen würden. Er beantrage ua die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Mit Schreiben vom 07.09.2020 hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass es richtig sei, dass er die Frist gegen das Straferkenntnis vom 24.07.2018 versäumt habe. Dieses Straferkenntnis sei gesetzwidrig, da er nur gemäß § 37 Abs 2 FSG zu einer Freiheitsstrafe hätte verurteilt werden dürfen, nicht jedoch gemäß § 37 Abs 1 und 37 Abs 3 Z 1 FSG und sei er einem Rechtsirrtum unterlegen, weshalb er die Frist versäumt habe. Er habe bei der LPD nachgefragt und sei ihm mündlich mitgeteilt worden, dass er keine rechtliche Möglichkeit habe, das Straferkenntnis „zu beeinspruchen“. Der Umstand sei ihm am 05.08.2020 bekannt geworden. Zu diesem Zeitpunkt habe die LPD mitgeteilt, dass er die Haft anzutreten habe. Überdies erhebe er Beschwerde in der er ausgeführt hat, dass das Straferkenntnis rechts- und gesetzeswidrig sei, da eine Geldstrafe und eine Haftstrafe kumulativ gemäß § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 Z 1 FSG verhängt worden sei. In diesen Gesetzesbestimmungen sei aber von der Möglichkeit einer Verhängung einer Geldstrafe und einer Haftstrafe nicht die Rede, weshalb nur eine Geldstrafe hätte verhängt werden dürfen.

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 17.11.2020, ***, mit dem sie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt hatte.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorerwähnten Feststellungen ergeben sich in zweifelsfreier Weise aus dem behördlichen Akt. Dort insbesondere aus den vorliegenden Urkunden.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des FSG, BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 169/2020, lauten:

㤠37

Strafausmaß

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

(3) Eine Mindeststrafe von 363 Euro ist zu verhängen für das Lenken

         1.       eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt,

         2.       eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Führerschein oder vorläufige Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen wurde oder

         3.       eines Kraftfahrzeuges der Klasse D entgegen der Bestimmung des § 20 Abs. 4, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt.“

Die wesentlichen Bestimmungen des AVG 1991, BGBl Nr 51/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

㤠32

Fristen

(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

㤠71

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

         1.       die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

         2.       die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

§ 7 VwGVG

Beschwerderecht und Beschwerdefrist

(…)

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

         1.       in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

         2.       in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,

         3.       in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung, und

         4.       in den Fällen des Art. 132 Abs. 5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

(…)“

V.       Erwägungen:

Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Im vorliegenden Fall ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb nicht berechtigt, da ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nur Angaben zur Rechtzeitigkeit und die Nachholung der versäumten Handlung zu enthalten hat, sondern auch die Wiedereinsetzungsgründe, die glaubhaft zu machen sind bzw taugliche Bescheinigungsmittel beizubringen sind und überdies auch die Einhaltung der geforderten Sorgfalt glaubhaft zu machen ist (vgl VwGH 08.11.2005, 2005/17/0200).

Das Vorliegen der Wiedereinsetzungsgründe ist immer nur aufgrund der Behauptungen im Antrag zu prüfen, sodass ein Auswechseln der Wiedereinsetzungsgründe nicht in Frage kommt (vgl zB VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134 ua).

Im Schreiben vom 07.09.2020 hat der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, einem Rechtsirrtum unterlegen zu sein und seinerzeit bei der LPD nachgefragt zu haben, wo ihm mündlich mitgeteilt worden sei, dass er keine rechtliche Möglichkeit habe, das Straferkenntnis zu beeinspruchen und seien ihm die Umstände erst am 05.08.2020 bekannt geworden, als ihm die LPD mitgeteilt habe, dass er die Haft anzutreten habe.

Im behördlichen Akt ist kein Hinweis darauf zu finden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich bei der LPD nachgefragt hat und hat es der Beschwerdeführer unterlassen, anzugeben, wer ihm seinerzeit die Auskunft erteilt hat und wann er diesbezüglich nachgefragt haben will. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass im Straferkenntnis eine korrekte Rechtsmittelbelehrung enthalten ist, aus der sich ergibt, dass die Erhebung einer Beschwerde innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung möglich ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn eine Partei eine falsche Auskunft erhalten hat und sie aber Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen (vgl VwGH 19.12.2017, Ro 2015/17/0031). Da im gegenständlichen Fall das Straferkenntnis eine korrekte Rechtsmittelbelehrung enthalten hat, hätte der Beschwerdeführer jedenfalls Zweifel an der Richtigkeit der von ihm angeführten Auskunft haben müssen, sodass ihm diesbezüglich ein schuldausschließender Irrtum nicht zugutekommt.

Dies unabhängig davon, dass schon die für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geforderten Voraussetzungen, nämlich der konkreten Angaben betreffend die Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrundes. Glaubhaftmachung bedeutet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter den Anspruch für wahrscheinlich halten muss (vgl zB VwGH 20.06.2012, 2010/17/0099). Ohne nähere Angaben dahingehend, wann und mit wem der Beschwerdeführer in der LPD gesprochen hat, kann nicht von einer Glaubhaftmachung der mündlichen Auskunft ausgegangen werden.

Abgesehen davon, dass fehlende Angaben zur Glaubhaftmachung nicht verbesserungsfähig sind, hat der Beschwerdeführer diesbezüglich auch in der Beschwerde nichts ausgeführt (vgl zB VwGH 30.06.2010, 2010/12/0098 ua).

Sofern im angefochtenen Bescheid angeführt ist, dass einem sorgfältigen Menschen der Rechtsirrtum früher aufgefallen wäre, ist auszuführen, dass bereits in der Aufforderung zum Antritt der Freiheits-/Ersatzfreiheitsstrafe vom 27.09.2018 bereits in dieser Überschrift und sodann auch bei der weiteren Angabe, wonach eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen sowie eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen noch offen seien, für einen durchschnittlich aufmerksamen Leser erkennbar, dass damit zwei unterschiedliche Strafen, nämlich einerseits die Ersatzfreiheitsstrafe, die im Fall, dass die Geldstrafe in Höhe von Euro 2.180,00 nicht bezahlt wird, angeführt ist, andererseits aber auch eine davon unabhängige Freiheitsstrafe in Höhe von 14 Tagen.

Diese Aufforderung zum Antritt der Freiheits-/Ersatzfreiheitsstrafe wurde dem Beschwerdeführer nach den Feststellungen am 12.10.2018 zugestellt und hätte er sohin bereits zu diesem Datum Kenntnis von der Tatsache haben können, dass zwei verschiedene Freiheitsstrafen im Straferkenntnis verhängt wurden. Eine davon unterschiedliche Information liegt der Vorführung zum Strafantritt vom 15.07.2020 nämlich nicht zugrunde. Insofern erweist sich der Antrag als nicht gesetzeskonform.

Da der Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit sohin bereits aufgrund der Aufforderung zum Antritt der Freiheits-/Ersatzfreiheitsstrafe vom 27.09.2018 Kenntnis von seinem nunmehr angeführten Rechtsirrtum hätte haben können, ist der erst mit 07.09.2020 gestellte Nachprüfungsantrag nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgt. Auch unvertretene Parteien trifft bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl VwGH 25.09.2018, Ra 2016/05/0018).

Unabhängig davon ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein Rechtsirrtum über das Bestehen einer Beschwerdemöglichkeit kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB VfSlg 13.924/1994 ua).

Aus allen diesen Gründen erweist sich die Beschwerde gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ablehnenden Bescheid der belangten Behörde vom 17.11.2020 als nicht begründet.

Zur Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24.07.2018, ***:

Der Beschwerdeführer hat in seinem Schreiben vom 07.09.2020 selbst ausgeführt, dass er die Frist gegen das angefochtene Straferkenntnis versäumt habe, da er einem Rechtsirrtum unterlegen sei.

Nachdem dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge zu geben war, erweist sich damit auch die Beschwerde gegen das angefochtene Straferkenntnis als verspätet. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer innerhalb der dafür vorgesehenen Frist keine Beschwerde erhoben hat. Wie bereits zuvor ausgeführt, war im angefochtenen Straferkenntnis eine verständliche und rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung enthalten, weshalb der Beschwerdeführer Zweifel an der von ihm nunmehr behaupteten Auskunft über die rechtliche Unmöglichkeit, das „Straferkenntnis zu beeinspruchen“ hätte haben müssen.

Unabhängig davon wäre der Beschwerde keine Folge zu geben gewesen, da gemäß § 37 Abs 2 FSG Geld- und Freiheitsstrafen nebeneinander verhängt werden können, wenn der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft wurde. Gemäß § 37 Abs 1 FSG ist eine Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen vorgesehen. Insofern kann sohin eine Geldstrafe samt zugehöriger Ersatzfreiheitsstrafe und eine (primäre) Freiheitstrafe im gegenständlichen Fall jedenfalls nebeneinander verhängt werden. Aus dem angefochtenen Straferkenntnis ist auch eindeutig zu entnehmen, dass die Behörde nach § 37 Abs 2 FSG bei der Verhängung der Freiheitsstrafe von 14 Tagen vorgegangen ist. Auch wenn dies im Straferkenntnis nicht ausdrücklich angeführt ist, ist die Angabe einer fehlenden Strafbestimmung verbesserungsfähig.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Verspätung;
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.27.0035.1

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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