TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/30 W116 2172280-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.10.2020

Norm

BDG 1979 §118 Abs1 Z2
BDG 1979 §126 Abs2
BDG 1979 §211
BDG 1979 §43
B-VG Art133 Abs4
SchOG §2
SchUG §17
SchUG §2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W116 2172280-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Stadtschulrat für WIEN, Senat für Lehrer/innen an den allgemein bildenden höheren Schulen, vom 27.07.2017, Zl. 3851.120354/0150-LPers/2017, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises zu Recht erkannt:

A)       

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Beschwerdeführerin von dem gegen sie erhobenen Tatvorwurf gemäß § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 in Verbindung mit § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin Sie steht als Lehrerin des XXXX in Wien, an dem sie eine schulfeste Stelle innehat, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2.       Mit Mail vom 24.04.2015 brachte der Vater des Schülers XXXX (in der Folge: F) gegen die Beschwerdeführerin eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, das der Schüler bis zum Lehrerwechsel im Fach Französisch erfolgreich gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei dann jedoch anderer Ansicht gewesen und habe den Schülern in jeder Unterrichtseinheit kommuniziert, dass sie gar nichts können würden. Sie habe versucht, diesen von ihr diagnostizierten Missstand durch übermäßige Hausübungen zu beheben. Ihr Unterricht weise keine nachvollziehbare Planung auf. Sein Sohn sei dennoch bemüht intensiv mitzuarbeiten, werde von der Beschwerdeführerin jedoch ignoriert. Der demütigende und demotivierende Umgang der Beschwerdeführerin führe dazu, dass einige Schüler inzwischen psychosomatisch erkrankt seien und behandelt werden müssten. Sein Sohn habe unter Spannungskopfschmerzen gelitten und angefangen sich zu ritzen. Die Schulärztin habe ein langes Gespräch mit ihm geführt und ihnen geraten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Kinder- und Jugendpsychologin habe es in mehreren Sitzungen geschafft, dem Sohn das Selbstvertrauen zurückzugeben und das Ritzen und die Kopfschmerzen hätten aufgehört. Am heutigen Tag sei ihm eine schriftliche Frühwarnung der Beschwerdeführerin zugestellt worden, seil sein Sohn ihrer Meinung nach in Französisch auf Nichtgenügend stehe, was seiner Meinung jedoch einzig und alleine die Pädagogin zu verantworten habe. Die Beschwerdeführerin wünsche ein Gespräch, was er jedoch nur mit einem Beisitzer führen könnte.

3.       Am 14.07.2015 wurde die Beschwerdeführerin zu den Vorwürfen niederschriftlich einvernommen. Mit Schreiben vom 23.07.2015 erstattete der Stadtschulrat für Wien gegen die Beschwerdeführerin eine Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission für Bundeslehrer. Darin wird die Beschwerdeführerin beschuldigt

1.       sie habe durch ihr Verhalten im Französisch-Unterricht den Schüler F dazu gebracht, sich selbst zu ritzen. Zudem habe der Schüler massive Konzentrations- und Schlafstörungen bekommen, weil er große Angst vor der Lehrerin bekommen habe.

2.       sie habe den Schüler F durch Verwendung von Aussagen wie „Turnübungen“ für das Aufzeigen zur Mitarbeit verächtlich gemacht. Auch dessen Vater habe sie mit der Formulierung „vom hohen Ross herunterkommen“ abqualifiziert.

Mit diesem Verhalten habe die Beschwerdeführerin gegen ihre Dienstpflichten gemäß § 43 BDG 1979 verstoßen. Wegen der Schwere der im Raum stehenden Pflichtverletzungen sei die Beschwerdeführerin zudem am 14.07.2015 vorläufig vom Dienst suspendiert worden.

4.       Mit Bescheid vom 18.09.2015 leitete die Disziplinarkommission gegen die Beschwerdeführerin wegen gegenständlicher Vorwürfe gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren ein. Mit weiterem Spruchpunkt wurde die vom Stadtschulrat für Wien gegen die Beschwerdeführerin ausgesprochene Suspendierung „nicht bestätigt“. Am 07.01.2016 führte die Disziplinarkommission in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durch und verkündete direkt im Anschluss mündlich ein Disziplinarerkenntnis.

5.       Am 16.08.2017 wurde dem rechtlichen Vertreter der Beschwerdeführerin eine undatierte schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses zugestellt. Darin wird die Beschwerdeführerin schuldig gesprochen, sie habe am 28.05.2015 im Rahmen eines Frühwarngesprächs durch die Abqualifizierung des Vorschlags des Schülers F zur Verbesserung seiner Mitarbeit mehr „aufzuzeigen“ seinen Vorschlag mehr Aufzeigen als „Turnübung“ bezeichnet und den Schüler damit auf nicht wertschätzende Weise abqualifiziert. Damit habe sie gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 und 2 und des § 211 BDG 1979 im Zusammenhang mit § 17 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) und § 2 Schulorganisationsgesetz (SchOG) verstoßen. Über sie werde daher gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 iVm. §§ 93 und 126 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt. Von den weiteren Vorwürfen wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen.
In der Begründung wurde zum Schulspruch Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Sie übernahmen im Schuljahr 2014/15 am Xgymnasium die auch vom Schüler F besuchte 5C Klasse im Unterrichtsgegenstand Französisch im für diese Klasse vorgesehenen dritten Französischlehrjahr. Bereits zu Beginn des Schuljahres war für Sie offensichtlich, dass der Wissensstand der Schüler/innen in dieser von Ihnen neu übernommenen und sich aus Schüler/innen von zwei früheren vierten und von unterschiedlichen Lehrpersonen seinerzeit unterrichteten Klassen zusammensetzenden Klasse 5C im Fach Französisch nicht dem Niveau entsprach, welches Sie nach zwei Französischlehrjahren und insbesondere aufgrund der von den betreffenden Schüler/innen für das vorangegangene Schuljahr im Fach Französisch aufgewiesenen Noten erwarteten. Die Schüler/innen waren nicht gewohnt im Unterricht französisch zu sprechen und sie wiesen in dieser Sprache nur einen mangelhaften Wortschatz auf. Sie haben die Schüler/innen bei ihrem Kenntnisstand abgeholt und vorerst ein Schwergewicht Ihres Französischunterrichtes auf das Erlernen und Abprüfen der Französischvokabeln gelegt. Sie haben den Schüler/innen entsprechende Übungsmaterialien und Übungsliteratur bekannt gegeben und Sie haben für diese Klasse im Fach Französisch auch einen Förderunterricht abgehalten. Der Schüler F hat von Ihrem Angebot nur wenig Gebrauch gemacht. Zu dem an zwölf Terminen von Oktober 2014 bis Juni 2015 abgehaltenen Förderunterricht war F trotz einer entsprechenden Anmeldung nur an 29% der Stunden anwesend. Beim Französischunterricht versäumte der Schüler F aufgrund seiner durch eine Migräne verursachten gesundheitlichen Beschwerden etwa ein Drittel Ihrer Französischstunden. F war aufgrund seiner Fehlzeiten im Französischunterricht vielfach nicht auf dem Laufenden und er hat sich bei Ihnen auch nicht zum versäumten Lehrstoff erkundigt. Im Französischunterricht führten Sie oft einmal wöchentlich von Ihnen mit „plus“ oder „minus“ beurteilte Lernzielkontrollen mit einmal innerhalb von zehn Minuten abgefragten bis zu 88 zuvor eingeübte Vokabeln oder Grammatiktests durch, anschließend überprüften Sie die Hausübungen und unterrichteten Sie neuen Lehrstoff. Aufgrund zum Teil unzureichend erbrachter Leistungen beschimpften Sie die Klasse einmal mit der Aussage „Ihr könnt gar nichts, ihr seid ein Haufen wie ich ihn noch nie hatte“.

Nachdem der Schüler F im Fach Französisch im ersten Semester des Schuljahres 2014/15 noch positiv beurteilt worden war, wäre er aufgrund der im Verlauf des zweiten Semesters des Schuljahres 2014/15 erbrachten unzureichenden Leistungen voraussichtlich mit nicht genügend zu beurteilen gewesen. Sie haben daher gegenüber ihm im Frühjahr 2015 eine Frühwarnung ausgesprochen. Auch andere Schüler/innen der Klasse 5C haben eine Frühwarnung erhalten. Zu den von einzelnen Eltern gegenüber Ihnen erhobenen Vorwürfen bemerkten Sie, dass schlechte Schüler/innen ihren Eltern gegenüber mitunter nicht zugeben, nicht ausreichend gelernt zu haben, sondern dass sie stattdessen behaupten, sie hätten einen schlechten Lehrer. Informationen an die Eltern über Ihren Unterricht wurden mitunter nicht richtig weitergegeben. So hatten Sie betreffend Ihren Französischunterricht einzelne Schüler/innen um Unterschriften gebeten, diese jedoch zum Teil, insbesondere auch vom Schüler F, nicht erhalten. Gesprächseinladungen Ihrerseits und von Ihnen am Anrufbeantworter hinterlassene Nachrichten sind mitunter unbeantwortet geblieben. Ein Gespräch mit X, dem Vater des Schülers F, fand trotz mehrmaliger von Ihnen ausgesprochener Einladungen nie statt. Verschiedene Eltern der betroffenen Schüler kamen aber zu Ihnen zum Gespräch und haben sich anschließend bei Ihnen dafür bedankt.

Sie betonten, Sie halten sich an die Gesetze, Sie arbeiten mit Lob und Anerkennung und Sie fordern auf mehr zu tun bzw. Sie ermahnen und weisen zurecht, wenn dies notwendig sei. Sie gaben an, bei nicht gutem Erfolg ein negatives Feedback zu geben, aber Sie würden Schüler/innen nicht herabsetzen. Sie erfüllen Ihre Pflichten und erwarten, dass die Schüler/innen ebenso ihre Pflichten ernst nehmen, wie z.B. regelmäßig und pünktlich im Unterricht zu erscheinen und laufend mitzuarbeiten. Sie erwarten auch, dass die Schüler/innen die Unterrichtsmaterialien mithaben. Kritik an mangelhafter Leistung sei aber zulässig. Ihr Ziel sei es, jungen Menschen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. …

… Es gab Schüler/innen und Eltern, die der Meinung waren, Sie verlangen zu viel. Es wurde Ihnen jedoch anlässlich Ihrer Unterrichtung der Schüler/innen der Klasse 5 C das erste Mal gesagt, Sie seien ein Monster. Sie sind, wenn nicht bereits eine strenge, so jedenfalls eine „konsequente“ Lehrerin. Sie gaben weiters an, dass Sie als Lehrerin zum Bewerten der Schüler verpflichtet sind und Sie „wahre“ Noten geben müssen.

Am 28. Mai 2015 führten Sie in der Schule mit F und dessen Mutter A ein Gespräch anlässlich der von Ihnen im Fach Französisch gegenüber dem Schüler F ausgesprochenen Frühwarnung. Nachdem Sie im Gespräch anfangs nachfragten, warum der Vater des Schülers F nicht ebenfalls erschienen war und Sie diesbezüglich verärgert schienen, haben Sie nach der Darlegung der aktuellen Leistungssituation des Schülers F jenen gefragt: „Was denkst du könnte hilfreich sein, um deine Note zu verbessern“. F antwortete darauf, dass er künftig „Mehr mitarbeiten“ will. Auf Ihre weitere Frage, wie diese Mitarbeit aussehen könnte, hat F mit „Aufzeigen“ geantwortet. Daraufhin entgegneten Sie barsch, ob er mit „Aufzeigen“ eine Turnübung meine und signalisierten ihm, dass bloßes Aufzeigen jedenfalls keine Mitarbeit bedeute. Von Seiten des Schülers F und dessen Mutter wurde Ihre Abqualifizierung des Aufzeigens zur Turnübung als herabsetzend und gegenüber dem betroffenen Schüler nicht wertschätzend empfunden. Sie haben sich wegen der Darstellung des Aufzeigens als Turnübung bei F und dessen Mutter nicht entschuldigt.

Als Gesamtergebnis des Gesprächs ist festzuhalten, dass bei Frau A Missverständnisse ausgeräumt werden konnten und der Mutter bewusst war, dass die Ursache für die gegenüber dem Schüler F ausgesprochene Frühwarnung bei dessen im Verlauf des Schuljahres im Französischunterricht erbrachten unzureichenden Leistungen lag. Zugleich gewann sie den Eindruck, dass für ihren Sohn ein erfolgreicher Abschluss des Unterrichtsjahres im Fach Französisch noch möglich sei. Im Juni 2015 hat der Schüler F die bei Ihnen abgelegte abschließende mündliche Prüfung im Fach Französisch bestanden und damit dieses Fach für das Schuljahr 2014/15 positiv abgeschlossen. …

… Die Feststellungen zum Sachverhalt wurden, soweit in der Folge nichts weiteres ausgeführt wird, aufgrund Ihrer Aussagen bei der Verhandlung am 7. Jänner 2016 getroffen. Dass die Leistungen des Schülers F in Französisch bis zu der zum Ende des Unterrichtsjahres 2014/15 erfolgreich abgelegten Entscheidungsprüfung unzureichend waren, stellten auch der Zeuge F und die Zeugin A nicht in Abrede. Dass der in Ihrem Französischunterricht für den Schüler F entstandene Stress für das Ritzen kausal war, hat der Schüler F in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt. Der Schüler bekannte zugleich, dass er auch innerhalb des Familienverbandes unter Stress stand und mitkausal für sein Ritzen ebenso familiäre Umstände waren. Weiters deutete die Mutter A bei ihrer Befragung an, dass sich ihr Sohn nur wenige Wochen vor der mündlichen Disziplinarverhandlung wieder selbst verletzt hatte.

Der Vorfall mit dem von Ihnen anlässlich des Frühwarngespräches getätigten und vorgehaltenen Vorwurf, wonach Sie ein zwecks Verbesserung der Mitarbeit getätigtes „Aufzeigen“ des Schülers F als bloße „Turnübung“ abqualifizierten, wurde sowohl vom Schüler F als auch dessen Mutter A übereinstimmend und glaubhaft bestätigt. Die Zeugin A empfand diese von Ihnen getätigte Äußerung als „barsche“ Bekundung und die dabei hervorgerufene Situation als untragbar. Sie hat sich daraufhin sehr aufgeregt und die durch die Abwertung des Aufzeigens als Turnübung getätigte Äußerung als gegenüber ihrem Sohn nicht wertschätzend empfunden. Der Schüler F empfand die betreffende Äußerung als sarkastisch und bestätigte, dass seiner Mutter anlässlich dieser Äußerung „die Geduld gerissen sei“. Aus Ihrer Sicht sei das damals mit dem Schüler F und dessen Mutter geführte Gespräch ein sehr korrektes Gespräch gewesen bei dem sich niemand bedrängt fühlen musste. Sie haben bei der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es sein könne, dass Sie anlässlich des Ansprechens des zur Verbesserung der Mitarbeit angestrebten „Aufzeigens“ durch den Schüler F das Wort „Turnübung“ verwendet haben: Sie gaben weiters an, dass Sie damit nur zum Ausdruck bringen wollten, dass mit dem Aufzeigen allein noch keine positive Mitarbeit verbunden sei, da mit einem Aufzeigen auch andere Ziele verfolgt werden können, wie z.B. der Wunsch das Fenster zu schließen oder zu öffnen oder auf die Toilette gehen zu dürfen. Sie hielten es in der Verhandlung anlässlich der betreffend das „Aufzeigen“ durch den Vater des Schülers F in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde gezeigten sehr kritischen Haltung für möglich, dass Ihre diesbezügliche Antwort „harsch“ gewesen sein könne. Und Sie bestätigten damit indirekt den diesbezüglich von Frau A geschilderten unmittelbaren Eindruck auf Ihre diesbezügliche Äußerung. In der mündlichen Disziplinarverhandlung stellten Sie klar, dass Sie mit einem Aufzeigen noch keine unmittelbare Mitarbeit verbinden und Sie als Mitarbeit das Erbringen der Hausübung verstehen, was von F jedoch häufig nicht erfolgt sei. Der Vorwurf mit der „Turnübung“ sollte laut Ihrer Einlassung jedenfalls keine Abwertung gegenüber dem Schüler F beinhalten und keinesfalls als Beleidigung empfunden werden. Auch wenn Ihnen nach der Verwendung des Wortes „Turnübung“ bewusst geworden sein dürfte, dass Sie sich hierbei unpassend geäußert haben und Sie sich in der Folge zurücknahmen und versuchten, die Situation zu beruhigen, so haben Sie sich diesbezüglich weder beim Schüler F noch bei dessen Mutter entschuldigt. Diesbezüglich hat Frau A in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass Sie sich beim „Frühwarngespräch“ nur wegen der einmal gegenüber der Klasse unter Nennung des Namens ihres Sohnes erfolgten Verlesung dessen unrichtiger Hausübung entschuldigt haben.

Frau Prof. K, die Informatik Lehrerin von F, gab als Zeugin an, dass sie im Sinne des Teamteachings gemeinsam mit Ihnen Stunden, wenngleich nicht im Fach Französisch, abgehalten hat, Sie dabei eine sehr professionelle Umgangsweise mit den Schülerinnen und Schülern zeigten und es in Ihrer Gegenwart zu keinen abwertenden Gesten oder Aussagen gekommen ist. Betreffend den Schüler F erklärte sie, dass dieser sehr oft nicht zum Unterricht erschienen ist und auch sehr oft Abgabetermine nicht eingehalten hat. Aus Ihrer Einlassung und insbesondere aufgrund der vielfach zu Beginn des Französischunterrichts durchgeführten umfangreichen schriftlichen Wiederholungen ergibt sich, dass Sie an die Schüler/innen der Klasse 5 C im Französischunterricht hohe Anforderungen gestellt haben. Zugleich ergab sich aus den Aussagen des Schülers F, dass jener dem Unterricht oft fernblieb und er nur unzureichend im Unterricht mitarbeitete und - wie auch von der Mutter A eingeräumt wurde - zu Recht von Ihnen als gefährdet eingestuft und mittels Frühwarnung auf die Ernsthaftigkeit seiner Situation hingewiesen worden ist. Zugleich hat der Schüler F Sie offenbar bewusst gereizt, wie sich aus der Aussage seiner Mutter erschließen lässt, wonach der Schüler die von Ihnen bei seinen Hausübungen vorgenommenen Korrekturen seinerseits einer „Korrektur“ unterzogen hat.

Aus rechtlicher Sicht ist zu bemerken, dass Ihr Französischunterricht nach der Bekundung des Schülers F zwar für jenen kausal für das Ritzen seines Unterarmes war, er hat das Ritzen laut seiner Aussage mit dem Erlangen einer positiven Note in Französisch beendet. Zugleich war Ihr Französischunterricht aber nicht die alleinige Ursache für die Zufügung von Selbstverletzungen durch den Schüler F, wie die von ihm selbst als mitursächlich angeführten und auch von seiner Mutter bekundeten familiären Ursachen bzw. Spannungen beweisen. …

… Gemäß § 43 BDG 1979 ist ein Beamter bzw. eine Beamtin verpflichtet, die dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihr bzw. ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Weiters ist im gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 211 BDG 1979 ist eine Lehrperson zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet.

Gemäß § 17 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz - SchUG hat eine Lehrperson in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 Schulorganisationsgesetz - SchOG) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend dem Lehrplan der betreffenden Schulart hat sie unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler/innen und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten, die Schüler/innen zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten, jede Schülerin und jeden Schüler nach Möglichkeit zu den Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Ertrag des Unterrichtes als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen.

Gemäß § 2 SchOG hat die Schule die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken.

Die aufgetragene besondere Verantwortung für die Entwicklung der Schüler/innen gebietet der Lehrperson daher bei der Tätigkeit, die in § 2 SchOG normierte Aufgabe der Schule im gesamten Verhalten zu wahren und von Handlungen und Vorgangsweisen Abstand zu nehmen, die diese Ziele gefährden oder in Frage stellen. Die Würde der Schüler/innen ist hierbei ein wesentliches zu wahrendes Ziel. Diese Würde des Schülers F haben Sie in einer für den Schüler ohnehin schwierigen Situation, nämlich dem Versuch, das Fach Französisch noch positiv abzuschließen, durch die Abqualifizierung seines Vorschlages zur Verbesserung seiner Mitarbeit mehr „aufzuzeigen“ als „Turnübung“ verletzt und den Schüler F damit auf nicht wertschätzende Weise abqualifiziert.

Weiters haben Sie durch diese Abqualifizierung des Vorschlages des Schülers F die Ihnen gemäß § 17 SchUG aufgetragene Verpflichtung, jede Schülerin und jeden Schüler nach Möglichkeit zu den nach ihren bzw. seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, verletzt. Ein vor einem negativen Jahresabschluss in einem Unterrichtsgegenstand stehender Schüler sieht sich einer besonderen Belastung ausgesetzt, muss er doch bis zum Ende des Unterrichtsjahres für einen sicheren Aufstieg in die nächsthöhere Klasse nach den bisher insgesamt als negativ beurteilten Leistungen einen positiven Abschluss im betreffenden Gegenstand schaffen. In einer solchen Situation bedarf es einer Förderung und Ermutigung durch die betreffende Lehrperson und dem Aufzeigen eines Weges, wie es er es doch noch schaffen könnte. Mit der Ihnen vorgeworfenen Äußerung, für welche Sie sich auch nicht entschuldigt haben, kann beim Schüler der Eindruck entstehen, dass er es ohnehin nicht schaffen kann und es wird dieser einer vermeidbaren zusätzlichen Belastung ausgesetzt.

Der Ausspruch des Verlustes der aus der Innehabung einer Schulfesten Stelle fließenden Rechte gemäß § 221 Abs. 4 BDG 1979 ist eine Maßnahme zur Sicherung der dienstlichen Interessen. Er dient insbesondere dazu, die Lehrperson entsprechend der grundsätzlichen Pflicht des Dienstgebers so einsetzen zu können, dass zwischen den Anforderungen der Schule und der Eignung der Inhaberin oder des Inhabers der Planstelle für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben weitgehende Übereinstimmung besteht. Da es im Rahmen der Diensteinteilung möglich ist, Sie nicht weiter als Lehrerin für den Schüler F einzuteilen und nicht ersichtlich war, dass es aus dienstlichen Interessen geboten schien, Sie an Ihrer Schule nicht weiter zu verwenden, war der Antrag auf Aufhebung der schulfesten Stelle abzuweisen.

Betreffend die Höhe der Strafbemessung wurde mildernd berücksichtigt, dass Sie bisher keine disziplinarrechtlich geahndete Verfehlung begangen haben.

Angesichts der von Ihnen zu verantwortenden Verhaltensweisen in Verbindung mit dem Milderungsgrund ist die Disziplinarstrafe des Verweises gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 im Zusammenhalt mit §§ 93 und 126 Abs. 2 BDG 1979 tat- und schuldangemessen, die Ihnen dargelegte Dienstpflichtverletzung der nicht wertschätzenden Abqualifizierung eines Schülers als Lehrperson wäre sowohl aus spezialpräventiver als auch aus generalpräventiver Sicht nicht geeignet, um vom Ausspruch einer Strafe abzusehen.“

6.       Gegen den schuldig sprechenden Teil des Disziplinarerkenntnisses brachte die Beschwerdeführerin über ihren rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 11.09.2017 rechtzeitig eine Beschwerde wegen Schuld und Strafe ein. Als Begründung wird darin Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„… Nach den Feststellungen der belangten Behörde fiel die inkriminierte Äußerung im Rahmen eines Frühwarngespräches zwecks Verbesserung der Mitarbeit des Schülers F in Anwesenheit seiner Mutter. Dieses Frühwarngespräch war notwendig geworden, da dieser Schüler massive Abwesenheiten vom Unterricht aufwies sowie eine äußerst mangelhafte Mitarbeit an den Tag legte. Die entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde sind richtig.

Bereits der Umstand, dass ein Frühwarngespräch geführt werden musste, zeigt die leider mehr als unterdurchschnittliche Leistung von F auf. Diese wurden auch von seiner Mutter sowohl im Frühwarngespräch im April 2015 wie auch in der Verhandlung der Disziplinarkommission im Jänner 2016 (siehe Spruch der Disziplinar-kommission, Seiten 4 und 7) als Ursache des Frühwarngesprächs anerkannt.

Die belangte Behörde irrt jedoch, wenn sie davon ausgeht, dass die von ihr festgestellte Äußerung ein Disziplinarvergehen insbesondere im Sinne des dritten Absatzes des Spruches darstellt, insbesondere der angenommene Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz liegt nicht vor. Selbst unter Zugrundelegung dieser Äußerung ist dies unter keinen Tatbestand der genannten Gesetzesstelle zu subsumieren, geht es doch lediglich um eine Äußerung meinerseits und nicht den Vorwurf der in dieser Gesetzesstelle angeführten Anforderungen. Gerade die Anleitung zur Mitarbeit habe ich in Erfüllung der mir übertragenen Pflichten durch das Frühwarngespräch erfüllt, um den Schüler F eben zu mehr Mitarbeit zu bewegen und ihn nach seinen Möglichkeiten zu entsprechenden besseren Leistungen zu führen. Dass dies letztendlich geschehen ist, ist durch die richtigen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis belegt, da der Schüler das Schuljahr positiv abschließen konnte.

Zentrales Thema ist daher die Frage der Mitarbeit des Schülers F. Nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis habe ich den Schüler gefragt, was hilfreich sein könnte um die Note zu verbessern, woraufhin er mit „künftig mehr mitarbeiten“ antwortete. Dass eine derartige pauschale Antwort nicht pädagogisch befriedigend sein kann, liegt auf der Hand. Ich habe daher naturgemäß nachgefragt, wie diese Mitarbeit aussehen könne. Ich setze als notorisch voraus, dass eine Mitarbeit im Rahmen des Unterrichtes nicht nur durch Aufzeigen erbracht wird, sondern darüber hinausgeht. Dies etwa durch Lernen von Vokabeln in einem Fremdsprachenunterricht, ordnungsgemäße Erstellung von Hausübungen und Erfüllen sonstiger Arbeitsaufträge, Vorbereitung auf Schularbeiten, etc. Die Antwort des Schülers, er würde seine vermehrte Mitarbeit durch bloßes Aufzeigen als genügend ansehen, kann wohl nicht ernstlich gemeint sein. Ein Aufzeigen im Unterricht ist lediglich ein gewisser Formalakt, der noch nichts darüber aussagt, ob tatsächlich eine umfassende Mitarbeit erfolgt ist oder erfolgen wird. Konsequenter Weise stellt die belangte Behörde fest, dass ich mit meiner Äußerung dem Schüler signalisierte, dass bloßes Aufzeigen jedenfalls keine Mitarbeit bedeutet. Die inkriminierte Äußerung kann nur als berechtigte Kritik, jedoch keineswegs als wertmindernd oder herablassend zu werten sein. Sie ist in keiner Weise beleidigend, sondern plakativ vor Augen führend, dass reine Formalitäten wie das Aufzeigen, keine im Sinne der Gesetze erforderliche Mitarbeit eines Schülers darstellen kann. Dies umso mehr, als im konkreten Fall der Schüler über das Aufzeigen hinaus keine konstruktiven Vorschläge machen konnte.

Wenn diese Äußerung als herabqualifizierend beurteilt wird, so wird dies aus dem Zusammenhang gerissen. Bei einigermaßen lebensnaher Betrachtung muss man davon ausgehen, dass diesem Schüler intensiv und nachdrücklich nahegebracht werden musste, seine Mitarbeit zu verbessern, da - wie festgestellt - seine Leistungen weit unterdurchschnittlich, d.h. nicht genügend waren. Berücksichtigt man das gesamte Verhalten des Schülers, insbesondere auch seine provokanten Haltungen etwa festgestellt durch Korrektur meiner Korrekturen seiner Hausübungen, so ist seine Äußerung, dass seine Mitarbeit lediglich im Aufzeigen bestehen würde, durchaus auch als weitere Provokation seinerseits zu werten.

Keineswegs war meine Äußerung dahin gerichtet, den Schüler zu beleidigen, sondern sollte lediglich vor Augen geführt werden, dass seine Antwort ganz offensichtlich nicht zufriedenstellend war, da konstruktive Vorschläge für eine verbesserte Mitarbeit erwartet werden konnten.

In diesem Zusammenhang ist die Aussage des Schülers F (Protokoll vom 7. Jänner 2016, Seite 9) beachtlich, wonach er einräumen musste, dass ich versucht habe zu erfragen, was unter „Aufzeigen“ zu verstehen sei und das Gespräch dann (offensichtlich infolge des Verhaltens seiner Mutter) „untergegangen ist“. Zu berücksichtigen ist weiters die Aussage der Mutter des Schülers F (Protokoll 7. Jänner 2016, Seite 10), wonach für sie die Angelegenheit damals abgeschlossen war und sie „hoch erhobenen Hauptes“ hinausgegangen ist. Unrichtig ist die Feststellung, dass ich mich nicht entschuldigt hätte. Die Mutter des Schülers musste (gleiche Belegstelle wie oben) zugestehen, sie würde sich einbilden, ich hätte mich bei ihrem Sohn und ihr (nach subjektivem Empfinden nicht ehrlich) entschuldigt. Sie sei sich aber sicher, dass diese Entschuldigung nicht auf die Turnübungen bezogen hätte.

Allerdings hat Frau A in ihren Angaben (zu Daten, Sachverhalten) in der Disziplinarverhandlung sich mehrmals als unsicher, bzw. nicht sicher bezeichnet. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb sie trotz ihrer Erinnerungslücken plötzlich sicher ist, was den Grund meiner Entschuldigung betrifft. Damit ist jedoch von einer Entschuldigung auszugehen, Nachdem gerade diese Äußerung als nicht wertschätzend empfunden worden sein soll, gibt es keinen anderen Umstand, zu dem meine Entschuldigung erfolgen hätte sollen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Angaben. Bei ordnungsgemäßer Beachtung der Verfahrensvorschriften, insbesondere Zusammenführung der Verfahrensergebnisse ist daher festzustellen, dass ich mich sehr wohl für meine Äußerung entschuldigt habe, falls meine Äußerung nicht als wertschätzend empfunden worden sein sollte. Die Ausführungen auf Seite 9 des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses sind insofern für die Entscheidung irrelevant, als sich aufgrund des Verfahrensergebnisses herausgestellt hat, dass ich den Schüler F sehr wohl entsprechend gefördert und unterstützt haben muss, da er ansonsten nicht einen positiven Abschluss des Schuljahres im Gegenstand Französisch erreicht hätte.

Worin eine Verletzung des § 2 des Schulorganisationsgesetzes liegen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Eine vereinzelte Äußerung kann wohl nicht hiefür herangezogen werden. Dies umso weniger, als selbst nach Aussagen der Mutter des Schülers (Protokoll 7.1.2016, Seite 10) sie das Gefühl gehabt hat, dass ihr Sohn es vielleicht doch schaffen könne und die Sache für sie abgeschlossen war. Ich verweise nochmals darauf, dass der Schüler F soweit motiviert werden konnte, das Schuljahr im Fach Französisch letztendlich positiv abzuschließen.“
7.         Am 03.10.2017 wurde die Beschwerde samt den gegenständlichen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin übernahmen im Schuljahr 2014/15 die auch vom Schüler F besuchte fünfte Klasse im Unterrichtsgegenstand Französisch im für diese Klasse vorgesehenen dritten Französischlehrjahr. Bereits zu Beginn des Schuljahres war für sie offensichtlich, dass der Wissensstand der Schüler im Fach Französisch nicht dem Niveau entsprach, welches sie nach zwei Französischlehrjahren erwartete. Die Schüler waren nicht gewohnt im Unterricht französisch zu sprechen und wiesen in dieser Sprache nur einen mangelhaften Wortschatz auf. Sie hat vorerst das Schwergewicht Ihres Französischunterrichtes auf das Erlernen und Abprüfen der Französischvokabeln gelegt, den Schülern entsprechende Übungsmaterialien und Übungsliteratur bekannt gegeben und für diese Klasse im Fach Französisch auch einen Förderunterricht abgehalten. Der Schüler F hat von diesem Angebot nur wenig Gebrauch gemacht und nur an 29% der Stunden anwesend. Beim Französischunterricht versäumte der Schüler F zudem auch aufgrund seiner durch eine Migräne verursachten gesundheitlichen Beschwerden etwa ein Drittel der Französischstunden. F war aufgrund seiner Fehlzeiten im Französischunterricht vielfach nicht auf dem Laufenden und er hat sich auch nicht zum versäumten Lehrstoff erkundigt.

Nachdem der Schüler F im Fach Französisch im ersten Semester des Schuljahres 2014/15 noch positiv beurteilt worden war, wäre er aufgrund der im Verlauf des zweiten Semesters des Schuljahres 2014/15 erbrachten unzureichenden Leistungen voraussichtlich mit nicht genügend zu beurteilen gewesen. Die Beschwerdeführerin hat deshalb diesem gegenüber im Frühjahr 2015 eine Frühwarnung ausgesprochen. Auch andere Schüler der Klasse 5C haben Frühwarnungen erhalten. Gesprächseinladungen an die Eltern sind mitunter unbeantwortet geblieben. Ein Gespräch mit X, dem Vater des Schülers F, fand trotz mehrmaliger Einladungen der Beschwerdeführerin nie statt.

Am 28. Mai 2015 führte die Beschwerdeführerin in der Schule mit F und dessen Mutter A ein Gespräch anlässlich der im Fach Französisch gegenüber dem Schüler F ausgesprochenen Frühwarnung. Nachdem die Beschwerdeführerin zunächst nachfragte, warum der Vater des Schülers F nicht ebenfalls erschienen war und diesbezüglich verärgert erschien, fragte Sie nach der Darlegung der aktuellen Leistungssituation des Schülers F diesen: „Was denkst du könnte hilfreich sein, um deine Note zu verbessern“. F antwortete darauf, dass er künftig „mehr mitarbeiten“ will. Auf die weitere Frage, wie diese Mitarbeit aussehen könnte, hat F mit „Aufzeigen“ geantwortet. Daraufhin entgegneten die Beschwerdeführerin, ob er mit „Aufzeigen“ eine Turnübung meine und signalisierte ihm, dass bloßes Aufzeigen jedenfalls keine Mitarbeit bedeute. Von Seiten des Schülers F und dessen Mutter wurde Ihre Abqualifizierung des Aufzeigens zur Turnübung als herabsetzend und gegenüber dem betroffenen Schüler nicht wertschätzend empfunden.

Das Ergebnis des Gesprächs war, dass bei Frau A Missverständnisse ausgeräumt werden konnten und der Mutter bewusst war, dass die Ursache für die gegenüber dem Schüler F ausgesprochene Frühwarnung bei dessen im Verlauf des Schuljahres im Französischunterricht erbrachten unzureichenden Leistungen lag. Zugleich gewann sie den Eindruck, dass für ihren Sohn ein erfolgreicher Abschluss des Unterrichtsjahres im Fach Französisch noch möglich sei. Im Juni 2015 hat der Schüler F die bei der Beschwerdeführerin abgelegte abschließende mündliche Prüfung im Fach Französisch bestanden und damit dieses Fach für das Schuljahr 2014/15 positiv abgeschlossen.

Die Beschwerdeführerin ist disziplinarrechtlich unbescholten.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die der Beschwerdeführerin hier zum Vorwurf gemachten Tathandlung ergeben sich zur Gänze aus den zitierten Tatsachenfeststellungen des beschwerdegegenständlichen Bescheides. Die belangte Behörde hat im Zuge der mündlichen Verhandlungen die beteiligten Personen (den Schüler F und dessen Mutter) als Zeugen befragt und auch der Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit gegeben, sich zur Sache zu äußern. In der Folge hat die Behörde die verschiedenen Aussagen entsprechend zusammengefasst und einander gegenübergestellt. Die Beweiswürdigung ist nachvollziehbar und schlüssig. Der von der Behörde festgestellte Sachverhalt wurde in den für die Entscheidung wesentlichen Punkten in der Beschwerde auch nicht bestritten. Die einzige Sachverhaltsfeststellung, die darin ausdrücklich bekämpft wird, ist jene, dass sich die Beschwerdeführerin im Zuge des Gespräches mit dem Schüler F und dessen Mutter für ihre Bezeichnung des Vorschlags des F zur Mitarbeit als „Turnübungen“ nicht entschuldigt hätte. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil dieser Umstand für die Entscheidung selbst nicht relevant ist, wie die nachfolgende rechtliche Würdigung zeigen wird.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten des § 20 Abs. 1 Z 2 und 3, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 durch einen Senat zu erfolgen. Da dies hier nicht der Fall ist, war eine Zuständigkeit des Einzelrichters gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt steht nun aufgrund der Aktenlage und der weiteren Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2.    Zu Spruchteil A):

3.2.1.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:
§ 17 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr 472/1986 in der für den Fall relevanten Fassung des BGBl. I Nr. 38/2015 lautet:

§ 17. (1) Der Lehrer hat in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend dem Lehrplan der betreffenden Schulart hat er unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten, die Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten, jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Ertrag des Unterrichtes als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen. Darüber hinaus sind unter Bedachtnahme auf die lehrplanmäßigen Anforderungen an die Unterrichtsgestaltung sowie auf die konkrete Lernsituation der Schüler in angemessenem Ausmaß angeleitete Bewegungselemente in den Unterricht und an ganztägigen Schulformen auch in die Lernzeiten zu integrieren. Im Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen hat der Lehrer in eigenständiger und verantwortlicher Erziehungsarbeit die im § 2 Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes grundgelegte Aufgabe zu erfüllen.

§ 2 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr.242/1962 idF BGBl. I Nr. 38/2015 lautet:

§ 2. Aufgabe der österreichischen Schule

(1) Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.

Die jungen Menschen sollen zu gesunden und gesundheitsbewussten, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungsbewussten Gliedern der Gesellschaft und Bürgern der demokratischen und bundesstaatlichen Republik Österreich herangebildet werden. Sie sollen zu selbständigem Urteil, sozialem Verständnis und sportlich aktiver Lebensweise geführt, dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.

(2) Die besonderen Aufgaben der einzelnen Schularten ergeben sich aus den Bestimmungen des II. Hauptstückes.

(3) Durch die Erziehung an Schülerheimen und im Betreuungsteil ganztägiger Schulformen ist zur Erfüllung der Aufgabe der österreichischen Schule gemäß Abs. 1 beizutragen.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2019 lauten:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Dienstpflichtverletzungen

§ 91.   Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Lehramtliche Pflichten

§ 211. Der Lehrer ist zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet und hat die vorgeschriebene Unterrichtszeit einzuhalten.

3.2.2.  Zur Auslegung und Anwendung auf den vorliegenden Fall:
Auch für Lehrer gelten jedenfalls die Dienstpflichten nach § 43 BDG 1979 (VwGH 19.03.1990, 88/12/0026). Darüber hinaus ist der Lehrer gemäß § 211 BDG 1979 „zur Erteilung regelmäßigem Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet.“ Die genannten Obliegenheiten sind im Schulrecht geregelt. Dabei ist insbesondere auch § 2 SchUG zu beachten, der die „Aufgabe der österreichischen Schule“ umschreibt; die Erfüllung dieser Aufgabe in Unterrichts- und Erziehungsarbeit stellt eine Pflicht jedes Lehrers dar (§ 17 Abs. 1 SchUG). Damit erscheint die in § 43 Abs. 1 BDG normierte Pflicht zur Besorgung der dienstlichen Aufgaben „unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung“ näher determiniert. Als Verstoß gegen die in § 2 SchOG normierten Aufgaben der Schule, „die Jungen Menschen … zu sozialem Verständnis“ zu führen und „dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen zu machen, hat die DOK etwa antisemitische Äußerungen eines Lehrers als Dienstpflichtverletzungen erachtet. (siehe dazu Gabriele Kucsko-Stadlmayer, „Das Disziplinarrecht der Beamten“, 4. aktualisierte Auflage, S 159f)
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 15.03.2000, 97/09/0182 zu diesem Thema Folgendes ausgeführt: „Ausländerfeindliche Äußerungen eines Lehrers, Beschimpfungen der (ausländischen) Schüler in dieser Hinsicht oder ein herabwürdigendes (in ihrer Achtung und ihrem Ansehen verletzendes) Verhalten gegen Schüler mit ausländischer Muttersprache stellen einen schwer wiegenden Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstgeber dar, der geeignet ist, diesen Lehrer des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen zu lassen. Auch ein einmaliger derartiger Vorfall kann im konkreten Einzelfall bereits einen zur Unwürdigkeit als Lehrer führenden Charaktermangel hinreichend dartun, der die Vertrauensverwirkung rechtfertigt und die Weiterbeschäftigung dieses Lehrers unzumutbar erscheinen lässt.“
Im gegenständlichen Fall wird der Beschwerdeführerin vorgeworfen, dass sie im Zuge des Frühwarngespräches den F gefragt habe, wie er sich seine vermehrte Mitarbeit vorstelle, und seine Antwort „mehr Aufzeigen“ als bloße Turnübungen abqualifiziert habe, was von ihm und seiner Mutter als herabsetzend und nicht wertschätzend empfunden worden sei. Es handelt sich hier um eine einmalige Äußerung der Beschwerdeführerin, in der die belangte Behörde bereits eine Verletzung der Würde des Schülers erkennen will.
Dieser Ansicht kann vor dem Hintergrund der im gegenständlichen Fall festgestellten Umstände nicht gefolgt werden. Denn wie von der Behörde aufgrund der vorliegenden Aussagen zu Recht festgestellt, wäre der Schüler F aufgrund seiner im Verlauf des zweiten Semesters des Schuljahres 2014/15 erbrachten unzureichenden Leistungen tatsächlich voraussichtlich mit nicht genügend zu beurteilen gewesen („Zugleich ergab sich aus den Aussagen des Schülers F, dass jener dem Unterricht oft fernblieb und er nur unzureichend im Unterricht mitarbeitete und - wie auch von der Mutter A eingeräumt wurde - zu Recht von Ihnen als gefährdet eingestuft und mittels Frühwarnung auf die Ernsthaftigkeit seiner Situation hingewiesen worden ist. Zugleich hat der Schüler F Sie offenbar bewusst gereizt, wie sich aus der Aussage seiner Mutter erschließen lässt, wonach der Schüler die von Ihnen bei seinen Hausübungen vorgenommenen Korrekturen seinerseits einer „Korrektur“ unterzogen hat.“) Vor diesem Hintergrund ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich die Beschwerdeführerin mit der Antwort des F „mehr Aufzeigen“ auf die Frage, wie er sich seine vermehrte Mitarbeit in Zukunft vorstelle, nicht zufriedengegeben hat. Denn diesbezüglich ist den Ausführungen in der Beschwerde zu folgen, dass im Aufzeigen während des Unterrichts alleine noch keine verstärkte Mitarbeit eines Schülers zu erkennen ist, welche sich positiv auf seine Gesamtleistungen und damit auf die abschließende Beurteilung auswirken könnte.
Wenn die Beschwerdeführerin in der Folge den Vorschlag des F nun als bloße „Turnübungen“ abgetan und dabei allenfalls auch noch einen harschen Ton angeschlagen hat, so war diese Äußerung auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts durchaus als zynisch zu werten und in der konkreten Situation jedenfalls entbehrlich, weil es auf der Hand liegt, dass sich ein Schüler und seine Mutter im Zuge eines solchen Frühwarngesprächs ohnehin in einer für sie belastenden Situation befinden und eine derartige Äußerung durchaus geeignet ist, das Gesprächsklima nur noch weiter anzuspannen. Es ist auch nachvollziehbar, wenn der Schüler und seine Mutter diese Äußerung im ersten Moment allenfalls als herabsetzend und nicht wertschätzend empfunden haben. Andererseits kann einer derartigen Äußerung aber noch keinesfalls jenes Gewicht beigemessen werden, um tatsächlich von einer Verletzung Würde des Schülers auszugehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner (auch auf den vorliegenden Fall übertragbaren) ständigen Judikatur zu unangebrachten Äußerungen von Beamten im Hinblick auf ihre Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits mehrfach ausgeführt, dass nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck schon eine Dienstpflichtverletzung darstellt. Es sind die Bedingungen des Einzelfalles entscheidend. An spontane mündliche Äußerungen sind geringere Anforderungen zu stellen als an schriftliche. Einer verständlichen Erregung ist billigerweise Rechnung zu tragen. Die Grenze der Pflichtwidrigkeit ist erst erreicht, wenn die Menschliche Würde verletzt oder wenn der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit anderwertig ernstlich gestört wird (siehe dazu zB. VwGH 20.11.2003, 2002/09/0088).
In eine ähnliche Richtung geht auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.03.1983, 83/09/0013, worin er hinsichtlich eines Landeslehrers folgendes ausführte: „Jeder Lehrer muss sein Verhalten entsprechend seiner - den Schülern gegenüber gehobenen - Stellung so einrichten, dass er kein schlechtes Beispiel gibt, sondern ihnen gegenüber stets ein Vorbild ist. Ebenso wie ein Landeslehrer seinen Vorgesetzten mit Achtung zu begegnen hat und nicht beleidigen darf, so verstößt er gegen seine Dienstpflichten, wenn er es an der erforderlichen Achtung gegenüber den ihm anvertrauten Schülern missen lässt. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber Schülern stellt schon ein Dienstvergehen dar. Ein Lehrer kommt aber zweifellos den ihm anvertrauten Schülern erzieherisch nicht richtig entgegen, wenn er anlässlich des Kennenlernens in der ersten Stunde ihnen gegenüber - ohne Grund - den Ausdruck" Gesinde(l)" wählt.
Mit derart schwerwiegenden Folgen war die verfahrensgegenständlichen Aussage der Beschwerdeführerin im Zuge dieses Frühwarngesprächs nicht verbunden, was schließlich auch folgende, auf Aussagen der Mutter des F gestützte Feststellungen der Disziplinarkommission zeigen: „Als Gesamtergebnis des Gesprächs ist festzuhalten, dass bei Frau A Missverständnisse ausgeräumt werden konnten und der Mutter bewusst war, dass die Ursache für die gegenüber dem Schüler F ausgesprochene Frühwarnung bei dessen im Verlauf des Schuljahres im Französischunterricht erbrachten unzureichenden Leistungen lag. Zugleich gewann sie den Eindruck, dass für ihren Sohn ein erfolgreicher Abschluss des Unterrichtsjahres im Fach Französisch noch möglich sei. Im Juni 2015 hat der Schüler F die bei Ihnen abgelegte abschließende mündliche Prüfung im Fach Französisch bestanden und damit dieses Fach für das Schuljahr 2014/15 positiv abgeschlossen.“

Daraus wird deutlich, dass die Aussage der Beschwerdeführerin wohl auch aus Sicht der Mutter des Schülers zu keiner tatsächlichen Verletzung von dessen Würde oder zu einer maßgeblichen Störung der weiteren „Zusammenarbeit“ geführt hat.
Zusammengefasst handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Aussage der Beschwerdeführerin zwar um eine unpassende und in der konkreten Situation durchaus entbehrliche Wortwahl, aber letztendlich doch um eine spontane Äußerung die im Gesamtkontext zu sehen und zu bewerten ist, wobei insbesondere auch der Umstand mit zu berücksichtigen ist, dass der Vater des Schülers F kurz zuvor schwere Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin im Zuge einer Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben hat, welche sich im Disziplinarverfahren schließlich als haltlos erwiesen haben. Bei einer solchen Gesamtbetrachtung ergeben sich vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur des VwGH keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Äußerung die Grenze einer Pflichtwidrigkeit nach § 43 BDG 1979 bereits überschritten hätte. Weder ist darin eine Verletzung der Pflichten eines Lehrers nach § 211 BDG 1979 iVm §§ 2 und 17 SchUG und § 2 SchOG zu erkennen, noch stellt es ein Verhalten dar, das bereits für sich geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben der Beschwerdeführerin als Lehrerin generell zu schädigen.
Der Beschwerde war daher Folge zu geben und die Beschwerdeführerin vom gegenständlichen Tatvorwurf gemäß § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 freizusprechen, weil die ihr hier zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt.

3.3.    Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen.

Schlagworte

achtungsvoller Umgang Äußerungen Dienstaufsichtsbeschwerde Dienstpflichtverletzung Disziplinaranzeige Disziplinarerkenntnis Disziplinarkommission Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren Freispruch Lehrer Vertrauensschädigung Wortwahl

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W116.2172280.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten