TE Vwgh Beschluss 2020/12/10 Ra 2020/01/0425

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Veröffentlicht am 10.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des R H, in W, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2020, Zl. W177 2219948-1/14E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen Afghanistans, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aberkannt, die erteilte befristete (bereits einmal verlängerte) Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, eine Rückehrentscheidung erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt. Weiters sprach das BVwG aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2        Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass sich die individuellen Umstände des Revisionswerbers seit der Zuerkennung von subsidiärem Schutz beziehungsweise der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung geändert hätten. Die nunmehrige Selbsterhaltungsfähigkeit des Revisionswerbers, die er durch Bildungsmaßnahmen und seine Berufstätigkeit in Österreich erworben habe, stelle eine maßgebliche Änderung dar. Ihm stehe eine näher bezeichnete zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

3        Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 7. Oktober 2020, E 3208/2020-6, die Behandlung der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, im vorliegenden Fall sei der Status des subsidiär Schutzberechtigen aberkannt worden, obwohl keine wesentliche und vor allem keine dauerhafte Änderung des Sachverhalts seit Erteilung eingetreten sei.

9        Die Revision legt damit nicht dar, dass das BVwG von der maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aberkennung gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewichen wäre. Nach dieser Rechtsprechung kann sich der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind, darstellen und es dürfen bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (vgl. dazu grundlegend VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153; vgl. aus jüngerer Zeit etwa VwGH 10.9.2020, Ra 2020/01/0094, mwN).

10       Die Frage der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative stellt letztlich eine - von der Asylbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht zu treffende - Entscheidung im Einzelfall dar. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nur vor, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. etwa VwGH 29.6.2020, Ra 2020/01/0182, mwN).

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010425.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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