TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 W234 2232046-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AMD-G §10 Abs7
AMD-G §10 Abs8
AMD-G §60
AMD-G §61 Abs1
AMD-G §62 Abs1
AMD-G §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
KOG §1 Abs1
KOG §2 Abs1 Z6
KOG §36
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W234 2232046-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas HORVATH als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Beisitzerin und die Richterin Dr. Daniela SABETZER als Beisitzerin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 11.02.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 15.07.2019 wurde der Kommunikationsbehörde Austria (im Folgenden „belangte Behörde“) durch die XXXX zu einem Antrag zur Erlangung einer Rundfunkzulassung mitgeteilt, dass die XXXX . mit Sitz in Mailand 9,6% der Anteile (und 9,9% der Stimmrechte) ihrer indirekten Alleingesellschafterin, der XXXX , erworben habe. Davon habe der Konzern am 29.05.2019 Kenntnis erlangt.

2.       Die XXXX ist auch indirekte Alleingesellschafterin der hier beschwerdeführenden XXXX (im Folgenden „Beschwerdeführerin“). Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Satellitenfernsehprogramms „ XXXX “. Deswegen leitete die belangte Behörde mit Schreiben vom 24.10.2019 ein Rechtsverletzungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des § 10 Abs. 7 AMD-G infolge einer verspäteten Anzeige des Erwerbs von 9,6% der Anteile an der XXXX durch die XXXX ein. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

3.       Mit Schreiben vom 12.11.2019 nahm die Beschwerdeführerin dazu Stellung. Sie beanstandete die von der belangten Behörde vorgenommene „geradezu schrankenlose Interpretation“ des § 10 Abs. 7 AMD-G, welche die Bestimmung „in Wahrheit unanwendbar“ mache. Unter anderem sei es gerade börsennotierten Aktiengesellschaften aufgrund häufiger Änderungen der Eigentumsverhältnisse nicht zumutbar, jede solche Änderung anzuzeigen. Zudem sei mit einer solch umfassenden Meldeverpflichtung „für die regulatorischen Aufgaben“ der belangten Behörde „nichts gewonnen“, weil diese nicht Selbstzweck sei, sondern der Überprüfung des weiteren Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen (im Sinne der §§ 10 f AMD-G) diene.

4.       Mit dem hier angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11.02.2020 wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin § 10 Abs. 7 AMD-G dadurch verletzt habe, dass sie die erfolgte Änderung in den Eigentumsverhältnissen der XXXX (nämlich die Übernahme von 9,6 % der Anteile durch die XXXX ) der Regulierungsbehörde nicht binnen zwei Wochen ab Rechtswirksamkeit der Abtretung oder Anteilsübertragung angezeigt habe (Spruchpunkt 1). Unter einem stellt die belangte Behörde fest, dass es sich dabei um keine schwerwiegende Verletzung des AMD-G handle (Spruchpunkt 2).

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Vertreterin am 25.02.2020 zugestellt.

5.       Dagegen erhob die Beschwerdeführerin – gemäß § 1 Abs. 1 COVID-19-VwBG fristgerecht – die hier zu erledigende Beschwerde, welche am 29.05.2020 bei der belangten Behörde einlangte. Mit Schreiben vom 17.06.2020 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt. Im Wesentlichen hielt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde die Rechtsansicht ihrer Stellungnahme vom 12.11.2019 aufrecht. Ergänzend wurde ausgeführt, die XXXX sei eine börsennotierte europäische Aktiengesellschaft, deren Aktienbestand mit Stand vom 29.05.2020 über 500.000 Stück betrage. Es komme täglich mehrfach zu Änderungen im Aktienbestand und in den Eigentumsverhältnissen. Die Anzeige sämtlicher Änderungen sei nicht zumutbar und müsste zudem aufgrund der nur zweiwöchigen Anzeigefrist oftmals überholt erfolgen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Satellitenfernsehprogramms „ XXXX “.

1.2.    Kommanditistin der beschwerdeführenden XXXX ist die XXXX . Ihre Komplementärin ist die XXXX , deren Geschäftsanteile zu 100% ebenso der XXXX gehören.

100% der Geschäftsanteile an der XXXX gehören der XXXX .

Die Geschäftsanteile an der XXXX gehören schließlich zu 100% der XXXX .

Das Grundkapital der XXXX setzt sich zu 100 % aus auf Namen lautenden Stammaktien zusammen.

1.3.    Mit Stand 08.08.2019 wies die XXXX folgende Aktionärsstruktur auf:

?        75,41% Streubesitz

?        9,98% XXXX

?        7,46% XXXX

?        4,18% XXXX

?        2,97% Eigenbesitz

Die Übertragung von 9,6% der Anteile (und 9,9% der Stimmrechte) der XXXX an die XXXX wurde der belangten Behörde mit Schreiben der XXXX vom 15.07.2019 angezeigt. Von dieser Übertragung der Geschäftsanteile an der XXXX erlangte der Konzern am 29.05.2019 Kenntnis.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf die Feststellungen der belangten Behörde und den Inhalt des Verwaltungsaktes, insb auf die darin verwiesenen Schreiben. Die Beschwerdeführerin bestreitet in ihrer Beschwerde den durch die belangte Behörde festgestellten Sachverhalt nicht, sodass die im Verwaltungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen unbedenklich herangezogen werden können.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 36 KommAustria-Gesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A)

3.1.    Die Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste in der Fassung der Richtlinie 2018/1808 (im Folgenden AVMD-RL) lautet auszugsweise:

„KAPITEL III
BESTIMMUNGEN FÜR AUDIOVISUELLE MEDIENDIENSTE

Artikel 5

(1) Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass ein seiner Rechtshoheit unterworfener Mediendiensteanbieter den Empfängern eines Dienstes mindestens die nachstehend aufgeführten Informationen leicht, unmittelbar und ständig zugänglich macht:

a) seinen Namen;

b) die geografische Anschrift, unter der er niedergelassen ist;

c) Angaben, die es ermöglichen, schnell Kontakt mit ihm aufzunehmen und unmittelbar und wirksam mit ihm zu kommunizieren, einschließlich seiner E-Mail-Adresse oder seiner Webseite;

d) den Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit er unterworfen ist, und die zuständigen Regulierungsbehörden oder -stellen oder Aufsichtsstellen.

(2) Die Mitgliedstaaten können Gesetzgebungsmaßnahmen erlassen, nach denen ihrer Rechtshoheit unterliegende Mediendiensteanbieter zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Angaben auch Informationen über ihre Eigentümerstruktur einschließlich der wirtschaftlichen Eigentümer zugänglich machen müssen. Bei solchen Maßnahmen müssen die betreffenden Grundrechte, wie etwa das Privat- und Familienleben der wirtschaftlichen Eigentümer, gewahrt werden. Solche Maßnahmen müssen notwendig und verhältnismäßig sein und einem Ziel von allgemeinem Interesse dienen.“

3.2.    Das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, BGBl. Nr. I 84/2001 in der Fassung BGBl. Nr. I 86/2015 (im Folgenden AMD-G), lautet auszugsweise:

„4. Abschnitt
Zulassungsvoraussetzungen

Mediendiensteanbieter

§ 10. […] (2) Vom Anbieten audiovisueller Mediendienste nach diesem Bundesgesetz ausgeschlossen sind:

1. juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Religionsgemeinschaften und des Bundesministeriums für Landesverteidigung zum Zweck des Betriebes eines Informationssenders, insbesondere in einem Einsatzfall gemäß § 2 Abs. 1 lit. a bis d des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001;

2. Parteien im Sinne des Parteiengesetzes;

3. der Österreichische Rundfunk;

4. ausländische Rechtspersonen, die den in Z 1 bis 3 genannten Rechtsträgern gleichzuhalten sind;

5. juristische Personen oder Personengesellschaften, an denen die in den Z 1 bis 4 genannten Rechtsträger unmittelbar beteiligt sind.

[…]

(7) Der Mediendiensteanbieter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine Zulassung oder einer Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Mediendiensteanbieters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekannt zu geben, Treuhandverhältnisse sind offen zu legen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt. Änderungen der Eigentums- oder Mitgliederverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung sind vom Fernsehveranstalter binnen zwei Wochen ab Rechtswirksamkeit der Abtretung oder Anteilsübertragung der Regulierungsbehörde anzuzeigen; für anzeigepflichtige Mediendienste gilt § 9 Abs. 4.

(8) Werden mehr als 50 vH der Anteile, wie sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung oder einer Feststellung nach diesem Absatz beim Fernsehveranstalter bestehen, an Dritte übertragen, hat der Fernsehveranstalter diese Übertragung der Regulierungsbehörde im Vorhinein anzuzeigen. Mehrere Übertragungen sind zusammenzurechnen. Die Regulierungsbehörde hat spätestens innerhalb einer Frist von acht Wochen ab der Anzeige festzustellen, ob unter den geänderten Verhältnissen weiterhin den Bestimmungen des § 4 Abs. 3, §§ 10 und 11 entsprochen wird. Die Zulassung ist nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu widerrufen, wenn der Fernsehveranstalter entgegen dieser Feststellung eine Übertragung der Anteile vorgenommen hat.

[…]

10. Abschnitt
Rechtsaufsicht

Rechtsaufsicht

§ 60. Die Rechtsaufsicht über die Mediendiensteanbieter und Multiplex-Betreiber gemäß diesem Bundesgesetz obliegt der Regulierungsbehörde.

Beschwerden

§ 61. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet über Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Amts wegen […].

Feststellung der Rechtsverletzung

§ 62. (1) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist. Wird von der Regulierungsbehörde eine Verletzung dieses Bundesgesetzes festgestellt, die im Zeitpunkt der Feststellung noch andauert, so hat der Mediendiensteanbieter unverzüglich einen der Rechtsansicht der Regulierungsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen.

[…]

(4) Die Regulierungsbehörde hat in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handelt.

Verfahren zum Entzug und zur Untersagung

§ 63. (1) Bei wiederholten oder schwerwiegenden Rechtsverletzungen durch den Mediendiensteanbieter oder wenn der Mediendiensteanbieter die in den §§ 10 und 11 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, hat die Regulierungsbehörde von Amts wegen das Verfahren zum Entzug der Zulassung […] einzuleiten.“

3.3.    Das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria, BGBl. I Nr. 32/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (im Folgenden KOG), lautet auszugsweise:

„1. Abschnitt
Regulierungsbehörde

Kommunikationsbehörde Austria

§ 1. (1) Zur Verwaltungsführung und Besorgung der Regulierungsaufgaben im Bereich der elektronischen Audiomedien und der elektronischen audiovisuellen Medien […] ist die Kommunikationsbehörde Austria („KommAustria“) eingerichtet.

[…]

Aufgaben und Ziele der KommAustria

§ 2. (1) Die Verwaltungsführung und Besorgung der Regulierungsaufgaben im Sinne des § 1 Abs. 1 umfasst die der KommAustria durch gesonderte bundesgesetzliche Vorschriften zugewiesenen Aufgaben, insbesondere:

1. Zuordnungs- und Zulassungsverfahren nach dem PrR-G, BGBl. I Nr. 32/2001, und dem AMD-G, BGBl. I Nr. 84/2001,

[…]

6. Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über private Rundfunkveranstalter und Mediendiensteanbieter sowie Verwaltungsstrafverfahren nach den Bestimmungen des PrR-G und des AMD-G,

[…]

5. Abschnitt
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Zuständigkeit

§ 36. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I. Nr. 33/2013), durch Senat.

Wahrnehmung von Aufgaben und Befugnissen

§ 37. Soweit in Bundesgesetzen der KommAustria in erster Instanz Aufgaben und Befugnisse als Regulierungsbehörde zugewiesen sind, stehen diese auch dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu.“

3.4.    Die Beschwerdeführerin rügt die Interpretation des § 10 Abs. 7 AMD-G durch die belangte Behörde als rechtswidrig. Denn dieses weite Verständnis der Bestimmung, das der Feststellung der Rechtsverletzung wegen nicht rechtzeitig erstatteter Meldung des Übergangs von 9,6% der Anteile an der XXXX zugrunde liege, mache diese Norm unanwendbar.

Die Beschwerdeführerin sieht die Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G für börsennotierte Gesellschaften als nur für solche Anteilsübertragungen als gegeben an, die einem oder mehreren Aktionären oder Aktionärsgruppen bestimmenden Einfluss (etwa in sinngemäßer Anwendung von § 11 Abs. 5 AMD-G) verschaffen.

3.5.    Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszusammen dagegen, § 10 Abs. 7 AMD-G solcherart eingeschränkt zu verstehen:

Schon der Wortlaut des § 10 Abs. 7 AMD-G legt nahe, dass sämtliche Änderungen der Eigentümerstruktur gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung auch bei indirekter Beteiligung am Mediendiensteanbieter anzuzeigen sind. Denn zunächst heißt es in § 10 Abs. 7 zweiter Satz AMD-G, dass auch die Eigentumsverhältnisse von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften anzugeben sind, sollten Anteile am Mediendiensteanbieter direkt oder indirekt in deren Eigentum stehen. Im Gegensatz zu § 10 Abs. 8 AMD-G findet sich in Abs. 7 keine im Wortlaut erkennbare Beschränkung der Anzeigepflicht auf Änderungen eines bestimmten Ausmaßes; auch ist im Wortlaut kein Zumutbarkeitskriterium für eine Verpflichtung zur Anzeige enthalten, wie es die Beschwerdeführerin fordert. Vielmehr werden in § 10 Abs. 7 AMD-G „Änderungen der Eigentums- oder Mitgliederverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Zulassung“ ohne im Wortlaut erkennbare Einschränkung für anzeigepflichtig erklärt. Insofern spricht schon der Wortlaut der Bestimmung dafür, dass sämtliche Änderungen der Eigentumsverhältnisse auch an nur indirekt beteiligten Kapitalgesellschaften der Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G unterliegen.

3.6.    Zudem ist die Entstehungsgeschichte von § 10 Abs. 7 AMD-G zu berücksichtigen:

Die Verpflichtung zur Offenlegung der Beteiligungsstruktur von Mediendiensteanbietern sowie zur Anzeige von diesbezüglichen Änderungen geht auf § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG, BGBl. I Nr. 42/1997, zurück (vgl. die Materialien zur Stammfassung des AMD-G [damals noch Privatfernsehgesetz – PrTV-G] ErlRV 635 BlgNR 21. GP 41). § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG lautete:

„Der Kabel- oder Satelliten-Rundfunkveranstalter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung oder Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige sowie alle diesbezüglichen Änderungen binnen 14 Tagen der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Kabel- oder Satelliten-Rundfunkveranstalters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekanntzugeben, Treuhandverhältnisse sind offenzulegen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt.“

Die Materialien (ErlRV 500 BlgNR 20. GP 20) zu § 5 Abs. 6 Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz hielten fest:

„Da die Eigentumsverhältnisse wegen der damit verbundenen Einflußmöglichkeiten angesichts der besonderen politischen und kulturellen Bedeutung des Rundfunks und der qualifizierten verfassungsrechtlichen Anforderungen aus öffentlichem Interesse von Bedeutung sind, normiert § 5 Abs. 6 entsprechende Anforderungen an die Transparenz der Eigentumsverhältnisse an Kabel- und Satelliten-Rundfunkveranstaltern. Im Interesse der Hintanhaltung von Umgehungsversuchen und Verschleierungskonstruktionen werden die Transparenzvorschriften bei Kapitalgesellschaften auch über mehrere Stufen zurück anzuwenden sein.“

§ 5 Abs. 6 wurde fast unverändert in § 10 Abs. 6 PrTV-G übernommen:

„Der Rundfunkveranstalter hat die zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine Zulassung oder einer Anzeige bestehenden Eigentumsverhältnisse oder Mitgliederverhältnisse zusammen mit dem Antrag oder der Anzeige sowie alle diesbezüglichen Änderungen binnen 14 Tagen der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Stehen Anteile des Rundfunkveranstalters im direkten oder indirekten Eigentum von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Genossenschaften, so sind auch deren Eigentumsverhältnisse bekannt zu geben, Treuhandverhältnisse sind offen zu legen. Diese Verpflichtungen lassen andere gesetzliche Offenlegungsverpflichtungen unberührt.“

§ 10 Abs. 6 PrTV-G ging in § 10 Abs. 7 AMD-G auf. § 10 Abs. 7 AMD-G wurde zuletzt durch die Novelle BGBl. I Nr. 86/2015 dahingehend geändert, dass die Meldepflicht für Änderungen in den Eigentumsverhältnissen nur für anzeigepflichtige Mediendienste im Sinne des § 9 Abs. 4 AMD-G reduziert wurden.

In den Materialien (ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) zu dieser Novelle heißt es dazu:

„Mit der Anpassung sollen zur Erleichterung für die Mediendiensteanbieter die Meldepflichten bei Eigentumsänderungen reduziert werden. Künftig ist bei anzeigepflichtigen Diensten eine Meldung der Änderung der Eigentumsverhältnisse gegenüber dem Stand bei Erstattung der Anzeige (§ 9) nur mehr im Rahmen der jährlich vorzunehmenden Datenaktualisierung (§ 9 Abs. 4) erforderlich. Damit wird einerseits eine Angleichung an die Rechtslage im PrR-G vorgenommen; zum anderen hat die Praxis gezeigt, dass vielfach bei diesen Mediendiensteanbietern kleinere Anteilsverschiebungen stattfinden, die keinerlei Auswirkungen auf die Erfüllung der Anforderungen der §§ 10 und 11 haben. Ansonsten bleiben die Meldepflichten unverändert.“

3.7.    Mit Blick auf die skizzierte Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 10 Abs. 7 AMD-G und die angeführten Erläuterungen hat der Gesetzgeber intendiert, die Eigentumsverhältnisse von Rundfunkveranstaltern einem umfangreichen Transparenzgebot (durch Verpflichtung zur Anzeige von Änderungen) zu unterwerfen, welches auch über mehrere Stufen indirekter Beteiligungen bestehen soll. Denn aufgrund der großen politischen und kulturellen Bedeutung des Rundfunks müsse Kenntnis darüber bestehen, wer Einfluss auf den Rundfunkveranstalter ausüben könne (vgl. ErlRV 500 BlgNR 20. GP 20 zu § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG). Der eindeutige Wortlaut („alle Änderungen“) des § 5 Abs. 6 Kabel- und SatellitenrundfunkG war deswegen gewählt, damit die offengelegte Eigentümerstruktur nicht nach der Zulassung unbemerkt geändert und das Transparenzgebot damit umgegangen werden konnte. Als das Kabel- und SatellitenrundfunkG durch das PrTV-G (nunmehr AMD-G) ersetzt wurde, sollten gemäß § 10 Abs. 6 PrTV-G leg cit weiterhin „alle diesbezüglichen Änderungen“ der Behörde mitgeteilt werden. Der Gesetzgeber wollte also weiterhin die genaue und umfassende Kenntnis über Änderungen der Beteiligungsverhältnisse von zugelassenen Rundfunkveranstaltern (nunmehr Mediendiensteanbietern) sicherstellen. Das PrTV-G wurde mit der Novelle BGBl. I 50/2010 in das „Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz“ (AMD-G) umbenannt. In weiterer Folge kam es mit der AMD-G-Novelle BGBl. I 86/2015 zur Einschränkung der Meldepflicht von Änderungen in der Eigentümerstruktur ausschließlich für anzeigepflichtige Mediendienste im Sinne des § 9 AMD-G. Denn in den Materialien zu dieser Novelle (ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) wird explizit betont, dass die übrigen Meldepflichten unberührt bleiben, sodass sich gerade für Mediendiensteanbieter (wie die Beschwerdeführerin), die Inhaber einer Zulassung im Sinne des § 5 AMD-G sind, keine Änderungen ergaben. Obwohl der Gesetzgeber diesen Erläuterungen zufolge die Problematik der Meldepflicht von kleinen Anteilsverschiebungen berücksichtigte, welche oftmals „keinerlei Auswirkungen auf die Erfüllung der Anforderungen der §§ 10 und 11“ (vgl. ErlRV 632 BlgNR 25. GP 4) hätten, schränkte er die diesbezügliche Meldepflicht ausschließlich für bloß anzeigepflichtige Mediendienste ein. Damit behielt der Gesetzgeber für Inhaber einer Zulassung gemäß § 5 AMD-G (wie die Beschwerdeführerin) die Meldepflicht auch für Anteilsverschiebungen wie die gegenständliche zweifelsfrei bei. Mithin sprechen auch die Entstehungsgeschichte und die Materialen zu § 10 Abs. 7 AMD-G dafür, geringfügigere Übertragungen von Geschäftsanteilen an nur indirekt am Mediendiensteanbieter beteiligten Kapitalgesellschaften als von der Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G erfasst anzusehen.

3.8.    Schließlich ist auch der Regelungszusammenhang von § 10 Abs. 7 AMD-G zu berücksichtigen. Denn gemäß § 63 Abs. 1 AMD-G hat die belangte Behörde von Amts wegen ein Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten, wenn der Mediendienstanbieter die Zulassungsvoraussetzungen nach §§ 10 f AMD-G nicht mehr erfüllt. Teil dieser vom Verweis erfassten Zulassungsvoraussetzungen ist bspw auch § 10 Abs. 2 AMD-G, der die direkte Beteiligung diverser Rechtsträger an Mediendiensteanbietern unabhängig von der Höhe der Beteiligung gänzlich verbietet. Auch dies spricht für eine Meldepflicht selbst nur wenig umfangreicher Anteilsübertragungen. Ferner würde eine Anzeigepflicht nur bei umfangreichen Anteilsübertragungen oder nur von Anteilsübertragungen direkt am Mediendiensteanbieter beteiligter Gesellschaften weitere vom Gesetzgeber erkennbar nicht intendierte Umgehungsmöglichkeiten eröffnen. Bspw könnte etwa ein schleichender Ausbau der durch einen Anteilseigner gehaltenen Geschäftsanteile durch wiederholten Zukauf geringer Volumina an Geschäftsanteilen mangels Anzeigepflicht der einzelnen Übertragungen gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G durch den Regulator nur erschwert oder nur sehr spät ausgemacht werden.

Rügt die Beschwerdeführerin, dass mit einer umfassend verstandenen Anzeigepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G für die regulatorischen Aufgaben der belangten Behörde nichts gewonnen wäre, berücksichtigt sie also den Regelungszusammenhang der Bestimmung – insb mit § 63 Abs. 1 AMD-G - nicht hinreichend.

3.9.    Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass § 10 Abs. 7 AMD-G sämtliche Anteilsübertragungen selbst an nur indirekt am Mediendiensteanbieter beteiligten Kapitalgesellschaften in die Anzeigepflicht einbezieht. Eine Beschränkung der Anzeigepflicht auf „wesentliche“ Anteilsübertragungen - wie sie die Beschwerdeführerin fordert - scheidet mithin aus.

3.10.   Im Übrigen weist das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie hier selbst die Übertragung von immerhin 9,6% der Anteile an ihrer Konzernmutter XXXX als von der Meldeverpflichtung gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G ausgenommen sieht. Am 08.08.2019 hatte selbst die größte Aktionärin der XXXX nur geringfügig mehr Geschäftsanteile (nämlich 9,98%) inne. Mit Blick darauf ist fraglich, welche Änderungen im Gesellschafterkreis der Konzernmutter XXXX die Beschwerdeführerin auf Basis ihrer Rechtsansicht überhaupt als gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G meldepflichtig ansehen würde.

3.11.   Schließlich ist dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G lediglich im zumutbaren Ausmaß bestehe, zu entgegnen, dass Mediendiensteanbieter letztlich dafür Sorge zu tragen haben, dass sie ihrer Meldepflicht nachkommen können („verschuldensunabhängige Gewährleistungspflicht“, vgl. BKS 15.11.2011, Zl 611.150/0002-BKS/2011 zum inhaltlich gleichlautenden § 22 Abs. 4 PrR-G). Insofern kann der Umstand, dass komplexe Eigentümer- und Konzernstrukturen errichtet und eine Börsennotierung der Muttergesellschaft des Konzerns herbeigeführt wurden, nicht zur einer Befreiung von der Anzeigepflicht nach § 10 Abs. 7 AMD-G führen.

Mit Blick auf die hohe politische und kulturelle Bedeutung von audiovisuellen Mediendiensten erscheint für das Bundesverwaltungsgericht eine umfassend verstandene Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G auch bei komplexer Konzernstruktur und Börsennotierung der Muttergesellschaft des Konzerns als unbedenklich. Dieses Verständnis steht auch mit dem Unionsrecht in Einklang. Denn Art 5 Abs. 2 AVMD-RL gestattet es den Mitgliedstaaten, Mediendienstanbieter zur Zugänglichkeit von „Informationen über ihre Eigentümerstruktur einschließlich der wirtschaftlichen Eigentümer“ zu verpflichten, soweit dies mit dem Wesensgehalt von Grundfreiheiten und –rechten in Einklang stehe, notwendig und verhältnismäßig sei und einem Ziel von allgemeinem Interesse diene. Mit Blick auf den 15. Erwägungsgrund der RL 2018/1808, der in diesem Zusammenhang ebenso die große gesellschaftliche Bedeutung der audiovisuellen Mediendienste ins Treffen führt und „Transparenz in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse im Medienbereich […] in unmittelbarem Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit, einem Eckpfeiler demokratischer Systeme“ stehen sieht, erscheint ein umfassendes Verständnis der Meldepflicht gemäß § 10 Abs. 7 AMD-G auch unionsrechtlich als unbedenklich.

3.12.   Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Die Beschwerdeführerin hat die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt und die belangte Behörde überhaupt darauf verzichtet. Der Sachverhalt erscheint auf Grund der Aktenlage als zweifelsfrei geklärt. Schließlich ist keine Rechtsfrage solcher Komplexität aufgetreten, dass die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung geboten wäre.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anzeigefrist Anzeigepflicht Eigentümerwechsel Meldefehler Meldepflicht Meldeverstoß verspätete Anzeige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W234.2232046.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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