TE Vwgh Beschluss 2020/12/22 Ra 2019/04/0050

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Veröffentlicht am 22.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §87 Abs1 Z3
GewO 1994 §91 Abs2
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision der W GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Getreuer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. Februar 2019, Zl. VGW-101/014/9549/2018-7, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2018 wurde der Revisionswerberin - nach Zustellung einer Aufforderung der Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 betreffend den handelsrechtlichen Geschäftsführer Ing. D. - die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des reglementierten Gewerbes „Baumeister“ an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 entzogen.

2        2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - die gegen diesen Entziehungsbescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3        In seiner Begründung traf das Verwaltungsgericht zusammengefasst folgende Feststellungen: Ing. D. sei Alleingesellschafter der Revisionswerberin und vertrete diese als handelsrechtlicher Gesellschafter. Er sei seit 1. Juni 2014 zur Ausübung des reglementierten Gewerbes „Baumeister“ berechtigt.

4        Der gewerberechtliche Geschäftsführer der Revisionswerberin sei am 10. Dezember 2015 verstorben. Die Revisionswerberin habe dennoch das reglementierte Gewerbe weiter ausgeübt. Am 23. Juni 2017 sei Ing. S. als gewerberechtlicher Geschäftsführer genehmigt worden. Dadurch habe die Revisionswerberin während eines Zeitraums von ca 12 Monaten der Bestimmung des § 367 Z 2 GewO 1994 zuwider gehandelt. Dieses Delikt sei von Seiten der Behörde nicht verfolgt worden.

5        Ferner sei über Ing. D. als dem verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Revisionswerberin mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10. September 2014 wegen Übertretung der §§ 367 Z 1 iVm § 39 Abs. 1, 2 und 4 iZm § 9 Abs. 2 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.620,-- verhängt worden, weil die Revisionswerberin das reglementierte Gewerbe „Maler und Anstreicher“ nach dem bereits am 15. Februar 2008 erfolgten Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers betreffend diesen Unternehmenszweig zumindest in der Zeit von 1. März 2013 bis 7. August 2014 ausgeübt habe, ohne dass die Bestellung eines neuen Geschäftsführers angezeigt worden sei. Aus demselben Grund sei mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. Februar 2017 eine weitere Geldstrafe in der Höhe von € 1.010,-- über Ing. D. verhängt worden, weil die Revisionswerberin das betreffende Gewerbe zumindest am 5. Jänner 2015 weiterhin ausgeübt habe, ohne dass die erforderliche Anzeige des neuen Geschäftsführers erfolgt sei.

6        Letztlich sei über Ing. D. eine Geldstrafe in der Höhe von € 120,-- verhängt worden, weil dieser die erforderliche Anzeige des Ausscheidens des gewerberechtlichen Geschäftsführers betreffend das Baumeistergewerbe nach dessen Tod unterlassen habe.

7        In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht nach Darstellung einschlägiger Rechtsprechung, durch die Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers solle die einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden. Fallbezogen sei dieses Schutzinteresse durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer Ing. D. mehrmals, langandauernd und beharrlich negiert worden. Die behauptete lange Unkenntnis vom Ableben des gewerberechtlichen Geschäftsführers für das Baumeistergewerbe könne nur darauf zurückzuführen sein, dass dieser lediglich als Scheingeschäftsführer fungiert habe, weil ansonsten die Abwesenheit dieser betreffenden - im Betrieb beschäftigten - Person umgehend hätte auffallen müssen. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass Ing. D. die für die Ausübung des Baumeistergewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr habe. Da die Revisionswerberin der Entfernung dieser Person aus seiner Position nicht nachgekommen sei, erweise sich die Entziehung als gerechtfertigt.

8        3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

9        4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       4.2. Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts und beziehen sich die in § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

13       Dass die Revisionswerberin der ihr gegenüber ausgesprochenen Aufforderung, Ing. D. aus seiner Position im Unternehmen zu entfernen, nicht nachgekommen ist, ist unstrittig.

14       4.3. Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision führt diese unter Verweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juni 2014, Ro 2014/04/0025, und vom 17. September 2014, Ro 2014/04/0060, ins Treffen, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, wonach die Frage, ob ein Verstoß schwerwiegend sei, nach der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere der Verletzung zu beurteilen sei. Das Verwaltungsgericht habe weder die Art des verletzten Schutzinteresses noch die Schwere der Verletzung festgestellt. Hinsichtlich des nicht sanktionierten Verhaltens hätte das Verwaltungsgericht Schlüsse auf das Persönlichkeitsbild des Ing. D. zu treffen gehabt.

15       Dem ist zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht - im Sinne der von der Revision angeführten Judikatur - auf Basis der Feststellungen betreffend die bestrafte Unterlassung der Anzeige des gewerberechtlichen Geschäftsführers für den Unternehmenszweig „Maler und Anstreicher“ und der Feststellung des Zuwiderhandelns betreffend den Weiterbetrieb des Unternehmenszweigs „Baumeister“ nach Ableben des gewerberechtlichen Geschäftsführers diese Übertretungen in Beziehung zu den durch die verletzten Bestimmungen geschützten Interessen gesetzt und auf Basis der fallbezogenen Umstände - insbesondere der langen Dauer des Zuwiderhandelns - gewichtet hat. Die behauptete Abweichung von der Rechtsprechung liegt daher nicht vor.

16       4.4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040050.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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