TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/13 LVwG-AV-1044/001-2020

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Veröffentlicht am 13.11.2020
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Entscheidungsdatum

13.11.2020

Norm

BAO §92 Abs1
BAO §93 Abs2
BAO §227
BAO §279 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch B, ***, ***, auf Grund des Vorlageantrages vom 15. September 2020 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 3. September 2020 über die Beschwerde vom 6. Oktober 2019 gegen eine als „Mahnung“ titulierte Rechnung/Lastschriftanzeige des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 20. September 2019, zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.       Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit einer im Betreff mit „Mahnung“ bezeichneten Erledigung des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 20. September 2019 wurde Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) hinsichtlich eines offenen Abgabenbetrages für Behandlungsanteil Restmüll, Bereitstellungsanteil, Seuchenvorsorgeabgabe und Mahngebühr von insgesamt € 80,90 gemahnt:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.1.2.

Gegen diese vorgenannte Erledigung erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 6. Oktober 2019 ein als „Antrag auf Bescheidbegründung“ bezeichnetes Rechtsmittel und begründete dieses damit, dass es sich bei der Erledigung des Obmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 20. September 2019 um einen Abgabenbescheid handle er diesen nicht nachvollziehen könne, zumal dieser keine Begründung enthalte und ihm keine Vorschreibung betreffend das erste Halbjahr 2019 zugestellt worden sei.

1.1.3.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 3. September 2020, ohne Zahl, wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass es sich bei der bekämpften Erledigung des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 20. September 2019 es sich um eine Mahnung gemäß § 227 BAO handle. Die Erledigung sei weder als Bescheid bezeichnet, noch werde damit eine Seuchenvorsorgeabgabe oder eine sonstige Abgabe festgesetzt. Es liege daher gegenständlich kein Bescheid im abgabenrechtliehen Sinn vor, der im Wege eines Rechtsmittels bekämpft werden könnte. Mit der angefochtenen Erledigung sei eine offene Abgabenschuld eingemahnt worden und darin aber keine bestimmte Abgabe festgesetzt. Die Erledigung stelle sohin eine Mahnung dar und sei daraus keine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe abzuleiten. Das Rechtsmittel vom 6. Oktober 2019 richte sich nicht gegen einen Bescheid und sei somit mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes nicht zulässig.

1.2. Beschwerdevorbringen:

Gegen diese vorgenannte Erledigung brachte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 15. September 2020 ein als Vorlageantrag bezeichnetes Rechtsmittel ein und begründete dieses im Wesentlichen damit, dass sein Begründungsantrag kein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf sei. Die Reaktion mittels Berufungsvorentscheidung sei prävalierend rechtswidrig.

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 24. September 2020 legte der Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk ***.

1.4. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. NÖ Seuchenvorsorgeabgabengesetz idF LGBl. 35/2019:

Seuchenvorsorgeabgabe

§ 3. Für das für ein Grundstück im Pflichtbereich (§ 3 Z. 9 NÖ AWG 1992) zugeteilte oder für ein Grundstück auf Grund eines Ansuchens vereinbarte jährliche Restmüllbehältervolumen ist eine Seuchenvorsorgeabgabe zu entrichten.

Berechnung

§ 4. (1) Die Höhe der jährlichen Seuchenvorsorgeabgabe ergibt sich aus dem Produkt des für ein Grundstück zugeteilten oder vereinbarten jährlichen Restmüllbehältervolumens (Mülltonnen oder Müllsäcke) mit dem Hebesatz.

(2) Der Hebesatz beträgt für

1. ein angefangenes jährliches Behältervolumen von 3.500 Liter  € 13,50

2. jede weiteren angefangenen 1.000 Liter     € 4,00.

(3) Der in Abs. 2 festgesetzte Hebesatz ändert sich, beginnend mit 1. Jänner 2016, jährlich in dem Maß, das sich aus der Veränderung der Verbraucherpreise (Verbraucherpreisindex) gegenüber der für Jänner 2016 verlautbarten Indexzahl ergibt. Eine Änderung der Verbraucherpreise bis 12 % ist nicht zu berücksichtigen ist. Ändert sich der Hebesatz, so ist er im Landesgesetzblatt kundzumachen.

(4) Die zur Vollziehung des NÖ AWG 1992 zuständigen Behörden haben den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden unverzüglich alle rechtskräftigen Bescheide über die Zuteilung von Müllbehältern für Restmüll bzw. alle Verträge über ein vereinbartes Restmüllbehältervolumen unaufgefordert zu übermitteln. Auf Verlangen haben sie weitere erforderliche Auskünfte zu erteilen. Sie haben alle Sachverhalte unverzüglich mitzuteilen, die zu einer Neuberechnung der Abgabe führen können.

Abgabepflichtiger

§ 5. Zur Entrichtung der Seuchenvorsorgeabgabe ist der Eigentümer des Grundstückes (§ 3) verpflichtet.

Entstehen des Abgabenanspruches, Fälligkeit

§ 6. (1) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Seuchenvorsorgeabgabe entsteht mit dem der Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Seuchenvorsorgeabgabe folgenden Monatsersten.

(2) Der im Bescheid über die Seuchenvorsorgeabgabe festgesetzte Abgabenbetrag ist bis zur Erlassung eines neuen Seuchenvorsorgeabgabenbescheides in unveränderter Höhe zu entrichten.

(3) Entsteht die Abgabenschuld während eines Kalenderjahres, ist die Seuchenvorsorgeabgabe anteilsmäßig für die restlichen vollen Monate des Kalenderjahres zu entrichten. Dasselbe gilt sinngemäß, wenn sich die Höhe der Seuchenvorsorgeabgabe im Laufe eines Kalenderjahres ändert.

(4) Erlischt die Verpflichtung zur Entrichtung der Seuchenvorsorgeabgabe, so ist diese für die restlichen vollen Monate des Kalenderjahres nicht mehr zu entrichten.

Einhebung

§ 9. (1) Die Gemeinden haben die Einhebung der Seuchenvorsorgeabgabe als Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches zu besorgen.

(2) Die Gemeinden sind verpflichtet, die eingehobenen Abgaben mit dem Amt der NÖ Landesregierung vierteljährlich abzurechnen.

(3) Die von den Gemeinden im Kalendervierteljahr eingehobenen Abgaben sind jeweils bis zum 15. des zweitfolgenden Monats an das Land abzuführen.

(4) (entfällt durch LGBl. Nr. 94/2016)

(5) Den Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden gebührt für diese Tätigkeit eine Entschädigung im Ausmaß von 5 % des abzuführenden Betrages.

Abgabenbehörden

§ 10. (1) Abgabenbehörde ist der Bürgermeister bzw. der Verbandsobmann.

(2) Die Landesregierung ist sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

2.2. Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen

         a)       Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder

         b)       abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder

         c)       über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.

(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

§ 217. (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. …

§ 227. (1) Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind einzumahnen.

(2) Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Mahnerlagscheines) vollzogen, in dem der Abgabepflichtige unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, die Abgabenschuld binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen (Mahnklausel). Ein Nachweis der Zustellung des Mahnschreibens ist nicht erforderlich; bei Postversand wird die Zustellung des Mahnschreibens am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post vermutet. …

§ 227a. Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:

         1.       Im Falle einer Mahnung nach § 227 ist eine Mahngebühr von einem halben Prozent des eingemahnten Abgabenbetrages, mindestens jedoch drei Euro und höchstens 30 Euro, zu entrichten. Die Mahngebühr wird bei Zustellung des Mahnschreibens mit der Zustellung, bei Einziehung des Abgabenbetrages durch Postauftrag mit der Vorweisung des Postauftrages fällig.

         2.       Wird eine vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeit erstmals eingemahnt, ohne dass dies erforderlich gewesen wäre, so kann eine Mahngebühr festgesetzt werden; Z 1 gilt sinngemäß.

§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

                                     a)     nicht zulässig ist oder

                                     b)     nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3..      Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1. Zum Verfahrensgegenstand:

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden.

Es ist berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Diese Änderungsbefugnis („nach jeder Richtung“) ist durch die Sache begrenzt (vgl. Ritz, BAO 5, § 279, Rz. 10). "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 2009/15/0152, VwGH 2010/16/0032 und VwGH 2012/15/0161).

Auf Grund einer gegen die Zurückweisung erhobenen Berufung darf die Berufungsbehörde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (VwGH 2009/22/0080), nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (VwGH 93/10/0165, VwGH 2008/03/0129 und VwGH 2008/21/0302). „Sache“ iSd § 66 Abs. 4 AVG ist allein die Frage, ob die Unterbehörde zu Recht eine Sachentscheidung über das Anbringen verweigert hat (VwGH 81/06/0127, VwGH 2004/06/0084 und VwGH 2008/04/0217).

Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für Bescheidbeschwerden an die Verwaltungsgerichte, und zwar selbst dann, wenn diese – wie das Verwaltungsgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO – zur Entscheidung „in der Sache selbst“ über die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid befugt sind.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde ein als „Antrag auf Bescheidbegründung“ tituliertes Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen eine Erledigung des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 20. September 2019 als unzulässig zurückgewiesen. Dem Landesverwaltungsgericht ist es verwehrt, über den Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisungsentscheidung hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, d.h. eine Sachentscheidung über den Erstantrag durch das Landesverwaltungsgericht kommt in diesem Verfahren nicht in Betracht.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens („Sache“) ist somit im konkreten Fall ausgehend vom Spruch des angefochtenen Bescheides nur die Frage, ob die vorgenommene Zurückweisung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers zu Recht erfolgte. Das Landesverwaltungsgericht ist lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die durch die belangte Behörde ausgesprochene Zurückweisung der Berufung rechtmäßig war.

3.1.2. Grundsätzliches zur Erledigung vom 20. September 2019:

Bei dem Schreiben vom 20. September 2019 handelte es sich um eine Mahnung für eine offene Seuchenvorsorgeabgabe. Durch dieses Schreiben wurde keine Seuchenvorsorgeabgabe oder sonstige Abgabe festgesetzt.

Gemäß § 227 Abs. 1 und 2 erster Satz BAO sind vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten einzumahnen. Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Mahnerlagscheines) vollzogen, in dem der Abgabepflichtige unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, die Abgabenschuld binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen (Mahnklausel). Die gegenständliche Erledigung weist einen offenen Zahlungsbetrag (€ 80,90) aus.

Hinsichtlich der Mahnung des offenen Abgabenbetrages stellt sich die gegenständliche Erledigung somit eben nicht als Bescheid, sondern als Mahnschreiben gemäß § 227 BAO dar.

Gemäß § 227a Z.1 erster Satz BAO ist im Falle einer Mahnung nach § 227 eine Mahngebühr von einem halben Prozent des eingemahnten Abgabenbetrages, mindestens jedoch drei Euro und höchstens 30,-- Euro, zu entrichten.

Die Festsetzung einer Mahngebühr hätte daher mit Abgabenbescheid zu erfolgen
(§ 92 iVm §§ 3 und 3a BAO).

Die Erledigung vom 20. September 2019 ist jedoch kein Bescheid.

Da eine Mahnung keinen Bescheid darstellen kann, fehlt es der gesamten Erledigung am Bescheidcharakter. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung wurde durch dieses Schreiben nicht begründet. Eine solche Zahlungsverpflichtung kann nur mit einem gesonderten Abgabenbescheid begründet werden. Das Schreiben vom
20. September 2019 enthält keine Vorschrift, durch welche eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe begründet werden könnte.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat ein Bescheid einen Spruch zu enthalten.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt einem Verwaltungsakt, der keinen bestimmten Spruch enthält, die Rechtsqualität als Bescheid.

Durch die Erledigung vom 20. September 2019 wurde keine bestimmte Abgabe festgesetzt. Das Schreiben des Verbandsobmannes stellt sich dem Inhalt nach als Mahnschreiben dar, wodurch eine Zahlungspflicht jedenfalls nicht begründet werden konnte. Da durch diese Erledigung keine Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe begründet wurde, kommt ihr auch kein normativer Inhalt zu, sie enthält daher keinen Spruch. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung (z.B. zur Entrichtung einer Abfallwirtschaftsgebühr) wurde durch dieses Schreiben jedenfalls nicht begründet, sodass vom Vorliegen eines normativen Spruches nicht gesprochen werden kann.

Es handelt sich daher schon aus diesem Grund nicht um einen Bescheid, sondern um eine Mahnung.

Die Mahnung selbst ist kein Bescheid (arg.: die Worte Mahnschreiben und Mahnerlagschein in § 227 BAO; VwGH 89/17/0006; VwGH 96/17/0339 und VwGH 95/17/0458).

Im Übrigen ist das Schreiben auch nicht als Bescheid bezeichnet.

Bescheide sind ausnahmslos und ausdrücklich mit dem Wort „Bescheid“ zu bezeichnen (vgl. § 93 Abs. 2 BAO; Ritz, BAO5, § 93, Tz.4). Die Bezeichnung als Bescheid dient der Erkennbarkeit einer behördlichen Ausfertigung als normativer Akt (Stoll, BAO, 958). Die fehlende Bezeichnung einer Erledigung einer Behörde als Bescheid ist unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt der Erledigung keine Zweifel am normativen Gehalt ergeben (vgl. z.B. VwGH 89/14/0162 und VwGH 2002/14/0035). Bei Zweifeln über den Bescheidcharakter ist schließlich doch die Bezeichnung als Bescheid essentiell (vgl. VwGH 90/17/0117; VwGH 92/17/0288; VwGH 98/17/0283 und VwGH 2007/17/0115).

Es handelt sich bei diesem Schreiben daher nicht um einen Bescheid.

3.1.3.

Da es sich beim Schreiben des Verbandsobmannes vom 20. September 2019 nicht um einen Bescheid handelte, erfolgte die Zurückweisung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers im Ergebnis zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.4.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Verfahrensrecht; Mahnschreiben; Bescheid; Bescheidqualität; Bescheidspruch;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1044.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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