TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/3 LVwG-AV-402/001-2020

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Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

KFG 1967 §57a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 26. März 2020, ***, betreffend den Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen der Fahrzeugklasse T gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 23. September 2002, ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, erteilt. Der Begutachtungsstelle wurde die Begutachtungsstellennummer *** zugewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. März 2020, ***, wurde die der A GmbH erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen der Fahrzeugklasse T in der Begutachtungsstelle in ***, ***, widerrufen.

In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Am 20. Jänner 2015 seien bei einer Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt worden:

-    Mangelnde Kenntnis gesetzlicher Bestimmungen:

Bei Fahrzeugen der Kategorie „T“ wurde aufgrund mangelnder Kenntnis der Definitionen der Fahrzeuge in den EBV-Gutachten überwiegend die falsche Fahrzeugkategorie festgelegt. Fahrzeuge, welche als Fahrzeugklasse „T1“ einzustufen sind, wurden in den Gutachten der Fahrzeugklasse „T4“ zugeordnet.        Leichter Mangel

-    Fehlende Eintragungen in Gutachten:

Schwerer Mangel: Bei der stichprobenartigen Durchsicht der Gutachten vor Ort wurde festgestellt, dass bei bis September 2014 durchgeführten Begutachtungen der Klassen „1e“ und „L3e“ (z.B. Gutachten mit der EBV-Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***) die Abbremswirkung der Hinterradbremse nicht eingetragen ist.

Bei der stichprobenartigen Durchsicht der Gutachten vor Ort wurde ferner festgestellt, dass bei Begutachtungen der Klasse „L3e“ bei Fahrzeugen mit 4-Takt-Fremdzündungsmotoren (z.B. Gutachten mit der EBV-Nr. ***, ***) keine Abgaswerte eingetragen sind.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2015, ***, wurden dem Beschwerdeführer folgende Anordnungen erteilt:

„1. Sie haben dafür zu sorgen, dass die Begutachtungen gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 auf einer tatsächlich durchgeführten, umfassenden und vollständigen Befundung der Fahrzeuge anhand der Vorgaben des jeweils aktuellen Mängelkatalogs beruhen.

2. Sie haben bei der wiederkehrenden Begutachtung und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden. Die Prüfgutachten müssen richtig und vollständig ausgefüllt werden. Dies gilt insbesondere für die Fahrzeugklasse und die Brems- sowie Abgaswerte.

Sollten Sie den vorstehenden Anordnungen nicht nachkommen, würde dieser Umstand schwerwiegende Bedenken hinsichtlich Ihrer Vertrauenswürdigkeit begründen und hätten Sie gegebenenfalls mit einem Widerruf der Ihnen erteilten Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 zu rechnen.

Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den zur Ausstellung von Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 Befugten Beamteneigenschaft zukommt, die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 4 leg. cit. eine hoheitliche Tätigkeit darstellt und ihre missbräuchliche Ausübung den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 Strafgesetzbuch – StGB) herstellt.“

Die am 21. November 2019 in der Prüfstelle in ***, ***, durchgeführte Revision habe u.a. Folgendes hervorgebracht:

- Nicht Berücksichtigung der Vorgaben des Mängelkataloges:

Bei den nachstehend angeführten Gutachten wurden Abbremswerte für die Betriebsbremse eingegeben, bei denen kein Gutachten mit positivem Ergebnis hätte ausgestellt werden dürfen, da die Mindestverzögerung dafür nicht erreicht wurde (GA Nr. ***, ***; GA Nr. ***, ***; GA Nr. ***, ***; GA Nr. ***, ***).

Bei der am 20. Februar 2020 durchgeführten auf § 56 KFG 1967 gestützten Überprüfung des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen ***, Marke Massey Ferguson, Type MF 340-4, Fahrzeugidentifizierungsnummer ***, seien folgende Mängel festgestellt worden:

„0.2 Fahrzeugidentifizierungsnummer     schwerer Mangel

Bemerkung: eingeschlagene FIN nicht aufgefunden

(Frontladerkonsole angebaut, Motordeckel verschraubt)

1.1.8 Kupplung/Kupplungskopf für Anhängerbremsen     schwerer Mangel

(elektrisch und pneumatisch)

Bemerkung: überm. Undichtigkeit am Vorrad bei Anschluss eines Kupplungskopfes; keine Druckverhältnisse für die Anhängerluftversorgung prüfbar

1.2.1 Betriebsbremse – Wirkung      leichter Mangel

Bemerkung: Bremskraftdifferenz an der Hinterachse, mech. Allrad händisch zugeschalten (lt. Genehmigungsbescheid – Ausnahme für Bremsverzögerung eingetragen)

2.1.3 Zustand des Lenkgestänges/der Lenkgelenke   leichter Mangel

Bemerkung: Lenkgelenk beginnendes Höhenspiel

4.1.1 Fern-/Abblendlicht – Zustand und Funktion   schwerer Mangel

Bemerkung: Grundeinstellung rechts zu tief

4.2.1 Begr.-/Schlussleuchten Zustand und Funktion   leichter Mangel

Bemerkung: links hinten Kontaktfehler

5.2.3 Reifen         Gefahr im Verzug!

Bemerkung: rechts vorne teilw. 0-1 mm Profiltiefe messbar, Kontinental, AS Farma,

275/80-18

8.4.1 Flüssigkeitsverlust       schwerer Mangel

Bemerkung: überm. Motorölverlust erkennbar, starke Tropfenbildung auf Ölwanne erkennbar (Herkunft: Ölmessstab? Kompressor für Druckluftbeschaffung (Druckreglerabblaseleitung)“

Der Amtssachverständige für Kraftfahrzeugangelegenheiten habe dazu im Gutachten vom 9. März 2020, ***, ausgeführt, dass aufgrund der Zeitspanne und der unterschiedlichen Gutachtenergebnisse der Verdacht naheliege, dass die Überprüfung gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

Aus technischer Sicht seien die Mängel 5.2.3 (Reifen) und 0.2 (Fahrgestellnummer) bereits bei der Überprüfung gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 vorhanden gewesen und hätten eine positive Überprüfung ausgeschlossen.

Die Unrichtigkeit der Gutachten vom 1. März 2019 betreffend den Fendt mit dem Kennzeichen *** (Gutachten Nr. ***) und vom 23. September 2019 betreffend den Renault mit dem Kennzeichen *** (Gutachten Nr. ***) habe der Beschwerdeführer außer Streit gestellt, zum Gutachten des Amtssachverständigen vom 9. März 2020 habe dieser keine Stellungnahme abgegeben. Es sei daher von der Unrichtigkeit des Gutachtens vom 16. Jänner 2019 betreffend den Massey Ferguson mit dem Kennzeichen *** (Gutachten Nr. ***) auszugehen.

Die Behörde könne angesichts der drei unrichtigen Gutachten, konkret Gutachten-Nr. ***, Gutachten-Nr. *** und Gutachten-Nr. ***, derzeit nicht davon ausgehen, dass die der A GmbH anvertraute hoheitliche Tätigkeit – jedenfalls was Fahrzeuge der Klasse T anbelangt - entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausgeübt werde.

Daran könnten auch die im Anschluss an die Revision ergriffenen Maßnahmen nichts ändern.

Das öffentliche Interesse an der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen und am Ausschluss nicht vertrauenswürdiger Personen von der Begutachtungstätigkeit gemäß § 57a Abs. 4KFG 1967 überwiege das wirtschaftliche Interesse des Ermächtigungsinhabers an der weiteren Ausübung der erteilten Ermächtigung.

Dagegen hat die A GmbH mit Schriftsatz vom 6. April 2020 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Beiziehung eines Amtssachverständigen, Durchführung eines Lokalaugenscheines, ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides, in eventu Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, hinsichtlich der Fahrzeugklasse T nicht widerrufen wird.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es nicht richtig sei, dass der Beschwerdeführer keine Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen für technische Kraftfahrzeugangelegenheiten vom 9.3.2020 abgegeben habe. Er habe fristgerecht mit Schreiben vom 24.3.2020 Stellung genommen und ausgeführt, dass sich die Fahrgestellnummer am Differentialgehäuse beim Hinterachstrichter rechts befinde.

Gerade bei Reifen eines Lof-Fahrzeuges mit einer nur mehr geringen Profiltiefe kontrolliere er diese stets genauestens, ob die gesetzlich erforderliche Profiltiefe noch vorhanden sei. Zum Zeitpunkt seiner Begutachtung sei mit Sicherheit noch nicht einmal ein Grenzfall vorgelegen. Er habe zwischenzeitlich dieses Fahrzeug nochmals angesehen und sei auffällig gewesen, dass sich 3 Reifen offensichtlich in etwa selben Zustand wie zum Zeitpunkt seiner Begutachtung befunden hätten und über genügend Profiltiefe verfügten. Der beanstandete Reifen rechts vorne verfügte als einziger Reifen jedoch keinesfalls mehr über die Mindestprofiltiefe und weiche der Zustand dieses Reifens erheblich von den drei anderen ab. Wäre das Fahrzeug in diesem Zustand bei der Begutachtung vorgeführt worden, hätte er bereits aufgrund dieser Auffälligkeit genauestens darauf geachtet und diesen Reifen mit einem schweren Mangel beanstandet. Es sei daher zu vermuten, dass der gegenständliche Reifen zwischenzeitlich getauscht worden sei und bei seiner Begutachtung noch nicht am Fahrzeug montiert gewesen sei.

Das Gutachten gemäß § 57a KFG betreffend den Massey Ferguson mit dem Kennzeichen *** sei richtig und liege daher weiterhin Vertrauenswürdigkeit vor.

Im Betrieb der Beschwerdeführerin seien sämtliche Anforderungen erfüllt und korrekte Begutachtungen nach § 57a Abs. 4 KFG 1967 sichergestellt. Die Beschwerdeführerin werde nunmehr von einer fachkundigen Unternehmensberatung unterstützt/betreut und seien alle Maßnahmen bei der Beurteilung der aktuellen Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf die zu treffende Prognoseentscheidung zu berücksichtigen und gäben Grund zur Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Aufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes erfüllen werde. Die Beschwerdeführerin nehme hinkünftig Qualitätssicherungsmaßnahmen und laufende Überprüfungen/Kontrollen durch die Firma C OG in Anspruch und könne von einer vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit nicht ausgegangen werden.

Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könne allenfalls mit der Erteilung einer Anordnung das Auslangen gefunden werden.

Zu den Maßnahmen der Qualitätssicherung sei zu sagen, dass sämtliche Mitarbeiter umgehend einer internen Schulung unterzogen und angewiesen worden seien, genau auf die strikte Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfbestimmungen zu achten. Zusätzlich sei die interne regelmäßige Kontrolle angeordnet worden, wobei diesbezüglich ständig der Geschäftsleitung zu berichten sei. Zwischenzeitlich sei die Fa. C OG/Unternehmensberatung damit beauftragt worden, das Unternehmen zu auditieren. Mittels eines umfassenden Qualitätssicherungskonzepts und regelmäßigen wöchentlichen internen Kontrollen der Gutachten werde seitens der Geschäftsleitung sichergestellt, dass sämtliche Begutachtungen künftig korrekt durchgeführt werden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe am 18.02.2020 an einer Spezialschulung „§ 57a – Neuerungen 2020“ teilgenommen.

Mit Schreiben vom 6. April 2020 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die gegenständliche Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 14. September 2020 gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Vorbringen des Beschwerdeführervertreters, Einvernahme des Beschwerdeführers, der Zeugen D und E sowie des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen F und durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Verfahrensakt.

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, G, gab an, dass er bei den Fahrzeugen Fendt und Renault vorerst irrtümlich der Meinung gewesen sei, dass eine Mindestbremsverzögerung von 30% ausreiche und sei er erst nach der Beanstandung bei der Revision draufgekommen, dass 40% Mindestbremsverzögerung erreicht werden müssten. Er habe in weiterer Folge die beiden Fahrzeuge noch einmal vorgeladen und neuerlich begutachtet, wobei beim Fendt eine Bremsverzögerung von 44,55% und beim Renault von 43,12% herausgekommen sei.

Beim Massey Ferguson befinde sich die Fahrzeugidentifizierungsnummer am Differenzialgehäuse beim Hinterachstrichter rechts. Zum Mangel „Gefahr im Verzug, Reifen rechts vorne 0 bis 1 mm Profiltiefe teilweise messbar“ gebe er an, dass dieser Reifen bei seiner Begutachtung mit Sicherheit nicht montiert gewesen sei. Die übrigen bei der § 56 KFG-Überprüfung festgestellten schweren Mängel seien bei der wiederkehrenden Begutachtung nicht vorhanden gewesen.

Er begutachte lediglich 10 bis 15 Fahrzeuge der Fahrzeugklasse T im Jahr, die Fahrzeugklasse T dürfe im Betrieb ausschließlich er begutachten.

Er habe aus Anlass der gegenständlichen Beanstandungen ein neues schreibendes Bremsverzögerungsmessgerät angeschafft und habe in der Zwischenzeit der Unternehmensberater H ein Audit seiner Begutachtungsstelle durchgeführt. Er habe an einem freiwilligen Halbtagesseminar dieser Unternehmensberatung teilgenommen und werde auch die anstehende verpflichtende periodische Weiterbildung besuchen.

Der Zeuge D gab im Wesentlichen an, dass er die Revision vom 22. November 2019 durchgeführt und letztlich festgestellt habe, dass bei dem Fahrzeug Renault mit dem Kennzeichen ***, Gutachtennummer *** sowie dem Fahrzeug Fendt mit dem Kennzeichen ***, Gutachtennummer ***, jeweils die erforderliche Mindestverzögerung von 40% nicht erreicht wurde. Es sei das Fahrzeug Massey Ferguson mit dem Kennzeichen *** zu einer Überprüfung gemäß § 56 KFG vorgeladen worden, habe er diese Überprüfung durchgeführt und festgestellt, dass er die Fahrzeugidentifizierungsnummer nicht auffinden habe können. Er habe weiters festgestellt, dass der Reifen vorne rechts eine Profiltiefe von teilweise 0 bis 1 mm aufgewiesen habe und mit Gutachten vom 9. März 2020 beurteilt, dass dieser Reifen bereits bei der wiederkehrenden Begutachtung nicht entsprochen habe. Die Lebensdauer von Ackerreifen betrage etwa 500 Betriebsstunden, indem zwischen der wiederkehrenden Begutachtung und der Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 lediglich 22 Betriebsstunden gefahren worden sei, sei er davon ausgegangen, dass bereits damals dieser Mangel derartig vorgelegen habe, nicht die erforderliche Mindestprofiltiefe von 2mm vorhanden gewesen sein konnte und daher bereits damals kein positives Gutachten hätte ausgestellt werden dürfen. Hinsichtlich der übrigen schweren Mängel habe er ausgeführt, dass nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden konnte, dass diese bereits bei der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin vorhanden gewesen waren und eine positive Begutachtung ausgeschlossen hätten.

Der Zeuge E gab an, dass er das Fahrzeug Massey Ferguson mit dem Kennzeichen *** zur wiederkehrenden Begutachtung bei der A GmbH gebracht und wieder abgeholt habe. Das Fahrzeug sei mit jenen Reifen zur Überprüfung gemäß § 56 KFG vorgeführt worden, mit denen es auch damals bei der wiederkehrenden Begutachtung durch die Firma A gewesen sei. Sie hätten überhaupt keine Ersatzreifen für dieses Fahrzeug. Es könne nicht sein, dass der eine rechte vordere Reifen zwischen wiederkehrender Begutachtung und Überprüfung gemäß § 56 KFG ausgetauscht wurde, indem sie nämlich für dieses Fahrzeug weder Felgen noch Reifen hätten, die sie austauschen könnten. Das Fahrzeug stehe noch immer beim Lagerhaus in ***, wo es eingestellt sei, seitdem von der Landesregierung die Kennzeichentafeln abgenommen worden seien. Es handle sich bei diesem Fahrzeug um ein Notfallgerät, welches nur selten verwendet worden sei. Ihm sei schon bei der Vorführung zur wiederkehrenden Begutachtung bewusst gewesen, dass das Profil unterschiedlich zu den anderen Reifen gewesen sei, habe aber keine Erklärung für diese ungleichmäßige Reifenabnutzung. Dass allerdings Gefahr bestehe, sei ihm nicht bewusst gewesen.

Der kraftfahrzeugtechnische Amtssachverständige erstattet folgendes Gutachten:

Massey Ferguson, Typ MF 340-4, Kennzeichen ***:

Gegenständliches Fahrzeug ist am 16.1.2019 von der Firma A GmbH von Herrn G begutachtet worden. Bei dieser Begutachtung wurden leichte Mängel und ein schwerer Mangel, der als behoben gekennzeichnet wurde, festgestellt. In Folge wurde ein positives Gutachten ausgestellt und eine entsprechende Plakette ausgegeben. Gleiches Fahrzeug wurde vom Amt der NÖ Landesregierung gemäß § 56 KG 1967 von Herrn D in *** am 20.2.2020 geprüft. Bei dieser Überprüfung stellte Herr D einige erhebliche Mängel fest, wobei unter Punkt 0.2, 1.8, 4.1.2 und 8.4.1 die Mängel als schwere Mängel eingestuft wurden und der erhebliche Mangel unter 5.2.3 als Gefahr im Verzug eingestuft wurde.

Zur Frage, ob diese bei der § 56 KFG Überprüfung festgestellten Mängel bereits bei der § 57a Überprüfung am 16.1.2019 vorhanden waren und eine positive Begutachtung ausgeschlossen hätten, ist Folgendes auszuführen: Die Zeit zwischen den Überprüfungen beträgt über ein Jahr. Die Betriebsstundenanzeigen unterscheiden sind lediglich um 22 Stunden. Zu den Mängeln 0.2, 1.1.8, 4.1.2 und 8.4.1 kann keine konkrete Aussage getroffen werden, ob diese Mängel in ähnlicher Ausprägung bereits bei der Begutachtung am 16.1.2019 gemäß § 57a vorhanden waren.

Zum Punkt 5.2.3 ist Folgendes auszuführen: Es wurde bei der Überprüfung am 20.2.2020 festgestellt, dass der Reifen rechts vorne erste Achse lediglich zwischen 0 und 1 mm Profiltiefe aufwies. Da zwischen den Überprüfungen lediglich 22 Betriebsstunden liegen und daher auch die Kilometerleistung zwischen den Überprüfungen sehr gering sein musste, gehe ich aus technischer Sicht davon aus, dass der Reifen zum Zeitpunkt der Überprüfung gemäß § 57a auf alle Fälle eine Profiltiefe von unter 2 mm aufgewiesen, wenn dieser bei der Begutachtung gemäß § 57a am Fahrzeug montiert war. (Diese Beurteilung obliegt der Beweiswürdigung des Gerichtes.) Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass die Profiltiefe bzw. die Mindestprofiltiefe der Reifen unterschritten wird, hätte dies auf alle Fälle als schwerer Mangel bzw. mit weniger als 80 % der Mindestprofiltiefe als Gefahr im Verzug eingeordnet werden müssen.

Zur FIN bzw. eingeschlagenen FIN ist Folgendes auszuführen: Laut Herrn G wurde die eingeschlagene Fahrzeugidentifizierungsnummer am Fahrzeug nachträglich aufgefunden. Diese liegt laut Herrn G nicht unter irgendwelchen Anbaukonsolen und ist somit jederzeit einsehbar. Von meiner Seite wurde dies bzw. konnte dies bis zum heutigen Tag nicht geprüft werden. Es ist möglich, dass die Fahrgestellnummer an verschiedenen Orten am Fahrzeug angebracht ist, das heißt, es ist durchaus möglich, dass die Fahrgestellnummer an der Stelle wie von Herrn G beschrieben und angebracht sichtbar ist.

Zur Frage, welche Mindestabbremsung bei den Fahrzeugen Renault *** bzw. Fendt, Kennzeichen *** anzuwenden ist, ist Folgendes auszuführen: Fahrzeuge mit einem Genehmigungsdatum nach 1981, welche eine Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h aufweisen, sind mit einer Allradbremse auszurüsten. Diese kann so verbaut werden, dass entweder die Allradbremse über einen automatisch zuschaltbaren Allradantrieb verwirklicht wird oder in anderer Form entweder über eine Kardanbremse oder über eigene Radbremszylinder an der Vorderachse. Das heißt, diese vorher zitierten zwei Fahrzeuge haben eine Allradbremse gebraucht, sodass bei diesen Fahrzeugen eine Mindestabbremsung der Betriebsbremse von 40 % mindestens anzusetzen ist. Bei den Begutachtungen der Firma A GmbH am 1.3.2019 des vorher zitierten Fendt mit dem Kennzeichen *** hätte die Begutachtung, wenn diese lediglich 37,21 % aufwies, negativ abgeschlossen werden müssen. Die gleiche Aussage gilt für die Zugmaschine Renault mit dem Kennzeichen ***. Hier wurde zum Zeitpunkt der Überprüfung am 23.9.20119 lediglich eine Abbremsung von 32,11 % festgestellt. Mit dieser Abbremsung hätte das Fahrzeug zum damaligen Zeitpunkt als negativ beurteilt werden müssen. Die Begutachtung der Bremsanlage wie auch der Betriebsbremsanlage ist im Zuge eines Fahrversuches zu ermitteln. Um die Abbremsung zu ermitteln, ist ein schreibendes Bremsverzögerungsgerät vorgeschrieben. Es wird mit ausreichender Geschwindigkeit gefahren, dann vom Begutachter so abgebremst, dass die Räder nicht blockieren, um auf eine ausreichende Bremsung zu kommen. Es kann durchaus sein, dass bei einem derartigen Bremsversuch entweder die Räder blockieren bzw. die Abbremsung eben nicht ausreicht, da die Bremse nicht ausreichend betätigt wird. So kann es sein, dass bei einem derartigen Bremsversuch eine zu geringe Bremswirkung festgestellt wird. Stellt dies der Gutachter fest, sollte dieser den Bremsversuch wiederholen und versuchen, mit einer größeren Bremswirkung den Versuch durchzuführen, um auf die Mindestverzögerung zu kommen. Schafft er dies in mehreren Versuchen nicht, ist die Begutachtung negativ abzuschließen.

Zum Fahrzeug Landini, Kennzeichen ***: Zur Frage, welche Mindestverzögerung bei diesem Fahrzeug bei der Begutachtung anzuwenden ist, ist Folgendes auszuführen: Dieses Fahrzeug besitzt eine Erstzulassung vom 22.4.1980. Dies fällt daher jedenfalls aus technischer Sicht nicht in die Anwendung der Umsetzung der 4. Novelle des KFG, die 1981 in Kraft getreten ist und ist somit mit einer Mindestverzögerung von mindestens 30 % zu prüfen.

Zum Fahrzeug Massey Ferguson, MF 340-4: Zur Frage, welche Mindestverzögerung bei diesem Fahrzeug anzuwenden ist: Aufgrund der Erstzulassung hätte das Fahrzeug mit einer Allradbremse ausgerüstet sein müssen. Die Erstzulassung wird mit Oktober 1990 beschrieben. Im Vorfeld wurde der entsprechende Genehmigungsakt bei der Behörde ausgehoben. Dieses Fahrzeug wurde am 25. Mai 1990 von der Abteilung B8 des Amtes der NÖ Landesregierung genehmigt. Die Genehmigung umfasst einige Ausnahmen. Diese betreffen zum Großteil die Beleuchtungseinrichtungen. Es ist jedoch auch eine entsprechende Ausnahme angeführt, die die mittlere Bremsverzögerung betrifft und diese wurde in der Genehmigung mit mindestens 3,5 m/sec angesetzt. Das heißt, dass das Fahrzeug - aus welchen Gründen auch immer - offensichtlich nicht mit einer Allradbremse ausgerüstet war und somit auch die Mindestverzögerungen eines allradgebremsten Fahrzeuges aufweist. Dies zeigt sich auch in der Überprüfung gemäß § 56, wo die Abbremsung von 40 % gerade einmal erreicht wurde. Aufgrund dieser Ausführungen muss bzw. kann bei diesen Fahrzeugen eine Mindestverzögerung von 30 % angesetzt werden.

Zur Frage, ob es möglich ist, dass aufgrund einer Falschverwendung des Fahrzeuges eventuell mit zu geringem Luftdruck, trotz der wenigen Betriebsstunden der Reifen derart abgenutzt worden ist, dass zum Zeitpunkt der § 57a Überprüfung diese noch die Mindestprofiltiefe aufgewiesen hat, ist Folgendes auszuführen: Im Zuge der Verhandlung und auch von D ist in diese Richtung kein Hinweis gekommen. Wird mit zu wenig Luftdruck gefahren, ist das eventuell am Reifen sichtbar. Ob es in diesem Fall so war, kann ich nicht sagen. Der Reifen unterliegt natürlich einer höheren Abnutzung, wenn kein entsprechender Reifendruck vorhanden ist oder war. Zur Frage, ob es sein kann, dass sich der Reifen derart schnell abnutzt, dass in den 22 Betriebsstunden die Mindestprofiltiefe so stark abnimmt, dass eben bei der Begutachtung nach § 57a dieser noch in Ordnung war: Dazu kann keine konkrete Aussage getroffen werden, nach persönlicher Einschätzung ist das aber eher unwahrscheinlich. Die Ursache ungleicher Abnützung können vielfältig sein, einerseits Beladung, Einsatzzweck, als auch technische Defekte im Bereich der Lenkanlage, eventuell verstellte Spur bzw. Defekte in den entsprechenden Gelenken der Lenkung. Wird natürlich mit zu wenig Luft in einem Reifen für längere Zeit das Fahrzeug bewegt, kommt es natürlich an diesem Reifen zu einer erhöhten Abnutzung. Zur Frage, ob ich zum heutigen Zeitpunkt, wenn ich den Reifen begutachten würde, feststellen kann, ob das Fahrzeug mit zu wenig Luftdruck bzw. der Reifen mit zu wenig Luftdruck bewegt wurde, kann ich das jetzt auf Grund der Tatsache der langen Standzeit und auch eines fehlenden Lichtbildes nicht beurteilen.“

Beschwerdeführerseits wurde die Begutachtung des verfahrensgegenständlichen Reifens durch den kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen zum Beweis dafür beantragt, dass durch mangelnden Reifendruck oder eine andere technische Ursache sich eine übermäßige Abnützung des Reifens ergeben haben könne, sodass dieser zum Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung in Ordnung gewesen sein könne.

Mit ergänzendem Gutachten vom 1. Oktober 2020 hat der kraftfahrzeugtechnische Amtssachverständige ausgeführt, dass die Fahrgestellnummer *** des Fahrzeuges Massey Ferguson im hinteren Bereich auf dem Differential/Getriebegehäuse vorhanden gewesen sei. Eine Begutachtung der beiden Vorderreifen, welche bei der Begutachtung gemäß § 57a KFG am Fahrzeug verbaut waren, habe nicht durchgeführt werden können, indem diese erneuert worden und nicht mehr zugänglich seien.

Mit Stellungnahme vom 23.10.2020 wurde beschwerdeführerseits dazu ausgeführt, dass die Abnützung des Vorderreifens durchaus auf eine fehlerhafte Einstellung der Spur zurückzuführen sein könne und daher ein Fehlverhalten der Beschwerdeführerin nicht mit der im Verfahren geforderten Sicherheit vorgeworfen werden könne.

Aufgrund der verstrichenen Zeit stehe fest, dass im Betrieb der Beschwerdeführerin bis dato sämtliche Begutachtungen hinsichtlich der Fahrzeugklasse T korrekt erstellt worden seien. Die Vertrauenswürdigkeit sei zum Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen und könne dies vom Amtssachverständigen bestätigt werden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu wie folgt erwogen:

Folgende Feststellungen werden der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 23. September 2002, ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, erteilt.

Mit Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 13. Februar 2015, ***, wurden der Beschwerdeführerin aus Anlass mehrerer bei einer Revision der Prüfstelle festgestellter Mängel Anordnungen gemäß § 57a Abs. 2a KFG 1967 erteilt, wonach die Beschwerdeführerin dafür zu sorgen habe, dass die Begutachtungen gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 auf einer tatsächlich durchgeführten, umfassenden und vollständigen Befundung der Fahrzeuge anhand der Vorgaben des jeweils aktuellen Mängelkatalogs beruhen. Weiters habe die Beschwerdeführerin bei der wiederkehrenden Begutachtung und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden, die Prüfgutachten müssten richtig und vollständig ausgefüllt werden, was insbesondere für die Fahrzeugklasse (Fahrzeugklasse T) und die Brems- und Abgaswerte gelte.

Am 21. November 2019 wurden bei einer unangekündigten Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt (Revisionszeitraum 1.5.2019 bis 21.11.2019):

Nichtberücksichtigung der Vorgaben des Mängelkataloges:  schwerer Mangel

Im Gutachten Nr. *** gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967, ausgestellt von Herrn G am 23. September 2019, wurde bezüglich des Fahrzeuges der Marke Renault, Fahrzeugklasse T1, Kennzeichen ***, ein Abbremswert der Betriebsbremsanlage von 32,11 % eingetragen. Indem bei diesem Fahrzeug eine Mindestabbremsung der Betriebsbremse von 40% erforderlich ist, hätte für dieses Fahrzeug kein positives Gutachten ausgestellt werden dürfen.

Im Gutachten Nr. *** gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967, ausgestellt von Herrn G am 1. März 2019, wurde bezüglich des Fahrzeuges der Marke Fendt, Fahrzeugklasse T1, Kennzeichen ***, ein Abbremswert der Betriebsbremsanlage von 37,21 % eingetragen. Indem bei diesem Fahrzeug eine Mindestabbremsung der Betriebsbremse von 40% erforderlich ist, hätte für dieses Fahrzeug kein positives Gutachten ausgestellt werden dürfen.

Am 16. Jänner 2019 wurde von der Prüfstelle der Beschwerdeführerin für das Fahrzeug der Marke Massey Ferguson, Kennzeichen ***, ein positives Gutachten (Nr. ***) gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 ausgestellt.

Eine Überprüfung dieses Fahrzeuges gemäß § 56 KFG 1967 durch das Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Technische Kraftfahrzeugangelegenheiten, vom 20.02.2020 (Gutachten Nr. ***) ergab, dass bei dem Fahrzeug mehrere schwere Mängel sowie ein Mangel mit Gefahr im Verzug (Reifen rechts vorne: Profiltiefe teilweise zwischen 0 und 1 mm) vorlagen. Indem zwischen der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin und der Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 lediglich 22 Betriebsstunden lagen, ist davon auszugehen, dass der Reifen zum Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin eine Profiltiefe von unter 2mm aufgewiesen hat, weshalb dieser Mangel zumindest als schwerer Mangel zu qualifizieren gewesen wäre und daher für dieses Fahrzeug kein positives Gutachten hätte ausgestellt werden dürfen.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden, anlässlich der Revision beanstandeten, von der Beschwerdeführerin ausgestellten Gutachten, den glaubwürdigen Aussagen der Zeugen D und E sowie dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen.

Dass trotz einer erforderlichen Mindestbremsverzögerung der Betriebsbremsanlage von 40 % bei zwei Fahrzeugen (Gutachten Nr. *** und ***) positive Gutachten ausgestellt wurden, obwohl diese lediglich eine Abbremsung von 32,11% bzw. 37,21% aufwiesen, zu Unrecht positive Gutachten ausgestellt wurden, wurde beschwerdeführerseits nicht in Abrede gestellt und mit einem Irrtum hinsichtlich des erforderlichen Mindestbremsverzögerungswertes erklärt.

 

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass bei beiden Fahrzeugen zu einem späteren Zeitpunkt ausreichende Mindestbremsverzögerungen hätten erreicht werden können, vermag nichts daran zu ändern, dass ein Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 den Fahrzeugzustand zum angeführten Prüfdatum bescheinigt und daher aufgrund der zu diesen Zeitpunkten nicht ausreichenden Bremswerte in beiden Fällen negative Prüfgutachten hätten ausgestellt werden müssen.

Wenn beschwerdeführerseits behauptet wird, dass zum Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung des Fahrzeuges der Marke Massey Ferguson, Kennzeichen ***, der mangelhafte Reifen (Profiltiefe teilweise 0 bis 1 mm Profiltiefe) mit Sicherheit nicht montiert gewesen sei, so wird dieser Behauptung kein Glauben geschenkt. Der Zeuge E, der von der Zulassungsbesitzerin (Stadtgemeinde ***), als informierte Auskunftsperson namhaft gemacht worden war, hat dazu glaubhaft und nachvollziehbar angegeben, dass das Fahrzeug mit jenen Reifen zur Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 vorgeführt worden sei, mit denen es auch bei der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin gewesen sei, es nicht möglich sei, dass der beanstandete Reifen zwischen der Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 und der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin ausgetauscht worden sei, indem es bei der Stadtgemeinde *** für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug weder Felgen noch Reifen gäbe, die ausgetauscht hätten werden können. Auch hat er glaubhaft dargestellt, dass ihm bei der Vorführung zur wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin bewusst gewesen sei, dass das Profil des verfahrensgegenständlichen Reifens unterschiedlich zu dem der anderen Reifen gewesen sei.

Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur ist eine Tatsache nicht lediglich dann als erwiesen anzunehmen, wenn absolute Sicherheit vorliegt, sondern reicht es aus, dass von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen angenommen wird, die gegenüber allen anderen möglichen Ereignissen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 4.9.1989, 89/09/0064; 30.8.1991, 91/09/0084 u.v.a.).

In diesem Zusammenhang ist die Variante eher wahrscheinlich, dass der beanstandete Reifen der ersten Achse rechts bereits bei der wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin montiert war, indem kein Grund erkennbar ist, warum die Zulassungsbesitzerin (Stadtgemeinde ***) zwischen wiederkehrender Begutachtung und Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 durch das Amt der NÖ Landesregierung einen schadhaften Reifen montieren und damit nach erfolgter Vorladung zu einer behördlichen Überprüfung vorführen sollte.

Auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, es sei möglicherweise durch mangelnden Reifendruck oder andere technische Ursachen zu einem übermäßigen Reifenverschleiß zwischen wiederkehrender Begutachtung und behördlicher Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 gekommen, werden durch keinerlei Beweisergebnis gestützt und gehen daher ins Leere. Diese Behauptungen stehen im Übrigen im Widerspruch zu den glaubwürdigen Angaben des Zeugen E, der eine Abweichung des Reifenprofils des rechten vorderen Reifens im Vergleich zu den übrigen Reifen im Zeitpunkt der Vorführung des Fahrzeuges zur wiederkehrenden Begutachtung durch die Beschwerdeführerin festgestellt hat.

 

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

§ 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) lautet:

Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.

Gemäß § 57a Abs. 2a leg. cit. hat der Landeshauptmann regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, VwGH 8. September 2016, Ra 2014/11/0082).

Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).

Der VwGH hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).

Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß (Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1985, 85/11/0077). Unter besonderen Umständen kann bereits die Erstellung eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern (Erk. vom 2.7.1991, 91/11/0026 mit weiteren Judikaturhinweisen). Dies ist der Fall, wenn der Gewerbetreibende den Mangel bei einer gewissenhaften Überprüfung aller relevanten Faktoren zumindest hätte erkennen können.

Wie oben dargelegt, sind im gegenständlichen Betrieb drei unrichtige Gutachten bezüglich Fahrzeugen der Fahrzeugklasse T erstellt worden, insofern als für drei Fahrzeuge positive Gutachten ausgestellt worden, obwohl diese negativ hätten beurteilt werden müssen, welcher Umstand bei Zugrundelegung der entsprechenden Sorgfalt hätte erkannt werden müssen.

Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass nach Angaben der Beschwerdeführerin lediglich 10 bis 15 Fahrzeuge der Fahrzeugklasse T im Jahr begutachtet werden, prozentual daher ein eklatant hoher Anteil von Fahrzeugen dieser Fahrzeugklasse falsch begutachtet wurde.

Schwer wiegt auch der Umstand, dass der Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2015 Anordnungen gemäß § 57a Abs. 2a KFG 1967 erteilt wurden, welche Maßnahme unter anderem wegen mangelnder Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich Fahrzeugen der Kategorie „T“ getroffen wurde. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung der Anordnungen, mit welcher ein Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in Aussicht gestellt wurde, wurden beschwerdeführerseits erneut unrichtige Gutachten aufgrund mangelnder Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen (irrtümliche Annahme, dass eine Mindestbremsverzögerung von 30% ausreicht – Verhandlungsschrift Seite 1 vorletzter Absatz) erstattet, welcher Umstand für einen auffallend sorglosen Umgang mit der erteilten Ermächtigung spricht.

Wenn auch beschwerdeführerseits durchaus Bemühungen zur Verbesserung der internen Qualitätssicherung getätigt wurden, indem ein einschlägiger Unternehmensberater ein Audit des Betriebes im Bereich der wiederkehrenden Begutachtung durchgeführt hat (wobei eine Reihe weiterer schwerer Mängel bei der Begutachtungstätigkeit aufgezeigt wurde) und der Geschäftsführer eine freiwillige Weiterbildung absolviert hat, so sind diese Maßnahmen nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedoch qualitativ und quantitativ nicht ausreichend, um seine Vertrauenswürdigkeit darzutun.

Wenn zur Qualitätssicherung eine interne regelmäßige Kontrolle angedacht ist, wobei ständig der Geschäftsleitung zu berichten ist (Beschwerde Seite 12 2. Absatz), erscheint diese Maßnahme angesichts des Umstandes, dass ausschließlich der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin geeignete Person für die Begutachtung von Fahrzeugen der Fahrzeugklasse T im Betrieb der Beschwerdeführerin ist und folglich auch sämtliche unrichtige Gutachten erstattet hat, als nicht zielführend. Auch das bereits jahrelange Abonnieren eines kostenpflichtigen Newsletters der Unternehmensberatung (Verhandlungsschrift Seite 3 3. Absatz) hat offenkundig nicht zu einer Verbesserung des Wissensstandes sowie der Begutachtungstätigkeit bei Fahrzeugen der Fahrzeugklasse T geführt.

Bei der gebotenen Beurteilung des auf Grund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin gewonnenen Persönlichkeitsbildes kann somit aber nicht gesagt werden, dass sie (derzeit) die spezifische Vertrauenswürdigkeit aufweist.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gelangt daher zusammenfassend zur Ansicht, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Gewerbetreibende die ihm zu übertragenden Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere sowie nicht übermäßige Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen – ausübt. Die Vertrauenswürdigkeit ist nach wie vor nicht gegeben und somit auch von einer negativen Prognose auszugehen. Indem sich die festgestellten Fehlleistungen auf Fahrzeuge der Fahrzeugklasse T beschränkten, konnte mit einem Widerruf der erteilten Ermächtigung ausschließlich hinsichtlich der Fahrzeugklasse T das Auslangen gefunden werden.

Die Frage, ob die Vertrauenswürdigkeit gegeben ist oder nicht, ist im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigengutachten zu beurteilen (vgl. VwGH 2003/11/0172), weshalb sich die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens, wie beschwerdeführerseits in der Stellungnahme vom 23. Oktober 2020 beantragt, erübrigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; wiederkehrende Begutachtung; Vertrauenswürdigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.402.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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