TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/13 W117 2200899-1

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Veröffentlicht am 13.10.2020
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Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §93 Abs2
FPG §94 Abs5

Spruch

W117 2200899-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2018, Zl. IFA 43073809 VZ 180386655, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.08.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2004, Zl. 04 00.277-BAT wurde dem BF Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm der Status des Asylberechtigten zukommt.

Dieser Bescheid wurde hinsichtlich des Familiennamens des BF mit Bescheid vom 28.01.2004 berichtigt.

Zuletzt wurde dem BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.06.2014 ein Konventionsreisepass mit der Nummer K 1118703 ausgestellt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.01.2017 wurde der BF gem. § 206 (1) StGB, § 207 Abs. 1 StGB, § 212 Abs. 1 Z 1 StGB, §105 Abs.1 StGB und § 50 Abs.1 Z 1 und 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.

Mit Schreiben vom 30.04.2018 wurde dem BF im Rahmen des Parteiengehörs die beabsichtigte Vorgangsweise der Behörde (Entziehung des Konventionsreisepasses) unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme mitgeteilt. Eine Stellungnahme dazu erfolgte seitens des BF nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2018 wurde dem BF der Konventionsreisepass gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 Vm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG entzogen. Begründend wurde ausgeführt, dass angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilung keine positive Zukunftsprognose zu der (von ihm ausgehenden) Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik erstellt werden könne. Er sei wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt worden und habe angesichts des erst kurzen Zeitraums seit seiner Verurteilung noch kein Wohlverhalten festgestellt werden können. Seinem Leugnen der Tat sei ein deutlicher Mangel an Unrechtsbewusstsein entnehmbar, weshalb die Behörde zu keiner positiven Zukunftsprognose habe gelangen können und die Entziehung des Reisepasses gerechtfertigt sei. Rechtlich wurde ausgeführt, dass bei der Versagung eines Reisepasses nach der Judikatur des VwGH (31.05.2000, 98/18/0354) auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen sei. Seitens der Behörde bestehe die Befürchtung, dass der BF die in Österreich begangenen Straftaten auch im Ausland verüben und dadurch das Ansehen Österreichs im Ausland schädigen könnte, womit auch eine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit gegeben wäre. Seinem privaten Interesse an der Ausstellung eines Konventionsreisepasses zwecks Ausübung der Reisefreiheit stehe das höher zu bewertende öffentliche Interesse an Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Der Reisepass stelle kein gültiges Reisedokument mehr dar und sei dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen (§ 93 Abs. 2 FPG).

Mit Verfahrensanordnung vom 07.06.2018 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig für ein Beschwerdeverfahren beim BVwG ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

In der durch den bevollmächtigten Rechtsberater erhobenen Beschwerde gegen den oa. Bescheid wurde inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung vorgebracht. Die Behörde lasse im angefochtenen Bescheid völlig unbegründet, inwiefern die innere und äußere Sicherheit Österreichs durch die Reisetätigkeit des BF konkret gefährdet sein sollte. Die von der Behörde vorgenommene Subsumierung unter § 92 Abs. 1 Z 5 FPG sei rechtlich falsch, weil der BF keine Delikte gegen die Sicherheit des Staates begangen habe.

Am 03.08.2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen.

Am selben Tag wurde vom BMI eine Kopie des russischen Reisepasses des BF ausgestellt auf „ XXXX “ gültig vom 23.10.2013 bis 23.10.2018 übermittelt.

Zu der für 04.08.2020 anberaumten Verhandlung beim BVwG ist der BF nicht erschienen und legte im Anschluss daran eine ärztliche Honorarnote mit der Diagnose „Gastroenteritis“ vor.

An der am 31.08.2020 durchgeführten Verhandlung unter Beziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache hat der BF teilgenommen.

Mit Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tag, zu Zl. W117 2200899-2, wurden dem BF der Status des Asylberechtigten aberkannt, subsidiärer Schutz oder ein Aufenthaltstitel nicht gewährt und eine Rückkehrentscheidung samt 10-jährigem Einreiseverbot erlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist russischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der tschetschenischen Volksgruppe moslemischen Glaubens.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.01.2004, Zl. 04 00.277-BAT wurde dem BF Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm der Status des Asylberechtigten zukommt. Dieser Bescheid wurde hinsichtlich des Familiennamens des BF mit Bescheid vom 28.01.2004 berichtigt.

Zuletzt wurde dem BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.06.2014 ein Konventionsreisepass mit der Nummer K 1118703 ausgestellt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.01.2017 wurde der BF gem. § 206 (1) StGB, § 207 Abs. 1 StGB, § 212 Abs. 1 Z 1 StGB, §105 Abs.1 StGB und § 50 Abs.1 Z 1 und 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Am 03.08.2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen.

Am selben Tag wurde vom BMI eine Kopie des russischen Reisepasses des BF, ausgestellt auf „ XXXX “ und gültig vom 23.10.2013 bis 23.10.2018, übermittelt.

Mit Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tag, zu Zl. W117 2200899-2, wurden dem BF nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Status des Asylberechtigten aberkannt, subsidiärer Schutz oder ein Aufenthaltstitel nicht gewährt und eine Rückkehrentscheidung samt 10-jährigem Einreiseverbot erlassen.

2. Beweiswürdigung:

Der oa. Verfahrensgang samt Feststellungen resultiert unzweifelhaft aus den bezughabenden Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu den angegebenen Verfahrenszahlen sowie den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung beim BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt bezüglich der Entscheidung nach dem FPG Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 94 FPG lautet:

Konventionsreisepässe

§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.

(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.

(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.

(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

§ 93 FPG lautet:

Entziehung eines Fremdenpasses:

§ 93. (1) Ein Fremdenpass ist zu entziehen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden;

2. das Lichtbild fehlt oder die Identität des Inhabers nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt;

3. eine Eintragung des Bundesamtes oder der Vertretungsbehörde unkenntlich geworden ist;

4. der Fremdenpass verfälscht, nicht mehr vollständig oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar geworden ist.

(2) Vollstreckbar entzogene Fremdenpässe sind dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen ihnen vorgelegten Fremdenpass abzunehmen, wenn dieser vollstreckbar entzogen worden ist. Der Fremdenpass ist unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(4) Erwirbt der Inhaber des Fremdenpasses die österreichische Staatsbürgerschaft oder liegen die Fälle des Abs. 1 Z 2 bis 4 vor, so bedarf es keines Bescheides, sofern der Fremdenpass der Behörde ohne weiteres zur Entwertung vorgelegt wird.

Nach der Judikatur des VwGH (25.06.2019, Ra 2017/19/0261) ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses, dass dem Fremden der Status des Asylberechtigten zukommt (§ 94 Abs. 1 FrPolG 2005). § 94 Abs. 5 FrPolG 2005 ordnet an, dass die für die Entziehung eines Fremdenpasses geltenden Bestimmungen des § 93 FrPolG 2005 auch für Konventionsreisepässe anzuwenden sind. Folglich kann die Änderung im rechtlichen Status des Fremden, auf dem die Ausstellung des Reisedokuments ursprünglich basierte, eine Entziehung begründen. Wird also nachträglich bekannt, dass die Voraussetzung des Asylstatus fehlt, so stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache im Sinn des § 93 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 dar. Das nachträglich bekanntgewordene Fehlen oder der Verlust des Status eines Asylberechtigten kann daher die Entziehung eines Konventionsreisepasses rechtfertigen (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0046).

Mit Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tag zu Zl. W117 2200899-1, wurde dem BF der Status des Asylberechtigten aberkannt.

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses liegen gemäß § 93 Abs. 1 FPG daher nicht mehr vor. Der Konventionspass ist dem BF daher zu entziehen.

Der BF hat diesen gemäß § 93 Abs. 2 FPG dem Bundesamt für Fremdenwesen unverzüglich vorzulegen und stellt dieser Konventionsreisepass kein gültiges Reisedokument mehr dar.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Konventionsreisepass mangelnder Anknüpfungspunkt strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2200899.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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