TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/25 L501 2167316-1

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Veröffentlicht am 25.11.2020
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Entscheidungsdatum

25.11.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L501 2167316-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Bertram Fischer, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, ÖGK-S, (vormals Salzburger Gebietskrankenkasse) vom 18.05.2017, GZ. 046- XXXX /TA24/17, zu Beitragskontonummer XXXX wegen Beitragsnachverrechnung nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge um EUR 0,70 von EUR 9.564,50 auf EUR 9.565,20 erhöht werden; die Nachverrechnung beträgt sohin gesamt EUR 10.845,75, davon EUR 1.280,55 Verzugszinsen). Die der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2020 übermittelte Prüfungskorrektur der ÖGK-S vom 12.10.2020 wird zum integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 18.05.2017 wurde die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) verpflichtet, für die Dienstnehmer XXXX (in der Folge MB 3), XXXX , XXXX (in der Folge MB 2; XXXX und XXXX (in der Folge MB 1), XXXX , mit Beitragsabrechnung vom 14.10.2016 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 9.564,50 sowie die vorgeschriebenen Verzugszinsen in der Höhe von EUR 1.280,55 zu entrichten. Der Versicherungspflichtbescheid vom 18.05.2017, GZ. 046- XXXX /TA23/17, sowie die Beitragsabrechnung vom 14.10.2016 und der Prüfbericht vom 17.10.2016 wurden zu einem integrierten Bestandteil des Bescheides erklärt.

Begründend wurde ausgeführt, dass mit dem Versicherungspflichtbescheid vom 18.05.2017 festgestellt worden sei, dass die MB 1, 2 und 3 MB in den dort angegebenen Zeiträumen als Dienstnehmer der bP der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG unterliegen. Aufgrund der Einbeziehung dieser Personen in die Pflichtvollversicherung sei die entsprechende Nachverrechnung der diesbezüglichen Beiträge erforderlich.

Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wendet sich insbesondere gegen die Einbeziehung der MB 1, 2 und 3 in die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und sieht folglich keine Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen oder Zinsen.

Nach Vorlage der Beschwerde fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, wurde die ÖGK aufgefordert, eine Neuberechnung durchzuführen. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2020 wurde der bP das Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse vom 13.10.2020 samt Prüfungskorrektur vom 12.10.2020 gemäß § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen übermittelt. Eine Äußerung langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, wurde betreffend Herrn XXXX (MB 3), XXXX , im Zeitraum 15.06.2015 bis 17.07.2015, Herrn XXXX (MB 2), XXXX im Zeitraum 08.04.2015 – 14.09.2015 und Herrn XXXX (MB 1), XXXX im Zeitraum 01.12.2013 – 31.03.2015 aufgrund der für die bP in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit als Dienstnehmer die Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, und Pensionsversicherung) nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit a AIVG festgestellt.

Die MB 1, 2 und 3 waren in diesen Zeiträumen weder nach dem ASVG noch dem GSVG zur Sozialversicherung gemeldet, es wurden keine Beiträge geleistet. Die Nachverrechnung ist der Beitragsabrechnung vom 14.10.2016 und dem Prüfbericht vom 17.10.2016 unter Einbeziehung der im Sinne des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, erfolgten Prüfungskorrektur der ÖGK vom 12.10.2020 samt Stellungnahme vom 13.10.2020 zu entnehmen.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Abführung einer mündlichen Verhandlung unter Einschluss und Zugrundelegung des gegenständlichen Aktes des Bundesverwaltungsgerichts samt Bezugsakt L501 2167315-1 sowie des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Der zu entrichtende Betrag ergibt sich aus der Beitragsabrechnung vom 14.10.2016 und dem Prüfbericht vom 17.10.2016 unter Einbeziehung der im Sinne des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, erfolgten Prüfungskorrektur der ÖGK vom 12.10.2020 samt Stellungnahme vom 13.10.2020.

Weder im Beschwerdeschriftsatz noch im Rahmen mündlichen Verhandlung oder im gewährten Parteiengehör zur korrigierten Nachverrechnung wurde die Gelegenheit wahrgenommen, zu den Nachverrechnungen der belangten Behörde inhaltlich Stellung zu nehmen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, anzuwendendes Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Zu A) Abweisung der Beschwerde

II.3.2. Maßgebliche Rechtsvorschriften:

Gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Gemäß § 45 Abs. 1 ASVG darf die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Durchschnitt des Beitragszeitraumes oder des Teiles des Beitragszeitraumes, indem die Beitragspflicht bestanden hat, auf den Kalendertag entfällt, die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Als Höchstbeitragsgrundlage gilt der gemäß § 108 Abs. 1 und 3 festgestellte Betrag. Umfasst der Beitragszeitraum einen Kalendermonat und hat für den ganzen Kalendermonat Beitragspflicht bestanden, so ist bei der Anwendung der Höchstbeitragsgrundlage der Beitragszeitraum ebenfalls mit 30 Tagen anzusetzen

Gemäß § 58 Abs. 2 ASVG schuldet der Dienstgeber die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge und hat diese auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen.

Gemäß Abs. 1 leg. cit. sind die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die gemäß Abs. 4 vorgeschriebenen Beiträge sind mit Ablauf des zweiten Werktages nach der Aufgabe der Beitragsvorschreibung zur Post bzw. mit dem Zeitpunkt der Zustellung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung fällig.

Gemäß § 6 Abs. 1 BMSVG hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1,53 vH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 bis 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl Nr. 189/1955, zur Weiterleitung an die MV-Kasse zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist jedenfalls beitragsfrei. Wird innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem Ende eines Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber erneut ein Arbeitsverhältnis geschlossen, setzt die Beitragspflicht mit dem ersten Tag dieses Arbeitsverhältnisses ein.

Beitragsschuldner im Sinne des § 58 Abs. 2 ASVG ist der Dienstgeber jener Dienstnehmer, aufgrund von deren Beschäftigungsverhältnissen die Beitragsschulden entstanden sind (vgl. VwGH vom 26.01.2005, 2002/08/0165), wobei im Verfahren betreffend die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG bildet (vgl. VwGH vom 26.05.2014, 2012/08/0228).

II.3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Gegenständlich wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, die im Beitragsverfahren als Vorfrage zu wertende Vollversicherungspflicht betreffend die MB 1, 2 und 3 für die jeweiligen streitgegenständlichen Zeiträume ausdrücklich festgestellt.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 07.04.2016, 2013/08/0261) folgend ist der Landeshauptmann (nunmehr das Bundesverwaltungsgericht) bei der Entscheidung über die Beitragspflicht, wenn er vorfrageweise auch die Versicherungspflicht zu beurteilen hat, wegen der Grundsätze der Unabänderlichkeit eigener Entscheidungen und der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung an seinen (vorherigen oder gleichzeitigen) Ausspruch über die Versicherungspflicht (als Hauptfragenentscheidung) auch dann gebunden, wenn diese Entscheidung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, sondern einem Rechtszug an den Bundesminister (nunmehr Verwaltungsgerichtshof) unterliegt (vgl. VwGH vom 14.04.2010, 2009/08/0246, mwN). Der Abspruch über die Beiträge kann daher nicht mit dem Argument angegriffen werden, es habe im zu prüfenden Zeitraum keine Pflichtversicherung bestanden (vgl. VwGH vom 26.05.2014, 2012/08/0228, mwN).

Da somit das Bundesverwaltungsgericht als auch die Parteien an die Feststellung der Versicherungspflicht der Dienstnehmer innerhalb der Grenzen der Rechtskraft gebunden sind, kann im Verfahren über die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht und der Dienstnehmereigenschaft (und der damit verbundenen Dienstgebereigenschaft) nicht neuerlich aufgerollt werden (vgl. VwGH vom 26.05.2014, 2012/08/0228). Diese Rechtsprechung hat gemäß Verwaltungsgerichtshof vom 20.02.2020, Ra 2020/08/0021, weiterhin Gültigkeit.

Die verfahrensgegenständliche Beschwerde stützt sich in ihrer Begründung ausschließlich auf die nach Ansicht der bP unrichtige Vorfragenbeurteilung der Pflichtversicherung. Gegen die Berechnung bzw. Höhe der Beitragsvorschreibung wurde kein Einwand erhoben.

Unter Heranziehung der Beitragsabrechnung vom 14.10.2016 und dem Prüfbericht vom 17.10.2016 unter Einbeziehung der im Sinne des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2020, L501 2167315-1/40E, erfolgten Prüfungskorrektur der ÖGK vom 12.10.2020 samt Stellungnahme vom 13.10.2020 wurde die Berechnung der Beträge im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Es wurden weder gegen die ermittelten Beitragsgrundlagen noch die rechnerische Richtigkeit der daraus resultierenden Nachverrechnungsbeträgen Einwände vorgebracht und ergeben sich aus dem Akt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beiträge nicht korrekt berechnet wurden.

Die Beschwerde war sohin spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung Bindungswirkung Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2167316.1.00

Im RIS seit

09.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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