TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/18 2006/11/0222

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Veröffentlicht am 18.06.2008
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Index

L46002 Jugendförderung Jugendschutz Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §111 Abs1 Z2;
GewO 1994 §114;
GewO 1994 §367 Z35;
JSchG Krnt 1998 §12 Abs2;
JSchG Krnt 1998 §12 Abs4;
JSchG Krnt 1998 §16 Abs1;
JSchG Krnt 1998 §16;
JSchG Krnt 1998 §6 Abs1;
JSchG Krnt 1998 §6;
MRKZP 07te Art4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Kärntner Landesregierung gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 28. Juli 2006, Zl. KUVS- 17/13/2006, betreffend Übertretung des Kärntner Jugendschutzgesetzes (mitbeteiligte Partei: E in F, vertreten durch Dr. Heimo Berger, Rechtsanwalt in 9500 Villach, 10.-Oktober-Straße 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten ist schuldig, der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen vom 7. Dezember 2005 wurde der Mitbeteiligte wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Der Beschuldigte hat, wie dies am 06.02.2005 gegen 01.50 Uhr durch den Gendarmerieposten Feldkirchen festgestellt wurde, als Gewerbeinhaber des 'Gastgewerbes in der Betriebsart Bar mit den Berechtigungen gemäß § 111 Abs. 1 Ziffer 2 GewO für den Standort ..., somit als Unternehmer im Rahmen seines Gastgewerbebetriebes mit der Betriebsbezeichnung 'Discothek- ...' nicht in zumutbarer Weise dafür gesorgt, dass die auf seine Tätigkeit anwendbare Bestimmung des Kärntner Jugendschutzgesetzes 1998, nämlich der § 12 Abs. 2 leg. cit. beachtet wird, zumal der Jugendliche Sch., geb. 31.07.1987, in der Nacht von 05.02. auf 06.02.2005 in seinem Gastlokal 'Discothek- ...' in ..., alkoholische Getränke in einer Menge getrunken hat, dass der Alkoholgehalt seiner Atemluft mehr als 0,25 mg/l, und zwar 0,85 mg/l betragen hat, obwohl Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alkoholische Getränke nur bis zu einer Menge trinken dürfen, sodass der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 6 in Verbindung mit §§ 12 Abs. 2 und 16 Abs. 1 und 2 des Kärntner Jugendschutzgesetzes 1998, in der Fassung LGBl. Nr. 24 vom 05.02.2004, in Verbindung mit § 1 Abs. 2 erster Halbsatz des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, i.d.d.g.F.

Wegen dieser Übertretung wird über den Beschuldigten folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von (EUR)

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 16 VStG von:

Strafbestimmung:

500,--

5 Tagen

§ 16 Abs. 1 u. 2 leg. cit."

Die erstinstanzliche Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, auf Grund des festgestellten Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte kein funktionierendes Kontrollsystem in seinem Lokal eingerichtet habe, weil es sonst nicht zu einer derartigen Alkoholisierung des Jugendlichen hätte kommen können. Vor dem Ausschank von Alkohol, besonders von hochprozentigen Getränken, wäre jedenfalls eine Altersüberprüfung, etwa durch Ausweiskontrolle, durchzuführen bzw. hätte überprüft werden müssen, an welche Personengruppe ausgeschenkt wird. Insbesondere wäre vor einer flaschenweisen Ausschank von hochprozentigem Alkohol auch das Verlangen eines Ausweises vom Besteller zumutbar gewesen. Den Gewerbetreibenden treffe jedenfalls eine weitgehende Verpflichtung, der er vor allem durch die Einrichtung eines wirksamen und greifenden Kontrollsystems nachzukommen habe. Dies habe der Mitbeteiligte unterlassen, weshalb er wie aus dem Spruch ersichtlich zu bestrafen gewesen sei.

Mit dem nun von der Kärntner Landesregierung angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der erstinstanzliche Bescheid über Berufung des Mitbeteiligten aufgehoben und es wurde das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Auffassung, der Mitbeteiligte sei Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Bar im näher bezeichneten Standort. Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 1 Kärntner Jugendschutzgesetz (K-JSG) sowie des § 12 Abs. 2 und Abs. 4 leg. cit. komme jedoch eine Bestrafung des Mitbeteiligten nicht in Betracht, weil aus § 16 Abs. 1 leg. cit. eindeutig hervorgehe, dass dem Unternehmer allenfalls ein Verstoß gemäß § 12 Abs. 4 leg. cit. verwaltungsstrafrechtlich zuzurechnen sei. Ein möglicher Verstoß gegen § 12 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. könne allenfalls dem Jugendlichen selbst, nicht jedoch dem Unternehmer angelastet werden, zumal hiefür keine gesetzliche Regelung bestehe. Die Bestimmung des § 6 leg. cit., welche die Pflichten der Unternehmer normiere, vermöge allerdings die fehlende Strafbestimmung für eine allfällige Bestrafung des Unternehmers für eine Verwaltungsübertretung nach § 12 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. nicht zu ersetzen. Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestrafung des Mitbeteiligten nicht vorlägen und es der Berufungsbehörde verwehrt sei, dem Berufungsbescheid einen anderen Sachverhalt zu Grunde zu legen, habe der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsverfahren eingestellt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Kärntner Verwaltungssenatesgesetz (K-UVSG) gestützte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, mit welcher er die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Mitbeteiligte wies in der Gegenschrift u.a. darauf hin, dass er mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 27. Juni 2006 für die selbe Tat wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm.

§ 114 GewO 1994 bestraft worden sei und daher für den Fall, dass die Auffassung der beschwerdeführenden Partei zuträfe, eine unzulässige Doppelbestrafung vorläge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die maßgebenden Bestimmungen des K-JSG lauten (auszugsweise)

wie folgt:

"§ 1

Zielsetzungen

Durch den Schutz der Jugend im Sinne dieses Gesetzes sollen

a) Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft gefördert und ihre Bereitschaft und Fähigkeit zu einer verantwortungsbewußten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben geweckt und vertieft werden,

b) die Erziehungsberechtigten, die Lehrer in der Schule und die Vorgesetzten im Beruf in ihrer vorrangigen Erziehungsverantwortung unterstützt und der Gesellschaft ihre Vorbildrolle gegenüber der Jugend bewußt gemacht werden sowie

c) Kinder und Jugendliche in ihrer körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen, charakterlichen und sozialen Entwicklung gefördert und vor Einflüssen bewahrt werden, die ihre Entwicklung nachteilig beeinträchtigen könnten.

...

§ 6

Pflichten der Unternehmer

(1) Unternehmer und Veranstalter sowie deren Beauftragte haben im Rahmen ihres Betriebes oder ihrer Veranstaltungen dafür zu sorgen, daß die auf ihre Tätigkeiten anwendbaren Bestimmungen dieses Gesetzes beachtet werden. Sie haben zu diesem Zwecke auf Kinder und Jugendliche in zumutbarer Weise einzuwirken. Dies kann insbesondere durch Aufklärung, Feststellung des Alters, Verweigerung des Zutrittes sowie Verweisung aus Räumlichkeiten oder von Grundstücken geschehen.

(2) Unternehmer und Veranstalter haben auf die Beschränkungen, die für den Betrieb oder die Veranstaltung nach diesem Gesetz oder den nach diesem Gesetz erlassenen Verordnungen oder Bescheide gelten, deutlich sichtbar hinzuweisen.

...

§ 12

Genuß- und Suchtmittel

(1) Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr dürfen keine alkoholischen Getränke trinken und keine Tabakwaren rauchen.

(2) Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dürfen alkoholische Getränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Volumsprozent sowie Mischgetränke, die gebrannte alkoholische Getränke (Spirituosen) enthalten, nicht trinken, gleichgültig ob diese vorgefertigt sind (zB Alkopops) oder selbst hergestellt werden. Jedenfalls dürfen Jugendliche ab vollendetem

16. Lebensjahr alkoholische Getränke nur bis zu einer Menge trinken, dass der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.

(3) Kinder und Jugendliche dürfen Drogen und Stoffe, die geeignet sind, rauschähnliche Zustände, Süchtigkeit, Betäubung oder psychische Erregungszustände hervorzurufen und nicht unter das Suchtmittelgesetz, BGBl I Nr 112/1997, fallen, nicht zu sich nehmen. Dies gilt nicht, soweit dies über ärztliche Anordnung zu Heilzwecken erfolgt.

(4) Alkoholische Getränke und Tabakwaren, die Kinder oder Jugendliche iSd. Abs 1 und 2 nicht trinken oder rauchen dürfen, sowie Drogen und Stoffe, die sie iSd. Abs 3 nicht zu sich nehmen dürfen, dürfen diesen von niemandem angeboten, überlassen oder verkauft werden. Solche Getränke, Tabakwaren sowie Drogen oder Stoffe dürfen von Kindern und den in Betracht kommenden Jugendlichen auch nicht erworben oder in Besitz genommen werden.

...

§ 16

Strafbestimmungen für Erwachsene

(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einem Gebot oder Verbot der Bestimmungen der §§ 5 Abs 1 und 3, 6, 7, 10a, 11, 12 Abs 4, 13 Abs 1 oder 15 Abs 1 zuwiderhandelt. Der Versuch ist strafbar.

§ 17 Abs 5 gilt sinngemäß.

(2) Verwaltungsübertretungen im Sinne des Abs. 1, die von Personen begangen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis Euro 3630,-, in den Fällen der Übertretung der §§ 11 Abs. 1 und 12 Abs. 4 sowie des § 6, letztere, wenn diese Übertretungen der §§ 11 Abs. 1 oder 12 Abs. 4 zur Folge haben, mit einer Geldstrafe von 2.000 bis 20.000 Euro zu bestrafen. ....

..."

Die maßgebenden Bestimmungen der GewO 1994 lauten

(auszugsweise) wie folgt:

"Gastgewerbe

§ 111. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für

1.

die Beherbergung von Gästen;

2.

die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von

Getränken.

...

Alkoholausschank an Jugendliche

§ 114. (1) Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, dürfen weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. In diesen Fällen haben die Gewerbetreibenden an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf dieses Verbot hingewiesen wird.

...

§ 367. Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 EUR zu bestrafen ist, begeht, wer ...

35. entgegen den Bestimmungen des § 112 Abs. 5 oder des § 114 Alkohol ausschenkt; ..."

Zunächst ist dem Mitbeteiligten, soweit er die Rechtzeitigkeit der Beschwerde in Frage stellt, zu entgegnen, dass die Kärntner Landesregierung gemäß § 12 Abs. 2 zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde berufen war. Aus § 26 Abs. 1 Z. 4 VwGG in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG folgt, dass die Beschwerdefrist mit dem Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides an diese Behörde zu laufen beginnt. Der angefochtene Bescheid wurde an die beschwerdeführende Partei am 3. Oktober 2006 zugestellt, sodass die am 13. November 2006 zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig ist.

Die beschwerdeführende Landesregierung führt zur Sache im Wesentlichen aus, das Kärntner Jugendschutzgesetz habe zum Ziel, Kinder und Jugendliche in ihrer körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen, charakterlichen und sozialen Entwicklung zu fördern und vor Einflüssen zu bewahren, die ihre Entwicklung nachteilig beeinträchtigen könnten. Das Gesetz normiere, dass ein Unternehmer dafür Sorge zu tragen habe, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes in seinem Verantwortungsbereich beachtet werden. Die Einwirkung auf Kinder und Jugendliche sei in diesem Zusammenhang zwar auf das Maß der Zumutbarkeit reduziert, doch würde im Gesetz demonstrativ aufgezählt, welche Aktivitäten des Unternehmers als zumutbar erachtet werden könnten. Die ausdrückliche "Inpflichtnahme" der Rechtsgeschäftspartner von Jugendlichen solle gewährleisten, dass diese in die Verwirklichung der Ziele des Jugendschutzes auch wirksam eingebunden seien. Der Unternehmer habe daher aktiv darauf einzuwirken, dass die Kinder und Jugendlichen die Gebote und Verbote des K-JSG beachteten. Sollte der Unternehmer dem nicht nachkommen, so begehe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 und der entsprechenden Bestimmung des K-JSG, die eine bestimmte Pflicht normiere. Die belangte Behörde verkenne in diesem Zusammenhang, dass es keine Rolle spiele, ob sich die entsprechende Pflicht direkt an den Jugendlichen selbst oder an den Unternehmer im Speziellen richte. Vielmehr normiere das Gesetz durch demonstrative Aufzählung der entsprechenden Maßnahmen, die ein Unternehmer zu setzen habe (§ 6 letzter Satz leg. cit.), dass der Unternehmer in seinem Betrieb auch für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen durch den Jugendlichen selbst verantwortlich sei.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis nicht zielführend.

Gemäß der Garantie des Art. 4 des 7. ZP-EMRK darf niemand "wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz oder Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden".

Die Unternehmer und Veranstalter sind nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 K-JSG verpflichtet, ihre Unternehmen bzw. ihre Veranstaltungen so zu organisieren, dass Kinder und Jugendliche die Bestimmungen "einhalten", somit nicht gegen die sie treffenden Verpflichtungen - was den Alkoholkonsum anlangt unter anderem auch nicht gegen § 12 Abs. 2 K-JSG - verstoßen. Das gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. geforderte Verhalten des Unternehmers bzw. des Veranstalters besteht somit (unter anderem) darin, im Unternehmen bzw. bei der Veranstaltung entsprechend wirksame Kontrollen einzurichten und aufrecht zu erhalten, die gewährleisten, dass der Konsum von alkoholischen Getränken in einer Art oder in einem Ausmaß, wie er in § 12 Abs. 2 leg. cit. umschrieben ist, unterbunden wird (vgl. dazu auch § 12 Abs. 4 leg. cit.). Dazu gehört nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 leg. cit. auch, dass der Unternehmer im Rahmen seines Betriebes bzw. der Veranstalter im Rahmen seiner Veranstaltung dafür sorgt, dass ausgeschlossen ist, dass Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alkoholische Getränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Volumsprozent oder in einer solchen Menge konsumieren, dass der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 Promille (0,25 mg/l Atemluftalkoholgehalt) oder darüber beträgt. Ein Verstoß gegen das derart nach § 6 leg. cit. vom Unternehmer bzw. Veranstalter verlangte Verhalten ist schließlich nach § 16 Abs. 1 leg. cit., in dem ausdrücklich auf § 6 verwiesen wird, strafbar.

Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien (Erläuterungen zum Entwurf eines Gesetzes über den Schutz der Jugend, Zl. Verf-138/13/1996) zu § 6 K-JSG ("Pflichten der Unternehmer"), worin es unter anderem heißt:

     "Bislang sah das Kärntner Jugendschutzrecht vor, dass

Unternehmer ... zwar verpflichtet sind, Beschränkungen des

Jugendschutzrechtes, die für ihren Betrieb ... gelten, an deutlich

sichtbarer Stelle anzuschlagen und in lesbarem Zustand zu erhalten sowie Kinder und Jugendliche auch darauf aufmerksam zu machen. Diese Hinweispflicht hat erfahrungsgemäß allerdings nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Die vorgeschlagene Regelung gibt nun

den Unternehmern ... sowie deren Beauftragten die Verpflichtung

auf, auch dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des Jugendschutzrechtes in ihrem Bereich auch beachtet werden. ...."

Gemäß § 111 in Verbindung mit § 114 GewO 1994 dürfen Gastgewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen "nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen" der Genuss von Alkohol verboten ist.

Im gegenständlichen Fall wurde der Mitbeteiligte bereits mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juni 2006 als Gewerbeinhaber des "Gastgewerbes in der Betriebsart Bar mit den Berechtigungen gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO" wegen der Verwaltungsübertretung nach § 114 in Verbindung mit § 367 Z 35 GewO 1994 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 K-JSG schuldig gesprochen und bestraft, weil dem Jugendlichen Sch. "in der Nacht vom 5.2. auf den 6.2.2005 in seinem Gastlokal mit der

Betriebsbezeichnung 'Diskothek-T' am Standort .... insgesamt zwei

Flaschen Tequila, somit Alkohol ausgeschenkt worden sei, obwohl Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alkoholische Getränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Volumsprozent nicht trinken" dürften.

Ginge man mit der beschwerdeführenden Partei davon aus, dass der Mitbeteiligte - als Unternehmer im Sinne des § 6 Abs. 1 K-JSG - wegen desselben Verhaltens auch nach dem K-JSG strafbar sei, so verstieße dies gegen Art. 4 des 7. ZP-EMRK: Dass es sich nämlich gegenständlich um dasselbe Verhalten handelt, ergibt sich schon daraus, dass § 114 GewO 1994 das Ausschankverbot an die Vorschriften der landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen knüpft.

Im Erkenntnis vom 19. Juni 1998, VfSlg. 15.199, hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass eine Doppelbestrafung, die durch den Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich vorgesehen ist, durch verfassungskonforme Interpretation der entsprechenden Bestimmungen hintanzuhalten ist.

Dies ist auch im vorliegenden Fall geboten: Aus dem oben dargestellten Wortlaut des K-JSG lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass eine kumulative Bestrafung des Betreffenden normiert ist, dass also nach dem K-JSG der Beschuldigte jedenfalls auch dann zu bestrafen sei, wenn er einen entsprechenden Tatbestand nach anderen Bestimmungen, etwa der GewO 1994 verwirklicht habe.

Während das K-JSG im § 6 "Unternehmer" (und Veranstalter) schlechthin erfasst, sind Gastgewerbetreibende - als spezielle Gruppe der Unternehmer - durch die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 erfasst. Unter Bedachtnahme auf Art. 4 des

7. ZP-EMRK ist somit § 16 Abs. 1 K JSG in verfassungskonformer Weise dahin zu interpretieren, dass § 114 GewO 1994 als spezielle Norm, die sich an die Gastgewerbetreibenden richtet, den Vorrang hat.

Selbst wenn der Gesetzgeber des K-JSG allenfalls beabsichtigt haben sollte - wie es offensichtlich die beschwerdeführende Partei meint - eine "Inpflichtnahme" der "Unternehmer" jedenfalls auch nach den Bestimmungen des K-JSG, ungeachtet einer Bestrafung nach anderen Normen vorzusehen, hat dies im Wortlaut der dargestellten Normen nicht in einer - eine verfassungskonforme Interpretation ausschließenden - Weise Niederschlag gefunden. Ist aber eine verfassungskonforme Auslegung möglich, dann ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Materialien entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 15.199).

Anders als die beschwerdeführende Partei meint, hat das Fehlen der Strafbarkeit des Mitbeteiligten wegen des gegenständlichen Verhaltens nach dem K-JSG nicht zur Folge, "dass

sich Jugendliche ... in Gastgewerbebetrieben mit 'erlaubten

alkoholischen Getränken' bis zur 'Besinnungslosigkeit' und grenzenlos betrinken dürften, ohne dass der Unternehmer dafür verantwortlich gemacht werden könnte", weil sie die genannten Bestimmungen der Gewerbeordnung außer Betracht lässt.

Damit kann es im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde hier die Strafbarkeit des Mitbeteiligten als Gastgewerbetreibenden nach den Bestimmungen des K-JSG verneinte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Juni 2008

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006110222.X00

Im RIS seit

21.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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