TE Vwgh Beschluss 2020/12/22 Ra 2020/11/0105

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Veröffentlicht am 22.12.2020
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Index

L46006 Jugendförderung Jugendschutz Steiermark
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §59 Abs1
JSchG Stmk 2013 §18 Abs4
JSchG Stmk 2013 §26 Abs2 Z5
VStG §19
VStG §44a
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, über die Revision der B R in B, vertreten durch Mag. Wolfgang Schupfer, Rechtsanwalt in 8043 Graz, Oberer Plattenweg 61a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 9. März 2020, Zl. LVwG 30.12-173/2020-11, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Jugendgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murtal), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10. Dezember 2019 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, sie habe am 29. Juni 2019 an einem näher genannten Ort einem näher genannten jugendlichen Testkäufer (geboren am 11. Mai 2004) ohne Alterskontrolle alkoholische Getränke ausgeschenkt und dadurch gegen § 18 Abs. 4 iVm. § 26 Abs. 2 Z 5 Steiermärkisches Jugendgesetz - StJG 2013, LGBl. Nr. 81 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2018, verstoßen, weswegen über sie eine Geldstrafe in Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) und ein Verfahrenskostenbeitrag von EUR 30,-- verhängt werde. Unter einem wurde der Revisionswerberin gemäß § 26 Abs. 7 StJG 2013 die Teilnahme an einer Schulung aufgetragen.

2        Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom 7. Jänner 2020 Beschwerde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark am 13. Februar 2020 schränkte die Revisionswerberin durch Äußerung ihres Rechtsvertreters die Beschwerde „auf die Strafhöhe“ ein.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde „dem Grunde nach“ ab (Spruchpunkt I.), gab ihr aber hinsichtlich des Strafausmaßes Folge und setzte die Geldstrafe mit EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Stunden) und den Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren mit EUR 10,-- fest. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Verpflichtung zur Schulung bestehen bleibe (Spruchpunkt II.). Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt III.).

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe zum genannten Zeitpunkt in einem näher genannten Gasthof als Kellnerin ausgeholfen und dabei an den genannten jugendlichen Testkäufer ohne Alterskontrolle alkoholische Getränke abgegeben. Das Tatbild des § 18 Abs. 4 StJG 2013 sei daher eindeutig verwirklicht, weshalb die Bestrafung der Revisionswerberin zu Recht erfolgt sei. Da die Beschwerde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf „die Strafhöhe“ eingeschränkt worden sei, sei nur noch die Strafbemessung vorzunehmen gewesen.

5        Gegen dieses Erkenntnis - in seinem gesamten Umfang - richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihren einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten auf „Anwendung der gewerberechtlichen Verbotsnorm sowie der Verwaltungsstrafbestimmungen der Gewerbeordnung (als entscheidende Rechtsgrundlagen für die inkriminierte Tathandlung)“, auf „Bestrafung des Gewerbetreibenden als Normadressaten der gewerberechtlichen Verbotsnorm und Nichtausspruch einer Strafe ohne gesetzliche Grundlage (dem Grundsatz ,Nulla poena sine lege‘ folgend) gemäß § 1 Abs 1 VStG und Art 7 Abs 1 erster Satz MRK“, auf „Amtswegige Ermittlung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts des Landesverwaltungsgerichts anhand des Beschwerdevorbringens“ und auf „Subsumtion des ermittelten Sachverhalts im Rahmen der rechtlichen Würdigung unter den einschlägigen Verwaltungsstraftatbestand der Gewerbeordnung“ verletzt.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil der Ausschank alkoholischer Getränke durch im Betrieb beschäftigte Personen an Jugendliche, denen nach landesrechtlichen Bestimmungen der Genuss von Alkohol verboten sei, gemäß § 114 iVm. § 367a Gewerbeordnung 1994 zu bestrafen sei (Hinweis u.a. auf VwGH 18.6.2008, 2006/11/0222). Verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich dafür sei der Gewerbetreibende (Hinweis u.a. auf VwGH 9.9.2015, Ro 2015/04/0017). Die Verhängung einer Verwaltungsstrafe setze voraus, dass die Tat im Zeitpunkt ihrer Begehung durch das Gesetz für strafbar erklärt sei und die Begründung erkennen lassen müsse, welcher konkrete Sachverhalt im Einzelnen als erwiesen angenommen werde und der Entscheidung zu Grund läge. Das Verwaltungsgericht habe nicht beachtet, dass die Revisionswerberin in einer gewerblichen Betriebsstätte beschäftigt gewesen sei, weshalb der verbotene Ausschank alkoholischer Getränke an Jugendliche im Rahmen einer gewerblich vorgenommenen Tätigkeit nicht unter den „Verbotstatbestand“ (gemeint wohl: Straftatbestand) des StJG 2013 subsumiert und eine Geldstrafe verhängt werden hätte dürfen.

10       Dieses Vorbringen richtet sich ausschließlich gegen den Schuldspruch des angefochtenen Erkenntnisses, nicht jedoch gegen den Strafausspruch und die Auftragung einer Schulung. Die Revisionswerberin hat jedoch durch die Einschränkung ihrer Beschwerde auf „die Strafhöhe“ in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Schuldspruch zurückgezogen, womit dieser rechtskräftig geworden ist (vgl. VwGH 30.1.2020, Ra 2019/11/0090, mwN).

11       Soweit sich die Revision auch gegen den Schuldspruch richtet, erweist sie sich schon deshalb als unzulässig, weil die Revisionswerberin durch die - objektiv rechtswidrige, weil die Teilrechtskraft des Straferkenntnisses der belangten Behörde übergehende - vollinhaltliche Bestätigung des Schuldspruchs unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses von vornherein nicht (mehr) in den als Revisionspunkt angeführten, oben wiedergegebenen Rechten verletzt sein konnte (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0064, mwN).

In Bezug auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses (Festsetzung einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sowie Auftragung einer Schulung) erweist sich die Revision hingegen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig, weil sie mangels eines darauf bezogenen gesonderten Zulässigkeitsvorbringens nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigt.

12       Die Revision war aus diesen Erwägungen zur Gänze gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 2020

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110105.L00

Im RIS seit

08.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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