TE Bvwg Beschluss 2020/10/28 W242 2175227-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.10.2020

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §62 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W242 2175227-1/37Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter über den Antrag des XXXX XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Thomas Klein, RA in 8010 Graz, Sackstraße 21, auf Berichtigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes, GZ XXXX , schriftlich ausgefertigt am XXXX 2020, zu Recht:

A.) Der Antrag wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 62 Abs. 4 AVG als unzulässig

zurückgewiesen.

B.) Die Revision gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.) Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung am XXXX .2015 gab er an, am XXXX geboren zu sein. Im Zuge des Verfahrens änderte er sein Vorbringen dahingehend, dass sein Geburtstag der XXXX sei.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX .2020 wurde dem Antragsteller der Status subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Die schriftliche Ausfertigung erfolgte am XXXX 2020. Aus der erstellten Niederschrift zur Verhandlung am XXXX .2020 ist ersichtlich, dass diese zur Durchsicht vorgelegt wurde, jedoch auf die Verlesung, eine Rückübersetzung oder die Durchsicht verzichtet wurde.

Mit Schreiben vom XXXX .2020 beantragte der Antragsteller die beschlussmäßige Berichtigung des Geburtsdatums. Begründend wurde ausgeführt, dass ihm die Berichtigung seines Geburtsdatums von XXXX auf XXXX durch das BFA Graz, RD Steiermark, verweigert worden wäre. Es würde ein afghanischer Führerschein vorliegen, aus dem das Geburtsjahr mit 1986 übersetzt worden sei.

Mit Schreiben vom 22.10.2020 wurde dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer ein Verbesserungsauftrag erteilt.

Der Beschwerdeführer stellte aufgrund des Verbesserungsauftrages vom 22.10.2020 mit Schreiben vom 27.10.2020 einen weiteren Antrag auf beschlussmäßige Berichtigung des Geburtsdatums und führte aus, dass er sowohl im Spruchpunkt 1.) der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses vom XXXX 2020, im Spruchpunkt 1.) des am XXXX .2020 mündlich verkündeten Erkenntisses sowie im als „1.1. Grunddaten“ bezeichneten Teil des Protokolls vom XXXX .2020 eine Berichtigung des Geburtsdatums von XXXX auf XXXX begehre.

II.) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt und dem Beschluss zu Grunde gelegt. Dieser ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

III.) Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:

VwGVG:

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

AVG:

§ 14. (1) Mündliche Anbringen von Beteiligten sind erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Niederschriften über Verhandlungen (Verhandlungsschriften) sind derart abzufassen, dass bei Weglassung alles nicht zur Sache Gehörigen der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird.

[…]

(3) Die Niederschrift ist den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, zur Durchsicht vorzulegen oder vorzulesen; wenn ein Schallträger verwendet (Abs. 7) oder die Niederschrift elektronisch erstellt wird, kann ihr Inhalt auch auf andere Weise wiedergegeben werden. Der Leiter der Amtshandlung kann auch ohne Verzicht von einer Wiedergabe absehen; die beigezogenen Personen können diesfalls bis zum Schluss der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift erheben.

(4) In dem einmal Niedergeschriebenen darf nichts Erhebliches ausgelöscht, zugesetzt oder verändert werden. Durchgestrichene Stellen sollen noch lesbar bleiben. Erhebliche Zusätze oder Einwendungen der beigezogenen Personen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift sind in einen Nachtrag aufzunehmen und gesondert zu unterfertigen.

[…]

§ 62. ….

(4) Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 VwGVG durch Beschluss. An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind. Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 VwGVG sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß dem auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nach § 17 VwGVG sinngemäß anzuwendenden § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstutzten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen.

Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt (Entscheidung des Verwaltungsgerichts) mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie die Offenkundigkeit gegeben ist (VwSlg. 8545 A/1974).

Ein Versehen ist klar erkennbar, wenn zu dessen Erkennung kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig ist, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelnden Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist (VwGH 13.09.1991, Zahl: 90/18/0248).

Eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Gedanke, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergegeben wurde, wenn also die zu berichtigende Entscheidung dem Willen der Behörde offenbar so nicht entsprochen hat, sondern sich diese deutlich erkennbar (bloß) im Ausdruck vergriffen hat. Es muss nicht nur klar erkennbar sein, dass der Behörde ein Fehler unterlaufen ist, sondern auch, welchen Inhalt der Bescheid nach ihrem Willen haben sollte. Bei der Klärung der Frage, ob eine Unrichtigkeit klar erkennbar ist, kommt es letztlich auch auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile sowie auf den Akteninhalt an (VwGH 21.02.2013, Zahl: 2011/06/0161).

Die Berichtigung ist auf jene Fälle ihrer Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, dh dass die Unrichtigkeit des Bescheides (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts) bei entsprechender Aufmerksamkeit bei Erlassung hatte vermieden werden können (VwSlg. 13.233A/1990; VwGH 27.02.2004, 2003/02/0144).

Nach hA kommt der Partei auf die "von Amts wegen" vorzunehmende Berichtigung kein Rechtsanspruch zu (VwSlg 4472 A/1957; VwGH 11.3.1983, 82/04/0126; 19.12.1995, 93/05/0179; Hengstschlager Rz 469; Walter/Thienel AVG § 62 Anm 15; so im Ergebnis auch VwGH 30.5.1969, 1564/68). Es bleibt ihr allerdings unbenommen, eine amtswegige Berichtigung eines Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG anzuregen. Wird dieser Anregung von der Behörde jedoch keine Folge gegeben, so ist die Partei hierdurch in keinem Recht verletzt (VwGH 12.11.1957, 846/57; 10.12.1991, 91/04/0289; 19.12.1995, 93/05/0179). Ein Antrag auf Berichtigung ist - durch verfahrensrechtlichen Bescheid (Fink, Zustandigkeit 628) – als unzulässig zurückzuweisen (vgl VwGH 10.12.1991, 91/04/0289; ferner VwGH 12.11.1957, 846/57).

Im vorliegenden Fall gab der Beschwerdeführer bereits bei seiner Erstbefragung zum Antrag auf internationalen Schutz am XXXX an, am XXXX geboren zu sein. Dieses Datum wurde ab dem 30.06.2017 im Verwaltungsverfahren als Aliasgeburtsdatum geführt. Auch im Beschwerdeverfahren wurde dieses Aliasgeburtsdatum beibehalten und sowohl in der Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom XXXX 2020 als auch in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses vom XXXX 2020 herangezogen.

Eine offenkundige Unrichtigkeit oder ein auf einem Versehen beruhender berichtigungsfähiger Schreibfehler im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes liegt vor diesem Hintergrund nicht vor.

Einwendungen gegen eine vorgelegte Niederschrift sind vor Unterfertigung derselben zu erheben, um zu verhindern, dass die Niederschrift vollen Beweis im Sinne des § 15 AVG liefert (vgl. Vwgh vom 02.07.2009, 2009/12/0083, Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetzte I2, Anm. 5 zu § 14).

Anzumerken ist, dass der, durch den einschreitenden Rechtsanwalt, vertretene Beschwerdeführer, in Bezug auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom XXXX 2020 keine Einwendungen wegen Unvollständigkeit sowie Unrichtigkeit des Protokolls erhob, obwohl dieses zur Durchsicht vorgelegt und auch eine Ausfertigung des Protokolls ausgefolgt wurde. Die Niederschrift ist einer Änderung nicht zugänglich.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Berichtigungsantrag Rechtsanspruch Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W242.2175227.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten