TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/2 W265 2233657-1

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Veröffentlicht am 02.12.2020
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Entscheidungsdatum

02.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1
VOG §10 Abs1
VOG §2
VOG §4
VOG §6a

Spruch


W265 2233657-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 15.06.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 01.04.2019 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet), die Anträge auf Übernahme der Kosten für ein Pflegebett im Wege der orthopädischen Versorgung, auf Gewährung einer Pflegegeldzulage, Heilfürsorge in Form des Ersatzes der verbrechensbedingten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich der Rezeptgebühren, Pauschalentschädigung für Schmerzengeld sowie um Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG). Am 10.10.2019 beantrage die Beschwerdeführerin die Übernahme der entstehenden Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung nach dem VOG.

Die Anträge wurden damit begründet, dass die Beschwerdeführerin am 12.07.2016 in XXXX , U-Bahnstation XXXX , von ihrem Freund XXXX , durch mehrere Messerstiche in den Kopf schwer verletzt worden sei. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde XXXX wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Aufgrund des Ersuchens der Beschwerdeführerin fand am 10.10.2019 eine persönliche Vorsprache der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde statt. Im Rahmen dieser persönlichen Vorsprache wurde niederschriftlich die geplante Berechnung des Ersatzes des Verdienstentganges besprochen. Darüber hinaus wurde die Beschwerdeführerin dahingehend informiert, dass ihr Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld abgewiesen werden müsse, weil die entsprechende Antragsfrist von 2 Jahren ab Schädigung versäumt worden sei. Die Beschwerdeführerin zog daraufhin ihren Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld im Rahmen der persönlichen Vorsprache vor der belangten Behörde zurück. Die Niederschrift vom 10.10.2019 wurde von der Beschwerdeführerin persönlich unterfertigt.

Bezüglich des Ansuchens um Pflegegeldzulage wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ein ärztliches Gutachten eingeholt werde.

Mit Bescheid vom 21.10.2019 bewilligte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin aufgrund dieses Verbrechens den Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges, auf Übernahme der Kosten für psychotherapeutische Krankenbehandlung und Heilfürsorge in Form der verbrechensbedingten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren.

Am 27.02.2020 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem VOG. In ihrer Begründung verwies sie auf das Verbrechen vom 12.07.2016 sowie auf das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für XXXX vom XXXX . Aufgrund der Tat seien zahlreiche Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte notwendig gewesen. Bei der Straftat habe sie folgende Körperverletzungen erlitten: Verletzungen des zervikalen Rückenmarkes, offene Schädelbasisfraktur, Bruch der Schädelbasis, Bruch des Schläfenbeines mit Beteiligung der Schädelbasis, traumatische subdurale Blutung, traumatische subarachnoidale Blutung, Bruch des Nasenbeines, Bruch des Unterkiefers rechts und Stich- und Schnittwunden am Kopf.

Mit Parteiengehör der belangten Behörde vom 12.03.2020 wurde der Beschwerdeführerin bezugnehmend auf ihren Antrag vom 27.02.2020 auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem VOG aufgrund der Schädigung vom 12.07.2016 zur Kenntnis gebracht, dass dieses Ansuchen gemäß § 10 Abs. 1 in der bis 31.12.2019 gültigen Fassung des VOG wegen Versäumung der Antragsfrist (2 Jahre ab Schädigung) abgewiesen werde. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Die belangte Behörde ersuchte in der Folge XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie, um Erstellung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.12.2019 basierenden Gutachten vom 03.02.2020 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Sachverhalt:

Beantragt wird Gewährung einer Pflegegeldzulage und orthopädischer Versorgung nach dem VOG

Unfallhergang:

Am 12.7.2016 wurde Frau A von ihrem Freund durch mehrere Messerstiche in den Kopf schwer verletzt.

Folgende Verletzungen wurden festgestellt:

Verletzungen des zervikalen Rückenmarks, offene Schädelbasisfraktur, Bruch der Schädelbasis, Bruch des Schläfenbeins mit Beteiligung der Schädelbasis, traumatische Subduralblutung, traumatische Subarachnoidalblutung, Bruch des Nasenbeins, Bruch des Unterkiefers rechts sowie Stich- und Schnittwunden am Kopf

stationäre Behandlung 12.7.2016 - 28.8.2016 AKH

29.8. 2016 - 13.1.2017 und 20.6.2017 - 14.7.2017 Rehabilitation XXXX

30.10. – 3.11.2017 Krankenhaus XXXX

14.6. - 26.7.2019 Rehabilitation XXXX

ab 1.5.2019 Pflegegeld der Stufe 2

Gutachten im Rahmen eines Passverfahrens vom 27.12.2018: Gesamtgrad der Behinderung 50 %.

Sämtliche im Akt aufliegenden Befunde werden eingesehen:

Abl. 291-305: Entlassungsbericht XXXX 25.7.2019 (Traumatische Halbseitenschädigung des Rückenmarks mit dissoziierter Sensibilitätsstörung und armbetonter sensomotorischer Linkshalbseitensymptomatik durch multiple Stichverletzungen am 12.7.2016

Verletzung des Halsrückenmarks auf Höhe C1

intrazerebrale Blutung mit Hirnödem, offene Schädelbasisfraktur, Hinterhauptfraktur, Scheitelbeinbruch, Anlage einer Ventrikelsonde zur Senkung des Hirndrucks als auch Langzeitintensivaufenthalt

Abschlussbefund: 2 min Gehtest entsprechend 3,2 km/h)

Abl. 320-325: Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung: Gesamt-GdB 50%

MRT der HWS 26.7.2016 (Zustand nach Stichverletzung, nahezu vollständige Durchtrennung des Myelons auf Höhe C 1, Duralsack offen, A vertebralis und ACI beidseits regulär)

Abl. 252-253: Nachbehandlung AKH 20.5. 2019 (kommt zur Ausstellung einer Verordnung für ein orthopädisches Bett. Derzeit selbstständig mobil, Vorfußheberschwäche links mit Schienen versorgt, neurologische Ausfälle des linken Arms und der Finger deutliche Kraftminderung. Verordnung für orthopädisches Bett ausgestellt)

Abl. 169ff: Bericht XXXX 14.7.2017 (am 12.7.2016 multiple Stichverletzungen okzipital, Tetraplegie sub CO ASIA C, Zustand nach multiplen Stichverletzungen, Zustand nach intrakranieller Blutung und diffusem Hirnödem, offene Schädelbasisfraktur, Rückenmarksverletzung C 1

Abl. 175: Stiegensteigen mit Handlauf gut möglich (Gangbild langsam jedoch sicher)

Abl. 185 ff: Bericht XXXX 13.1.2017

Sozialanamnese: ledig, keine Kinder, lebt mit Vater in Wohnung im 5. Stockwerk mit Lift Berufsanamnese: Kurs 03/2016 für Kindergruppenbetreuerin abgeschlossen, derzeit Notstandshilfe

Medikamente: Medikament gegen Blähungen, Dulcolax

Allergie: O, Nikotin: 0

Laufende Therapie bei Hausarzt XXXX

Derzeitige Beschwerden:

„Habe ein Pflegebett 2019 beantragt und nicht bekommen. Ich benötige immer noch ein Pflegebett wegen meines Gesundheitszustands. Ich liege manchmal auch am Nachmittag im Bett. Bin fast nie allein, meistens bei Familie. Bei der Mutter liege ich auf einer Matratze am Boden.

Ich denke doch, dass ich aus gesundheitlichen Gründen ein Pflegebett brauche. Am Anfang konnte ich mich im Bett nicht umdrehen, jetzt kann ich mich seit 1 bis 2 Jahren selber im Bett umdrehen.

Unterstützung habe ich beim Waschen, Haare waschen, Frisieren, Knöpfe zu machen, Schuhe binden. Hergekommen bin ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln."

Status:

Größe 169 cm, Gewicht 60 kg, Alter 25 Jahre

Caput/Colturn: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, Narbe nach Tracheostoma, ganz zarte Narbe am rechten Nasenflügel, zarte Narbe im Bereich des Nackens, großteils mit Haaren bedeckt.

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch,

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein

Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, Muskelverhältnisse: Oberarm rechts 27 cm, links 26,5 cm, Unterarm rechts 25,5 cm, links 23,5 cm.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich der rechten oberen Extremität von der Halsregion bis zu den Fingern als gestört angegeben, Feinmotorik rechts unauffällig Fingerspreizen links geschwächt, Faustschluss bis auf Ringfinger und Kleinfinger möglich,

Opponensfunktion Daumen zu Zeigefinger möglich, KG 4, sonst nicht möglich, Fingerstrecken links endlagig eingeschränkt, die linke Hand wird beim Anziehen zum Festhalten eingesetzt, das Halten eines Blattes Papier ist links und rechts möglich.

Kraft rechts proximal und distal KG 5, links:

Schulter KG 4, Ellbogen KG Handgelenk KG 4, Finger KG 34 Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern S und F rechts 0/1 60, Rotation endlagig eingeschränkt, links frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke seitengleich frei beweglich.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang möglich, Fersenstand nur rechts möglich. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 2/3 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Muskelverhältnisse: Oberschenkel rechts 49 cm, links 46 cm, Unterschenkel rechts 35 cm, links 33 cm.

Beinlänge ident

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird links als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich.

Kraft links: Hüftbeugen KG 4, Kniestrecken und Kniebeugen KG 5, Vorfußheben KG 1, Zehenbewegen KG 3, Vorfußsenken KG 5

Kraft rechts: proximal und distal KG 5

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität — Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen mit Peroneusschiene, das Gangbild zeigt barfuß einen inkompletten Storchengang mit eingeschränkter Bodenfreiheit, kein Bodenkontakt in der Schwungphase links. Der linke Arm wird weniger mitbewegt im Sinne eines Wernicke- Mann-Gangbilds, Aufstehen vom Sessel, Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen von der Untersuchungsliege selbstständig möglich. Gangbild mit Schuhen sicher und raumgewinnend. Gesamtmobilität etwas verlangsamt sonst unauffällig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen

Beantwortung der Fragestellungen:

ad 1) Welche kausalen Gesundheitsschädigungen erlitt Frau A. bei der Schädigung am 12.07.2016?

Verletzung des Rückenmarks Höhe C1: Traumatische Halbseitenschädigung des Rückenmarks mit Sensibilitätsstörung und armbetonter sensomotorischer Linkshalbseitensymptomatik durch multiple Stichverletzungen Schädel-Hirn-Trauma: Intrazerebrale Blutung mit Hirnödem, offene Schädelbasisfraktur, Hinterhauptfraktur, Scheitelbeinbruch

ad 2) Welche Gesundheitsschädigungen sind Dauerfolgen bzw. besserungsfähig? Residualsymptomatik mit sensomotorischem Defizit links mit Schwäche der Feinmotorik links und Peroneusschwäche links, es besteht jeweils ein zwar geringes, aber doch noch mögliches Besserungspotenzial. Der psychopathologische Status der XXXX , Abl. 298, ist unauffällig.

ad 3) Welche MdE?

Es kann eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % angenommen werden. Im Vergleich zum Gutachten im Rahmen des Passverfahrens vom 24.10.2018 zeigt sich eine geringgradige, jedoch nicht einschätzungsrelevante Verbesserung.

ad 4) Kann mit der nach dem Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass Frau A. durch die erlittenen Gesundheitsschädigungen ab 1.5. 2019 so hilflos ist, dass sie für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person benötigt?

Es kann mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sie für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person nicht benötigt. Die intensiven Rehabilitationsmaßnahmen haben zu einer maßgeblichen Verbesserung geführt und sind im Entlassungsbericht der XXXX 25.7.2019, Abl. 304 usw., dokumentiert.

ad 5) Gegebenenfalls, welche Stufe der Pflegezulage wird vorgeschlagen?

entfällt

ad 6) Ist ein Nachuntersuchungstermin erforderlich und gegebenenfalls, wann?

Nein

ad 7) Frau A. absolvierte die Ausbildung zur Kindergruppenbetreuerin. Aufgrund der erlittenen Schädigungen kann sie diese Tätigkeit nicht ausüben. Welche Tätigkeiten könnte Frau A. ausüben?

Möglich sind alle Tätigkeiten, die nicht mit längerem Stehen oder Gehen verbunden sind und die nicht eine uneingeschränkte Feinmotorik abverlangen.

ad 8) Ist der Ankauf eines Pflegebettes aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen erforderlich?

Nein.

ad 9) Wenn nein wird um eine ausführliche Begründung gebeten.

Festzustellen ist ein sicheres Stehen, eine zwar verlangsamt, aber sichere Gesamtmobilität und ein ohne Hilfsmittel mögliches selbstständiges Gehen. In Abl. 297 wird festgehalten, dass sie im Innenbereich auch ohne Peroneusschiene gehen kann. Es konnte also eine ausreichende Gesamtmobilität festgestellt werden, sodass die behinderungsbedingte Erfordernis eines Pflegebettes nicht ausreichend begründbar ist.“

Mit Schreiben vom 16.03.2020 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Am 30.03.2020 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme ein. Darin führte die Beschwerdeführerin zu ihrem Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld aus, dass es ihr aufgrund der Schwere der Verletzungen nicht möglich gewesen sei, den Antrag früher einzubringen. Auch ihre Vertretung (a) Mutter und (b) ihre Rechtsanwältin hätten dem nicht nachkommen können, da sie dazu ihre Mitwirkung benötigt hätten, zu der sie jedoch aufgrund ihres körperlichen und geistig-seelisch schwer beeinträchtigten Zustandes nicht in der Lage gewesen sei. Ihre Mutter habe darüber hinaus weder die Kenntnis noch die Fähigkeit, einen solchen Antrag für sie zu stellen; niemand habe sie dazu angeleitet. Inwieweit jemand eine Aufklärungs- bzw. Anleitungspflicht gehabt hätte, könne sie nicht sagen. Die sie im Strafverfahren vertretende Anwältin habe den Antrag nicht stellen können, da ihr Mandat auf das Strafverfahren beschränkt gewesen sei. Niemand habe ihr gesagt, dass sie die Anwältin dafür hätte beauftragen müssen.

Abschließend zitierte die Beschwerdeführerin die neue Rechtslage (BGBl. I Nr. 105/2019 vom 29.10.2019) die ab 1.1.2020 im § 10 VOG Folgendes vorsieht:

„(1) Leistungen ach § 2 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen drei Jahren nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) bzw. nach dem Tod des Opfers (§ 1 Abs. 4) gestellt wird. Wird ein Antrag erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1, 2, 3 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. Bei erstmaliger Zuerkennung von Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentganges ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine einkommensabhängige Zusatzleistung zu gewähren ist. Anträge auf Leistungen gemäß § 4 Abs. 5 unterliegen keiner Frist.

Wenn auch im § 16 Abs. 22 VOG (bzw. Gewaltschutzgesetz) die Anwendung der Neufassung des § 10 VOG erst am 1.1.2020 vorgesehen ist, ersuche ich, diese neue Bestimmung auf meinen Antrag anzuwenden, da sie inhaltlich auch der Absicht des früheren Gesetzgebers entspricht, der sie jedoch nicht in dieser Deutlichkeit formuliert hatte (s. Gesetzesmaterialien zur Rechtslage vor dem 29.10.2019), das heißt, dass die Auslegung der bis dahin geltenden Bestimmung des § 10 VOG ergibt, dass – bei Vorliegen triftiger Hinderungsgründe – die Frist erst ab Wegfall dieser Gründe zu laufen beginnen sollte – dies war jedenfalls die Absicht des (früheren) Gesetzgebers: der Gesetzgeber 2019 hat dies dann durch Neuformulierung klargestellt.“

Aus diesen Gründen ersuche sie um Bewilligung ihres Antrages.

Zum unfallchirurgischen Sachverständigengutachten vom 03.02.2020, welches der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.03.2020 übermittelt worden war, gab die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme innerhalb der eingeräumten Frist ab.

Mit Schreiben vom 14.05.2020 ersuchte die belangte Behörde das Landesgericht für XXXX um Übermittlung des Strafaktes die Beschwerdeführerin betreffend, welcher am 02.06.2020 bei der belangten Behörde einlangte.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2020 wurde der Antrag vom 27.02.2020 auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gemäß § 1 Abs. 1 und 7, § 6a sowie § 10 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung des VOG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Die am 01.04.2019 beantragte orthopädische Versorgung wurde gemäß § 1 Abs. 1 und 7 sowie § 5 des VOG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Der Antrag vom 01.04.2019 auf Gewährung einer Pflegegeldzulage wurde gemäß § 1 Abs. 1 sowie 7 und § 6 des VOG abgewiesen (Spruchpunkt III.). Begründend wurde auf das Sachverständigengutachten vom 03.02.2020 verwiesen. Die Sachverständige habe in ihrem Gutachten ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der kausalen Gesundheitsschädigungen nicht so hilflos sei, dass sie für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person benötige. Die intensiven Rehabilitationsmaßnahmen hätten zu einer maßgeblichen Verbesserung geführt. Des Weiteren sei von der Sachverständigen festgestellt worden, dass der Ankauf eines Pflegebettes aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen nicht erforderlich sei. Es sei ein sicheres Stehen, eine zwar verlangsamte, aber sichere Gesamtmobilität und ein ohne Hilfsmittel mögliches selbständiges Gehen festzustellen gewesen. Im Innenbereich könne die Beschwerdeführerin auch ohne Peroneusschiene gehen. Folglich habe eine ausreichende Gesamtmobilität festgestellt werden könne, sodass das behinderungsbedingte Erfordernis eines Pflegebettes nicht ausreichend begründbar sei. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme sei bis dato nicht eingelangt.

Zum Ansuchen auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld führte die belangte Behörde begründend aus, dass die Beschwerdeführerin den am 01.04.2019 gestellten Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde am 10.10.2019 zurückgezogen habe. Am 27.02.2020 sei sodann erneut ein Antrag auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gestellt worden. Mit Parteiengehör vom 12.03.2020 sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden, dass ihr Ansuchen vom 27.02.2020 abgewiesen werde, da die zweijährige Antragsfrist gemäß § 10 Abs. 1 in der bis 31. Dezember 2019 geltenden Fassung versäumt worden sei. In der Stellungnahme vom 30.03.2020 habe sie im Wesentlichen vorgebracht, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, den Antrag zu einem früheren Zeitpunkt zu stellen. Auch ihre Mutter sowie ihre Rechtsanwältin hätten keine diesbezügliche Handhabe gehabt, da ihre Mitwirkung erforderlich gewesen wäre, zu welcher sie jedoch aufgrund ihres psychischen und physischen Zustandes nicht in der Lage gewesen wäre. Unterlagen, die dieses Vorbringen belegen würden, seien nicht vorgelegt worden. Laut den vorliegenden medizinischen Unterlagen habe sich die Beschwerdeführerin nach dem verfahrensgegenständlichen Vorfall vom 12.07.2016 bis 28.08.2016 in stationärer Behandlung des AKH befunden. Vom 29.08.2016 bis 13.01.2017 habe sie sich im XXXX befunden. Ein weiterer stationärer Aufenthalt sei vom 30.10.2017 bis 03.11.2017 im Krankenhaus XXXX gewesen. Weitere Rehabilitationsmaßnahmen seien im Jahr 2019 erfolgt. Weiters sei zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin bereits am 02.11.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie eines Parkausweises im Sozialministeriumservice eingebracht habe. Warum es der Beschwerdeführerin möglich gewesen sei, die zuvor genannten Anträge zu stellen, jedoch die Stellung eines Antrages nach dem Verbrechensopfergesetz nicht möglich gewesen sei, könne nicht nachvollzogen werden.

Insofern die Beschwerdeführerin vorbringe, dass ihrer Mutter sowohl die Fähigkeit als auch die Kenntnis gefehlt habe einen diesbezüglichen Antrag zu stellen und auf die Belehrungspflicht gemäß § 14 VOG verwiesen worden sei, so bestehe diese, wie aus § 14 VOG hervorgehe, gegenüber dem/der Geschädigten und obliege der Sicherheitsbehörde, welche die Tatsachenfeststellung treffe und dem Strafgericht erster Instanz, wenn jedoch die Staatsanwaltschaft die Anzeige zurücklege, dieser. Dass die genannten Institutionen ihrer Belehrungspflicht nicht nachgekommen seien, sei nichtzutreffend, da die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Zeugenvernehmung am 23.09.2016 im Beisein ihrer Rechtsanwältin über das Verbrechensopfergesetz und einer möglichen Antragstellung informiert worden sei. Für die Antragstellung nach dem VOG ist eine rechtsfreundliche Vertretung nicht erforderlich.

Insofern die Beschwerdeführerin die Ansicht vertrete, dass die ab 01.01.2020 geltende Rechtslage auf ihr Verfahren anzuwenden sei, nach welcher die Antragsfrist 3 Jahre ab dem schädigenden Ereignis betragen würde, so entspreche dies auch „der Ansicht des früheren Gesetzgebers“. In diesem Zusammenhang habe sie den zweiten Satz des § 10 Abs. 1 VOG in der ab 01.01.2020 geltenden Fassung zitiert („Wird ein Antrag erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1, 2, 3 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monats zu erbringen.“). Dazu sei festzuhalten, dass die Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in § 2 Abs. 10 geregelt sei, welcher eben nicht in der oben zitierten Bestimmung Erwähnung finde. Werde ein Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld erst nach Ablauf der zweijährigen (Fassung bis 31. Dezember 2019) Frist gestellt, so sei dieser abzuweisen. Ein entsprechendes Vorgehen sei auch nach der neuen Rechtslage (ab 01.01.2020) geboten, sollte die dreijährige Frist versäumt werden. Eine Prüfung ab Antragsfolgemonat sei in diesem Fall nicht vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28.07.2020 fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Darin bringt sie vor, dass der Mordanschlag am 12.07.2016 erfolgt sei. Sie habe am 01.04.2019 bereits einen Antrag auf Pauschalentschädigung gestellt. Wodurch sie die Mitarbeiterinnen des Sozialministeriumservice dazu bewogen hätten, diesen Antrag am 10. Oktober wieder zurückzuziehen, könne sie nicht sagen, da sie sich daran weder konkret erinnern könne noch die juristischen Begründungen verstehe. Zum Zeitpunkt der Rückziehung ihres Antrages sei sie mit Sicherheit durch die Verletzungsfolgen noch so schwer beeinträchtigt gewesen, dass sie weder gewusst habe, was, noch warum sie etwas zurückgezogen habe. Die belangte Behörde habe ihr – soweit rekonstruierbar – die Rückziehung nahegelegt, weil sie die Ansicht gehabt habe, dass ihr Antrag – wegen vermeintlicher Verspätung – keine Aussicht auf Erfolg habe. Dabei habe die Behörde außer Acht gelassen zu prüfen, ab welchem Zeitpunkt die Zweijahresfrist zu laufen begonnen habe bzw. beginnen würde. Aus dem Zweck des Verbrechensopfergesetzes wie auch der konkreten Bestimmung des § 10 leg.cit. könne nur abgeleitet werden, dass der Fristenlauf erst mit jenem Zeitpunkt beginnen könne, zu dem das Opfer physisch und psychisch überhaupt in der Lage sei, einen Antrag zu stellen. Soweit der Bescheid vorhalte, dass sie am 23.09.2016 – somit relativ kurz nach dem Mordanschlag und noch schwerstens beeinträchtigt – über das Verbrechensopfergesetz belehrt worden sei -, so könne sie dies weder bestätigen noch ausschließen, und zwar aufgrund ihrer damaligen Verfassung sowie aufgrund der unbeschreiblichen Stresssituation, nämlich mit dem brutalen Mordversuch an ihr konfrontiert worden zu sein. Dass dabei aber auch über die zweijährige Frist belehrt worden wäre, sei auszuschließen, da ansonsten ihre Anwältin mit Sicherheit diese Frist für sie gewährt hätte. Soweit im Bescheid festgestellt werde, dass bereits im November 2016 ein Behindertenpass sowie Parkausweis für sie beantragt worden sei, woraus abgeleitet werden könne, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Anträge nach dem VOG hätten eingebracht werden können, trage dieser „Vergleich“ ihrem damaligen Alltag einer Schwerstbehinderten in keiner Weise Rechnung. Im November 2016 habe sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen können, sondern sei sie auf PKW-Transporte angewiesen gewesen. Die Anträge seien außerdem nicht von ihr, sondern von ihrer Mutter initiiert worden. Ihre Mutter habe weder über das VOG Bescheid gewusst, geschweige denn über das nähere Verfahren. Soweit ihr zum Vorwurf gemacht werde, dass sie Unterlagen, die ihr Vorbringen belegen würden, nicht vorgelegt habe, so sei dem entgegenzuhalten, dass der belangten Behörde alle Unterlagen (Befunde, Gutachten, Krankengeschichte etc. sowie die Daten ihrer Mutter und ihrer Rechtsanwältin) aktenkundig zur Verfügung gestanden seien. Und selbst wenn weitere Unterlagen benötigt worden wären, wäre sie aufzufordern gewesen, Fehlendes nachzureichen. Eine solche Anleitung sei jedoch unterblieben, stattdessen sei sie überredet worden, ihren Antrag vom 01.04.2019 zurückzuziehen. Ob dies eine Verletzung der Anleitungspflicht der belangten Behörde darstelle, könne von ihr nicht beurteilt werden, eine faire Verfahrensführung hätte jedoch kaum solche Vorgehensweisen gewählt. Es werde daher festzustellen sein, ob und inwieweit darin eine Verletzung dieser Pflichten erfolgt sei, und, falls dies zutreffe, die daraus resultierenden Folgen nicht zu ihren Lasten eintreten zu lassen, sondern die von ihr bereits am 01.04.2019 eingebrachten Anträge als fristgerecht anzusehen. Dies deshalb, weil sie erstens vor diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, diese Anträge zu stellen oder zu beauftragen, zweitens, weil – bei Anwendung der neuen Rechtslage – ihr Antrag vom 01.04.2019 innerhalb der dreijährigen First und somit rechtzeitig gewesen sei, weil die Frist des § 10 Abs. 1 VOG jedenfalls erst ab jenem Zeitpunkt zu laufen beginnen könne, ab dem sie die dafür erforderlichen physischen und seelisch-geistigen Fähigkeiten wiedererlangt habe. Die Frist könne demnach frühestens ab dem 3. November 2017 (Entlassung aus dem Krankenhaus XXXX ) zu laufen beginnen. Daraus ergebe sich, dass ihre Anträge vom 01.04.2019 und 10.10.2019 jedenfalls innerhalb der zweijährigen Frist erfolgt seien.

Zu Spruchpunkt II. und III. des Bescheides führte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde aus, dass die im Bescheid wiedergegebenen medizinischen Beurteilungen unvollständig und teilweise unzutreffend seien. Es gebe viele lebenswichtige Verrichtungen, wo sie auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen sei, wie beispielsweise zum Tragen von Einkaufstaschen. Sie ersuche, eine(n) andere(n) medizinische(n) Gutachter(in) zu beauftragen, um festzustellen, dass eine „sichere Gesamtmobilität“ nicht in dem Maße vorliege, wie von der Sachverständigen angenommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsbürgerin.

Die Beschwerdeführerin stellte am 01.04.2019 (Datum des Einlangens) u.a. die Anträge auf Übernahme der Kosten für ein Pflegebett im Wege der orthopädischen Versorgung, auf Gewährung einer Pflegegeldzulage und einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Die Beschwerdeführerin wurde am 12.07.2016 in XXXX , U-Bahnstation XXXX , von ihrem damaligen Freund durch mehrere Messerstiche in den Kopf schwer verletzt. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde H.J. des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB für schuldig befunden und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Sozialministeriumservice zog die Beschwerdeführerin am 10.10.2019 ihren Antrag auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld vom 01.04.2019 zurück.

Am 27.02.2020 stellte die Beschwerdeführerin sodann erneut einen Antrag auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Zwischen dem Tatzeitpunkt, welcher als Zeitpunkt der Körperverletzung bzw. Gesundheitsschädigung gilt, und dem Zeitpunkt der Antragstellung liegen mehr als zwei Jahre.

Die bei der Beschwerdeführerin festgestellten kausalen Gesundheitsschädigungen als Folge des Vorfalls, nämlich eine Verletzung des Rückenmarks Höhe C1, traumatische Halbseitenschädigung des Rückenmarks mit Sensibilitätsstörung und armbetonter sensomotorischer Linkshalbseitensymptomatik durch multiple Stichverletzungen, Schädel-Hirn-Trauma, Intrazerebrale Blutung mit Hirnödem, offene Schädelbasisfraktur; Hinterhauptfraktur und Scheitelbeinbruch, führen nicht dazu, dass die Beschwerdeführerin so hilflos ist, dass sie für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person benötigt. Die intensiven Rehabilitationsmaßnahmen haben zu einer maßgeblichen Verbesserung geführt.

Der Ankauf eines Pflegebettes aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigung ist nicht erforderlich. Die Beschwerdeführerin kann sicher Stehen, eine zwar verlangsamte, aber sichere Gesamtmobilität und ein ohne Hilfsmittel mögliches selbständiges Gehen ist möglich. Im Innenbereich kann die Beschwerdeführerin auch ohne Peroneusschiene gehen. Eine ausreichende Gesamtmobilität ist gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur afghanischen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin sowie zum Zeitpunkt der Antragstellungen basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde ihren Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld vom 01.04.2019 zurückzog, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Niederschrift vom 10.10.2019.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin sodann am 27.02.2020 erneut einen Antrag auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld stellte, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Verbrechen vom 12.07.2016 ergibt sich aus dem Urteil des Landesgerichts für XXXX vom XXXX , mit dem der damalige Freund der Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin an den kausalen Gesundheitsschädigungen, nämlich einer Verletzung des Rückenmarks Höhe C1, traumatische Halbseitenschädigung des Rückenmarks mit Sensibilitätsstörung und armbetonter sensomotorischer Linkshalbseitensymptomatik durch multiple Stichverletzungen, Schädel-Hirn-Trauma, Intrazerebrale Blutung mit Hirnödem, offene Schädelbasisfraktur; Hinterhauptfraktur und Scheitelbeinbruch, leidet, gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und einer Fachärztin für Unfallchirurgie vom 03.02.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.12.2019.

Zwar liegen bei der Beschwerdeführerin – wie oben ausgeführt – zahlreiche Gesundheitsschädigungen vor, jedoch ist nicht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person benötigt. Die intensiven Rehabilitationsmaßnahmen haben zu einer maßgeblichen Verbesserung geführt und sie u.a. im Entlassungsbericht der XXXX vom 25.07.2019 dokumentiert. Darüber hinaus hielt die Sachverständige in ihrem Gutachten fest, dass hinsichtlich der Residualsymptomatik mit sensomotorischem Defizit links mit Schwäche der Feinmotorik links und Peroneusschwäche links, jeweils ein zwar geringes, aber doch noch mögliches Besserungspotenzial besteht.

Die unfallchirurgische Sachverständige führt weiters nachvollziehbar aus, dass der Ankauf eines Pflegebettes aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigung nicht erforderlich ist und begründet dies damit, dass im Rahmen der persönlichen Begutachtung ein sicheres Stehen, eine zwar verlangsamt, aber sichere Gesamtmobilität und ein ohne Hilfsmittel mögliches selbständiges Gehen festgestellt werden konnte. Auch das Aufstehen vom Sessel, Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen von der Untersuchungsliege ist selbständig möglich. Das Gangbild mit Schuhen ist sicher und raumgewinnend. Das Aus- und Ankleiden wird selbstständig im Sitzen durchgeführt. Im Entlassungsbericht der XXXX vom 25.07.2019 wird u.a. festgehalten, dass die Beschwerdeführerin im Innenbereich auch ohne Peroneusschiene gehen kann. Demzufolge konnte eine ausreichende Gesamtmobilität festgestellt werden, sodass das behinderungsbedingte Erfordernis eines Pflegebettes nicht ausreichend begründbar ist. Zudem gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch die unfallchirurgische Sachverständige am 02.12.2019 zum Bedarf eines Pflegebettes selbst an, dass sie sich anfänglich im Bett nicht habe umdrehen können, jetzt könne sie sich seit 1 bis 2 Jahren selber im Bett umdrehen, was sich mit den Ausführungen im Sachverständigengutachten zu den maßgeblichen Verbesserungen der diagnostizierten Gesundheitsschädigungen deckt.

Insofern die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausführt, dass die im Bescheid wiedergegebenen medizinischen Beurteilungen unvollständig und teilweise unzutreffend seien, da es viele lebenswichtige Verrichtungen gebe, wo sie auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen sei, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen im Rahmen der persönlichen Begutachtung der Beschwerdeführerin gerade nicht objektiviert werden konnte. Vielmehr haben die intensiven Rehabilitationsmaßnahmen zu einer maßgeblichen Verbesserung geführt, sodass eben nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Beschwerdeführerin für lebenswichtige Verrichtungen die Hilfe einer anderen Person benötigt.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde die Beauftragung eines anderen medizinischen Sachverständigen begehrt, um festzustellen, dass eine „sichere Gesamtmobilität“ nicht in dem Maße vorliege, ist auszuführen, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin und einer Fachärztin für Unfallchirurgie, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.12.2019 bestehen. Dieses steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Dem Sachverständigengutachten vom 03.02.2020 liegt eine persönliche Begutachtung der Beschwerdeführerin zugrunde und es wurden sämtliche medizinischen Befunde im gegenständlichen Gutachten berücksichtigt. Die Sachverständige begründete zudem schlüssig und nachvollziehbar das Vorliegen einer ausreichenden Gesamtmobilität im Falle der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin gab zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.

Das Sachverständigengutachten vom 03.02.2020 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld wird auf die Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes lauten auszugsweise:

„Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1.       durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2.       durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3.       als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

(2) Hilfe ist auch dann zu leisten, wenn

1.       die mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen worden ist oder der Täter in entschuldigendem Notstand gehandelt hat,

2.       die strafgerichtliche Verfolgung des Täters wegen seines Todes, wegen Verjährung oder aus einem anderen Grund unzulässig ist oder

3.       der Täter nicht bekannt ist oder wegen seiner Abwesenheit nicht verfolgt werden kann.

(3) Wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ist Hilfe nur zu leisten, wenn

1.       dieser Zustand voraussichtlich mindestens sechs Monate dauern wird oder

2.       durch die Handlung nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB, BGBl. Nr. 60/1974) bewirkt wird.

(4) Hatte die Handlung im Sinne des Abs. 1 den Tod eines Menschen zur Folge, dann ist den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, Hilfe zu leisten, wenn sie österreichische Staatsbürger sind und ihnen durch den Tod der Unterhalt entgangen ist. Die Kostenübernahme gemäß § 4 Abs. 5 erfolgt unabhängig vom Vorliegen eines tatsächlichen Unterhaltsentganges.

(5) Kindern ist Hilfe gemäß Abs. 4 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu leisten. Darüber hinaus ist ihnen auch dann Hilfe zu leisten, wenn sie

1.       wegen wissenschaftlicher oder sonstiger regelmäßiger Schul- oder Berufsausbildung sich noch nicht selbst erhalten können, bis zur ordnungsmäßigen Beendigung der Ausbildung, längstens jedoch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, gebührt die Hilfe nur dann, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992, betreiben;

2.       infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, sofern das Gebrechen vor Vollendung des 18. Lebensjahres oder während des in Z 1 bezeichneten Zeitraumes eingetreten ist und solange dieser Zustand dauert.

(6) Hilfe ist Unionsbürgern sowie Staatsbürgern von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in gleicher Weise wie österreichischen Staatsbürgern zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1

1.       im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde oder

2.       im Ausland begangen wurde, die betroffenen Personen ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben und die Handlung nach dessen Begründung begangen wurde.

(7) Hilfe ist ferner den nicht in den Abs. 1 und 6 genannten Personen zu leisten, wenn die Handlung nach Abs. 1 nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und sie sich zum Zeitpunkt der Handlung dort rechtmäßig aufgehalten haben. Wurde ein unrechtmäßiger Aufenthalt zum Tatzeitpunkt durch einen erlittenen Menschenhandel bewirkt, ist Personen Hilfe solange zu leisten, als sie dafür über ein Aufenthaltsrecht für besonderen Schutz verfügen oder im Anschluss daran weiterhin aufenthaltsberechtigt sind und sie sich gewöhnlich im Inland aufhalten.

(8) Einer Körperverletzung und einer Gesundheitsschädigung im Sinne des Abs. 1 stehen die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, insbesondere einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich, wenn die zur Beschädigung führende Handlung nach Abs. 1 nach dem 30. Juni 2005 begangen wurde. Der Ersatz und die Reparatur richten sich nach § 5 Abs. 2.

Hilfeleistungen

§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:

1. Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

2. Heilfürsorge

a)       ärztliche Hilfe,

b)       Heilmittel,

c)       Heilbehelfe,

d)       Anstaltspflege,

e)       Zahnbehandlung,

f)       Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955);

2a. Kostenübernahme bei Krisenintervention durch klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten;

3. orthopädische Versorgung

a)       Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

b)       Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

c)       Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

d)       Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

e)       notwendige Reise- und Transportkosten;

4. medizinische Rehabilitation

a)       Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen,

b)       ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluß oder im Zusammenhang mit der unter lit. a angeführten Maßnahme erforderlich sind,

c)       notwendige Reise- und Transportkosten;

5. berufliche Rehabilitation

a)       berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit,

b)       Ausbildung für einen neuen Beruf,

c)       Zuschüsse oder Darlehen (§ 198 Abs. 3 ASVG 1955);

6. soziale Rehabilitation

a)       Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung der Lenkerberechtigung, wenn auf Grund der Behinderung die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist,

b)       Übergangsgeld (§ 306 ASVG 1955);

7. Pflegezulagen, Blindenzulagen;

8. Ersatz der Bestattungskosten;

9. einkommensabhängige Zusatzleistung;

10. Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Heilfürsorge

§ 4. (1) Hilfe nach § 2 Z 2 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. Opfer, die infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben können, sowie Hinterbliebene (§ 1 Abs. 4) erhalten Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung.

(2) Die Hilfe nach § 2 Z 2 hat,

1. wenn das Opfer oder der Hinterbliebene einer gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, freiwillig krankenversichert ist oder ein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht, der zuständige Träger der Krankenversicherung,

2. sonst die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zu erbringen. Die im § 2 Z 2 angeführten Leistungen gebühren in dem Umfang, in dem sie einem bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse Pflichtversicherten auf Grund des Gesetzes und der Satzung zustehen.

Für Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu entrichtende gesetz- und satzungsmäßige Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren sind nach diesem Bundesgesetz zu übernehmen.

(2a) Eine Übernahme von Kosten nach Abs. 2 letzter Satz ist bis zu einem Rechnungsbetrag von 100 Euro pro Antragsteller in voller Höhe möglich, sofern der ursächliche Zusammenhang mit der Schädigung glaubhaft ist.

(3) Der Bund ersetzt einem im Abs. 2 Z 2 genannten Träger der Krankenversicherung die entstandenen Kosten, einem im Abs. 2 Z 1 genannten Träger der Krankenversicherung die Kosten, die über den ihnen erwachsenden Kosten liegen, hätten sie die Leistungen auf Grund eines anderen Bundesgesetzes und der Satzung zu erbringen gehabt. Ferner ersetzt der Bund den Trägern der Krankenversicherung einen entsprechenden Anteil an den Verwaltungskosten.

(4) Haben Opfer oder Hinterbliebene die Kosten der Heilfürsorge selbst getragen, so sind ihnen diese Kosten in der Höhe zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die Heilfürsorge durch den Träger der Krankenversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes erbracht worden wäre.

(5) Erbringt der Träger der Krankenversicherung auf Grund der Satzung dem Opfer oder dem Hinterbliebenen einen Kostenzuschuß für psychotherapeutische Krankenbehandlung infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1, so sind die Kosten für die vom Träger der Krankenversicherung bewilligte Anzahl der Sitzungen, die das Opfer oder der Hinterbliebene selbst zu tragen hat, bis zur Höhe des dreifachen Betrages des Kostenzuschusses des Trägers der Krankenversicherung zu übernehmen. Sobald feststeht, dass der Träger der Krankenversicherung einen Kostenzuschuss erbringt, kann vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auch eine Direktabrechnung der Kosten mit dem Psychotherapeuten unter Bevorschussung des Kostenzuschusses des Trägers der Krankenversicherung vorgenommen werden, in diesem Fall ist der geleistete Kostenzuschuss vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu vereinnahmen. Eine Kostenübernahme bis zum angeführten Höchstausmaß erfolgt auch, sofern der Träger der Krankenversicherung Kosten im Rahmen der Wahlarzthilfe erstattet.

Pflegezulagen und Blindenzulagen

§ 6. Ist ein Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 so hilflos, dass es für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf, so ist ihm nach Maßgabe des § 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 eine Pflegezulage zu gewähren. Ist ein Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 erblindet, so ist ihm nach Maßgabe des § 19 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 eine Blindenzulage zu gewähren. Hiebei ist eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 einer Dienstbeschädigung im Sinne des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 gleichzuhalten.

Pauschalentschädigung für Schmerzengeld

§ 6a. (1) Hilfe nach § 2 Z 10 ist für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 2 000 Euro zu leisten; sie beträgt 4 000 Euro, sofern die durch die schwere Körperverletzung verursachte Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.

(2) Zieht die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich, gebührt eine einmalige Geldleistung im Betrag von 8 000 Euro; sie beträgt 12 000 Euro, sofern wegen der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen ein Pflegebedarf im Ausmaß von zumindest der Stufe 5 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, besteht.

Beginn und Ende der Hilfeleistungen, Rückersatz und Ruhen

§ 10. (1) Leistungen nach § 2 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen zwei Jahren nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) bzw. nach dem Tod des Opfers (§ 1 Abs. 4) gestellt wird. Wird ein Antrag erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1, 2, 3 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. Bei erstmaliger Zuerkennung von Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentganges ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine einkommensabhängige Zusatzleistung zu gewähren ist. Anträge auf Leistungen gemäß § 4 Abs. 5 unterliegen keiner Frist.

Inkrafttreten

§ 16 (1) Dieses Bundesgesetz tritt am 1. September 1972 in Kraft.

(2) Dieses Bundesgesetz ist auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die nach dem 25. Oktober 1955 gesetzt wurden.

(10) Die §§ 2 Z 9 und 10, 6a samt Überschrift und 10 Abs. 1 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 40/2009 treten mit 1. Juni 2009 in Kraft. § 6a ist auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die nach dem 31. Mai 2009 begangen wurden.

(13) Die §§ 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 7, 2 Z 2a, 3 Abs. 1 erster Satz, 3a zweiter Satz, 4 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 Z 1, Abs. 2a, Abs. 4 und Abs. 5 erster Satz, 4a samt Überschrift, 5 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 3 und Abs. 4, 5a Abs. 1, 6 erster und zweiter Satz, 6a, 7 erster und zweiter Satz, 7a Abs. 1 zweiter Satz, 8 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 2 und Abs. 5, 9 Abs. 4 zweiter Satz, 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 und § 14b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 58/2013 treten mit 1. April 2013 in Kraft. Die §§ 4a, 6a und 7 erster und zweiter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 58/2013 sind auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begangen wurden. § 10 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 58/2013 ist hinsichtlich § 2 Z 1, 7 und 9 auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begangen wurden, und hinsichtlich § 2 Z 10 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für Anträge auf Grund der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt der Fristenlauf mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beginnt.

(22) Die §§ 1 Abs. 9, 8 Abs. 3, 10 Abs. 1 erster Satz und 10 Abs. 1a in der Fassung des Gewaltschutzgesetzes 2019 BGBl. I Nr. 105/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Die §§ 1 Abs. 9 und 10 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Gewaltschutzgesetzes 2019 BGBl. I Nr. 105/2019 sind auf Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begangen wurden.

Die gegenständlich maßgebliche Bestimmung des Verbrechensopfergesetzes idF BGBl. I Nr. 59/2013, dh vor Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes 2019, BGBl. I Nr. 105/2019, lautet auszugsweise wie folgt:

Beginn und Ende der Hilfeleistungen, Rückersatz und Ruhen

§ 10 (1) Leistungen nach § 2 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen zwei Jahren nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) bzw. nach dem Tod des Opfers (§ 1 Abs. 4) gestellt wird. Wird ein Antrag erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1, 2, 3 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. Bei erstmaliger Zuerkennung von Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentganges ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine einkommensabhängige Zusatzleistung zu gewähren ist. Anträge auf Leistungen gemäß § 4 Abs. 5 unterliegen keiner Frist.

Wie aus den Feststellungen ersichtlich, liegen im Beschwerdefall grundsätzlich die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz vor.

1.)      Zur Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid richtig fest, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz verspätet eingebracht worden ist.

Anzuwenden ist in diesem Beschwerd

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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