TE Vfgh Erkenntnis 2019/9/26 G117/2019

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Veröffentlicht am 26.09.2019
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
SozialbetrugsbekämpfungsG §8
ZustellG §26
BAO §102
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch die vereinfachte Zustellung bestimmter behördlicher Schriftstücke an Scheinunternehmen nach dem SozialbetrugsbekämpfungsG; effektiver Rechtsschutz betreffend die Zustellung der Verdachtsmitteilung und Feststellung des Verdachts auf Vorliegen eines Scheinunternehmens auch ohne Zustellnachweis gewährleistet; öffentliches Interesse an der ehestmöglichen Feststellung der Scheinunternehmerschaft rechtfertigt einwöchige Rechtsmittelfristen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesfinanzgericht,

"1.)

- §8 Abs4 zweiter Satz SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe Pkt V.5.);

- §8 Abs5 SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe Pkte V.5 und V.1; IV.5 und IV.1.);

- §8 Abs6 SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe Pkte V.5 und V.1; IV.5 und IV.1.);

- §8 Abs7 SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe Pkte V.3,4 und 5; Pkte IV.2,3,5);

- §8 Abs8 SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe V.4,3 und 5; IV.3,2,5.);

- den Satz 'Wird Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht nach Abs2 vorliegt, als Scheinunternehmen gilt, oder das Verfahren einzustellen' (§8 Abs9 erster Satz SBBG, BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018) (siehe Pkte V3,4,5 und 6.; IV.2,3,5),

- §8 Abs12 Z1 SBBG, BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018 (siehe Pkte V.5; IV.5),

- den Satz 'Die Frist für die Einbringung einer Beschwerde nach §243 BAO beträgt eine Woche' (§8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018) (siehe Pkt V.2),

- den Satz 'Soweit die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht nach Abs7 versäumt wurde, hat die persönliche Vorsprache innerhalb der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung zu erfolgen' (§8 Abs12 Z3 zweiter Satz SBBG, BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018)(siehe Pkte V.3,4,5; IV.2,3,5)

als verfassungswidrig aufzuheben.

2.) Für den Fall, dass dem Antrag, §8 Abs6 SBBG zur Gänze aufzuheben, nicht entsprochen werden sollte, wird beantragt (Pkte V.1; IV.1),

- die Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG, BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018, sowie

- §8 Abs6 zweiter bis letzter Satz, BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl Nr 32/2018

als verfassungswidrig aufzuheben.

3.) Für den Fall, dass weder

- §8 Abs7 erster Satz SBBG,

- noch §8 Abs8 erster Satz SBBG,

- noch §8 Abs9 erster Satz SBBG,

- noch §8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG

aufgehoben werden sollte, wird beantragt, §8 SBBG (BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl Nr 32/2018) und §9 SBBG (BGBl I Nr 113/2015) als verfassungswidrig aufzuheben (siehe Pkt IV.6.).

4.) Für den Fall, dass dem Antrag, §8 Abs12 Z1 SBBG aufzuheben,

nicht entsprochen werden sollte, wird beantragt (siehe Pkte V.3 und 4; IV.2 und 3),

- den Satz 'Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der Erhebung des Widerspruchs das ordentliche Verfahren eingeleitet wird' (§8 Abs12 Z1 zweiter Satz SBBG BGBl I Nr 113/2015 idF BGBl I Nr 32/2018)

als verfassungswidrig aufzuheben."

II. Rechtslage

1. §8 des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG), BGBl I 113/2015, idF BGBl I 32/2018 lautet (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"3. Abschnitt

Maßnahmen gegen Scheinunternehmen

Verfahren zur Feststellung des Scheinunternehmens

§8. (1) Scheinunternehmen ist ein Unternehmen, das vorrangig darauf ausgerichtet ist,

1. Lohnabgaben, Beiträge zur Sozialversicherung, Zuschläge nach dem BUAG oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmer/inne/n zu verkürzen, oder

2. Personen zur Sozialversicherung anzumelden, um Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese keine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.

 

(2) Ein Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens ist gegeben, wenn die Anhaltspunkte bei einer Gesamtbetrachtung ihrem Gewicht, ihrer Bedeutung und ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach berechtigte Zweifel begründen, ob

1. die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vom Vorsatz getragen ist, die in Folge der Anmeldung oder Meldung auflaufenden Lohn- und Sozialabgaben oder Zuschläge nach dem BUAG zur Gänze zu entrichten, oder

2. die Anmeldung zur Sozialversicherung vom Vorsatz getragen ist, dass die angemeldeten Personen eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Die Abgabenbehörden des Bundes haben die Ermittlungen hinsichtlich des Verdachtes auf Vorliegen eines Scheinunternehmens im Sinne dieser Bestimmung durchzuführen.

(3) Anhaltspunkte für einen Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens sind insbesondere:

1. Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach §42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten,

2. Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen, die dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen, an der der Abgabenbehörde oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebenen Adresse oder der im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift,

3. Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu dem/der Rechtsträger/in oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin über die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift oder die der Abgabenbehörde oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebene Adresse,

4. Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen,

5. Nichtvorhandensein von dem angegebenen Geschäftszweig angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen,

6. Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt einer Anmeldung des/der Dienstnehmers/Dienstnehmerin zur Sozialversicherung.

(4) Die für die Feststellung der Scheinunternehmerschaft zuständige Abgabenbehörde ist das Finanzamt der Betriebsstätte (§81 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988, BGBl Nr 400/1988), dem die Wahrnehmung der Angelegenheiten des vom betroffenen Unternehmen vorzunehmenden Steuerabzuges vom Arbeitslohn obliegt. Besteht ein Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens, ist dieser dessen Rechtsträger/in durch die Abgabenbehörde schriftlich mitzuteilen. Zum Zwecke der Klärung des Sachverhalts nach §7 Abs1a Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG), BGBl Nr 324/1977, hat die Abgabenbehörde die IEF-Service GmbH über das Bestehen eines Verdachts im Sinne des ersten Satzes schriftlich zu informieren.

(5) Die Zustellung dieser Mitteilung hat nach dem 3. Abschnitt des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982, elektronisch ohne Zustellnachweis zu erfolgen. Dabei gelten §35 Abs6 zweiter Satz ZustG, §35 Abs7 und, soweit er sich auf eine elektronische Zustelladresse bezieht, §37 ZustG nicht.

(6) Ist die elektronische Zustellung nicht möglich, hat die physische Zustellung an die der Abgabenbehörde zuletzt bekannt gegebene Adresse und an eine allfällig im Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift, die als Abgabestellen im Sinne des §2 Z4 ZustG gelten, ohne Zustellnachweis zu erfolgen. Die physische Zustellung wird auch dann bewirkt, wenn die Voraussetzungen des ZustG in Bezug auf die Anwesenheit des/der Empfängers/Empfängerin oder eines/einer Vertreters/Vertreterin nicht vorliegen oder das Dokument – insbesondere wegen Unauffindbarkeit des/der Empfängers/Empfängerin – nicht in eine für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen werden konnte. Bei Zustellung durch einen Zustelldienst oder ein Organ einer Gemeinde gilt die Zustellung am dritten Werktag nach Übergabe an den Zustelldienst oder die Gemeinde als bewirkt. §26 Abs2 zweiter Satz ZustG ist nicht anzuwenden.

(7) Gegen den mitgeteilten Verdacht kann binnen einer Woche ab Zustellung Widerspruch bei der Abgabenbehörde erhoben werden. Der Widerspruch kann nur durch persönliche Vorsprache des/der Rechtsträgers/Rechtsträgerin oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin erfolgen.

(8) Wird kein Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht nach Abs2 vorliegt, als Scheinunternehmen gilt. Für die Zustellung dieses Bescheids gelten die Abs5 und 6. Der rechtskräftige Bescheid ist allen Kooperationsstellen, der Gewerbebehörde und dem Auftragnehmerkataster Österreich zu übermitteln; dasselbe gilt für allfällige spätere Änderungen betreffend die Feststellung als Scheinunternehmen.

(9) Wird Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht nach Abs2 vorliegt, als Scheinunternehmen gilt, oder das Verfahren einzustellen. Die Feststellung als Scheinunternehmen gilt als wichtiger Grund im Sinne des §102 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961. Für die Zustellung dieses Bescheids gilt die der Abgabenbehörde zuletzt bekannt gegebene Adresse als Abgabestelle im Sinne des §2 Z4 ZustG. Die physische Zustellung wird auch dann bewirkt, wenn die Voraussetzungen des ZustG in Bezug auf die Anwesenheit des/der Empfängers/Empfängerin oder eines/einer Vertreters/Vertreterin nicht vorliegen oder die schriftliche Verständigung von der Hinterlegung – insbesondere wegen Unauffindbarkeit des/der Empfängers/Empfängerin – nicht in eine für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt, an der Abgabestelle zurückgelassen oder an der Eingangstüre angebracht werden konnte. Der rechtskräftige Bescheid oder das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ist allen Kooperationsstellen, der Gewerbebehörde und dem Auftragnehmerkataster Österreich zu übermitteln; dasselbe gilt für allfällige spätere Änderungen betreffend die Feststellung als Scheinunternehmen.

(10) Das Bundesministerium für Finanzen hat eine Liste der rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen im Internet zu veröffentlichen (Identität, Firmenbuchnummer und Geschäftsanschrift des Scheinunternehmens). Veröffentlichungen, die sich auf natürliche Personen beziehen, sind nach Ablauf von fünf Jahren nach der Veröffentlichung zu löschen.

(11) Handelt es sich beim Scheinunternehmen um einen im Firmenbuch eingetragene/n Rechtsträger/in, so ist der rechtskräftige Bescheid oder das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Abgabenbehörde auch dem zuständigen Firmenbuchgericht zu übermitteln; dasselbe gilt für allfällige spätere Änderungen betreffend die Feststellung als Scheinunternehmen. Das Gericht hat aufgrund einer solchen Mitteilung von Amts wegen die Eintragung gemäß §3 Abs1 Z15a des Firmenbuchgesetzes (FBG), BGBl Nr 10/1991, vorzunehmen oder zu löschen. Handelt es sich beim Scheinunternehmen um eine Kapitalgesellschaft, so hat die Abgabenbehörde beim zuständigen Firmenbuchgericht gegebenenfalls auch einen Antrag auf Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß §40 FBG zu stellen.

(12) Auf das Verfahren sind die Vorschriften der BAO sinngemäß mit den vorgenannten und folgenden Besonderheiten anzuwenden:

1. Für die Mitteilung nach Abs4 gilt §93 Abs3 bis 6 BAO sinngemäß. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der Erhebung des Widerspruchs das ordentliche Verfahren eingeleitet wird.

2. Die Frist für die Einbringung einer Beschwerde nach §243 BAO beträgt eine Woche. §245 Abs3 BAO gilt nicht.

3. Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nach §308 Abs3 BAO beträgt zwei Wochen. Soweit die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen den mitgeteilten Verdacht nach Abs7 versäumt wurde, hat die persönliche Vorsprache innerhalb der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung zu erfolgen. Die Frist nach §309 BAO beträgt sechs Wochen.

4. Gegen Bescheide nach den Abs8 und 9 sind Beschwerden an das Bundesfinanzgericht zulässig. Die Beschwerde ist bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

2. Die §§17, 22 und 26 des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz – ZustG), BGBl 200/1982, idF BGBl I 33/2013 lauten:

"Hinterlegung

§17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des §13 Abs3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

[…]

Zustellnachweis

§22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§2 Z10 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl I Nr 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.

[…]

Zustellung ohne Zustellnachweis

§26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§17 Abs2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

3. Die §§102, 243, 245, 308 und 309 des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl 194/1961, idF BGBl I 14/2013 lauten:

"§102. Wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen, hat die Abgabenbehörde die schriftlichen Ausfertigungen mit Zustellnachweis zuzustellen. Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken.

[…]

7. ABSCHNITT

Rechtsschutz.

A. Ordentliche Rechtsmittel.

1. Beschwerden an Verwaltungsgerichte

§243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

[…]

2. Einbringung der Beschwerde

§245. (1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§150) verweist.

(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung (§93 Abs3 lita) wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

(3) Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs2) oder die Entscheidung (Abs3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

(5) Abs3 und 4 gelten sinngemäß für Anträge auf Verlängerung der Frist des §85 Abs2 bei Mängeln von Beschwerden.

[…]

3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

§308. (1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

[…]

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§264) gilt §249 Abs1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

(4) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung auch bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.

[…]

§309. Nach Ablauf von fünf Jahren, vom Ende der versäumten Frist oder vom Termin der versäumten mündlichen Verhandlung an gerechnet, ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zulässig."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Vor dem Bundesfinanzgericht ist eine Beschwerde einer slowakischen Gesellschaft gegen einen Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt betreffend die Feststellung des Vorliegens eines Scheinunternehmens gemäß §8 Abs8 SBBG anhängig. Das Bundesfinanzgericht legt den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Verfahrens zusammengefasst wie folgt dar:

1.1.1. Am 25. Juli 2018 habe das Finanzamt Klagenfurt ein Schreiben gemäß §8 Abs4 zweiter Satz SBBG wegen des Verdachtes auf Vorliegen eines Scheinunternehmens ("Verdachtsmitteilung") an die (vor dem Bundesfinanzgericht) beschwerdeführende Gesellschaft adressiert. Ein Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt habe die Verdachtsmitteilung am 25. Juli 2018 physisch, ohne Zustellnachweis gemäß §8 Abs6 erster Satz SBBG an der inländischen Abgabestelle und Betriebsstätte der beschwerdeführenden Gesellschaft zuzustellen versucht. Das Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt habe an der Abgabestelle keinen Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft (§13 Abs3 ZustG) und auch keinen Ersatzempfänger (§16 Abs1 ZustG) angetroffen. Daraufhin habe das Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt die Verdachtsmitteilung am 25. Juli 2018 an die versperrte Eingangstüre des Geschäftslokales geklebt und dies durch Anfertigung von Photoaufnahmen dokumentiert.

1.1.2. Es sei kein Widerspruch gegen die Verdachtsmitteilung gemäß §8 Abs7 SBBG erhoben worden.

1.1.3. Mit Bescheid vom 13. August 2018 habe das Finanzamt Klagenfurt gemäß §8 Abs8 SBBG festgestellt, dass es sich bei der beschwerdeführenden Gesellschaft um ein Scheinunternehmen iSd §8 Abs1 SBBG handle. Es seien Sozialversicherungsbeiträge nicht vollständig geleistet worden und es sei in Anbetracht der (näher bezeichneten) Ermittlungen der Finanzpolizei evident, dass die beschwerdeführende Gesellschaft zu illegalen Zwecken gegründet worden sei.

Am 13. August 2018 habe ein Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt versucht, den Bescheid – wegen fehlender Möglichkeit der elektronischen Zustellung gemäß §8 Abs5 SBBG – physisch, ohne Zustellnachweis an der Abgabestelle gemäß §8 Abs8 zweiter Satz iVm Abs6 SBBG zuzustellen. Das Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt habe an der Abgabestelle keinen Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft (§13 Abs3 ZustG) und auch keinen Ersatzempfänger (§16 Abs1 ZustG) angetroffen. Daraufhin habe das Zustellorgan des Finanzamtes Klagenfurt den Bescheid in einem Kuvert am 13. August 2018 an die versperrte Eingangstüre des Geschäftslokales geklebt und dies durch Anfertigung von Photoaufnahmen dokumentiert.

1.1.4. Am 28. August 2018 habe die (vor dem Bundesfinanzgericht) einschreitende Partei Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid vom 13. August 2018 erhoben. Das Finanzamt habe die Beschwerde am 3. September 2018 als gemäß §8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG verspätet zurückgewiesen. Mit Vorlageantrag vom 18. September 2018 habe die beschwerdeführende Partei begehrt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

2. Das Bundesfinanzgericht legt seine Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…]

V.) Gründe für die Verfassungswidrigkeit der bekämpften gesetzlichen Bestimmungen

1.) Verfassungswidrigkeit der Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG; Verfassungswidrigkeit des gesamten §8 Abs6 und des gesamten §8 Abs5 SBBG […]

1.1.) die beträchtliche Eingriffswirkung der Verdachtsmitteilungen gem. §8 Abs4 zweiter Satz SBBG und der Feststellungsbescheide gem. §8 Abs8 SBBG (für beide Erledigungen des Finanzamtes gelten dieselben Vorschriften der Zustellung) auf die rechtlichen Interessen eines Unternehmers:

a.) Eintragung in die Liste gem. §8 Abs10 SBBG

Wer einer Verdachtsmitteilung gem. §8 Abs4 zweiter Satz SBBG nicht rechtzeitig (§8 Abs7 SBBG) widerspricht, muss mit der Erlassung eines Feststellungsbescheides gem. §8 Abs8 SBBG rechnen (RV 692 der Beilagen XXV. GP zu §8 Abs8 SBBG). Jeder i.S. des §8 Abs8 SBBG rechtskräftig festgestellte Scheinunternehmer wird in eine Liste des BMF, die im Internet für jedermann einsehbar ist, eingetragen (§8 Abs10 SBBG). Die Eintragung in diese Liste der Scheinunternehmer hat schwerwiegende Rechtsfolgen, die typischerweise die reale Gefahr der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Unternehmers nach sich ziehen werden: Zunächst ist die Eintragung per se einem guten Ruf typischerweise abträglich. Ferner riskiert jeder Unternehmer, der einem rechtskräftig iSd §8 Abs8 SBBG festgestellten Scheinunternehmer einen Auftrag erteilt, eine Haftung für Entgeltansprüche der beim Scheinunternehmer beschäftigten Arbeitnehmer (§9 SBBG). All dies kann de facto typischerweise zu einer beträchtlichen Verringerung der Chancen des rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmers, sich noch am österreichischen Markt behaupten zu können, führen.

b.) Die ASVG-Versicherungsverhältnisse der bei dem in die Liste des BMF (§8 Abs10 SBBG) eingetragenen Scheinunternehmer beschäftigten Dienstnehmer unterliegen der realen Gefahr, beendet zu werden (§11 Abs7 ASVG; §43 Abs4 ASVG, insbesondere §35a ASVG; 692 der Beilagen XXV. GP, Regierungsvorlage zu §35a ASVG).

Dieser Umstand kann de facto typischerweise zu einer beträchtlichen Verringerung der Chancen des rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmers, sich noch am österreichischen Markt behaupten zu können, führen.

c.) Ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides, mit dem ein Unternehmer als Scheinunternehmer i.S. des §8 SBBG festgestellt worden ist, sind Anmeldungen zur Pflichtversicherung durch diesen Unternehmer nicht mehr zulässig (§33 Abs1c ASVG).

Dieser Umstand kann de facto typischerweise zu einer beträchtlichen Verringerung der Chancen des rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmers, sich noch am Markt behaupten zu können, führen.

d.) Die Feststellung, dass ein Unternehmer ein Scheinunternehmer i.S. des §8 SBBG ist, kann finanzstrafrechtliche (§33 Abs1 FinStrG) und strafrechtliche (§153c, §153d, §153e StGB) Folgen nach sich ziehen und wird (§8 Abs8 dritter Satz SBBG und §87 Abs1 letzter Satz i.V.m. §87 Abs1 Z3 GewO) die Aufmerksamkeit der Gewerbebehörde für den rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmer schärfen.

Zudem führt eine solche Feststellung auch zwingend zu einer Eintragung im Firmenbuch, dass es sich beim Unternehmer um einen Scheinunternehmer i.S. des §8 SBBG handelt (§3 Abs1 Z15a FBG). Derlei ist i.d.R. einem guten Ruf abträglich und impliziert die reale Gefahr des Verlustes von Marktanteilen.

e.) Ein Unternehmer, dessen Unternehmen rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt worden ist, hat mit einer Geldstrafe in Höhe von 730 – 2.180 €, im Wiederholungsfall bis zu 5.000 €, zu rechnen (§111 Abs2 ASVG).

Die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitig widersprochenen Verdachtsmitteilung (§8 Abs7 SBBG) und eines deshalb ergehenden rechtskräftigen Feststellungsbescheides gem. §8 Abs8 SBBG zeugen somit von einer hohen Eingriffswirkung auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen eines Unternehmers. Sie erzeugen die reale Gefahr der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz eines Unternehmers in Österreich (Punkte a.-e).

f.) Priorität eines effektiven Rechtsschutzes gegen die Verdachtsmitteilung (§8 Abs4 zweiter Satz SBBG) und gegen die Feststellung (§8 Abs8 SBBG), dass ein Unternehmer als Scheinunternehmer iSd §8 Abs1 SBBG zu gelten hat:

Es mag sein, dass diese zwangsläufigen Rechtsfolgen i.S. des §8 Abs10 SBBG u.s.w. (siehe oben a.-e.) vom Gesetzgeber gewollt und auch sachlich gerechtfertigt sind, um den Sozialstaat zu schützen, indem man Sozialbetrüger i.S. des §8 Abs1 SBBG vom Markt drängt. Allerdings kommt insbesondere in Fällen mit großer Eingriffswirkung auf die rechtlichen Interessen eines Normadressaten dem Erfordernis der Möglichkeit der effektiven Wahrnehmung der gewährleisteten Rechtsschutzmöglichkeiten erhebliche Bedeutung zu (VfGH vom 26.9.2017, G134/2017, G207/2017).

Daher erfordern diese schwerwiegenden Rechtsfolgen der Feststellung eines Scheinunternehmers (siehe oben a.-e.), dass das Verfahren vor der Feststellung i.S. des §8 SBBG dem rechtsstaatlichen Prinzip entspricht, welches einen effektiven Rechtsschutz verlangt:

Dies erfordert ein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, welches durch effektiven Rechtsschutz gesichert wird:

Damit sind zunächst insbesondere ausreichende Beweisaufnahmen, Gewährung von Parteiengehör, nachvollziehbare Feststellungen mit nachvollziehbarer rechtlicher Beurteilung, und eine nachvollziehbare Zustellung behördlicher Erledigungen (§8 Abs12, 1. Satz SBBG i.V.m. §§98ff BAO i.V. mit den Normen des ZustellG; §115 Abs1-4 BAO, §167 Abs2 BAO und §93 Abs3 lita BAO) gemeint.

Dieses soeben erwähnte, dem rechtsstaatlichen Prinzip entsprechende Verfahren muss durch effektive Möglichkeiten des Rechtsschutzes (Rechtsbehelfe, Beschwerden) gesichert werden, um sich gegen allenfalls unrichtige Feststellungen i.S. des §8 SBBG ausreichend zur Wehr setzen zu können (vgl VfGH vom 26.9.2017, G134/2017 und G207/2017).

Das rechtsstaatliche Prinzip und ihm folgend, das Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes verlangen daher auch die verfassungsrechtlich vorgegebene Pflicht des Gesetzgebers zur Einräumung einer angemessen langen Beschwerde- und/oder Rechtsmittelfrist […]

Die bekämpfte gesetzliche Bestimmung entspricht diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht:

1.2.) Verstöße gegen die Bundesverfassung

a.) unsichere Zustellung – Verstoß des §8 Abs6 SBBG, zumindest aber der Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG gegen die Bundesverfassung

Da eine elektronische Zustellung im gegenständlichen Fall nicht möglich war, hatte die physische Zustellung der Verdachtsmitteilung (§8 Abs4 zweiter Satz SBBG) und des Feststellungsbescheides (§8 Abs8 zweiter Satz SBBG) ohne Zustellnachweis zu erfolgen (§8 Abs6 erster Satz SBBG). Dass der Gesetzgeber die Zustellung mit Zustellnachweis nicht wünscht, bringt er auch durch das Fehlen des Hinweises auf §102 BAO in §8 Abs6 SBBG zum Ausdruck (vgl §8 Abs9 zweiter Satz SBBG).

Daher musste das Dokument wegen Fehlens einer Abgabeeinrichtung i.S. des §17 Abs2 ZustellG an der Abgabestelle zurückgelassen werden (§8 Abs6 SBBG i.V.m. §26 Abs1 ZustellG). Diesem Erfordernis wurde im gegenständlichen Fall durch Ankleben der kuvertierten Verdachtsmitteilung und durch Ankleben des kuvertierten Feststellungsbescheides an der Eingangstüre der Abgabestelle Rechnung getragen. Diese Art der Zustellung ohne Zustellnachweis i.S. des §22 ZustellG wäre nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen (§102 erster Satz BAO) nur für Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung (zB Einladung zur Eröffnung eines neuen Infocenters, Einladung zu einem 'Tag der offenen Tür', etc....), nicht aber für wichtige Angelegenheiten, wie sie im gegenständlichen Fall vorliegen (Zustellung einer Verdachtsmitteilung gem. §8 Abs4 Abs2 SBBG, Zustellung eines Feststellungsbescheides gem. §8 Abs8 SBBG, die beide schwerwiegende Rechtsfolgen erwarten ließen, vgl Pkt 1.1.a.-e), zulässig gewesen.

Indem allerdings §8 Abs6 erster Satz SBBG die physische Zustellung der Verdachtsmitteilung (§8 Abs4 zweiter Satz SBBG) und des Feststellungsbescheides (§8 Abs8 zweiter Satz SBBG) ohne Zustellnachweis anordnet, und indem §8 Abs6 SBBG keinen Hinweis aufs 102 BAO enthält (vgl §8 Abs9 zweiter Satz SBBG), derogiert §8 Abs6 SBBG als lex specialis dem §102 erster Satz BAO und ebenso dem §22 ZustellG im Verfahren nach §8 Abs8 SBBG und verhindert dadurch eine in wichtigen Angelegenheiten sachlich notwendige, verlässlich nachvollziehbare Zustellung mit Zustellnachweis. Indem §8 Abs6 SBBG die physische Zustellung ohne Zustellnachweis anordnet, ordnet er zwingend die Anwendung von §26 Abs1 ZustellG an (Zustellung durch Zurücklassen des Schriftstückes an der Abgabestelle) und derogiert dadurch im Verfahren nach §8 SBBG dem §17 ZustellG. Dadurch wird die wesentlich verlässlicher nachvollziehbare Zustellung durch Hinterlegung (§17 ZustellG) verhindert.

Die bekämpfte Rechtsnorm (§8 Abs6 SBBG) verhindert somit die verlässliche Art der Zustellung durch Hinterlegung (§17 ZustellG) mit Zustellnachweis (§102 erster Satz BAO i.V.m. §22 ZustellG) zu Gunsten der wesentlich weniger verlässlichen Zustellung durch Zurücklassen des Schriftstückes an der Abgabestelle (§26 Abs1 ZustellG). Bei der Zustellung durch Hinterlegung (§17 ZustellG) wäre es typischerweise zur Übergabe des zugestellten Schriftstückes an eine befugte natürliche Person, die der Sphäre des Empfängers zuzuordnen ist, gekommen (§17 Abs3 ZustellG, vgl Pkt IV.1.c). Dies wäre typischerweise auf dem Zustellnachweis (§22 Abs2 ZustellG) beurkundet worden. Bei dieser Art der Zustellung (§17 i.V.m. §22 ZustellG) gibt es typischerweise keinen Zweifel darüber, dass der Empfänger das Schriftstück tatsächlich erhalten hat. Diese durch die bekämpfte Norm verhinderte, zweckmäßige und unvergleichlich sicherere Art der Zustellung gem. §17 ZustellG hätte somit die erste Voraussetzung für einen wirksamen Rechtsschutz erfüllt: Die hinreichend sicher erwiesene Kenntnisnahme des Empfängers von einem für sie wichtigen Schriftstück. Ohne Kenntnisnahme der Partei von einem behördlichen Schriftstück kann es keinen wirksamen Rechtsschutz für die Partei geben.

Auf Grund der vom Gesetzgeber angeordneten Zustellung ohne Zustellnachweis (§8 Abs6 SBBG i.V.m. §26 Abs1 ZustellG) kam es zum Ankleben der Schriftstücke an der Eingangstüre der Abgabestelle am 25.7.2018 und am 13.8.2018. Ob die Bf als Empfängerin die kuvertierten, an der Eingangstüre angeklebten Schriftstücke tatsächlich am 25.7.2018 und am 13.8.2018 erhalten hat, kann nur gemutmaßt werden. Diese durch die bekämpfte Norm normierte, unsichere Art der Zustellung erfüllt die im vorigen Absatz erwähnte erste Voraussetzung für einen wirksamen Rechtsschutz (die ausreichend verlässlich nachvollziehbare Kenntnisnahme durch den Empfänger von einem Behördenakt) nicht.

Die vom Gesetzgeber durch die bekämpfte Norm angeordnete unsichere Art der Zustellung (§8 Abs6 SBBG) i.V. mit den ungewöhnlich kurzen, nur einwöchigen Fristen für den Widerspruch (§8 Abs7 SBBG) und die Beschwerde (§8 Abs12 Z2 erster Satz), die für die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes zur Verfügung stehen (§8 Abs7 SBBG und §8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG), lassen Fristversäumnisse der 'Empfänger' mit schwerwiegenden Rechtsfolgen für diese (siehe oben Punkt 1.1.a-e) geradezu typischerweise erwarten. Die bekämpfte Norm (§8 Abs6 SBBG) verhindert daher i.V. mit den ungewöhnlich kurzen, für den Rechtsschutz zur Verfügung stehenden Fristen (§8 Abs7 SBBG und §8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG) geradezu typischerweise einen wirksamen Rechtsschutz in Angelegenheiten mit großer Eingriffswirkung (Feststellungsbescheide gem. §8 Abs8 SBBG und Verdachtsmitteilungen gem. §8 Abs4 zweiter Satz SBBG; siehe Pkte 1.1.a-e) auf die rechtlichen Interessen eines Unternehmers.

Die bekämpfte Norm (§8 Abs6 SBBG, zumindest aber dessen Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG) ist daher ein Verstoß gegen das aus dem rechtsstaatlichen Prinzip abgeleitete Prinzip des effektiven Rechtsschutzes […]

b.) Sachliche Gründe für diese Art der Zustellung?

Sachliche Gründe dafür, in diesen wichtigen Angelegenheiten (Zustellung der Verdachtsmitteilung nach §8 Abs4 zweiter Satz SBBG, Zustellung des Feststellungsbescheides gem. §8 Abs8 SBBG) eine derart unsichere (siehe Pkt a.) Zustellung (§8 Abs6 SBBG i.V.m. §26 ZustellG) anzuordnen, obwohl es eine wesentlich verlässlichere Alternative (§17 i.V.m. §22 ZustellG) gegeben hätte, sind nicht erkennbar.

aa.) Nicht jeder Verdächtige i.S. des §8 SBBG gibt eine falsche Abgabestelle bekannt – Verstoß gegen das Gebot eines wirksamen Rechtsschutzes

Die RV (692 der Beilagen XXV. GP) zu §8 Abs5 und 6 SBBG nennt als Grund für diese Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der Zustellung, dass Inhaber von Scheinunternehmen regelmäßig Abgabestellen vortäuschen.

Dieses Argument rechtfertigt es nicht, Personen, die einer Scheinunternehmerschaft nur verdächtig sind, und die, wie im gegenständlichen Fall, eine richtige Abgabestelle bekannt gegeben haben, einen ausreichend wirksamen Rechtsschutz von vornherein vorzuenthalten. Zu einem wirksamen Rechtsschutz gehört zu allererst eine hinreichend gesicherte Kenntnisnahme von einem Behördenakt, vor allem, wenn dieser wie in den Fällen des §8 Abs4 zweiter Satz und Abs8 SBBG weitreichende und schwerwiegende Rechtsfolgen mit sich bringt. Ohne hinreichend gesicherte Kenntnisnahme von den Behördenakten (siehe Pkt a.) gem. §8 Abs4 zweiter Satz (Verdachtsmitteilung) und Abs8 erster Satz SBBG (Feststellungsbescheid) kann typischerweise nicht erwartet werden, dass sich der einer Scheinunternehmerschaft Verdächtige wirksam und rechtzeitig durch einen Widerspruch (§8 Abs7 SBBG) und durch eine Beschwerde (§8 Abs12 Z2 erster Satz SBBG) gegen einen Feststellungsbescheid gem. §8 Abs8 SBBG zu Wehr setzen kann.

Die bekämpfte Norm (§8 Abs6 SBBG, zumindest aber dessen Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG) verstößt daher gegen das aus dem rechtsstaatlichen Prinzip abgeleitete Gebot des wirksamen Rechtsschutzes ([…]).

bb.) Verstöße gegen das Sachlichkeitsgebot (Art7 Abs1 B-VG)

[…]

aaa.) Was ist ein wichtiger Grund i.S. des §102 BAO? – §8 Abs6 und Abs5 SBBG, zumindest aber die Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG verstoßen gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 Abs1 B-VG

Im Abs9 zweiter Satz des §8 SBBG heißt es: 'Die Feststellung als Scheinunternehmen gilt als wichtiger Grund im Sinne des §102 der Bundesabgabenordnung ...'

Dieser Satz in §8 Abs9 leg.cit ist nachvollziehbar. Die Feststellung als Scheinunternehmen zieht schwerwiegende Rechtsfolgen (siehe Punkte 1.1.a-e) nach sich. Daher liegt ein wichtiger Grund i.S. des §102 BAO vor, die schriftliche Ausfertigung des Feststellungsbescheides gem. §8 Abs9 SBBG mit Zustellnachweis i.S. des ZustellG zuzustellen.

Nicht sachlich nachvollziehbar ist allerdings, warum der Gesetzgeber in Bezug auf die physische Zustellung der Verdachtsmitteilung (§8 Abs6 SBBG) und des Feststellungsbescheides gem. §8 Abs8 erster und zweiter Satz SBBG keine wichtigen Gründe sieht, die auch in diesen Fällen eine Zustellung mit Zustellnachweis i.S. des ZustellG erfordern würden. Im Gegenteil: Er verbietet in diesen Fällen sogar die Zustellung mit Zustellnachweis (§8 Abs6 erster Satz SBBG). Während er die Zustellung des Feststellungsbescheides gem. §8 Abs9 als wichtig genug für eine Zustellung mit Zustellnachweis ansieht und dies deshalb auch ausdrücklich mit dem Hinweis auf §102 BAO artikuliert, unterbleibt dies in §8 Abs6 SBBG (§8 Abs9 zweiter Satz SBBG).

Diese unterschiedliche Normierung der Art der Zustellung des Feststellungsbescheides gem. §8 Abs9 SBBG einerseits und der Zustellung der Verdachtsmitteilung (§8 Abs6 SBBG) und des sich daran anschließenden Feststellungsbescheides (§8 Abs8 erster und zweiter Satz SBBG) andererseits ist sachlich nicht begründbar. Auch die Verdachtsmitteilung, soweit ihr nicht widersprochen worden ist, und der sich daran anschließende Feststellungsbescheid gem. §8 Abs8 SBBG sind wichtige Angelegenheiten, weil sich an beide behördliche Erledigungen dieselben rigorosen Rechtsfolgen (siehe 1.1.a-e) knüpfen wie an den Feststellungsbescheid gem. §8 Abs9 SBBG.

Das Gesetz behandelt somit behördliche Erledigungen von gleichartiger Wichtigkeit (Verdachtsmitteilungen, Feststellungsbescheide bei Unterlassung eines Widerspruches, Feststellungsbescheide nach Erhebung eines Widerspruches gem. §8 Abs6, Abs8 erster und zweiter Satz und Abs9 erster Satz SBBG) zum Teil als dermaßen unwichtig, dass es nicht einmal die Zustellung mit Zustellnachweis erlaubt und nicht auf §102 BAO verweist (§8 Abs6 erster Satz SBBG in Bezug auf die Verdachtsmitteilung und den Feststellungsbescheid gem. §8 Abs8 SBBG), während es sie zum Teil (in Bezug auf den Feststellungsbescheid gem. §8 Abs9 SBBG) als so wichtig behandelt, wie dies ihrer tatsächlichen Bedeutung entspricht, indem es auf §102 BAO verweist (§8 Abs9 zweiter Satz SBBG) und somit erkennbar eine Zustellung mit Zustellnachweis fordert.

Diese unterschiedliche gesetzliche Behandlung in Bezug auf die Zustellung ist unsachlich. Es ist unsachlich, anzuordnen, dass behördliche Erledigungen von gleicher Wichtigkeit einmal in schlampiger Weise (§8 Abs6 SBBG iVm §26 Abs1 ZustellG) und einmal in sorgfältiger Weise (§8 Abs9 SBBG iVm §102 BAO iVm §22 ZustellG) zuzustellen sind.

Selbst wenn nach Unterlassen eines Widerspruchs ein Feststellungsbescheid ergehen muss, wenn ein Verdacht nach §8 Abs2 SBBG vorliegt (§8 Abs8 erster Satz SBBG), ist die Erlassung dieses Feststellungsbescheides noch keine bloße Formsache, weil der Empfänger immer noch die Möglichkeit hat, zu beweisen, dass kein Verdacht gem. §8 Abs2 SBBG vorliegt. Daher ist jedenfalls auch der Feststellungsbescheid gem. §8 Abs8 SBBG eine wichtige Angelegenheit, ebenso wie der Feststellungsbescheid gem. §8 Abs9 SBBG eine wichtige Angelegenheit ist. Nichts anderes gilt für die Verdachtsmitteilung. Ihr zu widersprechen (§8 Abs7 SBBG) ist unerlässlich für den Fortbestand des Unternehmens des Empfängers (siehe Punkt 1.1.a-e). Daher ist auch die Verdachtsmitteilung gleich bedeutsam wie die Feststellungsbescheide gem. §8 Abs8 und 9 SBBG.

Indem das Gesetz für wichtige behördliche Erledigungen zum Teil eine Zustellung mit Zustellnachweis vorsieht und insoweit auf §102 BAO verweist (§8 Abs9 zweiter Satz SBBG), während es für andere, ebenso wichtige behördliche Erledigungen die Zustellung mit Zustellnachweis geradezu verbietet und insoweit nicht auf §102 BAO verweist (§8 Abs6 SBBG), misst es mit zweierlei Maß.

§8 Abs6 SBBG, zumindest dessen Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG verstößt somit gegen das Sachlichkeitsgebot, weil diese Norm nicht denselben Hinweis auf §102 BAO enthält wie §8 Abs9 zweiter Satz SBBG und weil in dieser Norm die Zustellung mit Zustellnachweis i.S. des ZustellG ganz zum Unterschied von §8 Abs9 SBBG verboten wird.

§8 Abs5 SBBG enthält denselben Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, weil er ebenso im Gegensatz zu §8 Abs9 zweiter Satz SBBG die Zustellung ohne Zustellnachweis verlangt und ebenso im Gegensatz zu §8 Abs9 zweiter Satz SBBG keinen Verweis auf §102 BAO enthält. Auch §8 Abs5 SBBG ist daher wegen Verstoßes gegen Art7 Abs1 B-VG (Sachlichkeitsgebot) verfassungswidrig (zum Anfechtungsumfang siehe IV.5.).

bbb.) Zustellung gem. §8 Abs6 SBBG wie in Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung

Es gibt in Österreich keine einzige vergleichbare verfahrensrechtliche Norm mit einer dermaßen unsicheren Art der Zustellung derart wichtiger (Verdachtsmitteilung gem. §8 Abs4 zweiter Satz, Feststellungsbescheid gem. §8 Abs8 SBBG) behördlicher Erledigungen. Eine solchermaßen auffallend unsichere Art der Zustellung wäre nur dann nicht gleichheitswidrig, wenn es dafür sachliche Gründe gäbe.

Ein Verfahren nach §8 Abs8 SBBG ist im Hinblick auf die rigorosen Rechtsfolgen, die einen Unternehmer treffen können (siehe Punkt 1.1.a-e) alles andere als eine Bagatelle. Es ist von existenzieller Bedeutung für die wirtschaftliche Lebensfähigkeit eines Unternehmens. Die äußerst unsichere (siehe Pkt a.) Art der Zustellung, die §8 Abs6 erster Satz SBBG (Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' i.V.m. §26 ZustellG) i.V. mit dem Fehlen des Hinweises auf §102 BAO vorsieht, ist jedoch die typische Zustellungsart, die für Bagatellen zweckmäßig ist (zB Einladungen für Tage der offenen Tür oder zu kulturellen Veranstaltungen, 'Infomails', private Schreiben....). Weil man das Feststellungsverfahren nach §8 Abs8 SBBG und eine Verdachtsmitteilung gem. §8 Abs4 zweiter Satz SBBG nicht mit Bagatellen vergleichen kann, ist die bekämpfte Zustellungsnorm (§8 Abs6 SBBG, zumindest aber die Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' in §8 Abs6 erster Satz SBBG), die für Verdachtsmitteilungen und Feststellungsbescheide gem. §8 Abs8 SBBG gilt, unsachlich, dh, sie verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot (Art7 Abs1 B-VG).

ccc.) Alle Verdächtigen werden durch §8 Abs6 SBBG so behandelt, als ob sie versucht hätten, Zustellversuchen zu entgehen

Die Argumente der RV 692 der Beilagen XXV. GP zu §8 Abs5 und 6 SBBG rechtfertigen es nicht, all jenen i.S. des §8 SBBG Verdächtigen, die so wie die Bf eine richtige Abgabestelle bekannt gegeben haben, eine dermaßen unsichere (siehe Pkt a.) Art der Zustellung zuzumuten. Wenn, wie im gegenständlichen Fall, ein Verdächtiger eine richtige Abgabestelle bekannt gegeben hat, bestünde für den Fall einer Zustellung durch Hinterlegung mit Zustellnachweis (§§17 und 22 ZustellG i.V.m. §102 BAO) berechtigte Aussicht auf eine erfolgreiche und gut nachvollziehbare Zustellung als Grundlage für einen wirksamen Rechtsschutz. Dh, in Fällen, in denen eine richtige Abgabestelle bekannt gegeben worden ist, ist die Zustellung durch Hinterlegung mit Zustellnachweis jedenfalls wesentlich sicherer als die Zustellung durch Hinterlassen des Schriftstückes an der Abgabestelle (§26 Abs1 ZustellG) ohne Zustellnachweis i.S. des §22 ZustellG.

Zudem ist eine Zustellung durch Hinterlegung mit Zustellnachweis nicht nur eine der sichersten, seit vielen Jahren bewährten Arten der Zustellung, sie funktioniert auch ausreichend rasch, da die Zustellung mit dem ersten Tag der Abholfrist (§17 Abs3 ZustellG) wirkt.

Durch §8 Abs6 erster Satz, Wortfolge 'ohne Zustellnachweis' SBBG und durch das Fehlen des Hinweises auf §102 BAO in §8 Abs6 SBBG werden Unternehmer, die eine richtige Abgabestelle bekannt gegeben haben, gleich behandelt (äußerst unsichere Zustellung – siehe Pkt a – ohne Zustellnachweis i.S. des §22 ZustellG) wie Unternehmer, die eine falsche Abgabestelle bekannt gegeben haben. §8 Abs6 SBBG verstößt daher auch deshalb gegen das S

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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