TE Bvwg Beschluss 2020/10/2 W227 2229669-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2020
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Entscheidungsdatum

02.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §74 Abs2
UG §87

Spruch

W227 2229669-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 25. Oktober 2019:

A)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Bescheid verlieh der Studienpräses der Universität Wien dem Beschwerdeführer den akademischen Grad „Doctor of Philosophy (PhD)“.

2. Am 13. Dezember 2019 langte im Büro des Studienpräses die vorliegende Beschwerde „wegen: Bescheid über die Verleihung eines akademischen Grades vom 25.10.2019“ ein, wobei Folgendes ausgeführt wird:

„Der Bescheid wird nur insofern angefochten als im Anhang zum Diplom

‚4 Angaben über den Inhalt und die erzielten Ergebnisse‘

‚4.3 Details zum Studium (z. B. absolvierte Module und Einheiten) und erzielte Beurteilungen/Bewertungen/ECTS-Anrechnungspunkte‘ seine Wissenschaftliche Arbeit ‚Dissertation XXXX vom 07.10.2019 mit 2 anstatt 1 bewertet‘ und in der ‚Notenübersicht die Dissertation (WiSe 2019) mit der Note 2 statt 1‘ ausgewiesen ist.“

Dazu führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass der Studienpräses die Satzung der Universität Wien „ignoriert“ und die Benotung der Dissertation nicht auf Grundlage der eingegangenen Gutachten vorgenommen habe.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. Februar 2020, Zl. B/05-19/20, wies der Studienpräses der Universität Wien die Beschwerde als unzulässig zurück.

Begründend führte der Studienpräses (hier relevant) im Wesentlichen aus:

Der Bescheid, mit dem der akademische Grad verliehen werde, sei ein rechtsgestaltender Bescheid. Das Diploma Supplement sei demgegenüber lediglich ein (verpflichtend beizufügender) Anhang zum Verleihungsbescheid mit einer Beschreibung des Studienverlaufs und der Leistungen; es habe also keinen Bescheidcharakter und sei daher als solches nicht anfechtbar.

Da der Verleihungsbescheid vom Beschwerdeführer explizit nicht angefochten worden sei, das Diploma Supplement selbst kein Bescheid sei, und überdies Begutachtungen bzw. Beurteilungen nach Art. l Abs. 3 Z 6 EGVG vom Anwendungsbereich des AVG ausgenommen seien, sei die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

4. Am 2. März 2020 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass die Auffassung des Studienpräses „rechtsirrig“ sei; denn die Beschwerde richte sich gegen die „offensichtlich unrichtige Gutachtensbescheidung“.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Dissertation des Beschwerdeführers wurde mit „2“ beurteilt.

Nach Abschluss des PhD-Studiums in „Wirtschaftswissenschaften“ wurde dem Beschwerdeführer am 15. November 2019 der akademische Grad „Doctor of Philosophy (PhD)“ verliehen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 87 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) hat das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ den Absolventen der ordentlichen Studien, mit Ausnahme der Erweiterungsstudien, nach der positiven Beurteilung aller im jeweiligen Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen und in den Diplom-, Master- und Doktoratsstudien nach der Ablieferung der positiv beurteilten wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeit oder der Dokumentation der künstlerischen Arbeit, den festgelegten akademischen Grad durch einen schriftlichen Bescheid unverzüglich, jedoch spätestens einen Monat nach der Erfüllung aller Voraussetzungen von Amts wegen zu verleihen.

Gemäß § 87 Abs. 7 UG ist zur Unterstützung der internationalen Mobilität der Studierenden sowie der Absolventen dem Verleihungsbescheid ein Anhang (Diploma Supplement) gemäß Art. IX.3 des Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region, BGBl. III Nr. 71/1999, anzuschließen. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat durch eine Verordnung festzulegen, in welcher Form das Diploma Supplement auszustellen ist.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

§ 87 Abs. 1 UG stellt auf das Erfordernis einer „positiv beurteilten wissenschaftlichen Arbeit“ ab, was durch die Beurteilung der Dissertation des Beschwerdeführers mit „2“ jedenfalls erfüllt ist. In Folge wurde ihm auch der akademische Grad „Doctor of Philosophy (PhD)“ verliehen. Eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch den Verleihungsbescheid liegt daher nicht vor.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers richtet sich – aufgrund der Einschränkung – auch nur gegen das Diploma Supplement und nicht gegen den Verleihungsbescheid. Das Diploma Supplement stellt jedoch aus nachstehenden Gründen keinen tauglichen Anfechtungsgegenstand dar:

So wird durch die Wortfolge „dem Verleihungsbescheid [ist] ein Anhang (Diploma Supplement) … anzuschließen“ in § 87 Abs. 7 UG klargestellt, dass das Diploma Supplement gegenüber dem Verleihungsbescheid ein aliud darstellt. Das Diploma Supplement ist daher (im Gegensatz zu der etwa in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 2004, Zl. 2001/09/0015, zu Grunde gelegenen Fallkonstellation) kein integrierender Bestandteil des Verleihungsbescheids. Vielmehr ist es ein europaweit genormtes Zusatzdokument in deutscher und in englischer Sprache, in dem das abgeschlossene Studium und das Diplom nach Inhalt und Niveau in einfachen Worten erklärt wird, um damit – wie § 87 Abs. 7 UG eindeutig darlegt – die internationale Mobilität der Studierenden zu unterstützen.

Folglich führte der Studienpräses der Universität Wien in seiner Beschwerdevorentscheidung zutreffend aus, dass das Diploma Supplement lediglich ein (verpflichtend beizufügender) Anhang zum Verleihungsbescheid mit einer Beschreibung des Studienverlaufs und der Leistungen darstellt, weshalb ihm der Bescheidcharakter fehlt und somit – im Gegensatz zum Verleihungsbescheid – als solches nicht anfechtbar ist.

Weiters ging der Studienpräses der Universität Wien in der Beschwerdevorentscheidung richtig davon aus, dass die Beurteilung einer Dissertation ein unanfechtbares Gutachten darstellt.

Denn wie sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Universitäts-Studiengesetz (UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997 (588 Blg NR XX. GP, S. 96 f), ergibt, sollte § 60 Abs. 1, und somit auch der gegenüber § 60 Abs. 1 UniStG unveränderte § 79 Abs. 1 UG, eine Kontrolle der Beurteilung von Prüfungen im Hinblick auf „Exzesse“ ermöglichen; Hinweise in die Richtung, dass auch eine Kontrolle der Beurteilung wissenschaftlicher Arbeiten ermöglicht werden sollte, sind demgegenüber nicht ersichtlich (vgl. VwGH 24.02.2016, Ro 2014/10/0061).

Auch im Verfahren zur Nichtigerklärung von Beurteilungen nach § 74 Abs. 2 UG wird nicht über die Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit, sondern über die Erschleichung der Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit entschieden (vgl. wieder VwGH 24.02.2016, Ro 2014/10/0061).

Zusammengefasst erweist sich die Beschwerde mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig, weshalb sie zurückzuweisen ist.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass sich eine Beschwerde gegen das Diploma Supplement bzw. die (positive) Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit als unzulässig erweist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

akademischer Grad Anfechtungsgegenstand Bescheidcharakter Dissertation Doktoratsstudium Gutachten Leistungsbeurteilung Universität Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2229669.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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