TE Bvwg Beschluss 2020/11/4 W218 2232972-1

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Veröffentlicht am 04.11.2020
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Entscheidungsdatum

04.11.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
BBG §46
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W218 2232972-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX VN XXXX , gegen den Behindertenpass vom 12.05.2020, der als Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen gilt, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführerin wurde am 12.05.2020 vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) ein Behindertenpass ausgestellt, in welchem der Grad der Behinderung mit 50 vH ausgewiesen wurde.

Der Bescheid wurde am 13.05.2020 von der belangten Behörde versendet.

2.       Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 09.07.2020 Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin führte u.a. aus, dass sie wegen des Lockdowns aufgrund von Corona und der Erkrankung an einer Grippe keine Wege erledigen habe können und daher die Einspruchsfrist von sechs Wochen nicht habe einhalten können. Sie bitte Kulanz walten zu lassen und ihre Beschwerde zu berücksichtigen.

3.       Am 14.07.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesveraltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12.05.2020 einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 vH ausgestellt.

Das Schreiben vom 12.05.2020 wurde am Mittwoch, dem 13.05.2020 versendet und gilt mit Montag, den 18.05.2020 als zugestellt.

Die Frist für die Einbringung der Beschwerde endete am Montag, dem 29.06.2020.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin via E-Mail eine Beschwerde erhoben. Die Beschwerde langte am 09.07.2020 bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht.

2.       Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Die Zustellung des Schreibens vom 12.05.2020 am 18.05.2020 ergibt sich aus den im Akt vorliegenden Versendungsnachweis.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die Beschwerde am 09.07.2020 einbrachte ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden E-Mail, mit dem die Beschwerdeführerin Beschwerde einbrachte.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache:

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 12 VwGVG schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen.

Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des Schreibens vom 12.05.2020, mit dem der Behindertenpass der Beschwerdeführerin übermittelt wurde, zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen sechs Wochen nach Zustellung schriftlich Beschwerde beim Sozialministeriumservice eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.

Gemäß § 21 AVG iVm § 17 VwGVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen, mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertag nicht behindert.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß § 33 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument gemäß
§ 26 Abs. 1 ZustG zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Behindertenpass wurde mit Schreiben vom 12.05.2020 ohne Zustellnachweis zugestellt. Er wurde am Mittwoch, dem 13.05.2020 von der belangten Behörde versendet und gilt am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, somit am Montag, dem 18.05.2020 als zugestellt und somit als erlassen.

Die sechswöchige Beschwerdefrist endete am Montag, dem 29.06.2020.

Die Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin der belangten Behörde mittels E-Mail am 09.07.2020 übermittelt und ist somit verspätet.

Den Einwendungen der Beschwerdeführerin, sie habe die Beschwerde nicht binnen sechs Wochen einbringen können, da sie an einer schweren Grippe erkrankt sei und aufgrund des Corona bedingten Lockdowns keine Wege habe erledigen könne, kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin übermittelte eine E-Mail am 09.07.2020 ohne weitere Befunde, wodurch für den erkennenden Senat nicht ersichtlich ist, welche Wege sie zu erledigen gehabt hätte. Die Übermittlung der Beschwerde via E-Mail wäre der Beschwerdeführerin auch während des Lockdowns möglich geweseb. Es ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin die vollen sechs Wochen an einer derart schweren Grippe gelitten haben soll, welche ihr es unmöglich gemacht hätte, die Beschwerde zu übermitteln. Abgesehen davon, dass der Lockdown bereits längstens beendet war, zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr der Behindertenpass übermittelt wurde und daher die Versäumung der Frist mit dem Lockdown in keinerlei Zusammenhang stehen kann.

Dass die Beschwerde verspätet ist, bringt die Beschwerdeführerin selbst vor und wird auch nicht bestritten.

Im Übrigen ist dem Bundesverwaltungsgericht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W218.2232972.1.00

Im RIS seit

08.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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