TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/28 W234 2232966-1

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Entscheidungsdatum

28.09.2020

Norm

AMD-G §2 Z16
AMD-G §20 Abs3
AMD-G §20 Abs4
AMD-G §20 Abs5
AMD-G §66
AVG §13 Abs7
B-VG Art133 Abs4
KOG §13
KOG §36
TKG 2003 §15
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W234 2232966-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas HORVATH als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Beisitzerin und die Richterin Dr. Daniela SABETZER als Beisitzerin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Ploil Boesch Rechtsanwälte GmbH (unter Beteiligung der mitbeteiligten Partei XXXX , vertreten durch RA Dr. Peter LÖSCH), gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 26.05.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der Behörde zu seiner Erlassung ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.       Die XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin) ist Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Fernsehprogramms „ XXXX “, das über einen näher festgelegten Satelliten in HD und zusätzlich über eine näher festgelegte terrestrische Multiplex-Plattform weiterverbreitet wird.

Die XXXX (im Folgenden mitbeteiligte Partei) ist auf Grund einer Anzeige gemäß § 15 TKG 2003 Betreiberin eines Kabelnetzes zur Verbreitung und Weiterverbreitung von Rundfunkprogrammen, wobei alle Programme grundsätzlich österreichweit – ohne regionale Einschränkungen – verbreitet werden.

2.       Mit Schriftsatz vom 12.02.2020 brachte die Beschwerdeführerin bei der Kommunikationsbehörde Austria (im Folgenden belangte Behörde) einen Antrag auf Erteilung eines Verbreitungsauftrags gemäß § 20 Abs. 4 AMD-G für ihr Fernsehprogramm „ XXXX “ gegenüber der mitbeteiligten Partei ein.

3.       Nach einer Reihe wechselseitiger Stellungnahmen der Beschwerdeführerin wie der mitbeteiligten Partei und der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 12.02.2020 „wegen Zustandekommens einer gütlichen Einigung“ mit Bescheid vom 26.05.2020 zurück. Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass am 08.05.2020 zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei eine Weiterverbreitungsvereinbarung betreffend „ XXXX “ abgeschlossen worden sei. Damit sei die in § 20 Abs. 5 AMD-G vorgesehene Antragsvoraussetzung weggefallen, dass es an einer gütlichen Einigung fehle. Angesichts der vertraglichen Vereinbarung komme der Beschwerdeführerin keine Legitimation nach dem AMD-G zu, eine Weiterverbreitungsverpflichtung zu beantragen, sodass der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen sei.

4.       Gegen diesen Bescheid wurde durch die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 27.05.2020 rechtzeitig Beschwerde erhoben.

5.       Mit Schriftsatz vom 05.06.2020 (gerichtet an die belangte Behörde) zog die Beschwerdeführerin den das Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag vom 12.02.2020 zurück.

6.       Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 08.07.2020 (eingelangt am 13.07.2020) durch die belangte Behörde zur Entscheidung vorgelegt.

7.       Mit Schreiben vom 17.07.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der mitbeteiligten Partei die Beschwerdeschrift und den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 05.06.2020 betreffend die Antragszurückziehung. Es wurde Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen.

8.       Am 28.07.2020 gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder für erforderlich noch für rechtlich geboten halte. Es stehe bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass der Bescheid aufgrund nachträglicher Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben sei.

9.       Mit Schreiben vom 04.08.2020 nahm die mitbeteiligte Partei Stellung. Darin verweist sie auf den im Verfahren vorgelegten Vertrag zur Beschwerdeführerin und das darin festgelegte Entgelt, welches ihr zustehe, wenn die Behörde keine „must carry“-Verpflichtung auferlege. Die mitbeteiligte Partei sehe das im Vertrag festgesetzte Entgelt (weiterhin) als angemessenen Beitrag für die Weiterverbreitung des Programms der Beschwerdeführerin an. Weiters werde die Einbindung der belangten Behörde als missbräuchlich angesehen. Denn diese habe dem Versuch gedient, Preise und Rahmenbedingungen des Vertrages indirekt herbeizuführen, statt diese im Rahmen der Privatautonomie selbst auszuhandeln.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1.       Feststellungen

1.1      Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung des Fernsehprogramms „ XXXX “, das über Satelliten in HD und zusätzlich über eine terrestrische Multiplex-Plattform weiterverbreitet wird.

1.2      Die mitbeteiligte Partei ist auf Grund einer Anzeige gemäß § 15 TKG 2003 Betreiberin eines Kabelnetzes zur Verbreitung und Weiterverbreitung von Rundfunkprogrammen, wobei alle Programme grundsätzlich österreichweit – ohne regionale Einschränkungen – verbreitet werden.

1.3      Mit Schriftsatz vom 12.02.2020 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 3 ff AMD-G der mitbeteiligten Partei folgenden „Verbreitungsauftrag“ aufzuerlegen:

„1. Die XXXX ist verpflichtet, das Fernsehprogramm „ XXXX “ der XXXX wird bis auf weiteres (in eventu für die Dauer, für die die Vereinbarungen mit den übrigen im Kabelnetz verbreiteten Programme befristet sind) in sämtlichen Kabelnetzen der XXXX weiterzuverbreiten.

2. Die Einspeisung hat im Basispaket des digitalen Kabelnetzes der XXXX auf einem nicht diskriminierenden Programmplatz zwischen 20 und 25 (in eventu auf dem derzeitigen Kabelplatz von XXXX ) zu erfolgen.

3. Die Weiterleitungsverpflichtung nach Spruchpunkt 1 besteht – unter der Voraussetzung dass diese Konditionen auch für die überwiegende Zahl der weiterverbreiteten Programme gilt – unter der Bedingung, dass die XXXX der XXXX für die Weiterverbreitung ein angemessenes Entgelt je angeschlossenem Haushalt und Jahr zu leisten hat. Es besteht die Möglichkeit, einen Anteil von XX % als unbaren Anteil in Form kommerzieller Kommunikation zu erbringen.“

1.4      Die mitbeteiligte Partei stellte keinen Antrag auf behördliche Entscheidung über die Verpflichtung zur Verbreitung oder Weiterverbreitung oder die Höhe des Entgelts gemäß § 20 AMD-G.

1.5      Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.05.2020 gemäß § 20 Abs. 5 AMD-G wegen Zustandekommens einer gütlichen Einigung zurückgewiesen.

1.6      Mit Schriftsatz vom 27.05.2020 erhob die Beschwerdeführerin Bescheidbeschwerde gegen diesen Bescheid.

1.7      Mit Schriftsatz vom 05.06.2020 zog die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde ihren verfahrenseinleitenden Antrag vom 12.02.2020 zurück.

2.       Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.

3.       Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 36 KOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Rechtsachen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat.

Hier liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A)

3.1.    Das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G), BGBl. I Nr. 84/2001 idF BGBl. I Nr. 86/2015, lautet auszugsweise:

„1. Abschnitt

[…]

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes ist:

[…]

16. Fernsehprogramm: ein audiovisuelles Rundfunkprogramm im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, oder ein anderer über elektronische Kommunikationsnetze verbreiteter audiovisueller Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird;

17. Fernsehveranstalter: wer Fernsehprogramme (analog oder digital) für die Verbreitung in Kabel- und anderen elektronischen Kommunikationsnetzen, über Satellit oder auf drahtlosem terrestrischem Wege schafft, zusammenstellt und verbreitet oder durch Dritte vollständig und unverändert verbreiten lässt. Fernsehveranstalter ist nicht, wer Fernsehprogramme ausschließlich weiter verbreitet;

[…]

19. Kabelnetz: eine für die Verbreitung und Weiterverbreitung genutzte Kabelinfrastruktur;

[…]

36. Verbreitung: die auf drahtlosem terrestrischem Weg oder über Satellit oder in Kabel- und sonstigen elektronischen Kommunikationsnetzen übertragene Darbietung von Programmen oder Zusatzdiensten, die an die Allgemeinheit gerichtet sind;

37. Versorgungsgebiet: der in der Zulassung durch Angabe der Übertragungskapazität sowie der zu versorgenden Gebiete umschriebene geografische Raum;

[…]

39. Weiterverbreitung: der Empfang und die gleichzeitige, vollständige und unveränderte Übertragung von für die Allgemeinheit empfangbaren Fernsehprogrammen auf drahtlosem terrestrischem Weg oder in Kabel- und sonstigen elektronischen Kommunikationsnetzen oder über Satellit. Als Weiterverbreitung gilt auch die Übertragung eines Rahmenprogramms, sofern die Dauer der darin eingefügten Fensterprogramme den Zeitraum von insgesamt 120 Minuten täglich nicht überschreitet oder die Einfügung regionaler Sendungen des Österreichischen Rundfunks (§ 3 Abs. 2 ORF-G) in bundesweit ausgestrahlte Programme des Österreichischen Rundfunks durch einen Kabelnetzbetreiber;

[…]

43. Zulassung: die rundfunk- und fernmelderechtliche Bewilligung zur Ausstrahlung eines Rundfunkprogramms in einem Versorgungsgebiet mit Hilfe der zugeordneten Übertragungs-kapazitäten;

[…]

5. Abschnitt

Frequenzen und Verbreitungsauftrag

Verbreitungsauftrag in Kabelnetzen

§ 20. (1) Kabelnetzbetreiber haben die Hörfunk- und Fernsehprogramme des Österreichischen Rundfunks (§ 3 ORF-G) weiter zu verbreiten, sofern dies ohne unverhältnismäßig großen Aufwand möglich ist.

(2) Kabelnetzbetreiber haben Fernsehprogramme, die einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Verbreitungsgebiet leisten, auf Nachfrage zu jenen Bedingungen zu verbreiten, die für die überwiegende Anzahl an sonstigen im Kabelnetz verbreiteten Programme gelten.

(3) Bei der Beurteilung des besonderen Beitrages zur Meinungsvielfalt sind der Anteil an eigengestalteten, eigen- oder auftragsproduzierten Sendungsformaten mit kultureller, politischer oder gesellschaftspolitischer Relevanz für Österreich, insbesondere solche mit überwiegend österreichischem, regionalem oder lokalem Bezug sowie deren Beitrag zur österreichischen Identität, ferner die bestehende Programmbelegung und die Zahl der verfügbaren Programmplätze zu berücksichtigen.

(4) Kommt zwischen einem Kabelnetzbetreiber und einem Fernsehveranstalter innerhalb von sechs Wochen ab dem Einlangen einer Nachfrage keine vertragliche Vereinbarung über eine Verbreitung oder Weiterverbreitung zu Stande, kann von den Beteiligten die Regulierungsbehörde angerufen werden.

(5) Die Regulierungsbehörde entscheidet, sofern keine gütliche Einigung zu Stande kommt, innerhalb von zwei Monaten nach Anrufung durch die Beteiligten über die Verpflichtung zur Verbreitung oder Weiterverbreitung oder die Höhe des Entgelts.

(6) Die Regulierungsbehörde hat die Dauer der Verbreitung oder Weiterverbreitung des Programms in dem Kabelnetz und ein angemessenes Entgelt für den Kabelnetzbetreiber festzulegen. Bei Festlegung des Entgelts ist auf die geltenden Bedingungen des betroffenen Kabelnetzbetreibers für die Übernahme von Programmen Rücksicht zu nehmen, sollten derartige nicht vorhanden sein, ist auf vergleichbare Bedingungen abzustellen. Dem Kabelnetzbetreiber dürfen höchstens drei Übertragungspflichten nach den Abs. 2 und 3 auferlegt werden.

(7) Die Regulierungsbehörde hat frühestens zwei Jahre nach Rechtskraft einer Verpflichtung zur Verbreitung oder Weiterverbreitung auf Antrag eines Beteiligten zu überprüfen, ob den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 weiterhin entsprochen wird und gegebenenfalls die Verpflichtung abzuändern oder aufzuheben.

(8) Kabelrundfunkveranstalter im Sinne der vorstehenden Bestimmungen ist auch ein zukünftiger Anbieter von Fernsehprogrammen, wenn er glaubhaft macht, dass er über die fachlichen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen verfügt, das geplante Programm spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Erlassung eines Verbreitungsauftrages zu veranstalten. Wird die Verbreitung aus vom Kabelrundfunkveranstalter zu vertretenden Gründen nicht innerhalb dieses Zeitraums aufgenommen, ist der Verbreitungsauftrag auf Antrag des Kabelnetzbetreibers von der Regulierungsbehörde aufzuheben.

[…]

10. Abschnitt

Rechtsaufsicht

[…]

Regulierungsbehörde

§ 66. Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die gemäß § 1 KOG, BGBl. I Nr. 32/2001, eingerichtete Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria).“

3.2.    Das KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 24/2020, lautet auszugsweise:

„1. Abschnitt

Regulierungsbehörde

Zuständigkeit

§ 13. (1) Die KommAustria besorgt jene Aufgaben, die ihr in § 2 dieses Bundesgesetzes sowie auf Grund gesonderter bundesgesetzlicher Regelungen zugewiesen sind.

[…]

5. Abschnitt

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Zuständigkeit

§ 36. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I. Nr. 33/2013), durch Senat.

Wahrnehmung von Aufgaben und Befugnissen

§ 37. Soweit in Bundesgesetzen der KommAustria in erster Instanz Aufgaben und Befugnisse als Regulierungsbehörde zugewiesen sind, stehen diese auch dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu.“

3.3.    Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, lautet auszugsweise:

„3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten

Anbringen

§ 13. […]

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.“

3.4.    Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen „in jeder Lage des Verfahrens“ zurückgezogen werden. Dazu zählt nicht nur das Verfahren vor der belangten Behörde, sondern auch das daran anschließende Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005 mwN). Die Zurückziehung des das Verwaltungsverfahren einleitenden Antrags durch die Beschwerdeführerin ist sohin auch nach Bescheiderlassung und Beschwerdeerhebung zulässig.

Im Unterschied zur Zurückziehung der Beschwerde führt die Zurückziehung des das Verwaltungsverfahren einleitenden Antrags während des Beschwerdeverfahrens nicht zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 28 Abs. 1 VwGVG. Sie führt – bei antragsgebundenen Verfahren – zur nachträglichen Unzuständigkeit der belangten Behörde:

Sofern nämlich ein Materiengesetz vorsieht, dass eine behördliche Entscheidung ausschließlich auf Antrag der dazu legitimierten Person und nicht bereits von Amts wegen erfolgen darf, begründet erst ein Antrag die Entscheidungskompetenz der Behörde. Folglich geht diese Entscheidungskompetenz mit Zurückziehung des Antrags wieder verloren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 3 und 41 [Stand 01.01.2014, rdb.at]). Dass ein Verbreitungsauftrag nach § 20 AMD-G nur aufgrund eines Antrags der Beteiligten (Kabelnetzbetreiber oder Fernsehveranstalter) mit Bescheid auferlegt darf, zeigt bereits der Wortlaut der Bestimmung. § 20 Abs. 5 AMD-G legt nämlich fest, dass die Regulierungsbehörde „nach Anrufung durch die Beteiligten“ entscheidet. Darüber hinaus sieht das Gesetz vorrangig eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten vor; nur im Falle der Nichteinigung darf diese durch einen Bescheid der Behörde ersetzt werden (vgl. § 20 Abs. 4 AMD-G), allerdings nur sofern dies auch von einem der Beteiligten beantragt wird. So heißt es auch in den Materialen zur Vorgängerregelung des § 11 Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz: „Bei Nichteinigung zwischen dem Kabel-Rundfunkveranstalter […] und dem Kabelnetzbetreiber hat auf Antrag des Veranstalters die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde [nunmehr KommAustria] den Betreiber des Kabelnetzes bescheidmäßig zur Einspeisung eines Programms zu verpflichten, […]“ (ErlRV 500 BlgNR 20. GP 22; Hervorhebung und Anmerkung durch das Gericht). Es besteht daher kein Zweifel, dass ein auf § 20 Abs. 5 AMD-G gestützter Bescheid ausschließlich aufgrund eines Antrags nach § 20 Abs. 4 AMD-G erlassen werden darf.

3.5.    Nachträgliche Unzuständigkeit

Wird ein verfahrenseinleitender Antrag in einem antragsbedürftigen Verfahren nach Bescheiderlassung während des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zurückgezogen, führt dies zum (nachträglichen) Wegfall der Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde und somit zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid daher wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde ersatzlos zu aufzuheben (vgl. zuletzt VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0065 mwN).

Infolge der Zurückziehung des (einzigen) verfahrenseinleitenden Antrages mit Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 05.06.2020 ist die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheids daher nachträglich weggefallen, weswegen der Bescheid ersatzlos aufzuheben ist.

Insoweit die mitbeteiligte Partei auf Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Vertrag zwischen ihr und der Beschwerdeführerin verweist, ist sie darauf hinzuweisen, dass dem Bundesverwaltungsgericht (insb. in der vorliegenden Verfahrenskonstellation) keinerlei Zuständigkeit zukommt, die Gültigkeit und den Inhalt eines allfälligen Vertragsverhältnisses oder sonstiger privatrechtlicher Ansprüche oder Verpflichtungen zwischen den Parteien zu beurteilen.

3.6.    Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 2 Z 1 dieser Bestimmung kann die Verhandlung unter anderem dann entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Dies ist trifft auf das gegenständliche Verfahren zu. Der Bescheid ist aufgrund des Wegfalls der Zuständigkeit der Behörde schon nach der Aktenlage zweifelsfrei ersatzlos aufzuheben. Eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte daher unterbleiben. Auch sind keine komplexen Rechtsfragen aufgetreten und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung ließ keine weitere Klärung des Sachverhalts erwarten. Schließlich wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung von keiner Verfahrenspartei beantragt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insb. VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005 mwN sowie VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0065 mwN) ab, noch fehlt es an Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragslegimitation Antragszurückziehung Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Kassation Unzuständigkeit BVwG Versorgungsgebiet Voraussetzungen Wegfall Zulassung Zurückweisung Zurückziehung Zurückziehung Antrag Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W234.2232966.1.00

Im RIS seit

25.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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