TE OGH 2020/11/25 9ObA43/20v

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Veröffentlicht am 25.11.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** K*****, vertreten durch Celar, Senoner, Weber-Wilfert, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****gesmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Mag. Marko MacKinnon, Rechtsanwälte in Wien, wegen 57.196,12 Euro brutto sA und Festellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 2020, GZ 7 Ra 71/19s-56, mit dem das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. März 2019, GZ 22 Cga 61/16y-52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

[1]            Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem niederösterreichischen Medienunternehmen, seit August 1997 als redaktionelle Mitarbeiterin tätig. Eine schriftliche Vereinbarung darüber schlossen die Parteien nicht ab.

[2]            Die Klägerin begann ihre Tätigkeit mit dem Korrekturlesen zweier von der Beklagten herausgegebener Lokalzeitungen. Diese Arbeiten erledigte sie am Sonntag und Montag in der Zentrale der Beklagten. Im Jahr 1999 wurde die Klägerin im Redaktionssystem Dialog eingeschult. Sie führte Nachbearbeitungen sowie Korrekturlesungen durch und nahm auswärtige Termine für zwei Lokalausgaben wahr. Zudem verfasste sie Artikel zu den ihr vorgegebenen Themen. Ihre fixen Arbeitstage waren Sonntag, Montag und Freitag in der Zentrale der Beklagten in S*****.

[3]            Ab dem Jahr 2001 war die Klägerin Hauptmitarbeiterin der Lokalredaktion L***** und als Stellvertreterin der damaligen Lokalredaktionsleiterin tätig. Sie vertrat diese in Zeiten von urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheiten. Der Arbeitsort der Klägerin lag nach wie vor in der Zentrale.

[4]            Im Jahr 2002 wurde dann für die Lokalredaktion in L***** ein eigenes Büro eröffnet, wo die Klägerin einen eigenen Arbeitsplatz erhielt. Bis zur Schließung dieses Regionalbüros im September 2018 nutzte die Klägerin ausschließlich diesen ihr vorgegebenen Arbeitsplatz und die Infrastruktur der Beklagten. Sie hatte eine Telefonnummer mit eigener Durchwahl. Das Regionalbüro hatte zwar keine offiziellen Öffnungszeiten, allerdings war sowohl den Kunden als auch allen Mitarbeitern bekannt, dass die Klägerin dort von Mittwoch bis Sonntag anwesend war. Bis Sommer 2014 war die Klägerin faktisch die Stellvertreterin des Redaktionsleiters in L*****, M*****, und vertrat diesen in Zeiten von urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheiten. Während dessen Abwesenheit gestaltete sie die Zeitungsseiten selbst. Diese wurden dann von ***** L*****, seit November 2012 Chef vom Dienst für den Zentralraum und die Lokalausgabe L*****, kontrolliert und letztlich auch freigegeben. Während der urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheiten der für die Gestaltung der Seiten „Personalia“, Service und „V*****“ zuständigen Mitarbeiterinnen der Lokalredaktion in L***** übernahm die Klägerin bis 2016 diese Tätigkeit. Ab Sommer 2014 wurde ***** N***** Stellvertreterin des Redaktionsleiters M*****.

[5]            Bis zur Schließung der Lokalredaktion L***** im September 2018 hatte die Klägerin nur über ihren PC im Regionalbüro Zugang zum Redaktionssystem der Beklagten. Erst seit diesem Zeitpunkt arbeitet sie von zu Hause aus, obwohl die technische Möglichkeit dazu schon seit 2014 bestand.

[6]            Die Tätigkeit der Klägerin umfasst das Verfassen von redaktionellen Artikeln für die Lokalausgabe ***** L*****. Sie ist zuständig für bestimmte Gemeinden und bestimmte Bereiche (Kultur). Die Klägerin verfasst über die von ihr besuchten Veranstaltungen Artikel mit selbst angefertigten Fotos. Wenn der Leiter der Lokalredaktion L***** urlaubs- oder krankheitsbedingt abwesend ist, übernimmt die Klägerin auch die Befüllung des Großteils der Zeitungsseiten der Stadt L*****.

[7]            Sowohl der Redaktionsleiter als auch dessen Stellvertreterin schicken Themenvorschläge an die Klägerin weiter, die die von ihr betreuten oder auch andere Gemeinden betreffen. Auch die Sekretärin der Lokalredaktion übermittelt der Klägerin E-Mails, die die von ihr betreuten Gemeinden betreffen und auf dem E-Mail-Account der Beklagten eingebracht werden. Während der Erstellung der Zeitung kommunizieren sämtliche Mitarbeiter untereinander entweder mündlich im Büro oder auch per E-Mail. Die Klägerin ist zwar nicht verpflichtet, Artikel zu den Themenvorschlägen der Redaktionsleitung zu verfassen, macht dies aber regelmäßig, pünktlich und verlässlich. Die Redaktionsleitung durfte daher darauf vertrauen, dass die Klägerin zu den ihr vorgeschlagenen Themen Artikel verfasst und erwartete dies auch von ihr. Die Klägerin ist beim Verfassen von Artikeln völlig frei. Allfälligen Änderungswünschen kommt sie aber ebenfalls verlässlich nach. Von der Freiheit, Artikel zu verfassen, die nicht zu Themenvorschlägen der Redaktionsleiter passen, hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Die Klägerin layoutiert die von ihr zu befüllenden Seiten, wie in der Redaktionssitzung besprochen, auch selbst. Sie bearbeitet ebenfalls Artikel, die von Ortsmitarbeitern geliefert werden, inhaltlich und macht diese druckfähig. Von September 2014 bis Ende 2016 war die Klägerin zum Teil auch für die Lokalredaktion P***** tätig.

[8]            Seit Sommer 2014 findet eine fixe Redaktionssitzung (zuletzt jeweils am Mittwoch) statt, in der besprochen wird, welche Artikel in der Zeitung enthalten sein werden, was zu tun ist und wer welche Artikel plant. Die Redaktionssitzung dauert bis zu 45 Minuten. Die Klägerin nimmt regelmäßig daran teil. Weiters anwesend sind der Redaktionsleiter, die Sekretärin und ab und zu die Anzeigenverkäuferin. Die Stellvertreterin von M***** nimmt an diesen Sitzungen nicht teil; sie erhält ein von der Sekretärin verfasstes Protokoll. Im Fall der Abwesenheit der Sekretärin wird kein Protokoll angefertigt.

[9]       Die Parteien trafen keine konkreten Vereinbarungen über den Umfang der Anwesenheit der Klägerin in den Büroräumlichkeiten der Beklagten. Die Arbeitszeit der Klägerin ist vielmehr durch den „Druckplan“ bestimmt. Von 2014 bis 2015 war Druckschluss Montag 9:00 Uhr; seit Oktober 2015 ist Druckschluss Montag 5:00 Uhr. Bis zur Schließung der Lokalredaktion L***** im September 2018 arbeitete die Klägerin dort regelmäßig ab Mittwoch. An Montagen und Dienstagen nimmt sie Auswärtstermine wahr, die ihr von M***** mitgeteilt werden. Im Normalfall lehnt die Klägerin diese Auswärtstermine nicht ab. Ab Mittwoch wird dann in der Lokalredaktion die nächste Ausgabe besprochen.

[10]     Am Mittwoch beginnt regelmäßig auch der technische Ablauf der Erstellung der Zeitung. Der Redaktionsleiter oder der Stellvertreter legen die Seiten an, Inserate werden platziert. Die Klägerin ist für die Seiten „ihrer Gemeinden“ selbständig verantwortlich. Sie layoutiert diese Seiten, verfasst die Artikel, arbeitet die von den Ortsmitarbeitern gelieferten Artikel und Bilder ein und stellt diese Seiten fertig. Die Klägerin vereinbart selbständig Termine und berichtet dem Redaktionsleiter darüber. Seit November 2015 wird von ihr auch erwartet, dass sie eigene Themenvorschläge einbringt.

[11]     Bis zur Schließung der Lokalredaktion L***** im September 2018 war die Klägerin dort regelmäßig am Sonntag anwesend und mit dem Korrekturlesen und Fertigstellen der Seiten beschäftigt. Die Sonntagsarbeit im Ausmaß von zumindest sechs Stunden ist durch den Redaktionsschluss bedingt. Wenn die Klägerin an einem Sonntag nicht arbeiten kann, teilt sie dies dem Redaktionsleiter mit. Sie teilt diese Sonntage dann auch als Urlaubstage ein. Die Beklagte konnte damit rechnen, dass die Klägerin jedenfalls am Sonntag für die Dauer der Korrekturlesearbeiten und zur Fertigstellung der Seiten bzw jedenfalls von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr in der Lokalredaktion anwesend war, je nachdem wie viele Beiträge in die Ausgabe noch einzuarbeiten waren. Für die gesamten Korrekturlesearbeiten benötigt die Klägerin ca 4 Stunden. Sie bearbeitet die Ausbesserung direkt im System, sodass die Zeitung danach druckreif ist. Nach Erledigung dieser Arbeiten informiert die Klägerin den Redaktionsleiter oder bei dessen Abwesenheit seine Stellvertreterin.

[12]           Im klagsgegenständlichen Zeitraum leistete die Klägerin für die Beklagte jeweils zumindest 30 Arbeitsstunden pro Woche. Die Beklagte konnte damit rechnen, dass die Klägerin maximal 5 Wochen Urlaub pro Jahr konsumiert. Die Klägerin konsumierte auch nie mehr Urlaub, als auch einem Angestellten der Beklagten zustand. Der Urlaub sämtlicher Mitarbeiter wurde jährlich im vorhinein zwischen allen für die Lokalredaktion L***** tätigen Personen im Rahmen einer Grobplanung im Frühjahr jedes Jahres besprochen. Die Sekretärin trägt im Outlook Kalender ein, wann wer auf Urlaub ist. Die Klägerin konsumierte im Jahr 2016 zwei Wochen Urlaub und zusätzlich noch einige Sonntage. Auch im Jahr 2017 konsumierte sie einige Sonntage und weitere zwei Wochen Urlaub. Die Klägerin musste nicht offiziell im EDV-System der Beklagten um Urlaub ansuchen.

[13]     Im Jahr 2015 ersuchte die Klägerin den Redaktionsleiter M***** eine Woche vor den Semesterferien um Urlaub in den Semesterferien. Nachdem dieses Urlaubsansuchen letztendlich von diesem auch nicht abgelehnt wurde, dieses Wochenende aber mit einem Wahlsonntag zusammenfiel, teilte er ihr mit E-Mail vom 1. 2. 2015 Folgendes mit: „Thema Wahl: Nachdem deine Aktion, am Wahlsonntag lieber Ski zu fahren statt zu arbeiten, an Unkollegialität (dem ganzen Team gegenüber) und Respektlosigkeit (mir gegenüber) nicht zu überbieten ist, erwarte ich dich am kommenden Mittwoch (zwischen 9 und 11.30) oder Donnerstagvormittag (zwischen 9 und 12) bei mir im Büro, um über deine Zukunft bei der ***** L***** zu reden. Details mündlich.

[14]     Die Klägerin ersuchte daraufhin einen Mitarbeiter der Beklagten, den für Personalangelegenheiten zuständigen Mitarbeiter ***** L***** sowie den Betriebsrat um Hilfe. Sie wurde jedoch darauf verwiesen, dass es sich um eine Sache handle, die sie und M***** alleine klären müssten. Nach dem Gespräch mit dem Redaktionsleiter ließ dieser die Klägerin zunächst nur die Kulturseite und das Korrekturlesen am Sonntag machen und kürzte ihr Pauschalhonorar. Nach einiger Zeit gab er der Klägerin bekannt, dass sie zwar weiterhin für die ***** L***** arbeiten könne, dafür aber die Urlaubsvertretungen im Sommer machen müsse.

[15]           Die Klägerin wurde immer entsprechend ihrem Arbeitsaufwand mit einem Pauschalbetrag entlohnt. Für Sonderprodukte erhielt die Klägerin nach Legen einer Honorarnote eine gesonderte, von ***** L***** festgelegte Entlohnung.

[16]           Die Klägerin begehrt von der Beklagten 57.196,12 EUR brutto sA als Entgeltdifferenz zwischen dem bezogenen Entgelt im Zeitraum von November 2013 und August 2016 und jenem, das ihr aufgrund des Kollektivvertrags für die bei österreichischen Tages- und Wochenzeitungen und deren Nebenausgaben sowie redaktionellen digitalen Angeboten angestellten Redakteure, Redakteursaspiranten und Dienstnehmer des technisch-redaktionellen Dienstes zustünde. Weiters begehrt sie die Feststellung, dass zwischen den Streitteilen ein unbefristeter Angestelltendienstvertrag bestehe. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass sie bloß eine freie Dienstnehmerin sei. Zumindest seit November 2013 sei sie organisatorisch vollständig in das Redaktionssystem der Beklagten eingebunden, persönlich hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort vollinhaltlich eingegliedert und den Weisungen ihrer Vorgesetzten unterworfen, sodass sie als echte Angestellte anzusehen sei. Ihr monatliches Pauschalhonorar von 1.300 EUR brutto für eine regelmäßig geleistete Wochenarbeitszeit von 30 Stunden habe sie auch bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit erhalten.

[17]           Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Klagsabweisung. Die Klägerin sei mangels Vorgaben der Beklagten in ihrer Tätigkeit weder an eine vorgegebene Arbeitszeit noch an einen bestimmten Arbeitsort gebunden. Lediglich an der einmal in der Woche stattfindenden Redaktionssitzung nehme die Klägerin teil. Die Klägerin müsse für den Fall von Abwesenheiten auch keine Urlaubsvereinbarung abschließen, eine kurze Mitteilung an den Leiter der Lokalredaktion sei ausreichend. Hinsichtlich der Verfassung der redaktionellen Artikel würden der Klägerin keine inhaltlichen Weisungen erteilt. Da die Klägerin den Ablauf ihrer Tätigkeit vollkommen selbständig und frei festlegen könne, sei bei einer Gesamtbetrachtung vom Vorliegen eines freien Dienstvertrags auszugehen.

[18]           Die Erstgericht wies das Klagebegehren im 2. Rechtsgang ab.

[19]           Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Bei der Beurteilung, ob ein echter Arbeitsvertrag oder ein freier Dienstvertrag vorliege, seien die Besonderheiten der journalistischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Die mangelnde Pflicht zur Übernahme von Aufträgen und zur Anwesenheit, die fehlende Bindung an eine vorgegebene Arbeitszeit und die nur freiwillige Teilnahme an Redaktionssitzungen würden für einen freien Dienstvertrag sprechen, für einen echten Arbeitsvertrag bei Journalisten hingegen etwa die Pflicht, über Abwesenheiten Rechenschaft abzulegen und längere Abwesenheiten genehmigen zu lassen. Hier liege ein freier Dienstvertrag vor. Die Parteien hätten keine konkrete Vereinbarung über den Umfang der Anwesenheit der Klägerin in der Lokalredaktion getroffen. Vielmehr sei die Arbeitszeit der Klägerin lediglich durch den „Druckplan“ bzw „Druckschluss“ bestimmt. Den Feststellungen sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin verpflichtet wäre, in der Lokalredaktion anwesend zu sein, an den Redaktionssitzungen teilzunehmen, dass sie ihren Arbeitsort nicht frei wählen könnte oder eine Urlaubsvereinbarung treffen müsste. Auch inhaltlichen Weisungen betreffend die Verfassung von Artikeln sei die Klägerin nicht unterworfen gewesen. Die durch den Redaktionsschluss bedingte Sonntag-Arbeit der Klägerin im Ausmaß von zumindest sechs Stunden vermöge bei einer Gesamtbetrachtung der festgestellten Kriterien noch keinen echten Arbeitsvertrag begründen. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin zur Beklagten sei insgesamt nur als „schwach ausgeprägt“ zu beurteilen.

[20]     Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Fragen, die über den Einzelfall hinausgingen, nicht zu beantworten gewesen seien.

[21]           Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgabe abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[22]           Mit ihrer – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[23]     Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinn des subsidiär gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[24]           1.1. Das Berufungsgericht hat die von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen einem echten Arbeitsvertrag und einem freien Dienstvertrag zutreffend dargestellt. Danach (und zusammenfassend) unterscheidet sich der echte Arbeitsvertrag vom freien Dienstvertrag durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, das heißt die Unterworfenheit des Arbeitnehmers unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers (RS0021332; RS0021306). Die verschiedenen Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit müssen aber nicht alle gemeinsam vorliegen, sondern können in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen. Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (RS0021284 [T11, T20]; RS0021306 [T10]).

[25]           1.2. Die für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit sprechenden Merkmale sind im Allgemeinen vor allem die Weisungsgebundenheit des zur Arbeitsleistung Verpflichteten, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten, die persönliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, die Fremdbestimmtheit der Arbeit, deren wirtschaftlicher Erfolg dem Arbeitgeber zukommt, die funktionelle Einbindung der Dienstleistung in ein betriebliches Weisungsgefüge, einschließlich der Kontrollunterworfenheit und die Beistellung des Arbeitsgeräts durch den Dienstgeber (9 ObA 50/18w ua).

[26]           1.3. Davon unterscheidet sich der freie Dienstvertrag besonders durch die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbst zu gestalten, also ohne Bindung an bestimmte Arbeitszeiten und an jene Weisungen, die für den echten Arbeitsvertrag prägend sind, und die Möglichkeit, die selbst gewählte Gestaltung jederzeit wieder zu ändern (RS0021518; RS0021743). Die Verpflichtung zur regelmäßigen dauernden Dienstleistung steht für sich genommen der Annahme eines freien Dienstverhältnisses nicht entgegen (RS0021749).

[27]           1.4. Bei der Beurteilung der Weisungsunterworfenheit ist als entscheidendes Kriterium der Fremdbestimmung der Unterschied zwischen persönlichen und sachlichen Weisungen zu berücksichtigen. Sachliche Weisungen kommen auch bei Werkverträgen oder Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vor, wobei in vielen Fällen derartige Verträge ohne Weisungen gar nicht vorstellbar sind. Unter persönlichen Weisungen hingegen versteht man Weisungen, die die persönliche Gestaltung der Dienstleistung zum Gegenstand haben und die, soweit sie berechtigt nach dem Vertragsinhalt erteilt werden, die eigene Gestaltungsfreiheit bei der Erbringung der Dienstleistung weitgehend ausschalten (RS0021518 [T23]). Wenn die für den Arbeitsvertrag typische individuelle Weisung des Arbeitgebers dort, wo die Arbeitsleistung innerhalb eines organisierten Betriebs erbracht wird, weitgehend durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in die betriebliche Ordnung mit ihren vielfältigen Überordnungs- und Unterordnungsbeziehungen vermittelt wird, kann in Grenzfällen die vereinbarte Bindung an bestimmte sachliche Erfordernisse und Grundsätze in Verbindung mit einer ausschließlichen, den Arbeitnehmer voll in Anspruch nehmenden Beschäftigung die freie Bestimmung des eigenen Verhaltens bereits so weit einschränken, dass von persönlicher Abhängigkeit gesprochen und demgemäß ein Arbeitsverhältnis angenommen werden muss (RS0021375 [T3]).

[28]           2.1. Der Oberste Gerichtshof hat zu verschiedenen Tätigkeiten von Dienstnehmern im Medienbereich bereits in mehreren Entscheidungen Stellung genommen (vgl RS0021375):

[29]           2.2. In der grundlegenden Entscheidung 4 Ob 104/80 (= JBl 1982, 449 [krit Schrammel] = DRdA 1982, 191 [zust Strasser] = ZAS 1982/110 [krit Tomandl]) beurteilte der Oberste Gerichtshof das Arbeitsverhältnis einer „freien Mitarbeiterin“ des ORF als Arbeitsverhältnis iSd § 1151 ABGB. Dabei maß er dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass sich die programmgestaltende Tätigkeit der dortigen Klägerin nicht etwa auf gelegentliche, in unregelmäßigen Zeitabständen herzustellende Berichte und Reportagen beschränkte, sondern sie vielmehr an einer Reihe periodisch wiederkehrender Informations- und Kultursendungen des Hörfunks und des Fernsehens mitarbeitete. Die Klägerin hatte diese Tätigkeit schon seit Jahren im gleichen Umfang ausgeübt und dabei die ihr erteilten Produktionsaufträge immer angenommen und ausgeführt. Diese intensive Einbindung in den regelmäßigen Programmablauf musste nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs dazu führen, dass die Beklagte auch ohne besondere rechtliche Bindung mit der regelmäßigen Anwesenheit der Klägerin und demgemäß auch für die Zukunft mit einer Fortsetzung ihrer Tätigkeit im bisherigen Umfang rechnen habe können. Dem Umstand, dass die Klägerin formell in der Lage gewesen wäre, einen ihr erteilten Auftrag im Einzelfall abzulehnen oder etwa auch einer Redaktionskonferenz fernzubleiben, komme demgegenüber angesichts der tatsächlichen, durch eine nahezu vollständige Einbindung der Klägerin in den Produktionsmechanismus der Beklagten gekennzeichneten Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es fehle bei dieser Sachlage an jedem Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien beabsichtigt hätten, das zwischen ihnen bestehende Verhältnis „so unabhängig und frei wie nur möglich zu gestalten“. Da es für die Annahme des (schlüssigen) Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses iSd § 1151 ABGB nur auf die tatsächliche Gestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehungen ankomme, wäre es Sache der Beklagten gewesen, einer solchen Entwicklung durch eine entsprechende Gestaltung der Verwendung der Klägerin vorzubeugen, hätte sie hier das Zustandekommen eines echten Arbeitsvertrags vermeiden wollen.

[30]           2.3. In der Entscheidung 4 Ob 51/81 hatte der Oberste Gerichtshof über die Tätigkeit eines Regisseurs zu urteilen. Er knüpfte dabei an die Entscheidung 4 Ob 104/80 an und hob hervor, dass ein Regisseur, der für den ORF über längere Zeit hindurch regelmäßig Dienstleistungen erbringe, wobei er seine ganze Arbeitskraft einsetze, einen Urlaubsantritt dem Dienstgeber melde, zu Produktionen bei anderen Produktionsfirmen ohne Einfluss auf das Honorar eingesetzt werde, zum ORF in einem Angestelltenverhältnis im Sinne des AngG stehe, auch wenn für ihn die theoretische Möglichkeit bestanden hätte, einen Auftrag abzulehnen. Das Fehlen zeitlicher und örtlicher Gebundenheit wie es sonst für ein Arbeitsverhältnis typisch sei, entspreche dem Wesen der Tätigkeit eines Regisseurs und spreche deshalb nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Wesentlich sei die faktische Einordnung in die Betriebsorganisation und die intensive Einbindung des Klägers in den Betrieb der Beklagten, die mit den Arbeitsleistungen des Klägers rechnen habe können und auch tatsächlich damit gerechnet habe.

[31]           2.4. In der folgenden Entscheidung 4 Ob 8/81 (= DRdA 1985/20 [zust Wachter]) setzte sich der Oberste Gerichtshof erneut – unter Hinweis auf die beiden Vorentscheidungen – mit der Tätigkeit eines Rundfunkmitarbeiters auseinander. Die beiden dortigen Kläger arbeiteten an einer Reihe periodisch wiederkehrender Fernsehsendungen im Bereich der Kultur und der Wissenschaft mit. Sie übten diese Tätigkeit schon seit Jahren im gleichen Umfang aus und hatten dabei von unvermeidlichen Terminkollisionen abgesehen die ihnen erteilten Produktionsaufträge immer angenommen und ausgeführt. Der Oberste Gerichtshof betonte auch in dieser Entscheidung, dass die intensive Einbindung in den regelmäßigen Programmablauf des beklagten Rundfunkunternehmens zwangsläufig dazu führen musste, dass die Beklagte auch ohne besondere rechtliche Bindung mit der regelmäßigen Anwesenheit und Mitarbeit der Kläger und demgemäß auch für die Zukunft mit einer Fortsetzung ihrer programmgestaltenden Tätigkeit im bisherigen Umfang rechnen habe können. Dem Umstand, dass die Kläger formell in der Lage gewesen wären, ihnen erteilte Aufträge im Einzelfall abzulehnen oder aber auch einer Redaktionskonferenz oder Redaktionssitzung fernzubleiben, komme angesichts der tatsächlichen, durch eine weitgehende Einbindung der Kläger in den Produktionsmechanismus der Beklagten gekennzeichnete Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. In ihrer Gesamtheit betrachtet, gehe die einvernehmliche faktische Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien weit über freie Dienstverhältnisse hinaus. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien beabsichtigt hätten, das zwischen ihnen bestehende Verhältnis „so unabhängig und frei wie nur möglich zu gestalten“, fehlten auch hier.

[32]           2.5. In der Entscheidung 9 ObA 108/88 verneinte der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines „echten“ Arbeitsvertrags. Die Klägerin sei im Rahmen ihrer journalistischen Tätigkeit bei einer Zeitung nicht an eine Arbeitszeit gebunden gewesen, habe keine Anwesenheitspflicht gehabt, an den Redaktionssitzungen nicht teilgenommen, keine Fotos auszuwählen gehabt, sei mit den termingebundenen, vom einzelnen Redakteur überwiegend zeitlich nicht disponiblen Tätigkeiten nicht befasst und auch mit dem Umbruch und der Korrektur nicht beschäftigt gewesen.

[33]           2.6. In der Entscheidung 9 ObA 219/89 qualifizierte der Oberste Gerichtshof die journalistische Tätigkeit der Klägerin in einer Zeitschriftenredaktion hingegen als Arbeitsverhältnis iSd § 1151 Abs 1 ABGB. Die Klägerin habe Tätigkeiten ausgeübt, wie sie von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsvertrags erbracht würden. Abgesehen von der organisatorischen Gebundenheit und Weisungsunterworfenheit hinsichtlich der Tätigkeit an sich, hätte sich die Klägerin in der maßgeblichen Zeit „ganz und in vollem Umfang“ der journalistischen Tätigkeit für die Beklagte gewidmet. Ihre persönliche Abhängigkeit sei soweit gegangen, dass sie die Beklagte gewissermaßen um Urlaub ersuchen hätte müssen, um für 14 Tage verreisen zu dürfen. Die Klägerin hätte somit weder den Ablauf der Arbeit selbst regeln oder ändern noch frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens arbeiten können.

[34]           2.7. Auch in der Entscheidung 9 ObA 189/95 ging der Oberste Gerichtshof unter Bezugnahme auf den konkreten Arbeitsablauf eines Journalisten eines internationalen Fachzeitschriftenverlags, der fast täglich in seinem – von der Beklagten eingerichteten repräsentativen Arbeitszimmer mit Sekretariat – organisatorische Dinge besprochen habe und der in den Betriebsablauf eingebunden gewesen sei, von einem echten Arbeitsverhältnis aus.

[35]           2.8. Hingegen hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 110/06a die Beurteilung der Vorinstanzen der Klägerin als freie Dienstnehmerin im Einzelfall als vertretbar angesehen.

[36]           3. Im Gleichklang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs beurteilt auch der VwGH die jeweilige Beschäftigung eines Dienstnehmers dann als Beschäftigungsverhältnis nach § 4 (Abs 1 Z 1) Abs 2 ASVG, wenn der jeweilige Dienstnehmer im Rahmen seiner redaktionellen bzw journalistischen Tätigkeit in die Organisation und die Abläufe des Betriebs tatsächlich in einem solchen Maße eingebunden ist, dass eine für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers durch die Beschäftigung vorliegt (vgl 2006/08/0333; 2008/08/0152).

[37]           4. Für die Beurteilung, ob im Einzelfall ein echter Arbeitsvertrag oder ein freier Dienstvertrag vorliegt, ist nach der Rechtsprechung nicht auf die Bezeichnung und die Gestaltung des schriftlichen Vertrags, sondern auf die allenfalls abweichende tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Parteien abzustellen (RS0111914 [T8]). Entscheidend ist vor allem, wie der Vertrag in der jahrelang dauernden Vertragsbeziehung tatsächlich gelebt wurde (RS0111914 [T4]; vgl 8 ObA 39/08f).

[38]           5. Andere als die vorstehend dargestellten Gesichtspunkte führen auch die Parteien in ihren Rechtsmittelschriften nicht ins Treffen. Strittig ist aber im Revisionsverfahren das Ergebnis der Anwendung der maßgeblichen Unterscheidungskriterien auf den konkreten Fall. Dazu hat der Senat erwogen:

[39]           5.1. Ausgehend von der tatsächlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Parteien ist hier entscheidend, dass die Klägerin in einem hohen Maß in die redaktionelle Arbeitsorganisation der Beklagten, bestimmt durch den wöchentlichen technischen Ablauf der Zeitungserstellung von der Redaktionssitzung bis hin zur druckreifen Fertigstellung der Zeitung am Sonntag, eingebunden ist und insbesondere durch den von der Beklagten vorgegebenen Druckschluss auch eingebunden sein muss. Bis zur Schließung des Regionalbüros im September 2018 musste die Klägerin ihren von der Beklagten vorgegebenen Arbeitsplatz und die Infrastruktur der Beklagten nutzen, weil sie nur über ihren PC im Regionalbüro Zugang zum Redaktionssystem der Beklagten hatte. Die Beklagte konnte sich bis 2018 aufgrund der jahrelang gleichgebliebenen und einvernehmlichen Gestaltung der Arbeitsabläufe auch darauf verlassen, dass die Klägerin dort von Mittwoch bis Sonntag anwesend war und auch an den wöchentlich stattfindenden Redaktionssitzungen teilnahm. Zudem verrichtete die Klägerin sowohl für andere Mitarbeiter als auch den Redaktionsleiter diverse Vertretungstätigkeiten im Falle deren Abwesenheiten.

[40]           5.2. In fachlicher Hinsicht ist die Klägerin zwar nicht verpflichtet, Artikel zu den Themenvorschlägen der Redaktionsleitung zu verfassen, macht dies aber regelmäßig, pünktlich und verlässlich, sodass der Umstand der mangelnden Leistungsverpflichtung in der Gesamtabwägung nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Redaktionsleitung darf auch darauf vertrauen, dass die Klägerin zu den ihr vorgeschlagenen Themen Artikel verfasst und sie erwartet dies auch von ihr.

[41]           5.3. Im klagsgegenständlichen Zeitraum leistete die Klägerin für die Beklagte jeweils (nach den von der Beklagten bekämpften Feststellungen) zumindest 30 Arbeitsstunden pro Woche. Selbst nach den von der Beklagten in der Beweisrüge ihrer Berufungsbeantwortung (wiederholt in der Revisionsbeantwortung) begehrten Ersatzfeststellung arbeitete die Klägerin durchschnittlich rund 15 Stunden pro Woche für die Beklagte. Sie konsumierte nie mehr Urlaub als dieser auch den anderen Angestellten der Beklagten zustand. Die Beklagte konnte damit rechnen, dass die Klägerin maximal 5 Wochen Urlaub pro Jahr konsumiert. Auch wenn die Klägerin nicht offiziell im EDV-System der Beklagten um Urlaub ansuchen muss, so wird doch der Urlaub sämtlicher Mitarbeiter jährlich im vorhinein zwischen allen für die Lokalredaktion L***** tätigen Personen im Rahmen einer Grobplanung im Frühjahr jedes Jahres besprochen.

[42]           5.4. Dass die Parteien das Vertragsverhältnis der Klägerin gerade nicht „so unabhängig und frei wie nur möglich“ gestalten wollten und die Beklagte selbst von einem – mit einem freien Dienstverhältnis nicht in Einklang zu bringenden – Über-/Unterordnungsverhältnis und dem Recht, der Klägerin persönliche Weisungen zu erteilen, ausging, zeigt die Reaktion des Vorgesetzten auf den Urlaub der Klägerin in den Semesterferien 2015 in plastischer Weise.

[43]           5.5. Zusammengefasst liegt im konkreten Fall eine jahrelange intensive Einbindung der ausschließlich für die Beklagte tätigen Klägerin in den Redaktionsablauf vor, sodass die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Möglichkeiten der freien Gestaltung des Arbeitsverhältnisses nur als rein theoretischer Natur anzusehen sind. Bei der anzustellenden Gesamtabwägung des von den Parteien tatsächlich gelebten Vertragsverhältnisses fallen sie nicht maßgeblich ins Gewicht. Die Beklagte konnte aufgrund der festgestellten faktischen Einordnung der Klägerin in die Betriebsorganisation auch ohne besondere rechtliche Bindung mit der regelmäßigen Anwesenheit der Klägerin und demgemäß auch für die Zukunft mit einer Fortsetzung ihrer Tätigkeit im bisherigen Umfang rechnen.

[44]           Im Ergebnis ist daher hier vom Vorliegen eines „echten“ Arbeitsverhältnisses auszugehen.

[45]           6.1. Zu der von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung erhobenen Rüge gegen das berufungsgerichtliche Verfahren, weil das Berufungsgericht seine Beweisrüge unbehandelt ließ, ist Folgendes auszuführen:

[46]           Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht die Erledigung der vom Berufungsgegner in seiner Berufungsbeantwortung erhobenen Mängel- und Beweisrüge zu entscheidungswesentlichen Feststellung unterlassen hat.

[47]           6.2. Dies ist hier nur insoweit der Fall, als das Berufungsgericht die Tatsachen- und Beweisrüge zu der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, die Klägerin habe im Klagszeitraum zumindest 30 Arbeitsstunden pro Woche für die Beklagte geleistet, bekämpft und die Ersatzfeststellung, die Klägerin habe tatsächlich nur durchschnittlich rund 15 Arbeitsstunden pro Woche geleistet, begehrt (Berufungsbeantwortung Pkt V 3.). Die Anzahl der von der Klägerin für die Beklagte geleisteten Arbeitsstunden ist nämlich für die Höhe des von der Klägerin begehrten Entgelts maßgebend.

[48]           6.3. Die weitere Tatsachenrüge der Beklagten in ihrer Berufungsbeantwortung ist hingegen nicht berechtigt, weil die begehrten Ersatzfeststellungen rechtlich nicht relevant sind. Dass die Beklagte keine ausdrückliche Vorgabe zur Nutzung des von ihr für die Klägerin in der Lokalredaktion L***** eingerichteten Arbeitsplatzes gemacht habe (Berufungsbeantwortung Pkt V 1.), ist nicht ausschlaggebend, weil, wie oben erläutert, auf eine allenfalls von den Vorgaben der Beklagten abweichende tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Parteien abzustellen ist. Hier wurde der Vertrag zwischen den Parteien aber so gelebt, dass die Klägerin von 2002 bis September 2018 ihre redaktionelle Tätigkeit im Regionalbüro verrichtete.

[49]           6.4. Vergleichbares gilt für die Frage, ob der Klägerin Vorgaben über die von ihr regelmäßig geleistete Sonntagsarbeit gemacht wurden und inwieweit für die Klägerin die Möglichkeit bestanden hätte, insofern einen anderen Arbeitsablauf zu wählen (Berufungsbeantwortung Pkt V 2.).

[50]           7.1. Die von der Beklagten gerügten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RS0053317 [T5]). Wenn aber zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RS0053317 [T1]).

[51]           7.2. Ob es für die Klägerin (auch technisch) möglich gewesen wäre, von zu Hause aus zu arbeiten, wenn sie bei der Beklagten über die Möglichkeit eines Fernzugriffs angefragt hätte, ist im Hinblick auf die tatsächlich andere Ausgestaltung des Dienstverhältnisses nicht relevant.

[52]           7.3. Dass der Klägerin grundsätzlich keine festen Arbeitszeiten von der Beklagten vorgegeben wurden, geht aus dem festgestellten Sachverhalt ohnedies hervor. Entscheidend ist hier aber, dass die Klägerin, wie oben erwähnt, in einem hohen Maß in die redaktionelle Arbeitsorganisation der Beklagten, bestimmt durch den wöchentlichen technischen Ablauf der Zeitungserstellung von der Redaktionssitzung bis hin zur druckreifen Fertigstellung der Zeitung am Sonntag, eingebunden ist und insbesondere durch den von der Beklagten vorgegebenen Druckschluss auch eingebunden sein muss. Auch die begehrte Feststellung, dass die Beklagte die Anwesenheitszeiten der Klägerin nicht kontrolliert habe, ist aufgrund der faktischen Einordnung der Klägerin in die Betriebsorganisation der Beklagten, wodurch diese mit der regelmäßigen Anwesenheit der Klägerin und demgemäß auch für die Zukunft mit einer Fortsetzung ihrer Tätigkeit im bisherigen Umfang rechnen konnte, nicht entscheidend. Abgesehen davon steht der gewünschten Feststellung das festgestellte Vorgehen des Vorgesetzten der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Urlaub in den Semesterferien 2015 entgegen.

[53]           7.4. Die Frage, ob die Beklagte der Klägerin für die Fahrten mit ihrem privaten PKW zu Auswärtsterminen sowie für die Benützung ihres eigenen Mobiltelefons einen Kostenersatz geleistet hat oder nicht, fällt im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nicht entscheidend ins Gewicht.

[54]           In Stattgebung der Revision der Klägerin war die Entscheidung des Berufungsgerichts daher aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung unter Behandlung auch der Tatsachenrüge, soweit die Beklagte darin die festgestellten von der Klägerin geleisteten Arbeitsstunden bekämpft (Berufungsbeantwortung Pkt V 3.1 ff), aufzutragen.

[55]     Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E130324

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00043.20V.1125.000

Im RIS seit

19.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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