TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/6 G310 2229738-1

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Veröffentlicht am 06.11.2020
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Entscheidungsdatum

06.11.2020

Norm

BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70

Spruch


G310 2229738-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , rumänischer Staatsangehöriger, vertreten durch Dr. XXXX , Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2020, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu Recht erkannt:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:

„Gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.“

C)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX .2019 im Bundesgebiet verhaftet und danach in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .2020, XXXX , wurde er zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei acht Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.01.2020 wurde der BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern. Er erstattete am 29.02.2020 eine entsprechende Stellungnahme.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein vierjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung und dem Fehlen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich begründet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. wird hilfsweise die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots angestrebt. Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass sich der BF geständig zeige und ihm die Straftat leidtue. Eine Verwarnung hätte ausgereicht, die Dauer des Aufenthaltsverbots sei unverhältnismäßig.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Feststellungen:

Der BF hat seine Lebensmittelpunkt in Rumänien. Er ist ledig, allfällige Sorgepflichten sind nicht bekannt. Er spricht Rumänisch. Er ist gesund und arbeitsfähig. Allfällige berücksichtigungswürdige Bindungen privater oder familiärer Natur sind nicht bekannt. Der BF beantragte nie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung.

Zuletzt wies er vom 21.11.2018 bis 03.06.2018 eine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf. Vom XXXX .2020 bis XXXX .2020 erfolgten Anhaltungen in Justizanstalten Österreichs.

Nachdem der BF vor seiner Inhaftierung von XXXX .2018 bis XXXX .2019 als Arbeiter bzw. von XXXX .2019 bis XXXX .2020 geringfügig als Arbeiter beschäftigt war, steht er seit 22.09.2020 wieder in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis.

Der BF wurde einmal im Bundesgebiet strafgerichtlich verurteilt. Der Verurteilung des BF durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX vom XXXX .2020 wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB, des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB liegt zugrunde, dass er am XXXX .2014 gewerbsmäßig mit Bereicherungsvorsatz versucht hat, in einem Drogerieunternehmen drei Parfums im Gesamtwert von EUR 187,65 zu stehlen bzw. dass er gewerbsmäßig mit Bereicherungsvorsatz am 25.11.2013 drei Personen einen Laptop im Wert von EUR 750,00, ein Mobiltelefon der Marke I-Phone im Wert von EUR 150,00 sowie Bargeld in Höhe von EUR 65,00 und zuletzt noch einen Laptop im Wert von EUR 60,00 sowie Bargeld in Höhe von EUR 260,00 gestohlen hat. Am XXXX .2018 erfolgte ein gewerbsmäßiger Diebstahl von neun Parfums eines Drogeriemarktes im Wert von EUR 619,00 unter Einsatz eines präparierten Rucksacks. Weiters hat er am XXXX .2013 ein ihm anvertrautes Mobiltelefon der Marke Nokia im Wert von EUR 30,00, das ihm von einer männlichen Person geliehen wurde, zugeeignet, indem er es behielt. Zuletzt hat er am XXXX .2013 eine männliche Person dadurch geschädigt, dass er dessen Fahrrad im Wert von EUR 50,00 aus dessen Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen.

Bei der Strafzumessung wurden das reumütige Geständnis und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist als mildernd gewertet. Als erschwerend erwiesen sich das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die zehn einschlägigen Vorverurteilungen im Ausland und die wiederholte Tatbegehung eines gewerbemäßigen Diebstahls. Ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, erfolgte die Verhängung einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe, wobei 8 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Nach Entlassung aus der Strafhaft am XXXX .2020 wurde der BF am selben Tag nach Rumänien abgeschoben.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf der Vollzugsinformation, den entsprechenden Informationen im Strafurteil und seiner dem BVwG in Kopie vorliegenden Geburtsurkunde.

Die Festnahme des BF und die Verhängung der Untersuchungshaft werden anhand der Vollzugsinformation und den Eintragungen im Zentralen Melderegister festgestellt.

Die Rumänischkenntnisse des BF werden aus seiner Herkunft sowie daraus, dass die Verständigung mit der im Strafverfahren beigezogenen Dolmetscherin problemlos möglich war, abgeleitet.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF beruhen darauf, dass er in einem erwerbsfähigen Alter ist, vor seiner Verhaftung berufstätig war und keine Hinweise auf gesundheitliche Einschränkungen aktenkundig sind.

Die Erwerbstätigkeit des BF wird anhand seiner plausiblen Angaben vor dem Landesgericht für Strafsachen XXXX festgestellt sowie anhand des Sozialversicherungsdatenauszugs.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem Strafurteil. Die Rechtskraft der Verurteilung und der Vollzug des unbedingten Strafteils werden durch den entsprechenden Eintrag im Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen aufscheinen.

Die Abschiebung des BF ergibt sich aus dem Fremdenregister, darin ist kein Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung dokumentiert. Die Wohnsitzmeldungen des BF gehen aus dem Zentralen Melderegister hervor.


Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht erfolgt, weswegen von der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG Abstand genommen werden kann. Daher ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Als Staatsangehöriger von Rumänien ist der BF EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der EWR-Bürger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (so etwa, wenn er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration
(Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Mangels eines längeren Aufenthalts des BF in Österreich ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Da der BF innerhalb kurzer Zeit mehrere gewerbsmäßige Diebstähle beging, zuletzt auch mit einer professionellen Ausstattung, ist – auch aufgrund seines einschlägig belasteten Vorlebens - auf eine erhebliche kriminelle Energie zu schließen. Das persönliche Verhalten des BF stellt daher eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar, zumal die seit der Haftentlassung des BF verstrichene Zeit noch nicht ausreicht, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit ausgehen zu können. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Die Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz von fremdem Eigentum ist jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft.

Unter Bedachtnahme auf Art und Schwere der Straftaten, auf das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt, und das Gesamtverhalten des BF ist die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderliche aktuelle Gefährdung von öffentlichen Interessen in maßgeblicher Intensität zu bejahen. Die Vermögensdelinquenz des BF, die zuletzt eine teilbedingte Freiheitsstrafe erforderlich machte, indiziert, dass von ihm auch zukünftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 67 Abs 1 FPG ausgehen wird. Aktuell kann ihm noch keine positive Zukunftsprognose attestiert werden.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF muss verhältnismäßig sein. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, zumal der BF nie für längere Zeit in Österreich niedergelassen war und er hier weder einen Wohnsitz noch andere berücksichtigungswürdige private oder familiäre Anknüpfungspunkte hat. Aktuell geht er zudem seit XXXX 2019 einer Beschäftigung im Bundesgebiet nach, was auf einen Aufenthalt im Inland schließen lässt; dies jedoch ohne entsprechende Wohnsitzmeldung. Dem mit der Unmöglichkeit eines Aufenthaltes in Österreich verbundenen, vergleichsweise geringen Eingriff in das Privatleben des BF stehen seine strafgerichtliche Verurteilung und das das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegenüber. Der BF hat starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat. Das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegt daher sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich. Der Kontakt zu seinen allfälligen Bezugspersonen im Bundesgebiet kann durch Kommunikationsmittel wie Telefon und Internet sowie bei Besuchen außerhalb des österreichischen Bundesgebiets gepflegt werden. Das vom BFA erlassene Aufenthaltsverbot erweist sich somit im Ergebnis dem Grunde nach als zulässig.

Die vom BFA verhängte fünfjährige Dauer des Aufenthaltsverbotes ist jedoch insbesondere angesichts des Umstand, dass der Strafrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft wurde, ein Teil der Strafe bedingt nachgesehen werden konnte und der BF zum ersten Mal in Haft war, unverhältnismäßig. Die Dauer des Aufenthaltsverbots ist auf ein dem Fehlverhalten des BF angemessenes Maß zu reduzieren. Das Gericht geht davon aus, dass aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom BF begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe ein dreijähriges Aufenthaltsverbot ausreicht, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einem Umdenken hin zu einem rechtstreuen Verhalten zu bewegen. Diese Dauer ist – auch in Anbetracht der offenen Probezeit – notwendig, aber auch ausreichend, um eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken. Das Aufenthaltsverbot laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit in Stattgebung des Eventualantrags auf Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots auf drei Jahre herabzusetzen.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Da beim BF angesichts der wiederholten Verurteilung wegen Diebstahlsdelikten eine hohe Wiederholungsgefahr bestand und er im Bundesgebiet sozial nicht verankert ist, ist dem BFA darin beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich war. Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, liegt ein eindeutiger Fall vor, sodass eine Beschwerdeverhandlung, von deren Durchführung keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist, gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleibt,

Zu Spruchteil C):

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung Durchsetzungsaufschub EWR-Bürger Gefährdungsprognose Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung Interessenabwägung negative Zukunftsprognose öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben strafrechtliche Verurteilung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2229738.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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