TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/27 97/02/0143

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;
KFG 1967 §42 Abs2;
VStG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. Februar 1997, Zl. UVS-03/P/16/03189/96, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 2. März 1996 um 6.50 Uhr an einem näher umschriebenen Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl der Fahrtrichtungsanzeiger nicht funktionstüchtig gewesen sei (Spruchpunkt 1.) und habe es unterlassen, die Änderung der Motornummer der Zulassungsbehörde innerhalb der Frist anzuzeigen, da die eingetragene Motornummer im Zulassungsschein mit der am Motorblock eingestanzten Motornummer nicht übereingestimmt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu Spruchpunkt 1. § 19 Abs. 1 KFG und zu Spruchpunkt 2. § 42 Abs. 2 KFG übertreten. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid - und zwar allein gegen Spruchpunkt 2. - richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

§ 42 Abs. 2 erster Satz KFG lautet:

"Wurde in ein Fahrzeug ein anderer Fahrzeugmotor derselben Type eingebaut, so hat der Zulassungsbesitzer dessen Motornummer der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, anzuzeigen."

Zunächst ist klarzustellen, daß diese Anzeigepflicht im Zusammenhang mit § 42 Abs. 1 KFG zu lesen ist, wonach der Zulassungsbesitzer "binnen einer Woche" die dort angeführten rechtserheblichen Umstände derselben Behörde anzuzeigen hat.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers trifft die Pflicht des § 42 Abs. 2 erster Satz KFG den "jeweiligen" Zulassungsbesitzer, was sich inbesondere im Zusammenhang mit § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG ergibt, wonach der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen hat, daß unter anderem das Fahrzeug den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, ergibt. Diesem Ergebnis stehen - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - weder der Wortlaut des § 42 Abs. 2 erster Satz KFG noch § 42 Abs. 1 KFG entgegen. Der Zulassungsbesitzer hat sich daher anläßlich der Zulassung eines Fahrzeuges auch davon zu überzeugen, ob die Motornummer, die im Zulassungsschein, im Typenschein oder dem Bescheid über die Einzelgenehmigung eingetragen ist, mit der tatsächlichen Motornummer ident ist (vgl. den zweiten Satz des § 42 Abs. 2 KFG über die entsprechende Eintragungspflicht der Behörde). Von da her gesehen ist es rechtlich unerheblich, ob der Motortausch - so der Beschwerdeführer - "vom Voreigentümer" (gemeint wohl: vom früheren Zulassungsbesitzer) vorgenommen worden sei und der Beschwerdeführer das Fahrzeug so gekauft und auch "keinerlei Änderungen am Motor" vorgenommen habe. Die vom Beschwerdeführer in dieser Richtung vermißten Ermittlungen durch die belangte Behörde waren daher entbehrlich. Was aber das Verschulden des Beschwerdeführers anlangt, so läßt sich aus seinem Vorbringen entnehmen, daß er "keine Ahnung von einer Divergenz zwischen der tatsächlichen Motornummer und jener im Zulassungsschein" gehabt habe, was jedenfalls fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Hinsicht erkennen läßt.

Der Beschwerde ist dennoch Erfolg beschieden:

Die Verpflichtung des § 42 Abs. 2 erster Satz KFG richtet sich an den Zulassungsbesitzer, sodaß es sich hiebei entsprechend der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG um ein wesentliches Tatbestandselement handelt, welches nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/02/0267) im Spruch aufzunehmen gewesen wäre, was allerdings unterblieb.

Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren sei allerdings auf folgendes verwiesen: Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0273) ist die Berufungsbehörde, wenn der Bescheidspruch der ersten Instanz fehlerhaft ist, weil z.B. wie im vorliegenden Fall nicht alle (wesentlichen) Tatbestandsmerkmale genannt werden, berechtigt und verpflichtet, dies in ihrem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen, was allerdings voraussetzt, daß innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmales erfolgt ist. Eine solche rechtzeitige Verfolgungshandlung ist jedoch im Beschwerdefall in der Anführung der Anzeige vom 17. März 1996 (aus welcher sich die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Zulassungsbesitzer ergibt) in der Begründung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz vom 20. Juni 1996 zu erblicken: Dies deshalb, weil nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0062) die Begründung eines Straferkenntnisses für eine taugliche Verfolgungshandlung ausreicht und im vergleichbaren Fall des Hinweises eines Zeugen auf seine in der Anzeige gemachten Angaben die darin enthaltenen (wesentlichen) Tatbestandselemente als Gegenstand der Verfolgungshandlung anerkannt wurden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1985, Zl. 84/02/0292).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997020143.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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