TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/21 96/19/0578

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch den als Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. H in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1995, Zl. 106.152/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Als Begründung wurde angeführt, daß der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen eines Vergehens nach dem Suchtgiftgesetz bestraft worden sei. Auf Grund dieser rechtskräftigen Verurteilung sei für die erkennende Behörde die angeführte Norm des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG anzuwenden. Offensichtlich sei der Beschwerdeführer nicht gewillt, sich entsprechend den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften zu verhalten und sei deshalb nunmehr vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen. Damit liege ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund vor; dem Beschwerdeführer könne daher keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den Bescheid in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt. Das Schwergewicht der Beschwerde liegt darin, daß die Behörde dem Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens zu seiner Verurteilung nach § 16 des Suchtgiftgesetzes vernommen habe, sondern lediglich auf Grund des Strafaktes die Schlußfolgerung gezogen habe, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gebe jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, daß bereits eine einmalige Verurteilung jedenfalls einen Sichtvermerksversagungsgrund darstelle. Darüberhinaus seien die privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn (unter anderem) ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt. Zufolge des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

In der Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung nicht, daß er nach dem Suchtgiftgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt worden sei. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität kann der Annahme, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gefährde die öffentliche Sicherheit, nicht entgegengetreten werden. Daran ändert auch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nichts, da die Behörde die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit unabhängig vom Ausspruch des Gerichtes betreffend die bedingte Strafnachsicht zu beurteilen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 97/19/0205).

Bei dieser Rechtslage kann die Ansicht der belangten Behörde, daß hier der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht sei, nicht als verfehlt erachtet werden.

Auch der Hinweis auf die mangelnde Berücksichtigung der privaten Interessen des Beschwerdeführers (im Sinne des Art.8 MRK) kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die Behörde hat bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden in der Weise Bedacht zu nehmen, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. u.a. hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0021 mwN). Weder im Verwaltungsverfahren, noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerdeführer Angaben über ein in Österreich schützenswertes Familienleben erstattet. Der Beschwerdeführer war Ende 1991 (als Asylwerber) eingereist und hier als Kolporteur beschäftigt. Dadurch wurden aber keine privaten Verhältnisse begründet, die das Überwiegen der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüber dem öffentlichen Interesse auf Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit begründen würden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahren erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190578.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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