TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/8 VGW-041/029/2907/2019

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Veröffentlicht am 08.05.2019
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Entscheidungsdatum

08.05.2019

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §33 Abs1
ASVG §33 Abs2
ASVG §111 Abs1 Z1
ASVG §111 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schweiger über die Beschwerde der Finanzpolizei Wien, Team ... vom 11.02.2019 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 23.01.2019, Zl. …, zugrundeliegend das Verfahren betreffend Frau A. B., wegen Übertretung des § 33 Abs. 1 und 2 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerde Folge gegeben und über die Beschuldigte Frau A. B. wegen der im Spruch des Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 23.01.2019, Zl. …, umschriebenen Übertretung des § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) gemäß § 111 Abs. 2 erster Strafsatz ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 113/2015 eine Geldstrafe von 730,-- Euro, Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Uneinbringlichkeit von 2 Tagen, verhängt.

II.    Gemäß § 64 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde mit 73,-- Euro festgesetzt, d. s. 10 % der Geldstrafe.

III.   Gemäß § 25a VwGG ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 23.01.2019, Zl. …, wurde Frau A. B., schuldig erkannt, sie habe als Inhaberin eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Kaffeehaus mit Standort in Wien, C.-gasse, und somit als Dienstgeberin zu verantworten, dass es unterlassen wurde, die am 16.11.2017, um ca. 15.30 Uhr im dort situierten Betrieb (Cafe D.) abgabenbehördlich angetroffene, als Kellnerin beschäftigte und somit nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person, E. F., geboren 1977, Staatsangehörigkeit Serbien, vor Arbeitsantritt zumindest mit Dienstgeberkontonummer, Namen und Versicherungsnummer, bzw. Geburtsdatum der beschäftigten Person sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, indem diese erst nachträglich am 16.11.2017, um 15:59 Uhr, und somit verspätet angemeldet wurde.

Wegen dieser Übertretung des § 33 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 111 Abs. 1 Ziffer 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG idgF. wurde über die Beschuldigte gemäß § 111 Abs. 2 1. Strafsatz ASVG iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von € 365, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitstrafe von einem Tag, verhängt.

Ferner wurde ein Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG von € 36,50, das sind 10 % der Geldstrafe vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Abgabenbehörde, Finanzamt Wien – Finanzpolizei Team …, Beschwerde hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe mit der wesentlichen Begründung erhoben, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe im gegenständlichen Fall nicht vorlegen.

Der Beschuldigten wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde der Amtspartei schriftlich zur Kenntnis gebracht, von der ihr eingeräumten Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme hat die Beschuldigte keinem Gebrauch gemacht.

Seitens der Beschuldigten wurde gegen das Straferkenntnis keine Beschwerde erhoben

Am 29.4.2019 wurde vor dem Verwaltungsgericht Wien in gegenständlicher Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. An der Verhandlung hat ein Vertreter der beschwerdeführenden Amtspartei sowie die Beschuldigte als Partei persönlich und gemeinsam mit ihrer Rechtsvertreterin teilgenommen.

Dem Verwaltungsstrafverfahren liegt ein aufgrund von Erhebungen durch Organe der Abgabenbehörde erstatteter Strafantrag der Finanzpolizei zugrunde.

Gemäß § 111a Abs. 1 ASVG hat die Abgabenbehörden des Bundes daher im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 Parteistellung und ist berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

Aufgrund des auf die Strafhöhe beschränkten Beschwerdebegehrens der Amtspartei steht dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde entsprechend rechtskräftig fest, dass die Beschuldigte Frau A. B., als Inhaberin eines Gastgewerbebetriebes Cafe D. in Wien, C.-gasse, als Dienstgeberin es unterlassen hat, die am 16.11.2017, um ca. 15.30 Uhr im dort situierten Betrieb als Kellnerin beschäftigte und nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person, E. F., geboren 1977, Staatsangehörigkeit Serbien, vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Entsprechend den auch von der Beschuldigten nicht bestrittenen Angaben im Strafantrag der Finanzbehörde, steht fest, dass die genannte Dienstnehmerin erst nach Beschäftigungsbeginn und nach erfolgter Kontrolle am 16.11.2017, um 15:30 Uhr durch Organe der Abgabenbehörde, nämlich am 16.11.2017, um 15:59 Uhr (Mindesangaben-Meldung) bzw. um 19:44 Uhr (vollständige Meldung) bei der Gebietskrankenkasse angemeldet wurde.

Den Angaben der Beschuldigten folgend, welche sich in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren mithilfe eines beigezogenen Dolmetsch zu den Tatumständen mündlich rechtfertigte, bestand die Tätigkeit der nach dem Kontrolltag noch etwa zwei Wochen als Kellnerin aushilfsweise beschäftigten Dienstnehmerin F., zumal diese über keine einschlägige Berufserfahrung verfügte, am 16.11.2017 darin, dass sie, um sich mit Bedienung und Funktionsweise vertraut zu machen, unter Aufsicht und Anleitung der Beschuldigten die gewerblichen Kaffeemaschine im Gastlokal der Beschuldigten bediente.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 113/2015, handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist eine Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

–        mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

–        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder ist der/die Beschuldigte ein/e Jugendliche/r ist.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der Einhalten der Meldebestimmungen des § 33 ASVG ist - wie dies nicht zuletzt durch die oben angeführten Strafrahmen um Ausdruck kommt - eine hohe. Die Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes erscheint im gegenständlichen Fall trotz der nur kurzen Dauer der angelasteten Beschäftigung nicht unbedeutend, wurde doch die gebotene Anmeldung der beschäftigten Dienstnehmerin vor Beschäftigungsbeginn schlichtweg unterlassen und (wenn auch zeitnah so doch) erst nach bzw. aufgrund der Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörde erstattet.

Dass die Einhaltung der übertretenen Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, kann auch aufgrund der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Tatumstände nicht angenommen werden, wäre doch von einer Lokalbetreiberin wie der Beschuldigten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zu erwarten, dass sie in Zweifelsfällen Auskünfte (namentlich beim zuständigen Versicherungsträger) über Umfang und Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses und damit den Zeitpunkt der notwendigen Meldung eines neu aufgenommenen, einzuschulenden Dienstnehmers einholt. Solche Erkundigungen eingeholt zu haben, wurde nicht dargetan.

Die Beschwerdeführerin ist, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, verwaltungsstrafrechtlich noch nicht wegen einer Meldepflichtverletzung iSd §§ 33 und 111 ASVG bestraft worden. Sie weist allerdings nach der Aktenlage drei (nicht einschlägige) Verwaltungsvorstrafen wegen Übertretungen der GewO auf, welche bereits vor der hier gegenständlichen Tat in Rechtskraft erwachsen waren und bis dato noch nicht getilgt sind.

Zumal es sich bei der gegenständlich zu beurteilenden Tat um eine erstmalige Meldepflichtverletzung iSd § 33 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt, ist der Strafbemessung der erste Strafsatz des § 111 Abs. 2 ASVG zugrunde zu legen.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt der Beschuldigten nicht mehr zu Gute.

Sachverhaltsbezogen kann auch unter Bedachtnahme auf das durch zeitnahe Anmeldung der Dienstnehmerin gezeigte schuldeinsichtige Verhalten von einem beträchtlichen Übergewicht der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe iS einer außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG nicht ausgegangen werden.

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers – wie im vorliegenden Fall - zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, und dass die Folgen des Meldeverstoßes in einem solchen Fall nicht (iSd § 111 Abs 2 letzter Satz bzw iSd § 113 Abs 2 ASVG) als unbedeutend anzusehen sind (vgl VwGH E 19.02.2016, 2013/08/0287; 14.03.2013, 2011/08/0187, 2012/08/0125, mwN).

Es kam daher auch eine Anwendung des halben Strafsatzes gemäß § 111 Abs. 2 ASVG letzter Satz nicht in Betracht.

Die Strafe wurde in Relation zum Unrechts- und Schuldgehalt in der gesetzlichen Mindesthöhe festgesetzt, wobei insbesondere darauf Bedacht genommen wurde, dass die Anmeldung – wenn auch nach bzw. aufgrund der Kontrolle – nur kurze Zeit nach Beschäftigungsbeginn noch am selben Tag nachgeholt wurde, sodass die gesetzliche Mindeststrafe angesichts dessen ausreichend erscheint, um die Beschuldigte von Tatwiederholungen wirksam abzuhalten.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung gründet sich im Wesentlichen auf die Würdigung im Einzelfall. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pflichtversicherung; Anmeldeverpflichtung; Meldepflicht; erstmalige Meldepflichtverletzung; Strafbemessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.041.029.2907.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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