TE Lvwg Erkenntnis 2020/12/18 LVwG-AV-1082/001-2020

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Entscheidungsdatum

18.12.2020

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §26 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 21.09.2020, Zl.°***, betreffend Ansuchen um Nachsicht vom Gewerbeausschluss gemäß § 26 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Am 11.08.2020 stellte Herr A (im Folgenden: Beschwerdeführer) bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund für das Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.09.2020, Zl. ***, stelle die belangte Behörde fest, dass dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 für die Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ nicht Folge gegeben wird.

Begründend dazu führte die belangte Behörde aus, dass laut eingeholter Strafregisterauskunft über den Beschwerdeführer folgende Verurteilungen aufscheinen:

1.   „Mit Urteil des Bezirksgerichtes *** vom 02.03.2017, Zl. ***, rechtskräftig am 02.03.2017, wurden Sie nach § 298 (1) StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je 4,00 EUR verurteilt.

2.   Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen *** vom 31.08.2017, Zl. ***, rechtskräftig am 31.08.2017, wurden Sie nach §§ 146, 147 Abs. 1 z 1, vierter Fall, Abs 2, 148, zweiter Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt.“

Die Behörde führte unter Anführung der gesetzlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung dazu aus, dass die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen sei, wenn die Befürchtung einer Tatbegehung im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. gar nicht bestehe. Das bloße Verstreichen eines bestimmten (gegebenenfalls auch längeren) Zeitraumes seit der Begehung eines Deliktes führe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht automatisch zu einer positiven Prognoseentscheidung.

Da laut aktuellen Strafregisterauszug vom 11.08.2020 nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen der Tilgungszeitraum zurzeit nicht errechenbar sei, sowie aufgrund der Eigenart und der Schwere der strafbaren Handlung des gewerbsmäßigen schweren Betruges würden nach Einsichtnahme in die gerichtliche Urteilsausfertigung daher die genannten Voraussetzungen für die Nachsichtserteilung nicht vorliegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte dazu vor, dass er mit seinem Rechtsvertreter gesprochen hätte, der der Ansicht sei, dass sein Ansuchen nicht abzuweisen gewesen wäre, da er bereits seit 31.08.2020 in der Tilgungsfrist sei. Auch sei seine Probezeit betreffend seine Verurteilung von elf Monaten bereits abgelaufen. Wenn sein Ansuchen nochmals abgelehnt werden würde, würde er eine Anzeige wegen falscher Beurteilung und Amtsmissbrauch erwägen.

Mit Schreiben vom 05.10.2020 legte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor.

Unter einem wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde und die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen werde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Beweis auf durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zur Zl.°*** sowie in den vom erkennenden Gericht beigeschafften Akt des Landesgerichtes für Strafsachen *** zur Zl. *** (***)

In der Folge führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei welcher der Beschwerdeführer persönlich einvernommen wurde.

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen *** am 31.08.2017 rechtskräftig (rk) gemäß § 148 2. Strafsatz StGB sowie gemäß § 31 und § 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes *** vom 02.03.2017, AZ: *** zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 11 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde die Strafe unter der Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und gleichzeitig für die Dauer der Probezeit eine Bewährungshilfe angeordnet. Weiters wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer schuldig ist, an die Privatbeteiligte, die Firma B, den Betrag von € 12.258,57 zu bezahlen.

Bei der Strafbemessung wurde mildernd der bisherige tadellose Lebenswandel, das reumütige Geständnis sowie der Umstand, dass es großteils beim Versuch geblieben ist, gewertet; erschwerend allerdings die Vielzahl der Fakten, die mehrfache Qualifikation des Zusammentreffens verschiedener strafbarer Handlungen sowie der lange Tatzeitraum.

Folgende strafbare Handlungen des Beschwerdeführers lagen der rk. Verurteilung zu Grunde und wurden von ihm begangen:

„A ist schuldig, er hat in der Zeit vom 27.08.2014 bis zum 26.08.2016 in *** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die B GmbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seiner Zahlungsfähigkeit und –willligkeit, teilweise unter Benützung falscher Daten, zu Handlungen, die diese in einem nicht näher festzustellenden, jedenfalls € 5.000,--, nicht jedoch € 300.000,-- übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten bzw. schädigen sollten, nämlich zur Zusendung von Mobiltelefonen und Erbringung von Telefonleistungen, verleitet und zu verleiten versucht, indem er über das Internet und in verschiedenen Handyshops Handyverträge abschloss und die dazugehörigen Endgeräte bestellte bzw. dies versuchte, und zwar

I. unter Benützung nachstehender falscher Daten

A. zur Zusendung von nachstehenden Mobiltelefonen und Erbringung von Telefonleistungen in festzustellendem Wert verleitet, und zwar

1. am 26.09.2015 unter Angabe der Daten: C, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer *** zur Zusendung eines Apple iPhone 6 Plus im Wert von € 456,--.

2. am 19.10.2015 unter Angabe der Daten: M, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6 im Wert von € 624,--.

3. am 20.11.2015 unter Angabe der Daten: M, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Samsung Galaxy Note 4 im Wert von € 384,--.

4. am 27.11.2015 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S Plus im Wert von € 792,--.

5. am 04.01.2016 unter Angabe der Daten: M, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S im Wert von € 456,--.

6. am 20.01.2016 unter Angabe der Daten: M, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Samsung Galaxy S6 im Wert von € 480,--.

7. am 04.07.2016 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S Plus im Wert von € 840,--.

8. am 18.07.2016 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S Plus im Wert von € 840,--.

9. am 01.08.2016 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S Plus im Wert von € 792,--.

10. am 08.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Apple iPhone 6S Plus im Wert von € 792,--.

11. am 24.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***, zur Zusendung eines Samsung Galaxy S7 Edge im Wert von € 624,--.

B. zur Zusendung von Mobiltelefonen festzustellender Marken in festzustellendem Wert sowie zur Erbringung von Telefonieleistungen in einem nicht mehr festzustellendem Wert zu verleiten versucht, wobei die Zusendungen und die Erbringung von Telefonleistungen aufgrund negativer Bonitätsprüfungen unterblieben, und zwar

1. am 27.08.2014 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

2. am 14.07.2015 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

3. am 23.07.2015 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

4. am 23.07.2015 unter Angabe der Daten: E, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

5. am 17.09.2015 unter Angabe der Daten: E, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

6. am 17.09.2015 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***,zu Kundennummer ***;

7. am 10.10.2015 unter Angabe der Daten: C, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

8. am 12.10.2015 unter Angabe der Daten: C, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

9. am 04.11.2015 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

10. am 13.11.2015 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

11. am 05.01.2016 unter Angabe der Daten: F, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

12. am 06.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

13. am 06.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

14. am 06.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

15. am 13.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

16. am 14.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

17. am 14.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

18. am 19.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

19. am 19.01.2016 unter Angabe der Daten: H, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

20. am 04.04.2016 unter Angabe der Daten: M, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

21. am 04.04.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

22. am 29.06.2016 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

23. am 01.08.2016 unter Angabe der Daten: M, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

24. am 04.08.2016 unter Angabe der Daten: N, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

25. am 04.08.2016 unter Angabe der Daten: O, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

26. am 04.08.2016 unter Angabe der Daten: A, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

27. am 26.08.2016 unter Angabe der Daten: G, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

28. am 26.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

29. am 26.08.2016 unter Angabe der Daten: G, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

30. am 30.08.2016 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

31. am 29.06.2016 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

32. am 29.06.2016 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

33. am 30.06.2016 unter Angabe der Daten: E, geboren ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

34. am 06.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

35. am 06.09.2016 unter Angabe der Daten: I, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

36. am 19.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

37. am 22.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

38. am 23.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

39. am 26.08.2016 unter Angabe der Daten: D, geboren am ***, ***, ***, zu Kundennummer ***;

II. am 18.04.2016 unter Angabe seiner richtigen Daten zu Kundennummer *** zur Zusendung eines Mobiltelefones einer nicht näher festzustellenden Marke in einem nicht mehr festzustellendem Wert sowie zur Erbringung von Telefonleistungen in nicht mehr festzustellendem Wert zu verleiten versucht, wobei es aufgrund negativer Bonitätsprüfung beim Versuch blieb.“

Das Motiv des Beschwerdeführers für die Begehung der strafbaren Handlungen war, dass er ca. 21.000 Euro Schulden hatte. Seine Überschuldung erfolgte aufgrund von Einkäufen bei Versandhäusern wie *** oder ***. Weiters hatte er Schulden bei *** und Banken wegen Kontoüberziehungen und Inkassobüros. Der Beschwerdeführer wollte die zu den Verträgen bestellten Handys verkaufen und seine oben angeführten Schulden zurückzahlen.

Der Beschwerdeführer meldete am 27.07.2020 online das Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ mit der näheren Bezeichnung „***“ an.

Im Rahmen der online Anmeldung gab der Beschwerdeführer seine Vorverurteilungen nicht an.

In der Folge stellte der Beschwerdeführer am 11.08.2020 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes.

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum von 2015 bis 2017 Kochlehrling bei der J GmbH. Nach seiner Kündigung bemühte er sich um neue Arbeit und war dann im Jahr 2018 ca. drei Monate lang bei der Firma K beschäftigt. Da es nach Ablauf der drei Monate für ihn keine weitere Verwendung mehr in der Firma gab, begab sich der Beschwerdeführer weiters auf Arbeitssuche und arbeitete daraufhin bei einer Cateringfirma. Seit März 2020 ist der Beschwerdeführer für 40 Stunden bei der Firma L in der Feinkostabteilung beschäftigt und verdient monatlich ca. € 1.200,-- netto.

Der Beschwerdeführer überschuldete sich durch Einkäufe bei Versandhäusern und Kontoüberziehungen. Dazu kommt die Rückzahlungsverpflichtung im Rahmen der Schadenswiedergutmachung.

Der Beschwerdeführer hat ca. € 30.000,- Schulden, welche er in monatlichen Raten in der Höhe von derzeit € 700,- zurückzahlt. Ein Teilbetrag in der Höhe von € 170,-- werden für die Rückzahlung im Rahmen der Schadenswiedergutmachung verbucht. Betreffend die Schadenswiedergutmachung haften ca noch € 7.000 ,-- bis € 8.000,-- aus.

Der Beschwerdeführer lebt in aufrechter Lebensgemeinschaft mit seiner Freundin, die sich um seine Finanzen kümmert. Der Beschwerdeführer besitzt deshalb keine eigene Bankomatkarte. Er hat gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ein „Partnerkonto“ bei der Bank, für das er allerdings zeichnungsberechtigt ist. Der Beschwerdeführer spart in einen gebundenen Fond an, welcher in ca. fünf Jahren zur Auszahlung gelangt.

Betreffend das gegenständliche Gewerbe plante der Beschwerdeführer, einen Online-Shop von Zuhause aus zu betreiben. Gegenstand des Gewerbes wäre der Verkauf von Ameisen. Diesbezüglich hat er sich bei der Behörde erkundigt und recherchiert. Der Beschwerdeführer ist selbst im Besitz von derzeit zwei Ameisenkolonien.

Der Beschwerdeführer wurde, wie bereits festgestellt, wegen des gewerbsmäßig schweren Betruges rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 11 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit verurteilt und gleichzeitig für die Dauer der Probezeit eine Bewährungshilfe angeordnet.

Im Rahmen der Bewährungshilfe hat der Beschwerdeführer eine Therapie gemacht und sich mit seinem straffälligen Verhalten auseinandergesetzt, was schließlich zur vorzeitigen Beendigung der Bewährungshilfe mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen *** vom 14.02.2020 führte. Der Beschwerdeführer hat sich seit der Verurteilung wohl verhalten.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich insbesondere aufgrund der Einsichtnahme in den von der Verwaltungsbehörde übermittelten unbedenklichen Verwaltungsakt zur Zl. *** sowie den Gerichtsakt des LVwG NÖ zu Zl. AV-1082-2020.

Die Feststellungen zu der rechtskräftigen Verurteilung gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 4. Fall, § 147 Abs. 2 und § 148 2. Fall § 15 StGB ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in den Akt des Landesgericht für Strafsachen *** zur Zl.°***.

Betreffend die rk Verurteilung gemäß § 298 StGB wurde Einsicht in das Strafregister des Beschwerdeführers genommen.

Betreffend das Verhalten im Rahmen der Probezeit und im Umgang mit der Bewährungshilfe wurde Einsicht in die Berichte der Bewährungshilfe „***“ genommen, welche im Akt des Landesgerichtes für Strafsachen *** zur Zl.°***, inne liegen. Auch konnte der Beschwerdeführer dem Gericht glaubwürdig darlegen, dass er bemüht ist, ein redliches Leben zu führen. Im Zusammenhang damit führt er aus, dass er derzeit einer geregelten Arbeit bei der Firma L nachgeht und seine Schulden in Raten zurückzahlt. Dass er allerdings noch Unsicherheiten im Umgang mit Geld hat, zeigt sich darin, dass er keine eigene Bankomatkarte besitzt und seine Lebensgefährtin …“darauf schaut, dass er keinen Blödsinn mehr macht“.., wie der Beschwerdeführer selbst in der Verhandlung ausgeführt hat.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend sein geplantes Vorhaben, gewerbsmäßig online Ameisen zu verkaufen, ergibt sich aufgrund seiner glaubwürdigen Angaben in der Verhandlung.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung:

§ 13 Abs. 1 GewO 1994

(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1.

von einem Gericht verurteilt worden sind

a)

wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b)

wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

§ 26 GewO 1994

(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

(2) …..

Erwägungen:

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist auszuführen, dass die rechtkräftige strafgerichtliche Verurteilung sowohl die Gewerbebehörde als auch das erkennende Gericht solcher Art bindet, dass ihr die neuerliche Prüfung, ob der Antragsteller jene Straftaten, nach denen er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat, verwehrt ist.

Bei der Beurteilung einer Nachsicht nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist stehst auf den Umfang der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen (siehe dazu VwGH vom 17.12.2002, 2002/04/0189).

Aus der Straftat, die der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegt, ergibt sich das Persönlichkeitsbild des Nachsichtswerbers, das zur Befürchtung Anlass gibt, er werde, sollte er neuerlich in eine vergleichbare Situation geraten, wiederum eine ähnliche Straftat begehen (siehe dazu VwGH vom 15.10.2003, 2003/04/0153).

Nach Maßgabe vom § 26 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Nachsicht nur dann zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist. Der Behörde wird damit eine Prognoseentscheidung aufgetragen, die eine nachvollziehbare hypothetische Beurteilung eines zukünftigen Verhaltens einer Person zum Gegenstand hat. Als wesentliche Kriterien für ihre Prognoseentscheidung hat das erkennende Gericht auf die Eigenart der strafbaren Handlung und die Persönlichkeit des Verurteilten Bedacht zu nehmen. Die genannten Kriterien sind nicht losgelöst voneinander zu prüfen, sondern vielmehr – anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles – miteinander in Beziehung zu setzen. Es soll ermöglicht werden, zu einer Persönlichkeitswertung des Bestraften bzw. Verurteilten zu gelangen, dies ermöglicht, abzuschätzen, ob eine nachvollziehbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Verurteilte bzw. Bestrafte bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Taten begehen wird. Zu berücksichtigen sind folglich alle äußeren Umstände, die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können, wie z.B. Schadenswiedergutmachung, unbescholtene Lebensführung seit Tatbegehung, Rückfall in einer neuerlichen Straftat. Diese Umstände sind mit Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stehst mit dem Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragsteller bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Da dies in der Regel aufgrund allgemeiner menschlicher Erfahrungen geschehen kann, ist die Einholung eines psychologischen Gutachtens im Allgemeinen nicht erforderlich (vgl. VwGH vom 08.05.2002, 2001/04/0043).

Nach den Intensionen des Gesetzgebers soll sich an der strengen Handhabung des bisherigen § im § 13 Abs. 1 GewO enthaltenen Bestimmungen über die Prognose des zukünftigen Verhaltens der von dem Ausschlussgrund betroffenen Person nichts ändern. Wörtlich ist nach der Rechtsprechung des VwGH Nachsicht nach § 26 Abs. 1 erst dann zu erteilen, wenn die Befürchtung einer Tatbegehung im Sinne des § 26 Abs. 1 gar nicht besteht (siehe VwGH vom 17.09.2010, 2010/04/0026 und andere).

Eine solche, strenge Auslegung steht auch im Einklang mit dem Tell aus der Nachsichtsregelung und der Regel – Ausnahme – Beziehung der §§ 13 und 26 GewO 1994.

Das Ausmaß der wegen des gewerbsmäßig schweren Betruges verhängten bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 11 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren liegt weit über den im § 13 Abs. 1 lit b GewO 1994 genannten „drei Monaten“ übersteigenden Freiheitsstrafe. Auch wenn dem Beschwerdeführer seine redlichen Bemühungen der Schadenswiedergutmachung und seiner Reflexion mit seinem strafbaren Verhalten sowie sein Wohlverhalten während der Probezeit zugute zu halten ist, genauso wie sein positiver Umgang mit der Bewährungshilfe, was letztlich sogar zu einer vorzeitigen Beendigung der Bewährungshilfe geführt hat, ist der verstrichene Zeitraum von ca. vier Jahren seit Begehung der letzten strafbaren Handlung (September 2016) bzw. von etwa drei Jahren seit der rechtskräftigen Verurteilung zu kurz, um zwingend von einem derartigen Wandel der Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers schließen zu können, dass die Begehung gleichartiger oder ähnlicher Straftaten nicht mehr zu befürchten ist. Zumal das Wohlverhalten des Beschwerdeführers während der dreijährigen Probezeit unter Beigabe der Bewährungshilfe erfolgt ist. Auch wählte der Beschwerdeführer zur Bewältigung seiner finanziellen Schwierigkeiten das Mittel des gewerbsmäßigen schweren Betruges anstelle legaler Möglichkeiten. Weiters ist zu berücksichtigen, dass das gegenständliche Gewerbe auch Gelegenheit biete, wiederum straffällig zu werden (vgl. VwGH vom 9.9.1998, 98/04/01117, 28.1.2004, 2003/04/0201, u.a).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Nachsicht erst dann zu erteilen, wenn die Befürchtung einer Tatbegehung im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1994 gar nicht besteht (vgl. VwGH 17.09.2010, 2010/04/0026). Eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit bei der Beurteilung, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus (vgl. VwGH vom 28.04..2004, 2003/03/0017).

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Handelsgewerbe; Gewerbeausübung; Ausschluss; Nachsicht; Prognoseentscheidung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1082.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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