TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/14 I422 2217653-2

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Veröffentlicht am 14.09.2020
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Entscheidungsdatum

14.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §107 Abs1
StGB §125
StGB §126 Abs1
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2217653-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Prinz Eugen Straße 70/2/1.1, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2020, Zl. 1221689600/200530177, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger, wurde am 06.03.2019 im Reisezug von XXXX in Richtung XXXX ohne gültigen Fahrschein angetroffen und in Folge am Bahnhof XXXX von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes kontrolliert. Auf Befragung führte er an, dass er aus Italien komme und nach Deutschland zu Verwandten reisen wolle, er habe kein Ticket und keine Papiere. In Folge wurde der Beschwerdeführer am 08.03.2019 ins Anhaltezentrum XXXX überstellt.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Weiters erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot. Zuletzt wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt

3. Am 13.03.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er Marokko als Kind verlassen habe, da er seinen Vater habe sehen wolle, dieser ihn jedoch nicht gewollt habe. Außerdem sei in Marokko die finanzielle Situation sehr schlecht und könne man dort nicht leben.

4. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 09.04.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12.03.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.03.2019 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Des Weiteren erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Diese Entscheidung erwuchs in der Folge in Rechtskraft.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2019 wurde in Erledigung der Beschwerde der bekämpfte Bescheid vom 12.03.2019 gemäß § 28 Abs. 1 und 5 VwGVG ersatzlos behoben.

7. Am 25.06.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung zum Folgeverfahren gab der Beschwerdeführer an, einen neuerlichen Asylantrag zu stellen, da er im Rahmen seines ersten Asylverfahrens aus Furcht nicht die Wahrheit gesagt habe. Sein Bruder sei von seinem Lehrer geschlagen worden und hätte trotz einer Anzeige niemand etwas unternommen. Sein Bruder sei aufgrund dieser Verletzung gestorben. Er habe keine Rechte bekommen und der Lehrer sei nicht verurteilt worden. Anschließend habe er begonnen gegen das Regime politische Berichte zu schreiben und habe er anschließend mit seinem Vater aus Sicherheitsgründen aus Marokko fliehen müssen.

8. Am 02.07.2020 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

9. Am 08.07.2020 wurde der Beschwerdeführer erneut von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

10. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 11.07.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück. Des Weiteren erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Zugleich erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass nach ständiger Judikatur auch einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung Asylrelevanz zukomme, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, diese Verfolgungshandlung zu unterbinden. Dies treffe auf den Beschwerdeführer zu, da die heimatlichen Behörden ihm gegenüber jedenfalls schutzunfähig seien, möglicherweise auch schutzunwillig. Auch lasse die allgemeine Sicherheitslage in Marokko und auch die persönliche Situation des Beschwerdeführers eine Rückkehr nicht zu. Der Beschwerdeführer verfüge über kein adäquates soziales Auffangnetz in seiner Heimat und sei aus seiner Heimat entwurzelt. Des Weiteren würde die eher geringfügige Verurteilung des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht per se gefährden. Dem Beschwerdeführer sei durch die Haftstrafe seine Schuld vor Augen geführt worden, was ein Umdenken zu einem künftig rechtstreuen Verhalten habe bewirken können und sei daher von einer günstigen Zukunftsprognose auszugehen.

12. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat die Grundschule besucht. Er verfügt dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Mutter und die Schwester.

Der Beschwerdeführer reiste im März 2019 illegal in das Bundesgebiet ein und hält sich seitdem im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Kontakte.

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum von März 2020 bis Juni 2020 bei einem in Wien lebenden Freund wohnhaft, wobei er an dessen Wohnadresse jedoch nicht melderechtlich erfasst war. Während dieses Zeitraums wurde der Beschwerdeführer von seinem Freund im Ausmaß von monatlich 50 bis 200 Euro sowie Sachleistungen finanziell unterstützt wird.

Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein, betätigt sich nicht ehrenamtlich und konnte keine Sprachkenntnisse in Form von Sprachzertifikaten vorlegen.

Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und geht keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach.

Er wurde in Österreich strafgerichtlich verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.01.2020, XXXX , wurde er wegen der Vergehen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs. 1 StGB, der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs. 1, 269 Abs.1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Als mildernd wurden die Unbescholtenheit und das Geständnis gewertet. Als erschwerend wurden das Zusammentreffen von mehreren Vergehen gewertet.

1.2. Zu den bisherigen Verfahren und dem gegenständlichen Folgeantrag:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.03.2019 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er Marokko als Kind verlassen habe, da er seinen Vater habe sehen wollen, welcher ihn jedoch nicht gewollt habe. Außerdem sei die finanzielle Situation in Marokko sehr schlecht und könne man dort nicht leben.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.03.2019 auf sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Des Weiteren erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Diese Entscheidung erwuchs in der Folge in Rechtskraft.

Am 25.06.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung im Folgeverfahren an, dass er im Rahmen seines ersten Asylverfahrens aus Furcht nicht die Wahrheit gesagt habe. Sein Bruder sei von seinem Lehrer geschlagen worden und hätte trotz einer Anzeige niemand etwas unternommen. Sein Bruder sei aufgrund dieser Verletzung gestorben. Er habe keine Rechte bekommen und der Lehrer sei nicht verurteilt worden. Anschließend habe er begonnen gegen das Regime politische Berichte zu schreiben und habe anschließend gemeinsam mit seinem Vater aus Sicherheitsgründen aus Marokko fliehen müssen, um dadurch einer Verhaftung in Marokko zu entgehen.

Die im gegenständlichen Folgeverfahren vorgebrachten Gründe für die Antragstellung waren dem Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt seines vorangegangenen Antrages auf internationalen Schutz bekannt. Darüber hinaus weisen diese keinen glaubhaften Kern auf.

Es liegt daher keine Änderung der Sachlage zwischen dem rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides vor. Auch in Bezug auf die Situation in Marokko war keine wesentliche Änderung eingetreten, ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.

Der Beschwerdeführer wird daher im Falle seiner Rückkehr nach Marokko weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung oder wie immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 11.07.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems der Grundversorgung und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften und nicht widerlegten Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde sowie aus den rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren.

Mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde. Aus seinen glaubhaften Angaben im Rahmen seines ersten Asylverfahrens resultierten die Feststellungen zu seinem Schulbesuch und den dortigen familiären Anknüpfungspunkten. Auch im Rahmen seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges vor.

Die Feststellungen betreffend seine illegale Einreise ergeben sich sich zweifellos aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die Feststellungen hinsichtlich der Lebensumstände im Bundesgebiet ergeben sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer legte keinerlei Unterlagen vor, welche bisher getätigte Schritte zur Integration belegen würden.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Seine strafgerichtliche Verurteilung ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister und dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Strafurteil.

2.3. Zu den bisherigen Verfahren und dem gegenständlichen Folgeantrag:

Die Feststellungen zu seinem ersten Antrag auf Asyl wurden dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt entnommen.

Die im gegenständlichen Folgeverfahren vorgebrachten Gründe für seinen neuerlichen Asylantrag, ergeben sich ebenfalls aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem sich darin befindlichen Erstbefragungsprotokoll zum Folgeantrag auf Asyl vom 25.06.2020 sowie den Protokollen zur niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 02.07.2020 und insbesondere vom 08.07.2020.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die von dem Beschwerdeführer nunmehr vorgebrachten Fluchtgründe diesem bereits zum Zeitpunkt seines ersten Antrages auf internationalen Schutz bekannt waren.

Es ist daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese ausführte, dass dem Beschwerdeführer die Verpflichtung zugekommen wäre, diese Fluchtgründe bereits im Rahmen seines ersten Verfahrens auf internationalen Schutz geltend zu machen und schon aus diesem Grund der Sachverhalt der entschiedenen Sache erfüllt ist.

Darüber hinaus ist dem nunmehr geltend gemachten Fluchtgrund mangels eines glaubhaften Kerns die Glaubhaftigkeit abzusprechen (vgl. VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0487).

So kann vom erkennenden Gericht zunächst in keiner Weise nachvollzogen werden, weshalb der Beschwerdeführer das nunmehr vorgebrachte Fluchtvorbringen im Rahmen seines ersten Asylverfahrens vollkommen unerwähnt ließ. Diesbezüglich vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er zunächst aus Furcht geschwiegen habe, keine Klarheit zu schaffen, bleibt doch völlig offen, weshalb der Beschwerdeführer in Österreich negative Konsequenzen zu befürchten haben sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, nicht ungenützt vorübergehen lassen würde (vgl. VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250) und widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Beschwerdeführer derart wesentliche Teile seiner Fluchtgründe im Rahmen seines ersten Asylverfahrens vollkommen unerwähnt lässt.

Darüber hinaus lässt sich ein krasser Widerspruch zwischen dem Vorbringen im Rahmen des ersten Asylverfahrens und dem nunmehrigen Fluchtvorbringen erkennen. So gab der Beschwerdeführer im Rahmen des ersten Asylverfahrens - neben der allgemein schlechten finanziellen Situation in Marokko - an, dass er Marokko als Kind verlassen habe, da er seinen Vater habe sehen wollen, dieser ihn allerdings nicht gewollt habe. In unauflösbaren Widerspruch dazu bringt der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren nunmehr vor, dass er aufgrund einer persönlichen Bedrohung durch die Polizei von seinem Vater nach Libyen gebracht worden sei. Sein Vater lebe nun in Algerien, arbeite manchmal in Libyen und Tunesien und habe Angst nach Marokko zurückzukehren.

Neben diesem krassen Widerspruch fällt zudem ins Auge, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers durchwegs im vagen und unkonkreten Bereich blieb. So gab er etwa an, dass der Lehrer, welcher eine zentrale Figur im nunmehrigen Fluchtvorbringen darstellt, politisch tätig und mit der Polizei befreundet gewesen sei. Auf Nachfrage durch die belangte Behörde, inwiefern dieser politisch aktiv gewesen sei, war der Beschwerdeführer jedoch nicht dazu in der Lage konkrete Ausführungen zu machen und führte aus, dass er dies nicht genau wisse. Ebenso erscheint das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er den Mann, welcher zu ihm nachhause gekommen sei, aufgrund von Handschellen als Polizist in Zivil erkannt habe, wenig schlüssig und mangelt es auch an dieser Stelle an Details, welche eine Nachvollziehbarkeit ermöglichen würden.

In einer Gesamtbetrachtung der vorangegangenen Ausführungen erhärtet sich der Eindruck des erkennenden Gerichts, dass es sich bei den von dem Beschwerdeführer ins Treffen geführten Fluchtgründen um ein gedankliches Konstrukt handelt, dem ein glaubhafter Kern zu versagen war und mit welchem er seine Flucht aufgrund der allgemein schlechten Bedingungen in Marokko zu begründen versuchte.

Des Weiteren konnten aus den Länderberichten keine derartigen Verschlechterungen der Sicherheitslage in Marokko abgeleitet werden, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würden.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der verwendeten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich trotzdem keine wesentlichen Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom VwG von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt (vgl. VwGH vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0029). Auch das VwG hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis (vgl. dazu etwa VwGH vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032) einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. 03.07.2020, Ra 2020/14/0255 bzw. VfGH 18.06.2014, G 5/2014 (VfSlg 19.882/2014)).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (vgl. VwGH 08.09.1977, 2609/76).

Tatsachen, die bereits zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag vorlagen, sind nicht geeignet, einen maßgeblich geänderten Sachverhalt im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG zu begründen (vgl. VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0263).

Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 12.10.2016, Ra 2015/18/0221).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; 29.05.2018, Ra 2018/20/0256).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der „Berufung“ nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid der belangten Behörde zum vorangegangenen Asylverfahren ist in formelle Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde hat – wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung näher ausgeführt – völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht dazu geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Dies deswegen, da die von dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Folgeverfahren vorgebrachten Fluchtgründe diesem bereits zum Zeitpunkt seiner vorangegangenen Anträge auf internationalen Schutz bekannt waren.

Da insgesamt weder in der maßgeblichen Sachlage und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen ist.

3.2. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 03.07.2020, Ra 2020/14/0008).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Auch im Hinblick auf Art 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Marokko zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Auch hier ergaben sich keine Sachverhaltsänderungen.

Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen zu Marokko auch keine Gründe, um davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass kein Rückführungshindernis im Lichte der Art 2 und 3 EMRK feststellbar ist. Aufgrund der Länderberichte ergibt sich, dass sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, seit der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht wesentlich geändert hat. Der Beschwerdeführer ist gesund, volljährig und verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung. Es ist somit davon auszugehen, dass dieser in Marokko dazu in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeitsleistung sicherzustellen. Zudem verfügt er über familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsstaat.

In Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers war daher ebenso keine Änderung erkennbar.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes II. abzuweisen ist.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen ist.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Auf Grundlage des § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG - wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird - zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung ist auszuführen, dass sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gestützt hat, da das Asylverfahren bereits negativ abgeschlossen wurde.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Der Beschwerdeführer ist seit seiner illegalen Einreise im März 2019 rund eineinhalb Jahre in Österreich aufhältig. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289), wobei der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seiner Rechtsprechung vom 23.01.2020, Ra 2019/21/0306 erneut darauf hingewiesen hat, dass es sich bei einer Aufenthaltsdauer im Bereich von drei Jahren jedenfalls um eine "außergewöhnliche Konstellation" handeln muss, um die Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 MRK" zur Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005 (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101) zu erfüllen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der seit März 2019 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage beruhte, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Spätestens seit der Abweisung seines ersten Asylantrages mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2019 war sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltes bewusst. Relativiert wird die – ohnehin als verhältnismäßig kurz zu wertende - Aufenthaltsdauer vor allem auch durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer diese durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages sowie der Einbringung eines Folgeantrages herbeiführte (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0217; VfGH 28.01.2010, U2839/09). Hinsichtlich der Aufenthaltsdauer ist dem Beschwerdeführer zudem anzulasten, dass er sich nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens im Mai 2019 weigerte das Bundesgebiet zu verlassen und unrechtmäßig im Land verblieb (vgl. VwGH 02.09.2019, Ra 2019/20/0407).

Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben kein Familienleben in Österreich.

Hinsichtlich seines Privatlebens bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er einen in Wien wohnhaften Freund habe, bei welchem er für die Dauer von drei Monaten unterkommen sei und welcher ihn überdies durch finanzielle Zuwendungen unterstütze. Auch wenn das Knüpfen von freundschaftlichen Kontakten grundsätzlich als positiv zu werten ist und ein zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Freund bestehendes Naheverhältnis nicht abgesprochen wird, so lässt sich daraus dennoch keine maßgebliche private Beziehung von außergewöhnlicher Intensität ableiten. Dies zumal der Beschwerdeführer, abgesehen von den Umständen, dass er bei seinem Freund untergekommen sei sowie finanzielle Zuwendungen erhalte, keinerlei Details hinsichtlich der Ausgestaltung der freundschaftlichen Beziehung anführte und überdies auch keine überdurchschnittlich enge Beziehung vorbrachte.

Des Weiteren ist im gegenständlichen Fall die Integration des Beschwerdeführers zu beurteilen, wobei miteinzufließen hat, ob und inwieweit der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit genutzt hat um sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 06.05.2020, Ra 2020/20/0093). Wie bereits in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.2. dargelegt, hat der Beschwerdeführer keinerlei Maßnahmen gesetzt um sich innert der Zeit von rund eineinhalb Jahren auch nur ansatzweise sprachlich, sozial und kulturell zu integrieren. Auch legte er keinerlei Unterlagen vor, aus welchen sich bisher gesetzte Schritte zur Integration ergeben würden.

Demgegenüber verfügt der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen und ist jedenfalls nicht von einer vollkommenen Entwurzelung in seinem Heimatstaat auszugehen.

Es sind aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 14.11.2017, Ra 2017/21/0188, ua.). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers hervorgekommen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit den durch das Landesgericht XXXX am 07.01.2020, zu XXXX rechtskräftig festgestellten Übertretungen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 StGB; der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB; der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB; der schwere Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 StGB ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt, schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen ist.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Rechtslage:

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Ab. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399.).

Im gegenständlichen Verfahren liegt betreffend der Rückkehrentscheidung auch kein geänderter Sachverhalt vor, die sonst bei der Feststellung nach § 52 Ab. 9 FPG gegebene Bindung an die vorangegangenen Entscheidungen nach §§ 3 und 8 AsylG lösen würde.

Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für Marokko nicht vor, sodass aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Somit liegen im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde ist daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.6. Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Dass keine Frist für die freiwillige Ausreise in den Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG besteht, ergibt sich bereits unmittelbar aus den Bestimmungen des § 55 Abs. 1 FPG, sodass der Beschwerdeführer auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

Auch unter diesen Aspekt ist der angefochtenen Bescheid daher nicht zu beanstanden und die Beschwerde daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.7. Zum befristeten Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

3.7.1. Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist

3.7.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes von einem österreichischen Strafgericht wegen der Vergehen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs. 1 StGB, der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs. 1, 269 Abs.1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot zu Recht auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt, da der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgericht Leoben vom 07.01.2020, 011 HV 134/2019p, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers somit eine tatsächliche und gegenwärtige schwerwiegende Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:

Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen bzw. der daraus resultierenden Strafhöhen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit dem Jahr 2019 durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116).

Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer permanent eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht.

Wie sich aus dem Strafurteil ableiten lässt, verfügt der Beschwerdeführer offenkundig über ein erhebliches Aggressionspotential. So griff er einen Beamten während einer Amtshandlung tätlich an, verletzte diesen vorsätzlich am Körper (Kratzwunde an der linken Wange, der Nasenspitze und an der rechten Wange) und bedrohte diesen darüber hinaus gefährlich, mit dem Ziel diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen. Darüber hinaus verübte der Beschwerdeführer das Vergehen der Sachbeschädigung, indem er die Armatur eines Waschtisches abmontierte und den rund 200 g schweren Messinggriff zehn Mal gegen die Sicherheitsglasscheibe der Zelle warf, wodurch diese zerbrach. Auch aus dieser Tathandlung zeigt sich eine erhebliche Neigung zur Aggression. Zusätzlich bedrohte der Beschwerdeführer zwei weitere Beamte gefährlich mit einer Verletzung am Körper und versuchte diese dadurch an der Durchführung einer Amtshandlung zu hindern, in dem er in einer wilden Ausholbewegung andeutete, den Messinggriff der Wascharmatur gegen die einschreitenden Beamten zu schleudern.

Nicht unberücksichtigt lässt das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall auch, dass das Geständnis des Beschwerdeführers sowie dessen Unbescholtenheit vom Strafgericht als solches mildern gewertet wurden und sich das Zusammentreffen von mehreren Vergehen erschwerend bei der Strafbemessung auswirkte.

Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bzw. auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass er durch dieses Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Das sich aus den Verurteilungen ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der Beschwerdeführer sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr geben die verübten Gewalt- und Eigentumsdelikte Anlass zur Prognose, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht.

Die seit seiner Verurteilung verstrichene Zeit noch zu wenig weit fortgeschritten, um ihm einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren. Die Beteuerungen im Rahmen seiner Beschwerde, dass ihm durch die Haftstrafe seine Schuld vor Augen geführt worden sei, was ein Umdenken zu einem künftig rechtstreuen Verhalten habe bewirken können, sind vor diesem Hintergrund nicht ausreichend, um von einer Änderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit und seines Charakterbildes ausgehen zu können (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399).

Wie die bereits umseits unter Punkt 3.4.2. vorgenommene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen gemäß § 9 BFA-VG zeigt, kann diese nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes führen.

Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das gegen ihn erlassene Einreiseverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer) auch dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Einreiseverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Einreiseverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).

Angesichts seines bisherigen Gesamtverhaltens im Bundesgebiet, insbesondere seiner Verstöße gegen das Asyl- und Fremdenrecht (dem unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet, seiner mangelnden Ausreisebereitschaft sowie der unbegründeten Folgeantragsstellung), dem konkreten Unrechtsgehalt der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat (unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe) sowie seiner persönlichen Lebensumständen im Bundesgebiet (der de facto nicht vorhandenen privaten und familiären Interessen) erscheint auch die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes von angemessen und verhältnismäßig.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 1 und Abs. 3 FPG abzuweisen ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ist dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018; siehe auch VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe acht Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf. Dieser ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sich eingehend mit der Thematik „Folgeanträge“ sowie „entschiedene Sache“ auseinandergesetzt. Wie die zugrundeliegende Judikatur zeigt, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig entschiedene Sache Folgeantrag freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose gefährliche Drohung Haft Haftstrafe Identität der Sache Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Rückkehrentscheidung Sachbeschädigung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat subsidiäre Schutzgründe Vergehen Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2217653.2.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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