TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 I406 1438596-5

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs13
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I406 1438595-5/3E

I406 1438597-5/2E

I406 1438596-5/2E

I406 2016667-4/2E

I406 2201756-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerden von

1. XXXX , StA. Nigeria (BF1), vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX ,

2. XXXX , StA. Nigeria (BF2), gesetzlich vertreten durch seine Mutter XXXX , diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX

3. XXXX , StA. Nigeria (BF3), gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX

4. XXXX , StA. Nigeria (BF4), gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX

5. XXXX , StA. Nigeria (BF5), gesetzlich vertreten durch seine Mutter XXXX , diese vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Verfahren der am XXXX geborenen Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1 genannt), sowie ihrer vier minderjährigen Kinder, des am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführers (BF2), der am XXXX geborenen Drittbeschwerdeführerin (BF3), der am XXXX geborenen Viertbeschwerdeführerin (BF4) und des am XXXX geborenen Fünftbeschwerdeführers (BF5) werden gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

I. Verfahrensgang:

1.       Am 23.08.2019 stellten die BF1 für sich und die BF2, BF3, BF4 und BF5 durch die BF1 als gesetzliche Vertretung die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG.

Begründend machten sie – auf das Wesentlichste zusammengefasst – eine Integrationsverfestigung im Bundesgebiet geltend. Demgegenüber wäre eine Rückkehr nach Nigeria mangels Bestehens eines sozialen Netzwerkes und aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten des BF2, der eine Therapie benötige, unzumutbar. Des Weiteren wurde ein Antrag auf Heilung des Mangels der Vorlage des Reisepasses gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV gestellt.

2.       Zuvor hatten die BF1, BF2, BF3 und BF4 bereits jeweils zwei Anträge, der BF5 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, welche mit Bescheiden des BFA sowie Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig negativ entschieden worden waren. Dabei war gegen die BF auch eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem zweijährigen Einreiseverbot erlassen worden, welches am 04.03.2019 in Rechtskraft erwuchs.

Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung waren die BF ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Sie hatten parallel zu den noch laufenden Asylverfahren am 19.06.2018 die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß „§ 55 Abs. 1 AsylG“ beantragt, wobei ihre Anträge mit Bescheiden des BFA vom XXXX und in weiterer Folge mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX zu den Zlen. XXXX (BF5) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen worden waren.

3.       Mit Verbesserungsauftrag vom 04.10.2019 wurde die BF1 aufgefordert, diverse Unterlagen zu ihrem Antrag vorzulegen.

4.       Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.12.2019 teilte das BFA den BF mit, dass beabsichtigt sei, ihre verfahrensgegenständlichen Anträge zurückzuweisen und die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung und einem Einreiseverbot zu verbinden. Ihnen wurde die Möglichkeit eingeräumt, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

5.       Mit rechtskräftigem Bescheid vom XXXX verhängte das BFA aufgrund des verfahrensgegenständlichen Antrages über die BF1 eine Mutwillensstrafe, mit der Begründung, sie habe sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit ihres Anbringens an die belangte Behörde gewandt.

6.       Mit Schriftsatz vom 19.12.2019 nahm die BF1 zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und erklärte, sich nach der Zeit des 03.07.2019 im September von ihrem Mann getrennt zu haben und momentan alleine mit ihren Kindern zu leben. Sie habe sich auf mehrere Jobs beworben, dabei stelle das Nichtvorhandensein einer Arbeitserlaubnis die größte Hürde dar. Gleichzeitig gab sie dem BFA den für 06.02.2020 anberaumten Scheidungstermin beim BG XXXX bekannt.

7.       Mit den im Spruch genannten Bescheiden vom XXXX wies das BFA die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz 2005 vom 23.08.2019 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung zusammengefasst damit, dass seit rechtskräftigem Abschluss der Vorverfahren keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes erfolgt sei, die eine neuerliche inhaltliche Prüfung erforderlich mache, dies auch unter Berücksichtigung des bekannt gegebenen Scheidungstermines.

8.       Dagegen erhoben die BF mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 10.02.2020 fristgerecht Beschwerde. Entgegen der Rechtsansicht des BFA liege aufgrund der Trennung der BF1 von ihrem Ehemann ein geänderter Sachverhalt aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK vor, der eine inhaltliche Prüfung der Anträge erforderlich mache. Eine Rückkehr in die Heimat wäre den im Bundesgebiet ausgezeichnet integrierten BF nicht zumutbar. In Nigeria hätten sie keine Zukunft. Des Weiteren habe das BFA bei seiner Entscheidung das Kindeswohl außer Acht gelassen.

9.       Beschwerde und Bezug habende Akten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2020 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF sind Staatsbürger Nigerias und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Sie sind keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Es handelt sich bei den BF um eine volljährige Frau (BF1) und ihre vier minderjährigen Kinder im Alter von neun (BF2), sieben (BF3), fünf (BF4) und einem (BF5) Jahr(en).

Die Identität der BF1 steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Die Identität ihrer vier in Griechenland (BF2 und BF3) bzw. Österreich (BF4 und BF5) geborenen Kinder steht fest.

Die BF1, BF2 und BF3 sind seit März 2013, die BF4 und BF5 seit ihrer Geburt im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.

Die BF1 reiste am 18.03.2013 illegal mit dem BF2 und der BF3 ins Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag für sich und als gesetzliche Vertreterin für den BF2 und die BF3 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 24.07.2014 wurde die minderjährige BF4 in Österreich nachgeboren. Für sie wurde von ihren Eltern als gesetzliche Vertreter am 22.08.2014 ein (erster) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom XXXX , Bescheiden des BFA vom XXXX und Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX sowie vom XXXX wurde über die Anträge der BF1 bis BF4 auf internationalen Schutz negativ entschieden und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Am 23.03.2017 stellte die BF1 für sich sowie als gesetzliche Vertreterin für den BF2, die BF3 sowie die BF4 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des BFA vom XXXX gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Zugleich wurden den BF keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung und ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen. Die dagegen eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die jeweiligen Spruchpunkte IV. (Einreiseverbot) behoben wurden.

Am 27.04.2018 wurde der minderjährige BF5 in Österreich nachgeboren. Seine Eltern stellten für ihn einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom XXXX negativ entschieden wurde. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung iVm mit einem zweijährigen Einreiseverbot verhängt.

Den gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX gerichteten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Verfassungsgerichthofes vom 09.10.2018 stattgegeben und die angefochtenen Erkenntnisse aufgehoben.

Mit den Erkenntnissen des BVwG vom XXXX wurden die Beschwerden der BF1 bis BF5 erneut als unbegründet abgewiesen, diesmal unter Bestätigung des Einreiseverbotes.

Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung kamen die BF ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern halten sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie hatten im Vorfeld, parallel zu den noch laufenden Asylverfahren, am 19.06.2018 die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß „§ 55 Abs. 1 AsylG“ beantragt, wobei ihre Anträge mit Bescheiden des BFA vom XXXX und in weiterer Folge mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen worden waren.

In Österreich verfügen die BF über ein Familienleben untereinander. Der Ehemann der BF1 und Vater der BF2, BF3, BF4 und BF5 lebt ebenfalls in Österreich.

Die BF leben seit Juli 2019 getrennt von ihm. Ein Scheidungstermin ist für den 17.03.2020 beim BG XXXX angesetzt. Der Ehemann bzw. Vater der BF ist gleichermaßen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen wie die BF. Gegen ihn besteht eine seit 04.03.2019 rechtskräftige, mit einem zweijährigen Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung und er verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet. Ein von ihm zusammen mit den Anträgen der BF gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG wurde gleichermaßen mit Bescheid des BFA vom XXXX gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen.

Die BF1 hat die ersten 25 Jahre ihres Lebens in Nigeria verbracht, wo sie familiäre Anknüpfungspunkte hat.

Im Bundesgebiet verfügen die BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen familiären Beziehungen.

Lebensunterhalt, Unterkunft, Taschen- und Bekleidungsgeld sowie Versicherung für die BF1 bis BF5 werden aus öffentlichen Mitteln der Grundversorgung finanziert. Die BF1 hat Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und Freundschaften geschlossen. Der BF2 und die BF3 gehen weiterhin in die Schule und die BF4 besucht nach wie vor den Kindergarten.

Der BF2 befand sich aufgrund einer Entwicklungsverzögerung ab 30.07.2013 in spezieller Betreuung und erhielt heilpädagogische Frühförderung, Musiktherapie und begleitete Kindergartenstunden. Seit September 2017 besucht er eine sonderpädagogische Schule in Dornbirn. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine erforderliche oder bereits erfolgte darüberhinausgehende medizinische Behandlung des BF3.

Die BF1 ist strafgerichtlich unbescholten, die BF2-BF5 sind strafunmündig.

Gegen die BF1 wurde mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 05.12.2019 aufgrund der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 726,00 gemäß § 35 AVG verhängt, weil sie mutwillig die Tätigkeit einer Behörde in Anspruch genommen hat.

Aus dem Antragsbegehren der BF gemäß § 56 AsylG 2005 geht im Vergleich zum mit 03.07.2019 rechtskräftigen abgeschlossenen Vorverfahren zu ihren Anträgen auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Identität der BF1 steht in Ermangelung unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente nicht fest. Für die in Griechenland und Österreich geborenen Kinder wurden griechische und österreichische Geburtsurkunden vorgelegt, sodass ihre Identität festgestellt werden konnte.

Die Feststellungen zu ihrer Staatsangehörigkeit beruhen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen zu ihrem Aufenthalt in Österreich und zu den vorangegangenen Asylverfahren, sowie den erst kürzlich abgeschlossenen Verfahren der BF bezüglich ihrer Anträge auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, ergeben sich aus den Verwaltungsakten des BFA und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, in Zusammenschau mit den eingeholten ZMR-Auskünften und Auszügen aus dem zentralen Fremdenregister (IZR).

Dass gegen die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Bescheide eine aufrechte, mit einem zweijährigen Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung bestand, ergibt sich aus der Rechtskraft des Erkenntnisses des BVwG vom XXXX , dieser Umstand blieb auch von den BF unbestritten.

Die Feststellung zur Unrechtmäßigkeit des derzeitigen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet beruht darauf, dass den BF im Bundesgebiet nie ein Aufenthaltsrecht zugekommen war.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich über ihre Kernfamilie hinaus keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte haben, ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt. Die Feststellung, dass die BF seit Juli 2019 vom Ehemann der BF1 und Vater der BF2, BF3, BF4 und BF5 getrennt leben, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wurde in der Beschwerde bestätigt. Gleichzeitig wurde mit der Beschwerde eine Ladung des BG XXXX vorgelegt, aus der hervorgeht, dass eine für den 06.02.2020 anberaumte Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung bezüglich Ehescheidung auf den 17.03.2020 verlegt wurde.

Die Feststellung, dass auch gegen den Ehemann bzw. Vater der BF eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung erlassen wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer Abfrage aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR).

Die Feststellung, dass die BF1 in Nigeria über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben im Zuge der rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zum Privatleben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet und zu den im Laufe ihres Aufenthaltes vorgenommenen Integrationsschritten ergeben sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt. Die entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde wurden auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF1 ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug, die Strafunmündigkeit der BF2, BF3, BF4 und BF5 aus ihrem Alter.

Die Feststellung zur über die BF1 verhängten Mutwillensstrafe ergibt sich aus dem dem Akt inneliegenden Bescheid des BFA vom XXXX .

Die Beschwerdeführer monierten, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt in Bezug auf Art. 8 EMRK nicht geändert habe.

Zu dieser Frage ist auf die Ausführungen in den vorangegangenen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich hinzuweisen (Seite 22):

„In Österreich verfügen die BF über ein Familienleben untereinander, jedoch ansonsten über keine familiären Anknüpfungspunkte und wird dies von den BF auch nicht behauptet. Der BF1 (Anmerkung: Ehemann der BF1 und Vater der BF2-5) ist zwar aufgrund seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller selbsterhaltungsfähig, jedoch werden Lebensunterhalt, Unterkunft, Taschen- und Bekleidungsgeld sowie Versicherung für die BF2 bis BF6 (Anmerkung: BF1 bis BF5 im gegenständlichen Verfahren) aus öffentlichen Mitteln der Grundversorgung finanziert. Der BF1 und die BF2 haben zwar gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet, eine Deutschprüfung Niveau A2 bestanden sowie Freundschaften geschlossen. Der BF3 und die BF4 gehen in die Schule und die BF5 und der BF6 besuchen den Kindergarten. Doch kann alleine deswegen noch nicht von einer nachhaltigen Verfestigung gesprochen werden. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Der BF3 leidet unter Kopfschmerzen und befand sich aufgrund seiner Entwicklungsverzögerung ab 30.07.2013 in Betreuung (heilpädagogische Frühförderung, Musiktherapie und begleitete Kindergartenstunden) und besucht seit September 2017 eine sonderpädagogische Schule (ASO Dornbirn). Eine darüber hinaus gehende medizinische (medikamentöse oder stationäre) Behandlung des BF3 kann nicht festgestellt werden.“

An diesen Feststellungen hatte sich auch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide am XXXX nichts geändert.

Die BF machten in der Begründung ihrer verfahrensgegenständlichen Anträge gleichbleibend geltend, sich seit 2013 durchgehend in Österreich zu befinden und einen großen Freundeskreis zu haben. Die BF1 spreche Deutsch auf A2-Niveau. Ihre Kinder besuchen die Schule und den Kindergarten. Es bestehe kein Kontakt zur Familie in Nigeria und somit könne die Familie im Falle einer Rückkehr auf kein soziales Netzwerk zurückgreifen. Dem BF2 wäre eine Rückkehr nach Nigeria aufgrund Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwierigkeiten und der notwendigen Therapie einer unmenschlichen Behandlung in Form von sozialer Isolation ausgesetzt.

In einer zusätzlich übermittelten Stellungnahme vom 19.12.2019 erklärte die BF1, dass sie sich mittlerweile von ihrem Mann getrennt habe und momentan alleine mit ihren Kindern lebe. Sie habe sich auf mehrere Jobs beworben, mangels Arbeitserlaubnis allerdings erfolglos.

Dabei wurde jedoch keine einzige neue Tatsache vorgebracht, die nach Rechtskraft der gegen sie erlassenen Rückkehrentscheidungen entstanden wäre. Sämtliche nun vorgebrachten integrationsbegründenden Umstände – etwa die absolvierte Deutschprüfung der BF1, der Schul- und Kindergartenbesuch der Kinder und der Entwicklungszustand des BF2 – wurden bereits in den zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX entsprechend berücksichtigt.

Auch wenn die Beschwerdeführer ihren gegenständlichen Anträgen und Beschwerden weitere Empfehlungsschreiben, Bestätigungen und Stellungnahmen der Kindergärten bzw. Schulen über die positive Entwicklung der BF vorgelegt haben, lässt sich daraus kein geänderter Sachverhalt ableiten, zumal es sich dabei lediglich um eine Fortführung bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Verfahren bestehender Integrationsschritte handelt.

An dieser Einschätzung kann auch die erfolgte Trennung und bevorstehende Scheidung der BF1 von ihrem Ehemann nichts ändern, wie in der rechtlichen Beurteilung auszuführen sein wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Anwendbare Rechtsnormen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der § 56 und § 58 Abs. 10 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 53/2019, lauten:

Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen

§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1.        zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2.       davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1-9) …

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Die maßgebliche Bestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr. 53/2019, lautet:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG Folgendes dar:

"Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

3.1.2. § 10 Abs. 3 AsylG lautet:

"(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

3.1.3. § 52 Abs. 3 FPG lautet:

"(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird."

3.2. Rechtsprechung:

3.2.1. Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).

3.2.2. Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, ausführlich auf den inhaltlichen Gleichklang der Beurteilung eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben eines Fremden bei Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung einerseits und der Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG andererseits hingewiesen (vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0006; 30.06.2016, Ra 2016/21/0103).

3.3. Anwendung im Beschwerdefall:

3.3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen daher der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. § 16 Abs. 5 BFA-VG macht die Bestimmung des § 58 Abs. 13 AsylG 2005 auch für das Beschwerdeverfahren anwendbar und erklärt zudem: Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Es ist daher gesetzlich normiert, dass eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegensteht.

3.3.2. Eine Sachverhaltsänderung ist dann als wesentlich anzusehen, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass eine andere Beurteilung als in der bereits ergangenen rechtskräftigen Entscheidung nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides müsste als zumindest möglich sein. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt liegt demnach dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine neue Beurteilung aus dem Blickwinkel des Artikel 8 EMRK erforderlich machen. In der Beschwerde wird es allerdings unterlassen aufzuzeigen, inwieweit in den neu vorgebrachten Umständen eine wesentliche Sachverhaltsänderung erkannt werden könnte.

3.3.3. Wie bereits in der Beweiswürdigung aufgezeigt wurde, kann die Verlängerung des Inlandsaufenthaltes seit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung nicht als wesentliche Änderung angesehen werden, da damit weder die nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung relevante „Zehn-Jahres-Grenze“ erreicht wird noch dieser Aufenthalt rechtmäßig war.

Soweit im Vorbringen der BF ein Element geltend gemacht wird, das als "Änderung" in Betracht kommt (insbesondere die fortlaufende Integration Kinder), ist festzuhalten, dass unter Bedachtnahme auf die seit der letzten Entscheidung im Juli 2019 vergangene Zeit, den unrechtmäßigen Aufenthalt der BF und unter Würdigung der von den BF geltend gemachten Umstände nicht gesehen werden kann, dass damit Sachverhaltsänderungen vorlägen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre - auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich (vgl. zu ähnlichen Konstellationen VwGH 23.02.2012, 2012/22/0002; 19.12.2012, 2012/22/0202; 17.04.2013, 2013/22/0006; 09.09.2013, 2013/22/0215; vgl. dazu auch, dass ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses keine umfassende Neubeurteilung iSd Art 8 EMRK nach sich ziehen [VwGH, 10.12.2013, 2013/22/0362; VwGH 29. 05.2013, 2011/22/0013]). Eine bestandene Deutschprüfung Niveau A2 erfolgten im Übrigen auch schon vor Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung im Februar 2019.

Im Beschwerdefall ist auch in Betracht zu ziehen, dass die vorgebrachten Integrationsbemühungen letztlich nur darin bestehen, dass die BF ihre bereits in der rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich einfach fortgesetzt haben, dies obwohl ihnen gegenüber eine seit 04.02.2019 rechtskräftige Ausreiseverpflichtung besteht und ein Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2019 in zweiter Instanz negativ entschieden wurde; diese Schritte erfolgten insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus.

Bei dieser Sachlage wirkt auch das in der getroffenen Entscheidung festgestellte öffentliche Interesse mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage der BF auch weiterhin entsprechend entgegen.

Die erfolgte Trennung und bevorstehende Scheidung der BF1 von ihrem Ehemann ist nicht geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes darzustellen, da es sich bei allfälligen Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat um keine der in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählten Faktoren handelt, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind.

Darüber hinaus besteht auch kein gesicherter Aufenthalt des Ehemannes bzw. Vaters der Beschwerdeführer im Bundesgebiet, zumal dieser in demselben Umfang von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen ist, wie die Beschwerdeführer.

Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das BFA den Antrag der BF mit der Begründung zurückweist, dass "nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre".

3.3.4. Die Zurückweisung des gemäß § 55 AsylG von den BF gestellten Anträge erfolgte daher zu Recht.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf von den BF unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die -unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als vom BFA.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Daran vermag auch das Faktum nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer der BF nach Rechtskraft der Vorentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet um etwa acht Monate verlängert hat, während ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration und die Bindungen zum Heimatstaat der BF nicht festzustellen war. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt wurde von den BF im Übrigen auch nicht substantiiert behauptet.

Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

Zu B): (Un)zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Bindungswirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit Familienverfahren geänderte Verhältnisse Identität der Sache Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I406.1438596.5.01

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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