TE Bvwg Beschluss 2020/10/22 W195 2235300-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.10.2020

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §32
GebAG §34
VwGVG §17

Spruch

W195 2235300-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 01.08.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Sachverständigen XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 2.319,00 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.2020 und 11.03.2020, GZen. XXXX und XXXX , wurde die Antragstellerin von der Leiterin der Gerichtsabteilung W142 in der Beschwerdesache des XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet Psychologie bestellt und ihr, nach entsprechender Untersuchung, die Beantwortung von Fragen in einem Gutachten aufgetragen. Das Gutachten war schriftlich zu erstatten. Der Beschwerdeführer erschien jedoch unentschuldigt nicht zu den anberaumten Beweisaufnahmen und konnte daher keine persönliche Befundaufnahme mit dem Beschwerdeführer durchgeführt werden.

2. Mit Schriftsatz vom 01.08.2020 legte die Antragstellerin folgende Gebührennote vor:

Gebühr für Aktenstudium (§ 36)

€ 35,00

Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten

?        Aktenanalyse nach psychologischen Gesichtspunkten: 5 Stunden

?        Verschriftlichung der Analyse: 5 Stunden

?        Konzepterstellung: 2,5 Stunden

?        Bearbeiten der übermittelten Krankengeschichte: 1 Stunde

?        Telefonat mit Herr XXXX , Rechtsvertretung XXXX Flüchtlingsdienst am 17.02.2020: 0,5 Stunden

?        Befundaufnahme mit Herrn XXXX am 18.02.2020 durch strukturiertes und teilstrukturiertes Interview, Verhaltensbeobachtung und Begutachtung mittels der psychologischen Testverfahren Wiener Matrizen-Test 2 (WMT-2), Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS) und Essener Trauma-Inventar (ETI) in den Praxisräumen der SV in der XXXX Wien (hat nicht stattgefunden): 1 Stunde

(angesetzt wären 3 Stunden gewesen, Herr XXXX hat den Termin nicht wahrgenommen und nicht abgesagt. Weitere zwei Begutachtungstermine im Ausmaß von 3 angesetzten Stunden wurden nicht wahrgenommen.)

?        Befundaufnahme mit Herrn XXXX , Bewährungshelfer XXXX , am 18.02.2020 durch strukturiertes und teilstrukturiertes Interview in den Praxisräumen der SV in der Zeillergasse 19, 1170 Wien und Verschriftlichung: 3 Stunden

?        Telefonate mit Herr XXXX am 09.03.2020, 12.03.2020: 1 Stunde

Gebühr für Mühewaltung (§ 34)

19 Stunden à € 130,00 minus Abschlag 20%

€ 1.976

Porto (§ 31 Z 5), Telefonkosten, Kopierkosten

€ 25,50

Summe netto

€ 2.036,50

Plus 20 % Ust.

€ 407,30

Summe brutto gerundet auf volle Euro (§ 39 Abs.)

€ 2.443,00

3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 23.09.2020, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass ein besonders hoher Zeitaufwand einer näheren Erklärung durch die Sachverständige bedürfe und insbesondere mangels Übermittlung von Gutachten, Befunden, Analysen oder sonstigen Vorbereitungsarbeiten die verzeichnete Mühewaltungsgebühr nicht nachvollzogen werden könne. Die Antragstellerin wurde daher aufgefordert die nötigen Nachweise, insbesondere ihre schriftlichen Aufzeichnungen dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln. Darüber hinaus wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass für das „Freihalten“ der Ordination keine Mühewaltungsgebühr bzw. Zeitversäumnis zustehe sowie Kopier- und Telefonkosten dargelegt bzw. aufgeschlüsselt werden müssten und ihr für die Übermittlung im Wege des ERV anstatt der verzeichneten Portokosten aufgrund einer Übermittlung im Wege des ERV eine Gebühr gemäß § 31a Abs. 1 GebAG zustehe. Das Schreiben wurde am 28.09.2020 nachweislich zugestellt.

4. Am 29.09.2020 kontaktierte die Sachverständige das Bundesverwaltungsgericht telefonisch und führte im Wesentlichen aus, der Aufforderung im Parteiengehör nachzukommen, sie habe, da der Beschwerdeführer nie erschienen sei, ihrerseits viele Telefonate führen müssen und seien dadurch Telefonkosten angefallen.

5. In Folge übermittelte die Sachverständige die im Parteiengehör geforderten schriftlichen Ergebnisse der Aktenanalyse, die Konzepterstellung, die Terminvereinbarungen, die Telefonate sowie Explorationen in Form eines (mangels persönlicher Befundaufnahme des Beschwerdeführers nicht fertig gestellten) Gutachtens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens zur Zl. XXXX als Sachverständige aus dem Fachgebiet Psychologie bestellt wurde und mangels Erscheinen des Beschwerdeführers zu den anberaumten Beweisaufnahmen, eine persönliche Befundaufnahme nicht stattgefunden hat. Die Sachverständige führte jedoch umfangreiche Vorbereitungsarbeiten durch und sind die verzeichneten Stunden Mühewaltungsgebühr (exklusive der einen verzeichneten Stunde aufgrund des Nichterscheinens des Beschwerdeführers zum Termin) anhand der übermittelten Unterlagen nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund der Aufzeichnungen in den übermittelten Unterlagen, der Tatsache des Nichterscheinens des Beschwerdeführers sowie der Ausführungen der Sachverständigen im Hinblick auf die geführten Telefonate wurden angefallene Telefonkosten erklärt.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren, GZ. XXXX , den Bestellungsbeschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.2020 und 11.03.2020, GZen. XXXX und XXXX , dem Gebührenantrag vom 01.08.2020, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.09.2020, GZ. XXXX , dem Aktenvermerk vom 29.09.2020, GZ. XXXX , der Stellungnahme der Antragstellerin vom 29.09.2020 und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Zu A)

Wie bereits im Sachverhalt sowie in den Feststellungen ausgeführt, kam die Sachverständige in ihrer Stellungnahme der Aufforderung zur Vorlage von erstellten Dokumenten nach und bescheinigte durch die Übermittlung von Unterlagen bzw. des nicht fertig gestellten Gutachtens achtzehn verzeichnete Stunden an Mühewaltungsgebühr.

Zu der beantragten Stunde Mühewaltung für die nicht stattgefundene Befundaufnahme mit dem Beschwerdeführer

Die Sachverständige beantragte in der Honorarnote für „Befundaufnahme mit Herrn XXXX am 18.02.2020 durch […] in den Praxisräumen der SV in der Zeillergasse 19, 1170 Wien (hat nicht stattgefunden) […] (angesetzt wären 3 Stunden gewesen, Herr XXXX hat den Termin nicht wahrgenommen und nicht abgesagt. Weitere zwei Begutachtungstermine im Ausmaß von 3 angesetzten Stunden wurden nicht wahrgenommen)“, eine Stunde Mühewaltungsgebühr in Höhe von € 104.

Dem Sachverständigen steht eine Entschädigung für Zeitversäumnis insoweit nicht zu, als er einen Anspruch auf Gebühr für Mühewaltung hat. Wendet ein Sachverständiger über den für die Erstellung des Gutachtens notwendigen Zeitverlust hinaus weitere Zeit für rein manipulative Tätigkeiten auf – wie Wege zur Post oder zur Aktenrückstellung – so ist ihm diese Zeit mit der Gebühr für Zeitversäumnis gesondert zu entlohnen (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 4 zu § 32).

Am 18.02.2020 führte die Antragstellerin, da der Beschwerdeführer nicht erschienen ist, eine Befundaufnahme mit dem Bewährungshelfer des Beschwerdeführers durch. Hierfür werden der Sachverständigen bereits in einem eigenen Kostenpunkt drei Stunden Mühewaltung zuerkannt. Eine zusätzliche Stunde Mühewaltung nur aufgrund des Nichterscheinens des Beschwerdeführers an diesem Tag kann – mangels Aufwand im Zusammenhang mit der Erstellung eines Befundes bzw. Gutachtens – nicht zuerkannt werden.

Zu prüfen ist daher die Vergütung einer Stunde Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG im Zusammenhang mit der Wartezeit aufgrund der nicht stattgefundenen Befundaufnahmen mangels Erscheinen des Beschwerdeführers.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht jedoch ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nur bei einer Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder gewöhnlichen Arbeitsstätte. Für eine analoge Anwendung dieser Norm auf die in der Ordination als der gewöhnlichen Arbeitsstätte versäumte Zeit ist daher kein Platz. Für das „Freihalten der Ordination“ steht daher dem Sachverständigen keine Entschädigung zu (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 44 zu § 32).

Somit ist eine Gebühr auch für das „Freihalten“ der Ordination nach den Bestimmungen des GebAG nicht vorgesehen und kann der Antragstellerin die beantragte Stunde für die nicht stattgefundene Befundaufnahme gemäß § 32 GebAG nicht zugesprochen werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

 

Aktenstudium gemäß § 36 GebAG

35,00

Gebühr für Mühewaltung gemäß § 34 GebAG

18 Stunden à 130 € minus 20 %- Abzug = € 104

1.872,00

Sonstige Kosten gemäß § 31 GebAG

 

Übermittlung des Gutachtens im Wege des ERV sowie Telefonkosten

25,50

Zwischensumme

1.932,50

20 % USt.

386,50

Gesamtsumme

2.319,00

Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 2.319,00 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2235300.1.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten