TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/30 405-3/721/1/33-2020, 405-3/722/1/33-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ROG Slbg §78 Abs1 Z4
ROG Slbg 2009 §31b Abs1
ROG Slbg 2009 §31b Abs2
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VStG §5 Abs1 erster Satz

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Resch über die Beschwerden von Mag. AB AA, AD, LL, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. AB AA, AD, LL, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 2.6.2020, Zahlen XXX-2020 und YYY-2020:

zu Recht

I.   Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben und die gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

II.  Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.     Verfahrensgang:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) mit dem erstangefochtenen Straferkenntnis vom 2.6.2020, Zahl XXX-2020 zur Last gelegt:

„Herr Mag. AB AA, geb. AC, hat als Eigentümer des Objektes AD, Apartment „FF GG“ im Erdgeschoß, Gst. Nr qqq/zz, KG LL, in LL, dieses Objekt zumindest am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt (Zweckentfremdung der bestehenden Wohnung ohne baubehördliche Bewilligung), indem sie diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermieteten (so hat eine Überprüfung vor Ort durch die Fachbehörde am 12.10.2019 zwischen 18.51 Uhr und 19.23 Uhr ergeben, dass die Wohnung an Touristen aus Deutschland ((2 Erwachsene und ein Kind)) zu Urlaubszwecken vermietet war), obwohl die Zweckentfremdung (Verwendung der Wohnung für touristische Beherbergungen) von bestehenden Wohnungen nur mit einer baubehördlichen Bewilligung zulässig ist.“

Dadurch habe der Bf § 78 Abs 1 Z 4 erster Fall iVm § 31b Abs 1 und 2 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 18 Stunden) verhängt.

Mit dem zweitangefochtenen Straferkenntnis vom 2.6.2020, Zahl YYY-2020, wurde dem Bf zur Last gelegt:

„Herr Mag. AB AA, geb. AC, hat als Eigentümer des Objektes AD, Apartment im Erdgeschoß, Gst. Nr qqq/zz, KG LL, in LL, dieses Objekt zumindest am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt (Zweckentfremdung der bestehenden Wohnung ohne baubehördliche Bewilligung), indem sie diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermieteten (so hat eine Überprüfung vor Ort durch die Fachbehörde am 12.10.2019 zwischen 18.51 Uhr und 19.23 Uhr ergeben, dass die Wohnung vom 11.10.2019 bis 15.10.2019 an Touristen aus Dänemark ((2 Erwachsene und ein Kind)) zu Urlaubszwecken vermietet war), obwohl die Zweckentfremdung (Verwendung der Wohnung für touristische Beherbergungen) von bestehenden Wohnungen nur mit einer baubehördlichen Bewilligung zulässig ist.“

Dadurch habe der Bf § 78 Abs 1 Z 4 erster Fall iVm § 31b Abs 1 und 2 ROG 2009 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 18 Stunden) verhängt.

Mit Note vom 11.2.2020 an das Strafamt im Magistrat Salzburg (im Folgenden: Strafamt) wurde vom Baurechtsamt des Magistrat Salzburg (im Folgenden: Baurechtsamt) der Verdacht gegen den Bf (und einem weiteren Liegenschaftseigentümer) zur Anzeige gebracht, wonach im Wohnhaus AD Wohnungen im EG widmungswidrig zur touristischen Beherbergung iSd §§ 5 Z 15 und 31b ROG 2009 genutzt werden könnten, was im Zuge einer am 12.10.2019 durchgeführten Revision eines Erhebungsorganes festgestellt worden sei. In der Anzeige an das Strafamt führt das Baurechtsamt weiter aus, dass der Argumentation des Bf vom 20.12.2020, wonach die touristische Beherbergung im Rahmen der Privatzimmervermietung durchgeführt worden sei, nicht gefolgt werden könne, da der Bf an der gegenständlichen Adresse keinen Hauptwohnsitz begründe und andererseits die Vermietung offensichtlich nicht durch den Bf selbst, sondern durch die Firma JJ KK GmbH betrieben werde.

Vom Baurechtsamt ging daher das Ersuchen um verwaltungsstrafrechtliche Überprüfung gegen die Eigentümer der Wohnungen im Erdgeschoß des Objektes AD wegen des Verdachts des Vorliegens von Verwaltungsübertretungen nach dem ROG 2009. Der Anzeige schloss das Baurechtsamt unter anderem Auszüge aus Buchungsplattformen (MM NN) sowie Auszüge aus der Homepage der JJ KK GmbH (OO PP - RR TT) an, in welchen die der Anzeige zugrunde liegenden Wohnungen zur Vermietung angeboten worden seien.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.2.2020, Zahl UUU-2020 warf die belangte Behörde dem Bf nachstehenden Sachverhalt vor:

„Herr Mag. AB AA, geb. AC, hat als Eigentümer des Objektes AD, Apartment „FF GG“ im Erdgeschoß, Gst. Nr qqq/zz, KG LL, in LL, dieses Objekt zumindest am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt (Zweckentfremdung der bestehenden Wohnung ohne baubehördliche Bewilligung), indem sie diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermieteten (so hat eine Überprüfung vor Ort durch die Fachbehörde am 12.10.2019 zwischen 18.51 Uhr und 19.23 Uhr ergeben, dass die Wohnung an Touristen aus Deutschland ((2 Erwachsene und ein Kind)) zu Urlaubszwecken vermietet war), obwohl die Zweckentfremdung (Verwendung der Wohnung für touristische Beherbergungen) von bestehenden Wohnungen nur mit einer baubehördlichen Bewilligung zulässig ist.“

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.2.2020, Zahl VVV-2020, warf die belangte Behörde dem Bf nachstehenden Sachverhalt vor:

„Herr Mag. AB AA, geb. AC, hat als Eigentümer des Objektes AD, Apartment im Erdgeschoß, Gst. Nr qqq/zz, KG LL, in LL, dieses Objekt zumindest am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt (Zweckentfremdung der bestehenden Wohnung ohne baubehördliche Bewilligung), indem sie diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermieteten (so hat eine Überprüfung vor Ort durch die Fachbehörde am 12.10.2019 zwischen 18.51 Uhr und 19.23 Uhr ergeben, dass die Wohnung vom 11.10.2019 bis 15.10.2019 an Touristen aus Dänemark ((2 Erwachsene und ein Kind)) zu Urlaubszwecken vermietet war), obwohl die Zweckentfremdung (Verwendung der Wohnung für touristische Beherbergungen) von bestehenden Wohnungen nur mit einer baubehördlichen Bewilligung zulässig ist.“

In den zitierten Aufforderungen zur Rechtfertigung hielt die belangte Behörde dem Bf vor, er habe jeweils § 78 Abs 1 Z 4 erster Fall iVm § 31b Abs 1 und 2 ROG 2009 verletzt.

In seiner Rechtfertigung führt der Bf zu den jeweiligen Vorhalten gleichlautend aus, dass im Haus AD kurzfristig Wohnungen touristisch vermietet worden seien, wobei dies in rechtskonformer Art und Weise im Rahmen der Privatzimmervermietung erfolgt sei und die Tourismustaxen abgeführt worden seien. Nachdem sich diese Privatzimmervermietung weder in organisatorischer noch in finanzieller Hinsicht bewährt habe, sei diese bereits vor Monaten wieder eingestellt worden. Die betreffenden Wohnungen seien nicht mehr touristisch buchbar und würden langfristig vermietet.

In der Folge ergingen die zitierten Straferkenntnisse, in welchen die belangte Behörde jeweils begründend davon ausging, dass die touristische Nutzung der Objekte anlässlich einer amtlichen Überprüfung vor Ort festgestellt worden sei und vom Bf auch nicht bestritten werde. Die vor Ort angetroffenen Personen hätten angegeben, die Wohnung als Touristen zu Urlaubszwecken zu nutzen. Der Bf begründe an der gegenständlichen Adresse keinen Hauptwohnsitz, sodass die Privatzimmervermietung im Hausverband nicht möglich sei. An Verschulden nahm die belangte Behörde zumindest Fahrlässigkeit an, da der Bf als Eigentümer der Wohnungen Kenntnis über die einzuhaltenden Bestimmungen des ROG 2009 haben müsse.

Gegen die zitierten Straferkenntnisse hat der Bf mit Eingabe vom 7.7.2020 jeweils rechtzeitig Beschwerde erhoben und führt (in beiden Beschwerden gleichlautend) aus:

„Mit den angefochtenen Straferkenntnissen wird dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 78 Abs 1 Z 4 1. Fall iVm § 31b Abs 1 und 2 Salzburger Raumordnungsgesetz zur Last gelegt. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten.

Richtig ist, dass vom Beschwerdeführer zugestandenermaßen im Haus AD, LL, tatsächlich kurzfristig Wohnungen touristisch vermietet wurden - dies jedoch in völlig rechtskonformer Art und Weise im Rahmen der Privatzimmervermietung. Auch die Tourismustaxen wurden ordnungsgemäß abgeführt.

Aufgrund des Umstandes, dass sich diese Privatzimmervermietung weder in organisatorischer noch in finanzieller Hinsicht bewährt hat, wurde diese Vermietung Monaten vor Einleitung der gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wieder eingestellt. Die betreffenden Wohnungen sind seither nicht mehr (touristisch) buchbar und werden wieder einer langfristigen Vermietung zugeführt. Die Privatzimmervermietung ist von einer gewerblichen Anzeige ausgenommen, muss aber zuständigen Tourismusverband angezeigt werden. Auch muss die Tourismustaxe abgeführt werden.

All diese Voraussetzungen liegen gegenständlich vor und hat der Bf die Vermietung daher in vollkommenen Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen durchgeführt. Die belangte Behörde führt diesbezüglich lapidar aus, dass der Bf an der gegenständlichen Adresse keinen Hauptwohnsitz hat und somit die Privatzimmervermietung im Hausverband gar nicht möglich sei. Dem ist zu entgegnen, dass der Bf an der gegenständlichen Adresse nachgewiesenermaßen seinen Hauptwohnsitz hat, er ist lediglich aus reinen Gründen der Zustellungsmöglichkeit von eingeschriebenen Postsendungen am Wohnsitz seiner Mutter in der EE in LL gemeldet.

Tatsächlich wohnt der Beschwerdeführer seit Jahren im Haus AD und ist er jederzeit gerne bereit, der Behörde seine Wohnräumlichkeiten zu zeigen. Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer des Hauses AD und dort wohnhaft und ist es ihm daher entgegen der Auffassung der Behörde erster Instanz rechtlich möglich an diesem Standort Privatzimmervermietung zu betreiben.

Bei dem betreffenden Haus handelt es sich auch nicht um ein Wohnungseigentumsobjekt mit abgesonderten Wohnungen, sodass auch aus diesem Grund eine private Zimmervermietung rechtlich möglich ist.

Festzuhalten ist weiters, dass dem Beschwerdeführer in zwei gesonderten Verwaltungsstrafverfahren vorgehalten wurde, sein Objekt zumindest am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt zu haben. Tatsächlich handelt es sich sohin bei den beiden - jeweils mit gesondertem Straferkenntnis geahndeten - Sachverhalten um ein einziges Delikt, welches auch nur ein einziges Mal bestraft werden kann. Es ist keineswegs eine allenfalls unzulässige Vermietung für jede einzelne untergebrachte Person eine gesonderte Verwaltungsübertretung, sodass aus diesem Grunde zumindest eines der beiden gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen sein wird. Nachdem der Beschwerdeführer diese Vermietungsform jedoch ohnehin bereits aufgegeben hat und die betreffenden Räume einer längerfristigen Vermietung zugeführt werden, hätte im konkreten Fall jedenfalls auch mit der Erteilung einer Ermahnung das Auslangen zu finden.

Weiters ist die verhängte Strafe weit überhöht und unangemessen. Letztlich wird ausgegführt, dass das Salzburger Raumordnungsgesetz idgF gegen zwingendes Europarecht, insbesondere Artikel 21 EUV verstößt, nachdem jeder Unionsbürger das Recht hat, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich deren Verträge und den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen beiliegend frei zu bewegen und aufzuhalten.

Die landesgesetzlich vorgesehene Diskriminierung von „Touristen“ im Salzburger Raumordnungsgesetz verstoßen - soweit sie Unionsbürger betreffen - daher gegen zwingendes Recht und sind konkret nicht anwendbar.“

Der Bf begehrt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse und Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren.

Die beim Landesverwaltungsgericht Salzburg zu Zahlen 405-3/721/1-2020 und 405-3/722/1/2020 protokollierten Beschwerden wurden aufgrund ihres sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und auch gemeinsam verhandelt.

In den Beschwerdesachen fand zunächst am 5.10.2020 eine Ortsaugenscheinverhandlung am Standort AD in LL in der Wohnung des Bf (Top sss) in Anwesenheit des Bf und des Vertreters der anzeigenden Stadtgemeinde Salzburg statt. Im Zuge dieser Ortsaugenscheinverhandlung wurden die Wohnräumlichkeiten des Bf sowie das Objekt AD besichtigt und der Bf und der Vertreter der anzeigenden Stadtgemeinde angehört. Im Zuge der Anhörung und Einvernahme vor dem erkennenden Gericht hat der Bf vorgebracht, dass die in den Straferkenntnissen vorgeworfene Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen im Erdgeschoß nicht vom ihm selbst, sondern von der JJ KK GmbH durchgeführt worden seien. Der Bf habe die JJ KK GmbH beauftragt, die Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen im Erdgeschoß rechtskonform wahrzunehmen. Dies ergebe sich schon aus den behördlichen Ermittlungen des Baurechtsamtes zur Homepage der JJ KK GmbH. Sollte verfahrensgegenständlich eine widerrechtliche Vermietung durchgeführt worden sein, so durch die JJ KK GmbH und nicht durch den Bf selbst. Ob die JJ KK GmbH die Vermietung rechtskonform durchgeführt habe, könne der Bf nicht nachvollziehen. Der Bf habe keine Mietverträge abgeschlossen und seien ihm auch die in den Strafvorwürfen genannten Personen nicht bekannt. Er könne auch nicht beurteilen, ob es sich bei den Personen um Touristen oder keine Touristen gehandelt habe. Zur Richtigkeit seines Vorbringens beantragte der Bf die Einvernahme eines informierten Vertreters des JJ KK GmbH (AO AN) als Zeugen.

Im Zuge des vom Gericht fortgeführten Ermittlungsverfahrens in der Beschwerdeverhandlung am 16.11.2020 (welche gemäß §§ 3 und 6 Verwaltungsgerichtliches COVID-19-Begleitgesetz, BGBl I Nr 16/2020 idgF in Form einer Videokonferenz via ZOOM durchgeführt wurde) wurde der vom Bf namhaft gemachte Zeuge AO AN unter Wahrheitspflicht in Anwesenheit des Bf und des Vertreters der anzeigenden Stadtgemeinde einvernommen. Die belangte Behörde hat auf die Teilnahme zur Verhandlung am 16.11.2020 verzichtet.

2.     Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Bf und Dr. CC AA sind jeweils Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr qqq/zz KG LL. Im Flächenwidmungsplan ist für das Grundstück Nr qqq/zz KG LL die Kategorie Bauland mit der Widmung Erweitertes Wohngebiet festgelegt.

Auf der Liegenschaft befindet sich das Objekt AD in LL (im Folgenden: Objekt), in welchem sich 10 Wohnungen befinden, wobei die Wohnungen Top ttt und Top sss vom Bf selbst bewohnt werden.

Im Erdgeschoß des Objektes befinden sich drei Wohnungen, wobei eine Wohnung im Tatzeitpunkt (12.10.2019) bereits längerfristig vermietet war. Die Wohnung Top rrr und Top uuu im Erdgeschoß wurden vom Bf jedenfalls am 12.10.2019 der JJ KK GmbH für die Kurzzeitvermietung zur Verfügung gestellt.

Die Wohnungen Top uuu und Top rrr des Objektes wurden von der JJ KK GmbH auf Buchungsplattformen (wie etwa MM NN oder ÖÖÖ) sowie auf der Homepage der JJ KK GmbH unter der Adresse: www OO PP mit Namen zB „FF GG“ zur Kurzzeitvermietung angeboten.

Vom Bf selbst wurden keine Vermietungstätigkeiten im Hinblick auf die Wohnung Top uuu und Top rrr des Objektes im Tatzeitpunkt (12.10.2019) wahrgenommen; insbesondere wurden keine vertraglichen Vereinbarungen über die Kurzzeitvermietung der Wohnungen Top uuu und Top rrr zwischen dem Bf oder den im Straferkenntnis am 12.10.2019 vom Erhebungsorgan der Stadt Salzburg angetroffenen, aber nicht näher bezeichneten Personen, aus Deutschland bzw Dänemark abgeschlossen. Vom Bf selbst wurden keine mit einer herkömmlichen Vermietung bzw Beherbergung von Privatunterkünften verbundenen Tätigkeiten, wie Wäsche waschen, Wohnung säubern oder Empfangnahme der beherbergten Personen in Bezug auf die Wohnungen Top uuu und Top rrr des Objektes vorgenommen. Die mit einer Beherbergung von Gästen in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen im Rahmen der Kurzzeitvermietung wie Abwicklung des Buchungsvorgangs, Marketing oder Wäscheservice wurden für die verfahrensgegenständlichen Wohnungen Top uuu und Top rrr des Objektes im Tatzeitpunkt 12.10.2019 nicht vom Bf, sondern von der JJ KK GmbH, wahrgenommen.

3.     Beweiswürdigung:

Beweiswürdigend ist zu den Sachverhaltsfeststellungen auszuführen, dass sich diese auf den Inhalt der Akten der belangten Behörde und der Akten des Verwaltungsgerichtes gründen. Grundlage für die entscheidungswesentlichen Feststellungen waren zudem die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen (Ortsaugenschein)Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht am 5.10.2020 sowie der am 16.11.2020 durchgeführten Verhandlung in Form einer Videokonferenz.

Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der gegenständlichen Liegenschaft sowie der raumordnungsrechtlichen Widmung ergeben sich aus den unbedenklichen Urkunden im Akt und sind insoweit unstrittig.

Die Feststellungen zu den Gegebenheiten im Objekt AD sowie die Feststellung, dass der Bf die Wohnung Top sss und Top ttt im Objekt selbst bewohnt, basieren auf den Angaben des Bf sowie des unmittelbar gewonnenen Eindrucks durch das Verwaltungsgericht infolge des durchgeführten Ortsaugenscheins am 5.10.2020.

Die Feststellungen im Hinblick auf die Überlassung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen Top uuu und Top rrr im Erdgeschoß des Objektes im Tatzeitpunkt an die JJ KK GmbH zur Kurzzeitvermietung waren auf der Grundlage der Angaben des Bf zu treffen, die im entscheidungswesentlichen Umfang durch die Aussagen des unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen AO AN als informierter Vertreter der JJ KK GmbH und auch letztlich aus den Urkunden im verwaltungsbehördlichen Akt bestätigt wurden.

Der Bf hat im Zuge seiner erstmaligen persönlichen Einvernahme vor dem erkennenden Gericht gegenüber geschildert, dass er die verfahrensgegenständlichen Wohnungen der JJ KK GmbH zur Kurzzeitvermietung überlassen hat, wobei als maximale Dauer der Vermietung ein Zeitraum von 6 Monaten mit der JJ KK GmbH vereinbart war. Diese Angaben des Bf wurden durch die im Zuge seiner Befragung getätigten Aussagen des Zeugen AO AN als informierter Vertreter der JJ KK GmbH bestätigt. Zudem ergibt sich aus der in den verwaltungsbehördlichen Akten befindlichen Anzeige des Baurechtsamtes vom 11.2.2020 und dieser Anzeige beigeschlossenen Urkunden (Homepage https OO PP), dass die verfahrensgegenständlichen Wohnungen nicht vom Bf sondern von der JJ KK GmbH zur Kurzzeitvermietung über die Homepage der JJ KK GmbH oder Buchungsplattformen, die auf die JJ KK GmbH Bezug nehmen, angeboten wurden (vgl den Ausdruck vom 17.9.2019 Website: https OO PP kontakt, „RR TT“, eine Marke der JJ KK GmbH). So geht aus dem der Anzeige des Baurechtsamtes angeschlossenen Ausdruck vom 23.10.2019 betreffend Buchungsplattform „MM NN“ (Website: https MM NN FF GG) hervor, dass die Wohnung „FF GG“ über das Unternehmen „RR TT“, eine Marke der JJ KK GmbH, buchbar ist.

Der unter Wahrheitspflicht einvernommene Zeuge AO AN hat gegenüber dem Gericht glaubwürdig bestätigt, dass mit der Buchung über die Buchungsplattform bzw dem auf der Homepage der JJ KK GmbH (https OO PP) zur Verfügung gestellten Buchungssystem („DI“) die Vereinbarung über die Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen zustande gekommen ist.

Vor diesem Hintergrund, sowie den Urkunden im verwaltungsbehördlichen Akt im Hinblick auf das Bewerben der verfahrensgegenständlichen Wohnungen auf den Buchungsplattformen, die ausschließlich den Bezug zur JJ KK GmbH herstellen, aber auch auf der Grundlage der Angaben des Bf selbst, waren die Feststellungen im Zusammenhang mit der Überlassung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen im Tatzeitpunkt für die Kurzzeitvermietung an die JJ KK GmbH zu treffen.

Selbst wenn sich der Bf im Zuge seiner Rechtfertigung im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorerst auf den Ausnahmetatbestand nach § 31b Abs 2 Z 4 ROG 009 berufen haben mag, war letztlich seiner Rechtfertigung im Zuge der persönlichen Einvernahme vor dem erkennenden Gericht Glauben zu schenken, weil die Angaben des Bf durch die im Tatzeitpunkt vorliegenden behördlichen Ermittlungsergebnissen (vgl die zitierten Auszüge aus der Homepage der JJ KK GmbH) sowie der Aussagen des einvernommenen Zeugen AO AN bestätigt wurden. Schließlich ging auch schon das anzeigende BAURECHTSAMT in der Anzeige vom 11.2.2020 von der Möglichkeit aus, dass die Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen nicht durch den Bf selbst, sondern durch die JJ KK GmbH betrieben werde.

Ob der Bf letztlich gewusst haben mag, dass die verfahrensgegenständlichen Wohnungen zur touristischen Beherbergung auf Buchungsplattformen im Sinn des § 5 Z 15 ROG von der JJ KK GmbH angeboten wurden, kommt beschwerdegegenständlich (was unter Punkt 4. des Erkenntnisses noch rechtlich näher ausgeführt wird) infolge der nicht vorgehaltenen „Wissentlichkeit“ im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu. Weiterführende Ermittlungen in diesem Punkt waren daher nicht mehr für den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens von Entscheidungsrelevanz.

4.       Rechtliche Beurteilung:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009, LGBl Nr 30/2009 idF LGBl Nr 82/2018 lauten:

Begriffsbestimmungen§ 5

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1….

15.

touristische Beherbergung: die Beherbergung von Gästen in Beherbergungsbetrieben oder Privatunterkünften (Privatzimmervermietung, tage- oder wochenweise Vermietung von Wohnungen), wobei Eigennutzungen oder Verfügungsrechte über Wohnungen oder Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, die Annahme einer touristischen Beherbergung ausschließen;

Zweckentfremdung von Wohnungen§ 31b

(1) Die Zweckentfremdung von bestehenden Wohnungen ist nur mit Bewilligung gemäß Abs 3 zulässig. Als Zweckentfremdung im Sinn dieser Bestimmung gilt die Verwendung einer Wohnung für touristische Beherbergungen.

(2) Von der Beschränkung gemäß Abs 1 sind ausgenommen:

1.

Wohnungen in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten sowie Gebieten mit Kennzeichnung gemäß § 39 Abs 2;

2.

Wohnungen in Apartmentbauten, die als solche vor dem 1. Jänner 1973 oder später unter Anwendung des Art III Abs 2 der Raumordnungsgesetz-Novelle 1973, LGBl Nr 126/1972, baubehördlich bewilligt worden sind;

3.

touristische Beherbergungen in landwirtschaftlichen Wohnbauten nach Maßgabe des § 48 Abs 2 und 3;

4.

touristische Beherbergungen im Rahmen der Privatzimmervermietung;

5.

Wohnungen, die bereits vor dem 1. Jänner 2018 für touristische Beherbergungen verwendet worden sind, wenn und soweit dies bau- und raumordnungsrechtlich zulässig war.

(3) Soweit dies nicht bereits nach den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften des Landes der Fall ist und kein Ausnahmefall gemäß Abs 2 vorliegt, bedarf die Zuführung von bestehenden Wohnungen zu einer Verwendung gemäß Abs 1 jedenfalls einer baubehördlichen Bewilligung. Eine solche Bewilligung darf unbeschadet der sonstigen baurechtlichen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn

1.

für die Errichtung der Wohnung keine Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen worden sind und

2.

die Wohnung keine gute Eignung für Hauptwohnsitzzwecke aufweist oder in der Gemeinde keine Nachfrage besteht, die das Angebot an für Hauptwohnsitzzwecke geeigneten Wohnungen erheblich übersteigt.

Das Vorliegen dieser Umstände ist vom Bewilligungswerber oder der Bewilligungswerberin nachzuweisen. Die Bewilligung ist auf höchstens zehn Jahre zu befristen und soweit erforderlich unter Auflagen oder Bedingungen zu erteilen.

(4) Zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der sich aus Abs 1 ergebenden Beschränkung sind den damit betrauten Organen die Zufahrt und zu angemessener Tageszeit der Zutritt zu dem jeweiligen Objekt zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte über dessen Verwendung zu erteilen. Ist auf Grund bestimmter Tatsachen eine Nutzung anzunehmen, die der sich aus Abs 1 ergebenden Beschränkung widerspricht, haben die Versorgungs- oder Entsorgungsunternehmen, die Erbringer von Postdiensten oder von elektronischen Zustelldiensten auf Anfrage des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin die zur Beurteilung der Nutzung erforderlichen Auskünfte zu erteilen oder die erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln.

Strafbestimmungen§ 78

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer mit höherer Strafe bedrohten strafbaren Handlung bildet, wer

1.

als Planungsträger, ausgenommen die Gemeinden, einer Informationspflicht gemäß § 4 Abs 1 nicht nachkommt;

2.

eine bauliche Maßnahme ohne die gemäß § 21 Abs 2 zweiter Satz oder § 22 Abs 1 erforderliche Bewilligung ausführt;

3.

eine Wohnung entgegen § 31 Abs 2 als Zweitwohnung verwendet oder wissentlich verwenden lässt;

4.

eine Wohnung entgegen § 31b Abs 1 und 2 für touristische Beherbergungen verwendet oder wissentlich verwenden lässt;

5.

den Verpflichtungen gemäß § 31 Abs 5 nicht entspricht;

5a.

den Verpflichtungen gemäß § 31b Abs 4 nicht entspricht;

6.

Veränderungen an einer von einem Vorbehalt erfassten Fläche ohne die gemäß § 41 Abs 3 oder § 42 Abs 3 erforderliche Bewilligung vornimmt;

7.

Pflanzbindungen, Pflanzgeboten oder Festlegungen zur Geländegestaltung gemäß § 53 Abs 2 Z 14 zuwiderhandelt; oder

8.

die erforderlichen Unterlagen nicht gemäß § 84 Abs 4 dritter Satz vorlegt.

(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 sind unbeschadet sonstiger Folgen (baupolizeilicher Auftrag, Vollstreckung udgl) zu bestrafen:

1.

in den Fällen des Abs 1 Z 1, 5, 5a, 6, 7 und 8 mit Geldstrafe bis 5.000 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche;

2.

in den Fällen des Abs 1 Z 2, 3 und 4 mit Geldstrafe bis 25.000 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu fünf Wochen.

(3) In Verfahren gemäß Abs 1 Z 3 und 4 gilt außerdem Folgendes:

1.

Für den Fall, dass jemand eine Wohnung unzulässig als Zweitwohnung oder zum Zweck touristischer Beherbergung wissentlich verwenden lässt, gilt die Verwaltungsübertretung als an jenem Ort begangen, an dem sich die betreffende Wohnung befindet.

2.

Die Gemeinde, die Anzeige wegen einer solchen Übertretung erstattet hat, ist Partei im Verwaltungsstrafverfahren und berechtigt, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Sie ist Partei des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht und weiters berechtigt, Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Parteistellung der Gemeinde erstreckt sich nicht auf die Strafbemessung.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde und das Landesverwaltungsgericht haben jede rechtskräftige Bestrafung gemäß Abs 1 Z 3 der Landesregierung bekannt zu geben. Das Landesverwaltungsgericht ist weiters verpflichtet, der Landesregierung auf deren Verlangen die mit einer rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 78 Abs 1 Z 3 ROG 2009 im Zusammenhang stehenden Akten oder Aktenteile zu übermitteln.

Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 31b Abs 1 ROG 2009 ist die Zweckentfremdung von Wohnungen nur mit Bewilligung nach § 31b Abs 3 ROG 2009 zulässig. Als Zweckentfremdung im Sinn dieser Bestimmung gilt die Verwendung einer Wohnung für touristische Beherbergungen, worunter der Landesgesetzgeber die Beherbergung von Gästen in Beherbergungsbetrieben oder Privatunterkünften (Privatzimmervermietung, tage- oder wochenweise Vermietung von Wohnungen) versteht, wobei Eigennutzungen oder Verfügungsrechte über Wohnungen oder Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, die Annahme einer touristischen Beherbergung ausschließen (vgl § 5 Z 15 ROG 2009).

Nach § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 begeht eine Verwaltungsübertretung, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer mit höheren Strafe bedrohten strafbaren Handlung bildet, wer eine Wohnung entgegen § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG 2009 für touristischen Beherbergung verwendet (1. Fall) oder wissentlich verwenden lässt (2. Fall).

Nach § 78 Abs 2 Z 2 ROG 2009 sind Verwaltungsübertretungen nach § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 mit Geldstrafe bis Euro 25.000,- und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu fünf Wochen zu bestrafen.

Nach § 44a Z 1 und Z 2 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.

Verfahrensgegenständlich wirft die belangte Behörde dem Bf entsprechend dem Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse vor, dass der Bf als Eigentümer des Objektes AD, das „Apartment im Erdgeschoß“ bzw das „Apartment ‚FF GG` im Erdgeschoß“ am 12.10.2019 zur touristischen Beherbergung genutzt habe, indem er die bezeichneten Objekte als (Ferien)Wohnung tageweise an Beherbergungsgäste vermietet habe. Die belangte Behörde ging also sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch in den angefochtenen Straferkenntnissen von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 78 Abs 1 Z 1 erster Fall ROG 2009 aus.

Wie sich aus dem Wortlaut des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Straftatbestände. Einerseits kann nach dieser Bestimmung eine Verwaltungsübertretung begangen werden, indem eine Wohnung entgegen § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG 2009 für touristische Beherbergungen verwendet wird; andererseits kann eine Verwaltungsübertretung verwirklichen, wer eine Wohnung entgegen § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG für touristische Beherbergungen wissentlich verwenden lässt.

Normadressat der ersten Tatbestandsvariante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 ist somit, wer selbst eine Wohnung - entgegen § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG 2009 – für touristische Beherbergungen verwendet, wo hingegen die zweite Tatbestandsalternative des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 begeht, wer nicht selbst die Wohnung für touristische Beherbergungen verwendet, diese Wohnung aber weitergibt und (durch einen Dritten) für touristische Beherbergung verwenden lässt, wenn hinsichtlich dieses „Verwenden lassen“ Wissentlichkeit vorliegt. § 78 Abs 1 Z 4 zweite Variante ROG 2009 erfordert somit ein spezifisches Verschulden (Wissentlichkeit).

Dass es sich bei den in § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 enthaltenen Tatbestandsvarianten um zwei alternative Straftatbestände handelt, ist bereits aus der bei der zweiten Tatbestandsvariante geforderten besonderen Schuldform der Wissentlichkeit im Zusammenhang mit dem Verwenden lassen abzuleiten. Im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG ist bei der zweiten Variante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 im Spruch des Straferkenntnisses somit neben der Anführung des objektiven Tatbestandes auch die Nennung des subjektiven Tatbestandsmerkmales (der Schuldform), vorliegend Wissentlichkeit, erforderlich (vgl VwGH 30.4.1992, 90/10/0039). Für die zweite Tatbestandsvariante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 ist dem Täter im Sinn des § 5 Abs 1 VStG nicht nur der objektive Tatbestand, sondern auch besonderes Verschulden (Wissentlichkeit) nachzuweisen; insoweit ist eine eindeutige Zuordnung der angelasteten Tat zu einer der beiden Tatbestandsalternativen notwendig (vgl dazu auch VwGH 2.4.1998, 94/10/0018). Die belangte Behörde hat jeweils die (fahrlässige) Verwirklichung der ersten Tatbestandsvariante verfahrensgegenständlich herangezogen und dem Bf innerhalb der Verfolgungsverjährung vorgeworfen.

Setzen anzuwendende Strafbestimmungen die Schuldform der Wissentlichkeit voraus, so würde der Täter nach der Rechtsprechung dann wissentlich handeln, wenn er den Tatumstand oder Erfolg nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält (vgl VwGH 13.11.1985, 85/01/0149; 94/11/006).

Um den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwGH 19.12.1995, 93/04/0239). Die Umschreibung der Tat muss die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ermöglichen (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 44a Z 2). Neben der Anführung des objektiven Tatbestandes (des Tatbildes) bedarf es dazu dort, wo das Gesetz nur die vorsätzliche Tatbegehung unter Strafe stellt (und nicht schon die fahrlässige Begehung für die Strafbarkeit ausreicht, vgl § 5 Abs 1 erster Satz VStG), auch der Anführung der subjektiven Tatbestandselemente, also der Schuldform (vgl VwGH 20.7.1988, 86/01/0258 und 11.6.2014, 2013/08/0096). Die Angabe der Verschuldensform ist dann notwendig, wenn das Gesetz ausdrücklich nur vorsätzliches Verhalten unter Strafe stellt (vgl Fister aaO, Rz 4).

Beschwerdegegenständlich hat die belangte Behörde dem Bf vorgeworfen, er hätte die Wohnungen „Apartment FF GG“ und „Apartment im Erdgeschoß“ im Objekt AD in LL zur touristischen Beherbergung verwendet und sohin die erste Tatbestandsvariante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG als verwirklicht angesehen.

Das durchgeführte Beweisverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg hat aber zu Tage gebracht, dass der Bf die verfahrensgegenständlichen Wohnungen der JJ KK GmbH für die Kurzzeitvermietung zur Verfügung gestellt hat und sohin der Tatvorwurf der ersten Tatbestandsvariante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG nicht herangezogen werden kann.

Es mag dahingestellt bleiben, ob der JJ KK GmbH oder dem nach außen vertretungsbefugten Organ der JJ KK GmbH durch die Zurverfügungstellung der Wohnungen entgegen § 31b Abs 1 und Abs 2 ROG 2009 im Sinn von § 78 Abs 1 Z 4 erste Variante ROG 2009 vorgeworfen werden kann, ist doch eine Verwendung für die touristische Beherbergung durch den Bf selbst aufgrund der festgestellten Zurverfügungstellung der Wohnungen an die JJ KK GmbH (im Tatzeitpunkt) nicht gegeben.

Der nach dem Wortlaut des Spruches der angefochtenen Straferkenntnisse angelastete Tatvorwurf, dass der Bf die verfahrensgegenständlichen Wohnungen touristisch verwendet habe, liegt nämlich nicht vor, da er die Wohnungen selbst nicht vermietet hat.

Ob der Bf die Wohnungen von einem Dritten, nämlich der JJ KK GmbH, wissentlich für die touristische Beherbergung hat verwenden lassen, war im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr weiter zu prüfen, da weder in den angefochtenen Straferkenntnissen noch zu einem anderen Zeitpunkt im behördlichen Verwaltungsstrafverfahren jemals dem Bf das in § 78 Abs 1 Z 4 zweite Variante ROG 2009 geforderte subjektive Tatbestandsmerkmal der „Wissentlichkeit“ in Bezug auf das „verwenden lassen“ vorgeworfen worden ist und es dem Verwaltungsgericht schon grundsätzlich verwehrt ist, den Beschuldigten einer Tat schuldig zu erkennen, welche ihm im erstinstanzlichen Verfahren nicht zur Last gelegt worden ist (vgl VwGH 16.12.1988, 98/03/0211). Ein erst im Beschwerdeverfahren erhobener Vorwurf gegen den Bf, er habe die verfahrensgegenständlichen Wohnungen wissentlich touristisch verwenden lassen, stellt nach Ansicht des erkennenden Gerichtes in Folge der geforderten besonderen Schuldform der Wissentlichkeit eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfes bzw die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhaltes dar (vgl VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226), weil es sich wie oben ausgeführt bei § 78 Abs 1 Z 1 erste und zweite Variante ROG 2009 um zwei alternative Straftatbestände handelt, die unterschiedliche Verhaltensweisen (nämlich das „verwenden“ und das „wissentliche verwenden lassen“) sanktionieren.

Eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes zur Ausdehnung des Gegenstandes des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG 2014 hinaus wurde durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 nicht geschaffen (vgl VwGH 14.9.2020, Ra 2020/02/0103 mwN).

Da zusammengefasst der Bf die Verwaltungsübertretung des § 78 Abs 1 Z 4 erster Fall ROG 2009 nicht begangen hat, weil er die verfahrensgegenständlichen Wohnungen für die Kurzzeitvermietung an die JJ KK GmbH im Tatzeitpunkt weitergegeben hat und eine Korrektur des Tatvorwurfes im Sinne der zweiten Variante des § 78 Abs 1 Z 4 ROG 2009 schon deshalb ausscheidet, weil weder das „verwenden lassen“ noch das notwendige Tatbestandsmerkmal der „Wissentlichkeit“ innerhalb der Verfolgungsverjährung vorgeworfen worden ist und es sich bei § 78 Abs 1 Z 4 erste Variante ROG 2009 und § 78 Abs 1 Z 4 zweite Variante ROG 2009 um Tatbestände mit verschiedenen wesentlichen Tatbestandsmerkmalen und somit um verschiedene Taten handelt, waren spruchgemäß die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen nicht als uneinheitlich zu qualifizierenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Konkretisierungsgebot des Tatvorwurfes und zur Notwendigkeit des Vorhaltes von erforderlichen Tatbestandsmerkmalen innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnungsgesetz, touristische Verwendung, Wissentlichkeit, Konkretisierung Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.3.721.1.33.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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