TE OGH 2021/1/19 14Os129/20g

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Veröffentlicht am 19.01.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pateisky in der Strafsache gegen ***** M***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 18. September 2020, GZ 602 Hv 1/20w-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde ***** M***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (I./) sowie der Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (II./A./ und B./) schuldig erkannt.

[2]            Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 18. September 2020 meldete der durch einen Wahlverteidiger (vgl ON 61) vertretene Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 79 S 37).

[3]            Das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll wurden dem Wahlverteidiger am 30. September 2020 durch Hinterlegung (vgl § 17 Abs 3 ZustG) zugestellt (siehe den bei ON 1 S 26 angehängten Zustellnachweis).

[4]            Am 3. Oktober 2020 (vgl § 89d Abs 1 GOG) brachte dieser elektronisch eine „Bekanntgabe vom 18. 9. 2020“ ein, wonach das Vollmachtsverhältnis zum Angeklagten aufgelöst wurde (ON 85).

[5]            Der daraufhin vom Gericht bestellte Verfahrenshilfeverteidiger, dem das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll am 16. Oktober 2020 zugestellt wurden (ON 1 S 28, ON 88), brachte am 12. November 2020 eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und eine gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtete Berufungsausführung ein (ON 90).

Rechtliche Beurteilung

[6]                     Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist verspätet:

[7]            Nach Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO). Der Lauf dieser Frist wird weder durch die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Wahlverteidiger (zur Pflicht des Verteidigers zur Vornahme fristwahrender Prozesshandlungen vgl § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO und § 11 Abs 2 RAO), noch durch die danach erfolgte Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beeinflusst (§ 63 Abs 2 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0125686, RS0116182 [T8, T12, T13]; Soyer/Schumann, WK-StPO § 63 Rz 29 f; Murschetz, WK-StPO § 84 Rz 4).

[8]            Die durch Zustellung der Urteilsschrift an den Wahlverteidiger am 30. September 2020 (sohin vor Bekanntgabe der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses) ausgelöste Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten endete daher mit Ablauf des 28. Oktober 2020 (vgl § 84 Abs 1 StPO).

[9]            Da der Angeklagte somit weder bei der Anmeldung noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2, 344 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).

[10]     Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E130547

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00129.20G.0119.000

Im RIS seit

05.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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