TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/23 I401 2124361-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2020
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Entscheidungsdatum

23.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 2124361-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard Auer über die Beschwerde der XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den Verein LegalFocus, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 20.08.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische, aus dem Bundesstaat Edo stammende Staatsangehörige stellte am 03.09.2015 erstmals in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 18.03.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) diesen Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 17.09.2018, I412 2124361-1/14E, wies das Bundesverwaltungsgericht die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

1.2. Nach einer Rückübernahme aus Deutschland im Rahmen eines Dublin-Verfahrens am 17.04.2019 stellte die Beschwerdeführerin am selben Tag den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 16.05.2019 diesen Folgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.), erließ gegen sie ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.) und trug ihr auf, ab 17.04.2019 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 04.07.2019, I412 212436-2/4E, wurde der von ihr erhobenen Beschwerde insofern stattgegeben, als die Spruchpunkte II. bis VII. behoben wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und VIII. abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass in Hinblick auf das Familienleben und die Existenzmöglichkeiten der schwangeren Beschwerdeführerin bzw. ihres zum damaligen Zeitpunkt noch ungeborenen Kindes ein geänderter Sachverhalt vorliege und diesbezüglich keine Feststellungen getroffen worden seien. Die Situation einer schwangeren Frau auch unter dem Blickwinkel als (potenziell) alleinstehende Mutter eines Säuglings hätte beachtet werden müssen und es hätte in diesem Zusammenhang auch einer Bewertung aus der Perspektive des (noch ungeborenen) Kindes bedurft.

Am XXXX 2019 wurde der Sohn der Beschwerdeführerin in Österreich geboren. Für sich und als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt wies nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid jeweils vom 16.10.2019 den Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes auf internationalen Schutz vom 17.04.2019 hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gegenüber der Beschwerdeführerin erließ es zudem ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.) und trug ihr auf, für einen bestimmten Zeitraum in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 16.12.2019, I412 2124361-3/5E, wies das Bundesverwaltungsgericht die erhobenen Beschwerden gegen diesen Bescheid mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Spruchpunkte I. und VII. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben wurden.

Die ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I. und VII. des bekämpften Bescheides wurde damit begründet, dass über den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten und über die Unterkunftnahme in einem bestimmten Quartier für einen bestimmten Zeitraum bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei.

1.3. Die Beschwerdeführerin stellte am 28.07.2020 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG und gab hinsichtlich ihrer Integration an, seit 2015 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig zu sein und über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 zu verfügen. Dem Antrag legte sie eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG, für sich eine mit „Certificate of Birth“ betitelte Urkunde sowie eine österreichische Geburtsurkunde ihres Sohnes bei.

Mit Verbesserungsauftrag vom 30.07.2020 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) die Beschwerdeführerin auf, binnen einer Woche ein gültiges Reisedokument vorzulegen und den Antrag zu begründen. Sie wurde zudem darüber belehrt, dass ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht behandelt und zurückgewiesen werde, sollten die Mängel nicht behoben werden.

Am 07.08.2020 gab die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zu ihrer erreichten Integration ab und stellte den Antrag auf Heilung des Mangels vom Erfordernis eines Reisepasses. Es sei ihr bislang nicht möglich gewesen, einen Reisepass für sich und ihren Sohn zu erlangen; dies liege nicht in ihrem Einflussbereich.

Mit Bescheid vom 20.08.2020 wies das Bundesamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück (Spruchpunkt I.) und wies gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 (AsylG-DV 2005) den Antrag vom 07.08.2020 auf Mängelheilung ab (Spruchpunkt II.). Begründend wurde ausgeführt, dass aus dem Antragsvorbringen ein geänderter Sachverhalt nicht hervorgehe, der eine neuerliche Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlichen mache.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde vom 16.09.2020.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.10.2020 wurde die Beschwerdeführerin ausgefordert, binnen einer Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens nachzuweisen, ob sie einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Begründet wurde diese Aufforderung damit, dass die Beschwerdeführerin in der erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.08.2020 behauptet habe, dass sie an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leide, jedoch keine Beweismittel, ob und - wenn ja - seit wann sie an COPD leide, vorgelegt habe. Darüber hinaus wurde sie darauf hingewiesen, dass die Frage, ob diese Lungenerkrankung ein Abschiebehindernis im Sinn der Art. 2 und 3 EMRK darstelle, nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu beurteilen sei, sondern allenfalls in einem Verfahren über einen (neuen) Antrag auf internationalen Schutz einer Beurteilung bedürfe, wobei ein Antrag auf internationalen Schutz bei jeder Polizeibehörde gestellt werden könne. Sollte ein Nachweis über die erfolgte Asylantragstellung nicht erbracht werden, gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht beabsichtige, einen Asylantrag zu stellen.

Eine Reaktion auf dieses Schreiben erfolgte durch die Beschwerdeführerin nicht, insbesondere unterließ sie es, den Nachweis über den von ihr gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu erbringen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Ergänzend zum dargelegten Verfahrensgang wird folgender Sachverhalt festgestellt:

1. Die volljährige Beschwerdeführerin ist ledig, Staatsangehörige von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Edo an. Ihre Identität steht nicht fest. Sie leidet nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung; sie ist arbeitsfähig. Sie hält sich seit (zumindest) 04.09.2015 in Österreich auf. Sie ist Mutter eines in Österreich am XXXX 2019 geborenen Sohnes. Der Vater des Kindes ist unbekannt. Es gibt keinen Kontakt zu ihm.

Die Beschwerdeführerin stellte bereits am 15.10.2012 in Griechenland und am 03.09.2015 erstmals in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem sie sich von Oktober 2018 bis Mitte Jänner 2019 in Italien und danach in Deutschland aufhielt, stellte sie in Nürnberg am 12.01.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung eines Dublin-Verfahrens wurde sie von den deutschen Behörden am 17.04.2019 nach Österreich rücküberstellt. Am selben Tag stellte sie in Österreich einen Folgeantrag auf Asyl.

Geschwister von ihr, so zwei Brüder und zwei Schwestern, leben in Nigeria. In Österreich hat sie keine Verwandten. Sie ging in Österreich keiner der Pflichtversicherung unterliegenden Beschäftigung nach und bezieht derzeit Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig. Sie ist in Österreich nicht vorbestraft. Sie weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Sie ist in keinem Verein, hat einen Deutschkurs besucht, jedoch keine qualifizierte Sprachprüfung abgelegt.

Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn sind trotz aufrechter Rückkehrentscheidung ihrer Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen, sondern halten sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG geht im Vergleich zur rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 16.12.2019 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2. Auf der allgemein zugänglichen Website der nigerianischen Botschaft (http://www.nigeriaembassyvienna.com/consular/) wird zu den Anforderungen an die Ausgabe des (Reise-) Passes an Nigerianer, die keinen Reisepass vorlegen können, bestimmt:

-        Nationale Geburtsurkunde

-        Einführungsschreiben der Herkunftsregierung

-        2 aktuelle Passfotos

-        Beantragen Sie einen neuen Reisepass, indem Sie den Online-Antrag ausfüllen

-        Drucken Sie das Antragsformular aus

-        Online-Zahlung vornehmen

-        Drucken Sie den Beleg Ihrer Online-Zahlung aus

Die Beschwerdeführerin verfügt über keinen gültigen Reisepass. Dem Verbesserungsauftrag des Bundesamtes vom 30.07.2020, ein gültiges Reisedokument vorzulegen, kam sie binnen der gesetzten Frist nicht nach. Es steht nicht fest, dass sie sich bei der zuständigen Vertretungsbehörde um die Ausstellung eines solchen bemüht hat. Ebenso wenig steht fest, dass ihr die Beschaffung eines gültigen Reisepasses nicht möglich war.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes zu I412 2124361, insbesondere den Erkenntnissen vom 17.09.2018 und vom 16.12.2019.

Die Feststellungen zu ihren Lebensumständen, ihrem Gesundheitszustand, ihrer Arbeitsfähigkeit, ihrer Herkunft, ihrem fehlenden Familienleben in Österreich, ihrer Glaubenszugehörigkeit sowie ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Einreise und ihrem Aufenthalt in Österreich, ihre außerdem gestellter Antrag auf Asyl in Griechenland im Oktober 2012, ihrem von Oktober 2018 bis Mitte Jänner 2019 dauernden Aufenthalt in Italien und ihrem anschließenden Aufenthalt in Deutschland, wo sie in Nürnberg im Jänner 2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte, und ihrer Rücküberstellung nach Österreich im April 2019 ergeben sich aus den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.09.2018 und vom 16.12.2019 sowie dem Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Melderegister und dem Zentralen Melderegister jeweils vom 22.10.2020. Weder aus der zum Verbesserungsauftrag des Bundesamtes verfassten Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 07.08.2020 noch aus der erhobenen Beschwerde ergaben sich in Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung erforderlich machen würde. Die von ihr vorgebrachten Umstände lagen bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2019 über den Asylantrag vor. Dass die Beschwerdeführerin nicht selbsterhaltungsfähig ist, wurde bereits in den vorangegangenen Vorverfahren berücksichtigt und fußt zudem auf einem Versicherungsdatenauszug vom 22.10.2020. Die bloße Verlängerung ihres Aufenthaltes in Österreich um ca. acht Monate (die zwischen der Entscheidung vom 16.12.2019 und dem gegenständlichen Bescheid vom 20.08.2020 liegen) stellt keine wesentliche Sachverhaltsänderung dar, zumal die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen wäre, mit ihrem Sohn Österreich zu verlassen.

Aus dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK, der Stellungnahme vom 07.08.2020 und dem Beschwerdevorbringen geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 16.12.2019 Hinsichtlich ihrer Deutschkenntnisse ist auszuführen, dass sie zwar in der Beschwerde behauptet, sie habe ein „A1-Deutschzertifikat“ abgelegt, jedoch legte sie einen Nachweis über die erfolgreich abgelegte Deutschprüfung (für das Niveau A1) bis zum gegebenen Zeitpunkt nicht vor.

Was den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin betrifft, wonach sie - wie sie in der erhobenen Beschwerde behauptet - an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leide und diese Erkrankung ein Abschiebehindernis aus Gründen der Art. 2 und 3 EMRK darstelle, genügt es darauf hinzuweisen, dass sie trotz Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Beweismittel über diese Erkrankung und die neuerliche Asylantragstellung übermittelt hat. Auch in den vorangegangen Asylverfahren untermauerte die Beschwerdeführerin ihre Behauptung, ein Medikament gegen Atembeschwerden einzunehmen, nicht. Sie legte dazu keine ärztlichen Befunde oder Bestätigungen vor.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht mangels Vorlage unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Dass gegen die Beschwerdeführerin eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung verbunden mit einem zweijährigen Einreiseverbot erlassen wurde, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2019, I412 2124361-3/5E, und blieb von ihr unbestritten.

Weder der ergänzenden Stellungnahme zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, noch aus den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt abgeleitet werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

2.2. Die Beschwerdeführerin kam dem Verbesserungsauftrag des Bundesamtes, einen Reisepass binnen der gesetzten Frist vorzulegen, nicht nach. In ihrer Stellungnahme vom 07.08.2020 und in der Beschwerde behauptet sie lediglich, dass es ihr bislang nicht möglich gewesen sei, einen Reisepass zu erhalten. Es bestünden Gründe, die die Erlangung unmöglich machen würden und nicht in ihrem Einflussbereich lägen. Ihr unsubstantiiert gebliebenes Vorbringen begründet sie nicht näher. Sie bescheinigte nicht, dass sie die nigerianische Botschaft tatsächlich aufgesucht und die Ausstellung eines Reisepasses beantragt und eine negative bzw. innerhalb einer angemessenen Zeit keine Antwort erhalten hat. Anhaltspunkte dafür, warum es der Beschwerdeführerin nicht möglich oder zumutbar war, bei der nigerianischen Botschaft die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen, sind nicht feststellbar. Es war daher festzustellen, dass es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, bei der nigerianischen Botschaft in Wien einen Reisepass zu beantragen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Voranzustellen ist, dass bei einem Vorbringen einer konkreten Gefährdung in einem Verfahren zu einer Rückkehrentscheidung zu erörtern ist, ob darin die Stellung eines neuen Antrages auf internationalen Schutz zu sehen ist. Es ist, da § 52 Abs. 9 FPG vorrangig dazu dient, nur den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, nicht Aufgabe des Bundesamtes bzw. Bundesverwaltungsgerichtes, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Asylantrag gleichkommt. Solange der Führung eines dafür vorgesehenen Verfahrens auf internationalen Schutz nicht ausreichend deutlich entgegengetreten wird, darf im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens nicht in eine abschließende Prüfung eines allfälligen Gefährdungsszenarios eingestiegen werden (VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0367; 05.10.2017, Ra 2017/21/0157).

Die Beschwerdeführerin behauptete in der erhobenen Beschwerde, dass ihr Gesundheitszustand schwach sei, sie ein Therapie begonnen habe, die sie die nächsten drei Jahre einhalten müsse und sie an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) erkrankt sei, was aktuell ein Abschiebehindernis aus Gründen der Art. 2 und 3 EMRK darstelle.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.10.2020 wurde die Beschwerdeführerin ausgefordert, binnen einer bestimmten Frist Nachweise über ihre Erkrankungen und die neuerliche Antragstellung auf internationalen Schutz vorzulegen. Eine Reaktion auf dieses Schreiben erfolgte nicht.

Da sie es unterließ, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, brachte sie deutlich zum Ausdruck, dass sie an der Durchführung eines neuen Verfahrens auf internationalen Schutz (verbunden mit einer Rückkehrentscheidung etc.) kein Interesse hatte.

Daher ist über die gegenständliche Beschwerde materiell zu entscheiden.

3.2. Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG:

3.2.1. Rechtslage:

Nach § 58 Abs. 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. […]

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG Folgendes dar:

"Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

§ 10 Abs. 3 AsylG lautet:

„(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 52 Abs. 3 FPG lautet:

„Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.“

Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, mwN).

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, mwN), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Aus diesem Grund war auf den in der Beschwerde gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, das Bundesverwaltungsgericht möge „den begehrten Aufenthaltstitel erteilen und feststellen, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer unzulässig ist, nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, dass sie sich gut in Österreich integriert habe. Sie sei seit September 2015 nur mit kurzen Unterbrechungen in Österreich und habe einen Sohn, der nun über ein Jahr alt sei. Sie habe hier ein neues Zuhause gefunden und das „A1-Deutschzertifikat“ abgelegt. Sie beabsichtige, sobald dies möglich sei, das A2-Deutschzertifikat zu erlangen. Hinzu komme, dass sie ein vielbeschäftigte Alleinerzieherin sei. Die lange Aufenthaltsdauer in Österreich habe sie vorbildlich zur Integration genutzt. Sie besuche die katholische Kirche und habe dort Freundschaften geschlossen. Ihr Kind sei dort getauft worden. Dort sei sie auch ehrenamtlich tätig. Sie sei fleißig und sich für keine Arbeit zu schade. In Österreich habe sie sich immer anständig verhalten. Zu Nigeria habe sie keine relevanten Bindungen mehr. Ihr Kind habe überhaupt keine Bindungen zu Nigeria, sondern ausschließlich zu Österreich. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sei schwach. Sie habe eine Therapie begonnen, die sie in den nächsten drei Jahren einhalten müsse. Negative Umstände oder gar zwingende Versagungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Das Bundesamt habe nicht darlegen können, warum der begehrte Aufenthaltstitel nicht habe erteilt werden können.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom 16.12.2019 zugrunde gelegt worden war, auf. Es wurde in keiner Weise dargelegt, welche entscheidungsrelevante Änderung in den acht Monaten, die zwischen den beiden Entscheidungen liegen, eingetreten sein sollte.

Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin ihre bereits in der rechtskräftigen Entscheidung vom Dezember 2019 berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich während der folgenden Monate einfach fortgesetzt, dies obwohl ihr (und ihrem Sohn) gegenüber nunmehr eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung bestand; diese (behaupteten) Integrationsschritte erfolgten insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Bundesamt den Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurückweist, dass „keine maßgebliche Sachverhaltsänderung“ stattgefunden habe. Die geltend gemachten Umstände weisen von Vornherein keine solche Bedeutung auf, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde bzw. wurden gegenständlich gar keine neuen Umstände vorgebracht.

Es war auch die Auffassung des Bundesamtes, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens. Zwar sieht der Gesetzeswortlaut eine Verbindung sowohl einer Ab- als auch einer Zurückweisung des Antrags nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor (und zwar gemäß § 52 Abs. 3 FPG unterschiedslos, nach § 10 Abs. 3 AsylG jedoch - im Widerspruch zu § 52 Abs. 3 FPG - "nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt."). Der Gesetzgeber dürfte bei diesen Regelungen den Fall der Zurückweisung wegen bereits durch ergangene Rückkehrentscheidung entschiedener Sache nicht bedacht haben, wie auch, dass der Regelungsgehalt des § 52 Abs. 3 FPG und des § 10 Abs. 3 AsylG vor dem Hintergrund des Normzwecks (keine neuerliche Entscheidung bei bereits entschiedener Sache, gerade angesichts dessen, dass über alle Aspekte, die bei einem Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG relevant sind, bei Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung bereits entschieden wurde) für Fälle der Zurückweisung nach § 58 Abs. 8 AsylG nicht zum Tragen kommt. Die bisher dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - soweit ersichtlich - für diesen Fall nicht einschlägig, sondern betraf andere Arten der Zurückweisung, z.B. wegen Nichtmitwirkung am Verfahren gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG (VwGH, 14.04.2016, Ra 2016/21/0077; 17.11.2016, Ra 2016/21/0200; 17.05.2017, Ra 2017/22/0059; 21.09.2017, Ra 2017/22/0128).

Zudem würde eine allfällige Säumnis in Bezug auf die Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK führen. Dieser hängt nämlich nicht von der Rückkehrentscheidung ab (VwGH, 12.12.2018, Ra 2017/19/0553).

Da im gegenständlichen Fall gegen die Beschwerdeführerin rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde und aus ihrem Vorbringen ein geänderter Sachverhalt in Hinblick auf ihr Privat- und Familienleben, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht, erfolgte die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt nach § 58 Abs. 10 AsylG zu Recht.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Abweisung des Antrags auf Mängelbehebung vom 07.08.2020:

3.3.1. Rechtslage:

Dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen sind gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 (AsylG-DV 2005) (in der Fassung BGBl. II Nr. 230/2017) folgende Urkunden und Nachweise:

1.       gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2.       Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3.       Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4.       erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

Nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 kann die Behörde auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG zulassen:

1.       im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2.       zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3.       im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesamt keinen gültigen Reisepass im Original vorgelegt, weshalb sie den Antrag vom 28.07.2020 mangelhaft einbrachte. Trotz dahingehenden Mängelbehebungsauftrages wies sie nicht nach bzw. brachte sie keine stichhaltigen Gründe vor, dass ihr die Beschaffung eines Reisepasses nicht möglich oder nicht zumutbar war. Eine Zeit- bzw. Anwesenheitsbestätigung über ihre Vorsprache bei der nigerianischen Botschaft oder eine Bestätigung über die Nichtausstellung eines nigerianischen Reisepasses legte sie nicht vor. Sie unterließ es, ihre Bemühungen zur Erlangung eines Reisepasses durch die Vorlage geeigneter Nachweise glaubhaft darzulegen. Sie kam somit ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht im erforderlichen Ausmaß nach. Somit kommt eine Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV nicht in Betracht.

Die Abweisung des Antrags vom 07.08.2020 der Beschwerdeführerin auf Heilung des Mangels vom Erfordernis eines Reisepasses erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids war als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Beschwerdeführerin stellte zwar in der Beschwerde einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf den von der Beschwerdeführerin unbestritten gebliebenen Sachverhalt stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die - unstrittige - Sachlage vom Bundesverwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als vom Bundesamt. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung betreffend die Änderung der Sach- und Rechtslage bei aufrechter Rückkehrentscheidung im Fall der (Nicht-) Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragsbegehren Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Bindungswirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit geänderte Verhältnisse Identität der Sache Integration Interessenabwägung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mängelheilung Mitwirkungspflicht Nachweismangel öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata unzulässiger Antrag Vergleich wesentliche Änderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2124361.4.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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