TE Vwgh Erkenntnis 1997/8/5 97/11/0121

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Veröffentlicht am 05.08.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1;
VStG §2 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. März 1997, Zl. IIb2-K-3569/1-1997, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend für die Dauer von vier Wochen entzogen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 21. Juni 1996 in Mittenwald (BRD) einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Die ca. 1 Stunde nach der Tatzeit abgenommene Blutprobe habe einen Blutalkoholgehalt von 1,48 %o ergeben. Diese Übertretung sei von einem deutschen Strafgericht mit einer Geldstrafe und dem Entzug der Fahrerlaubnis geahndet worden. Der Beschwerdeführer habe durch diese Tat zwar infolge des ausländischen Tatortes keine Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, doch sei die Begehung eines Alkoholdeliktes im Ausland der im § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 genannten bestimmten Tatsache gleichwertig, sofern im betreffenden Ausland vergleichbare oder strengere Rechtsvorschriften bestünden. Der Beschwerdeführer habe den auch in Deutschland geltenden Blutalkoholgrenzwert von 0,8 %o beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erheblich überschritten.

Die bloße Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung komme bei der erstmaligen Begehung eines Alkoholdeliktes im Hinblick auf § 73 Abs. 3 KFG 1967 nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Hilfsweise stellt der Beschwerdeführer den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Auffassung der belangten Behörde, daß das vom Beschwerdeführer im Ausland begangene Alkoholdelikt eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 sei, auch wenn diese Tat - mangels Begehung im Inland - keine Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 und damit keine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 darstelle, steht im Einklang mit der hg. Rechtsprechung zum demonstrativen Charakter der im § 66 Abs. 2 KFG 1967 enthaltenen Aufzählung (siehe dazu die Erkenntnisse vom 28. März 1989, Slg. Nr. 12.890/A, vom 21. Mai 1996, Zl. 95/11/0416, und vom 18. Februar 1997, Zl. 96/11/0200). Die belangte Behörde hatte daher auf Grund der von ihr getroffenen Sachverhaltsfeststellungen - deren Richtigkeit in der Beschwerde nicht bestritten wird - vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 1 KFG 1967 auszugehen, auch wenn der Beschwerdeführer - worauf in der Beschwerde hingewiesen wird - keine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat.

Die in der Bundesrepublik Deutschland verhängte Geldstrafe und die dort erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis machten im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers die von der belangten Behörde verfügte Maßnahme weder unzulässig noch entbehrlich (vgl. dazu das einen ähnlich gelagerten Fall betreffende oben zitierte Erkenntnis vom 28. März 1989, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird).

Gemäß § 73 Abs. 3 erster Satz KFG 1967 ist im Falle der erstmaligen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e die im Abs. 2 angeführte Zeit mit vier Wochen festzusetzen, sofern die Person bei Begehung dieser Übertretung nicht einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Diese gegenüber der Regelung des § 73 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967, wonach die Entziehungszeit bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, nicht kürzer als drei Monate sein darf, für den Besitzer einer Lenkerberechtigung günstigere Bestimmung ist auch dann anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine bestimmte Tatsache vorliegt, die der im § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 genannten an Bedeutung und Gewicht gleichwertig ist. Die gegenteilige Auffassung, nämlich daß § 73 Abs. 3 erster Satz KFG 1967 nur bei Begehung einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960, sohin nur bei Begehung einer Inlandstat, nicht aber bei gleichwertigen Auslandstaten anzuwenden ist, würde einen Wertungswiderspruch enthalten, weil dann eine Auslandstat schwerer wiegende Rechtsfolgen herbeiführen würde als eine völlig gleichartige Tat im Inland. Es begegnet daher im Ergebnis keinen Bedenken, wenn im vorliegenden Fall in Anwendung des § 73 Abs. 3 erster Satz KFG 1967 die Entziehungszeit mit vier Wochen festgesetzt wurde. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser Gesetzesstelle kam eine bloße Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung nicht in Betracht (siehe das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0082, mwN).

Mit seinem Vorbringen, die von der belangten Behörde verfügte Maßnahme verstoße gegen Art. 4 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK, macht der Beschwerdeführer eine - nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallende - Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes geltend. Nur der Vollständigkeit halber sei dazu bemerkt, daß der behauptete Verstoß schon deshalb nicht vorliegt, weil es sich beim Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung nicht um einen Strafverfahren und zudem nicht um ein Verfahren desselben Staates handelt, in dem der Beschwerdeführer rechtskräftig verurteilt wurde.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Für die vom Beschwerdeführer für den Fall der Abweisung oder Ablehnung seiner Beschwerde beantragte Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof fehlt eine gesetzliche Grundlage. Dieser Antrag war daher zurückzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997110121.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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