TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/11 95/21/0151

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Veröffentlicht am 11.06.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des B in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 24. August 1994, Zl. Fr-5749/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und/oder Mazedonien sowie "Rest-Jugoslawien" gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 leg. cit. bedroht sei.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag gemäß § 54 FrG damit, daß er als ethnischer Albaner im Kosovo seine Heimat vor einer ihm angedrohten zwangsweisen Einberufung zur Armee der Bundesrepublik Jugoslawien über Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn nach Österreich verlassen habe. Er sei zunächst über Österreich nach Deutschland geflohen, wo er infolge eines bestehenden Schubabkommens am 31. Mai 1994 wieder nach Österreich abgeschoben worden sei.

Die Bundespolizeidirektion Salzburg als Behörde erster Instanz verwies in ihrem den Antrag gemäß § 54 FrG abweisenden Bescheid auf die Ergebnisse des Verfahrens vor dem Bundesasylamt, die zur Abweisung des Asylantrages mit Bescheid vom 5. Juli 1994 geführt hätten. Die darin getroffenen Feststellungen seien ein integrierender Bestandteil ihres Bescheides im fremdenpolizeilichen Verfahren. Das Bundesasylamt ging in seinem vorerwähnten Bescheid u.a. davon aus, daß der Beschwerdeführer vor seiner Einberufung zum Militärdienst aus dem Kosovo geflohen sei, die Einberufung zur Militärdienstleistung jedoch keine asylrelevante Verfolgung darstelle, weil diese staatliche Maßnahme der Durchsetzung staatsbürgerlicher Pflichten diene. Die Militärdienstpflicht und deren Sicherstellung durch Strafandrohung sei eine auf einem originären und souveränen staatlichen Recht beruhende legitime Maßnahme, weshalb eine unter Umständen auch strenge Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion als solche keine asylrelevante Verfolgung darstelle. Demgemäß komme auch dem vom Beschwerdeführer am 5. Juli 1994 im Wege eines Telefax vorgelegten Einberufungsbefehl, der vom Vater des Asylwerbers am 8. April 1994 übernommen worden sei, keine asylrelevante Bedeutung zu. Im übrigen gehe aus seinem Vorbringen hinsichtlich der allgemeinen Lage der Albaner im Kosovo nicht hervor, daß der Beschwerdeführer einer ihn selbst individuell bedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers wie folgt dargestellt: Er sei ethnischer Albaner aus dem Kosovo. Er habe fliehen müssen, weil er am 7. April 1994 willkürlich von Polizeiorganen im Zuge einer Kontrolle mit der Begründung aufgegriffen worden sei, daß Männer in seinem Alter bereits eine Einberufung erhalten hätten müssen. Er hätte in weiterer Folge am 11. April 1994 zwangsweise eingezogen werden sollen. Der Einberufungsbefehl sei seinem Vater am 8. April 1994 zugestellt worden. Infolge der Bestechung eines Polizisten sei ihm die Flucht gelungen. Er habe sich bis 9. Mai 1994 bei einem Freund im Kosovo versteckt gehalten und dann sei er über die angeführten Länder zunächst bis Deutschland geflohen, von dort jedoch nach Österreich abgeschoben worden. Die albanische Bevölkerung des Kosovo würde durch die serbische Regierung schwer unterdrückt. Der Beschwerdeführer sei ebenfalls ein Opfer dieser ethnisch begründeten serbischen Repression geworden.

Im übrigen schildere der Beschwerdeführer in seiner Berufung die geschichtliche Entwicklung der Situation der albanischen Bevölkerung und deren derzeitige Situation im Kosovo, ohne jedoch konkret auf seine Bedrohungssituation einzugehen. Der Beschwerdeführer befürchte bei einer Abschiebung nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien und/oder Mazedonien unmittelbar nach "Rest-Jugoslawien (Jugoslawische Föderation, Bundesrepublik Jugoslawien)" (weiter-)abgeschoben zu werden.

Diesem Berufungsvorbringen sei jedoch entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer für seine Behauptung, seinem Vater sei der Einberufungsbefehl nachträglich zugestellt worden, im bisherigen Verfahren keine Bescheinigungsmittel vorgelegt habe. Der Beschwerdeführer habe nicht einmal Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Hinweise auf seine Identität oder Staatsangehörigkeit ergäben. Dieser Umstand in Verbindung mit der Tatsache, daß er weder in einem der Durchreisestaaten noch anläßlich seiner Einreise nach Österreich und in den Wochen nach seiner Rückstellung aus der Bundesrepublik Deutschland um Schutz angesucht habe, ließen seine nunmehr gemachten Angaben als unglaubwürdig erscheinen. Der gesamte Konnex seiner Angaben deute daraufhin, daß er keine Handlungen in seinem Heimatstaat gesetzt habe, die die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 37 FrG nach sich ziehen könnten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei aber auch aus einem weiteren Grund nicht glaubwürdig: Informationen zum Zeitraum Juni bzw. September 1991 würden besagen, daß Albaner aus dem Kosovo kaum mehr einberufen werden, weil die Armeeführung damit rechne, daß sie im Falle eines Einsatzes ohnehin desertieren oder gar auf ihre (nicht-albanischen) Vorgesetzten schießen würden. Insbesondere auf Grund der bezweifelten Loyalität und Zuverlässigkeit würden Angehörige der albanischen Volksgruppe in der Armee lediglich in der "Etappe" eingesetzt werden. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß kosovo-albanische Reservisten oder Rekruten in den Kriegsgebieten Bosnien-Herzegowina oder in der kroatischen Krajina eingesetzt würden. Ebenso würden Kosovo-Albaner nur mehr in technischen Einheiten eingesetzt und nicht an Waffen ausgebildet. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Gründe vorgebracht, weshalb diese generelle Praxis für ihn im Falle einer Einberufung nicht zutreffen sollte. Sowohl die seinerzeitige jugoslawische Volksarmee als auch die Armee der nunmehrigen "Jugoslawischen Föderation" - so die belangte Behörde weiter - seien im verstärkten Maße von Desertionen und Refraktionen, und zwar quer durch alle Nationalitäten, betroffen. Die Bestrafungen für diese Personengruppen seien jedenfalls im Kontext der derzeitigen militärischen Auseinandersetzungen nicht verschärft worden. Eine besondere Gefährdung, die im Falle des Beschwerdeführers ethnisch motiviert wäre und die vom § 37 FrG gezogene Grenze überschreite, habe vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht werden können. Gemäß geltendem Recht in der Jugoslawischen Föderation müsse der Zustand der allgemeinen Mobilmachung und eine drohende Kriegsgefahr herrschen, damit überhaupt eine gesetzliche Grundlage für das Vorgehen gegen Deserteure und Refrakteure gegeben sei. Der Zustand der allgemeinen Mobilmachung sei am 4. Oktober 1991 ausgerufen worden und habe bis Ende April 1992 gedauert. Dieser Zustand habe somit vor dem Zeitpunkt der vom Beschwerdeführer behaupteten Stellungsflucht geendet, sodaß eine Anwendung der möglicherweise gefährdenden Strafnormen für ihn gar nicht mehr in Frage käme. Auf Grund der in diesem Zeitraum massenhaft vorgekommenen Desertionen und Refraktionen sei nach den den österreichischen Behörden vorliegenden Informationen zwar in mehreren 1000 Fällen formal Anklage erhoben worden. Mit der Durchführung von Gerichtsverhandlungen sei jedoch vielfach gezögert worden. Die festgestellten Höchststrafen für Desertion - Refraktion würde generell milder beurteilt - hätten eine Dauer von ein bis höchsten zwei Jahren nicht überschritten. Wesentlich häufiger seien bedingte Strafen und Freisprüche. Die Strafsanktion für eine Verletzung dieser Pflicht sei für alle Staatsbürger der Jugoslawischen Föderation gleich, sodaß eine darauf gegründete drohende Sanktion nicht auf Grund einer ethnischen Zugehörigkeit den vom Refoulement-Verbot gesetzten besonderen Anforderungen entsprechen würde.

"Ausschlaggebend seien aber weniger" diese Erwägungen, sondern die Umstände des konkreten Falles. Angesichts der Tatsache, daß aus der Asylvernehmung des Beschwerdeführers klar hervorgehe, daß er sich für einen relativ langen Zeitraum offensichtlich unbehelligt in seiner Heimat aufgehalten habe, könne keine Verfolgungsgefahr angenommen werden. Der Beschwerdeführer widerspreche sich auch selbst, wenn er einerseits im Asylverfahren behauptet habe, daß er von Polizeibeamten festgenommen worden sei, weil er die Frage nach Ableistung des Militärdienstes verneint habe, andererseits im nunmehrigen Verfahren sich darauf bezog, angeblich verhaftet worden zu sein, weil er sich der zwangsweisen Rekrutierung entzogen hätte.

Der Beschwerdeführer sei im Falle einer Abschiebung nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Mazedonien nicht im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht. Diese Staaten seien alle Vertragsstaaten der Konvention vom 28. Juli 1951 sowie des Protokolls vom 31. Jänner 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und somit verpflichtet, Flüchtlinge, die unter diese völkerrechtlichen Verträge fielen, gegen die Rückschiebung in ihr Herkunftsland oder unsichere Drittstaaten zu schützen. Diese Staaten hätten diese Verträge innerstaatlich umgesetzt. Allein aus diesem Grunde sei gewährleistet, daß in diesen Staaten ein Abschiebungsschutz bestehe. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er im Falle einer Abschiebung in diese Staaten von einer (ungeprüften) Weiterabschiebung nach Jugoslawien bedroht sei, sei eine Vermutung, die durch keine auf seinen individuellen Fall bezogene Angaben belegt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Feststellung der belangten Behörde, die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zwangsrekrutierung zum Militär sowie des seinem Vater zugestellten Einberufungsbefehls seien nicht glaubwürdig, beruht auf einer unschlüssigen und teilweise aktenwidrigen Beweiswürdigung. Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat die Behörde erster Instanz, indem sie die Sachverhaltsannahmen des Bundesasylamtes als integrierenden Bestandteil übernahm, festgestellt, daß der Beschwerdeführer mittels Telefax den seinem Vater am 8. April 1994 zugestellten Einberufungsbefehl vorgelegt habe. Sowohl die Bundespolizeidirektion Salzburg als auch das Bundesasylamt hatten weder an der Tatsache der Einberufung des Beschwerdeführers noch an seiner Identität Zweifel, sodaß die im nunmehr gegenständlichen Bescheid enthaltene Annahme, der Beschwerdeführer habe weder seinen Einberufungsbefehl bescheinigt noch seine Identität oder Staatsangehörigkeit nachgewiesen, in einem unlösbaren Widerspruch zum Akteninhalt steht. Ebensowenig sind die Bescheidausführungen verständlich, wenn behauptet wird, der Beschwerdeführer habe "in den Wochen nach (seiner) Rückstellung aus der Bundesrepublik Deutschland keinen Schutz gesucht". Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten wurde der Beschwerdeführer am 31. Mai 1994 von Deutschland nach Österreich abgeschoben, wo er nach Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsanwalt am 7. Juni 1994 sowohl einen Asylantrag als auch den gegenständlichen Feststellungsantrag gemäß § 54 FrG eingebracht hat. Nicht stichhältig ist die weitere Schlußfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei auch deshalb unglaubwürdig, weil er vor seiner Einreise in Österreich in den Durchreisestaaten Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Mazedonien keinen Asylantrag gestellt habe. Der Beschwerdeführer hat nämlich vorgebracht, daß es sich bei diesen Staaten für ihn um keine sicheren Drittstaaten gehandelt habe und er im Falle seines Aufgreifens von dort in seinem Heimatstaat zurückgeschoben worden wäre. Das weitere Argument, der Beschwerdeführer habe sich nach seiner Flucht aus der Polizeihaft "für einen relativ langen Zeitraum offensichtlich unbehelligt in (seiner) Heimat" aufgehalten, geht völlig an der Aussage des Beschwerdeführers vorbei, wonach er sich in der Zeit vom 9. April 1994 (Entlassung aus der Polizeihaft infolge Bestechung eines Polizeibeamten) bis zur Ausreise aus "Jugoslawien" am 11. Mai 1994 bei einem (namentlich genannten) Freund versteckt gehalten habe. Richtig ist, daß in dem am 31. Mai 1994 vor der Bundespolizeidirektion Salzburg aufgenommenen Protokoll sich die vom Beschwerdeführer unterfertigte Formulierung findet, daß er mit den "gegen mich beabsichtigten Maßnahmen einverstanden" sei, wobei ihm nach Inhalt des Protokolls zuvor "zur Kenntnis gebracht" worden sei, daß "ich wegen der von mir begangenen Verwaltungsübertretungen bestraft werde, es beabsichtigt ist gegen mich ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und ich auf dem Land- bzw. Luftwege in mein Heimatland abgeschoben werde". Allerdings verweist die Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf, daß dem Beschwerdeführer erst am 7. Juni 1994 die Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführervertreter möglich gewesen sei und er erst zu diesem Zeitpunkt über seine rechtlichen Möglichkeiten ausreichend informiert worden sei. Dieser Beschwerdebehauptung kann angesichts des vorliegenden Protokolls nicht entgegengetreten werden, weil sich aus dessen Inhalt nicht ergibt, daß der Beschwerdeführer vor Unterfertigung zu seinen Fluchtgründen befragt und auf sämtliche Rechtsschutzmöglichkeiten hingewiesen worden wäre.

Der von der belangten Behörde festgestellte Widerspruch in seinen Angaben zu der am 7. April 1994 erfolgten Verhaftung liegt nicht vor. Sowohl im Asylverfahren als auch im hier gegenständlichen Verwaltungsverfahren hatte der Beschwerdeführer geltend gemacht, daß er am 7. April 1994 wegen des Verdachtes verhaftet worden sei, daß er sich seiner Militärdienstpflicht entzogen haben könnte, und es in der Folge geplant gewesen sei, ihn zwangsweise zum Militärdienst zu rekrutieren.

Da sich somit die von der belangten Behörde als tragende Beweiswürdigung für die gezogene Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer sei in seinem Heimatland nicht im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht, zur Gänze als unschlüssig erweist, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Aber auch die von der belangten Behörde "in eventu", nicht als "für die Entscheidung maßgeblich" angesehenen Erwägungen, die sich auf Informationen zum Zeitraum Juni bis September 1991 stützen, sind unschlüssig. Angesichts der sich laufend verändernden Verhältnisse in der Bundesrepublik Jugoslawien, welches der EMRK nicht beigetreten ist, genügt eine Beurteilung der Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmungen anhand von vor drei Jahren erhaltenen Informationen nicht. Die belangte Behörde hätte vielmehr andere geeignete aktuelle Erkenntisquellen ihrer Entscheidung zugrundelegen müssen, um beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung nach "Rest-Jugoslawien" (Bundesrepublik Jugoslawien) konkret Gefahr liefe, dort - auch ohne daß formell die Todesstrafe verhängt wird - durch vom Staat zu verantwortendes Verhalten zu Tode zu kommen (vgl. dazu das hg. Erkenntis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/21/0023).

Der Vorwurf der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist auch in bezug auf die weiters genannten Staaten Ungarn, Rumänien, Bulgarien und/oder "Mazedonien" berechtigt. Gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG ist nicht nur die unmittelbare Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in welchem die in diesen Bestimmungen genannten Gefahren drohen, für unzulässig erklärt, sondern auch die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in einen Staat, in welchem die konkrete Gefahr besteht, daß er von dort in einen derartigen Staat weitergeschoben würde. Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich dieser Staaten geltend gemacht, daß er bei einer Abschiebung dorthin sofort unter Verletzung des Refoulement-Verbotes in seinen Heimatstaat weiterabgeschoben würde, wozu der Beschwerdeführer im Verfahren auch Beweise (Einholung einer diesbezüglichen Stellungnahme des UNHCR, des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte und "eines Gutachtens" durch Amnesty International) angeboten hat. Dieser auf seine ethnische Zugehörigkeit zu den Albanern im Kosovo gestützten Behauptung ist die belangte Behörde ausschließlich mit dem Argument entgegengetreten, aus dem Umstand des Beitritts der genannten Staaten zur Konvention vom 28. Juli 1951 sowie zum Protokoll vom 31. Jänner 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sei gewährleistet, daß der Beschwerdeführer in diesen Staaten Schutz vor ungeprüfter Abschiebung in seinen Heimatstaat genieße. Diese Staaten seien nämlich als Vertragsstaaten der bezeichneten völkerrechtlichen Verträge verpflichtet, das Refoulement-Verbot zu beachten. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, daß diese allein aus dem Beitritt eines Staates zur Genfer Flüchtlingskonvention abgeleitete Annahme unschlüssig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 95/20/0606 sowie insbesondere das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0179, mwN). Da sich der Beschwerdeführer konkret auf eine völkerrechtswidrige Praxis der genannten Staaten gegenüber der albanischstämmigen Volksgruppe im Kosovo berufen und die Befürchtung einer Gefährdung im oben angeführten Sinn im Falle seiner Abschiebung in sein Heimatland aus seiner Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe abgeleitet hat, wofür er auch konkrete Bescheinigungsmittel anbot, geht der Hinweis der belangten Behörde, diese Unterlagen ließen keinen Rückschluß auf seine Person zu - ohne deren inhaltliche Überprüfung auf die behauptete allgemeine Vorgangsweise gegenüber Albanern - an den Einwendungen des Beschwerdeführers völlig vorbei.

Ebensowenig stichhältig ist das weitere Argument der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in diesen Staaten nicht verfolgt worden sei, weil er durch diese nur durchgereist war und Feststellungen zur Dauer sowie Art des Aufenthaltes gänzlich fehlen.

Der angefochtene Bescheid war daher infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995210151.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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