TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 W208 2231538-1

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

BDG 1979 §109 Abs3
BDG 1979 §118
BDG 1979 §123 Abs1
BDG 1979 §131
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §47
BDG 1979 §94
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W208 2231538-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des Disziplinaranwalt der XXXX , Mag. Georg G XXXX , MBA, gegen den Beschluss der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN, SENAT 5, vom 31.02.2020, GZ W01/05-DK V/20, gegen den Mitbeteiligten Robert H XXXX kein Disziplinarverfahren einzuleiten, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der Beschluss aufgehoben und gegen Robert H XXXX gemäß § 123 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Er steht im Verdacht

1)       durch Verfassung und Versendung einer E-Mail am 22.11.2019 um 08:08 Uhr an Andreas B XXXX - nachdem dieser bei Kollegen nachgefragt hatte, ob er sich überhaupt im Dienst befände – durch Verwendung der Ausdrücke:

„[ …] es klingt wie aus alten Stasi Zeiten der DDR.“

„[…] spionierst du mir nach? […]“

sowie

2)       am 01.12.2019 um 10:12 Uhr, durch nochmalige Versendung der im Spruchpunkt 1 genannten E-Mail als Anhang einer weiteren Mail an Christian R XXXX (dem Vorgesetzten des Andreas B XXXX ) und in Kopie an Martin C XXXX und Wolf Dieter L XXXX ; in der er dem Andreas B XXXX unterstellt hat „[keine] Courage“ und „tief in die unterste Schublade gegriffen“ zu haben;

seine Dienstpflicht gemäß § 43a BDG, zum achtungsvollen Umgang mit Kollegen und zum guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen sowie Verhaltensweisen die die menschliche Würde eines Kollegen verletzen, zu unterlassen, nicht eingehalten und dadurch seine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Mitbeteiligte bzw Beschuldigte (im Folgenden: B) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Beamter, in Verwendung bei der XXXX (im Folgenden: T).

2. Am 03.01.2020 erließ Mag. Georg G XXXX (im Folgenden: G) „für die Leiterin des zuständigen Personalamtes“ der T als Dienstbehörde eine Disziplinarverfügung gegen den B, wegen des Inhalts einer von B an Andreas B XXXX (im Folgenden: BA) versandten E-Mail vom Freitag, 22.11.2019, 08:08 Uhr:
„Servus Andy,

ich bin etwas irritiert von einer Aktion die mir zu Ohren gekommen ist, deshalb kläre mich bitte auf, den es klingt wie aus den alten Stasi Zeiten der DDR.

Du hast KollegInnen von meinem Team kontaktiert und Dich informiert ob ich im Dienst bin?! Stellst Du meinen Krankenstand in Frage bzw. spionierst Du mir nach?

Martin C XXXX ist noch immer mein Chef mit dem ich alle Dienstangelegenheiten bespreche, bzw. Krankenstände melde. Hat sich in Deinem Aufgabengebiet eventuell war geändert, bzw. hat Dir jemand einen Auftrag erteilt?

Bitte um rasches Feedback, damit ich das abschließen kann.

[B]“

Weiters, wegen folgender E-Mail vom Sonntag, 01.12.2019, 10:12 Uhr, an Christian R XXXX (im Folgenden: R), der Führungskraft des BA:

„Sehr geehrter Herr [R],

es ist normal nicht meine Art den Vorgesetzten eines Kollegen zu kontaktieren, aber ich habe [BA] eine Woche Zeit gegeben um die Causa (siehe e-mail) unter Männern zu erledigen. Leider hatte er die Courage nicht, vielleicht bringen ja Sie Licht in diese sehr bedenkliche Causa??. Ursprünglich wollte ich diese Angelegenheit eskalieren lassen, da aber Advent ist und ich mit fast 63 Jahren meine Energie lieber anders einsetze und mich nicht auf solches Niveau begeben möchte, werde ich Amnestie walten lassen. Es ist schon traurig unter Kollegen die im selben Boot sitzen, so tief in die unterste Schublade zu greifen, wer immer auch die Drahtzieher solcher Aktionen sind. Bitte setzen Sie entsprechende Schritte um in Zukunft sowas zu vermeiden und setzen Sie [BA] als meinen Coach ab (ich werde Ihn auch nicht mehr akzeptieren!!), denn er hätte wahrlich andere Aufgaben als Jobcoach! z.B. mich zu unterstützen!

Allen eine besinnliche Adventzeit.

[B]“

Der Disziplinarverfügung war ein E-Mail-Verkehr vorangegangen, in der G am 22.11.2019 von R, um Unterstützung ersucht wurde, weil der B seinen Mitarbeiter unter Druck setzen würden.

Am 01.12.2019 schaltete sich auch Kurt N XXXX , der Bereichsleiter der Organisation „ XXXX “ (im Folgenden: N) mit einem Mail, dass er an R und cc an G und BA übermittelte ein und führte aus, dass das Verhalten des B und andere Punkte nach einer schriftlichen Ermahnung, wenn nicht sogar mehr „schreien“ würden. In den letzten Jahren sei fast immer zu großzügig mit Verfehlungen umgegangen worden. Er schloss mit den Worten, er werde auf G in der Causa zukommen.

3. Die Disziplinarverfügung trat nach einem Einspruch des B – in dem dieser ohne nähere Ausführungen angab, dass der Sachverhalt nicht stimme – am 17.01.2020 ex lege gemäß § 132 BDG außer Kraft. Die Dienstbehörde leitete den Akt sodann an die Disziplinarkommission (DK) weiter.

4. Am 12.02.2020 fasste die zuständige DK den beschwerdegegenständlichen Beschluss kein Disziplinarverfahren einzuleiten.

5. Gegen den am 04.03.2020 dem BF zugestellten Beschluss brachte der nunmehr als Disziplinaranwalt auftretende Mag. G mit Schreiben vom 31.03.2020 (Postaufgabedatum 01.04.2020) Beschwerde an das BVwG ein. Er beantragte mit näherer rechtlicher Begründung die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den B.

6. Mit Schreiben vom 29.05.2020 (hg eingelangt am 04.06.2020) wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.

7. Das BVwG übermittelte dem B am 29.06.2020 eine Beschwerdemitteilung mit der Aufforderung zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Die DK wurde aufgefordert die nicht im Akt einliegende Disziplinaranzeige vorzulegen.

8. Am 06.07.2020 teilte der Schriftführer der DK (Mag. Andreas S XXXX ) unter Bezugnahme auf das Schreiben des BVwG vom 29.06.2020 per E-Mail mit, dass es im gegenständlichen Verfahren keine Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde gebe, weil seitens des Personalamtes eine Disziplinarverfügung erlassen worden sei, die sich im Akt befinde. Vom Vorsitzenden der DK langte keine Stellungnahme ein.

9. Der B teilte in einem Schreiben vom 15.07.2020 zusammengefasst mit, dass er keine Disziplinaranzeige erhalten habe. Er wies darauf hin, dass der Disziplinaranwalt für die Dienstbehörde die Disziplinarverfügung erlassen habe und er ihn deshalb für befangen erachte. Weiters führte er den Umgang der Post mit ihm seit Auflassen seines Arbeitsplatzes 2008 an und begründete damit die im vorgeworfene emotionale Ausdrucksweise, die er auch auf seinen Gesundheitszustand zurückführe und bedauere.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Sachverhalt und der Verfahrensgang stehen durch die unstrittig vom B an die genannten Personen übermittelten E-Mails (vgl insb oben Punkt I.2.) fest.

Es wurde weder vom Dienstvorgesetzten noch von der Dienstbehörde des B eine Disziplinaranzeige erstattet. Auch im Akt liegt keine Disziplinaranzeige ein. Die Disziplinarverfügung wurde erlassen, ohne dem B eine Disziplinaranzeige zu übermitteln oder ihm sonst die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen.

Der Kollege des B, BA, ist „Job-Coach“ und für die Wiedereingliederung des B in den Arbeitsprozess verantwortlich. In dieser Rolle wollte der BA mit dem B – nach mehreren Krankenständen - ein Gespräch führen und hatte sich im Nebenbüro bei Kollegen erkundigt, ob er überhaupt im Dienst sei, weil er ihn im Büro nicht antraf.

Als der B davon erfuhr, hat er die ihm nun vorgeworfenen Mails versendet.

Die Dienstbehörde ist aufgrund des Mails des Dienstvorgesetzten des BA an G tätig geworden, welche offenbar als Disziplinaranzeige gewertet wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ist unstrittig.

Der Text und die Adressaten der E-Mails ergeben sich aus den der Beschwerde beigelegten Ausdrucken und sind unstrittig. Der B hat sie in seiner Stellungnahme vom 15.07.2020 nicht bestritten, jedoch angeführt, dass er die Ausdrucksweise bedauere und auf seinen angegriffenen Gesundheitszustand sowie den Umgang der Dienstbehörde mit ihm die letzten rund 11 Jahre zurückführe.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über einen Einleitungsbeschluss keine Senatszuständigkeit vor, gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor (und zwar auch bei einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes vgl. dazu VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042).

Eine mündliche Verhandlung wurde (nicht) beantragt, wird vom BVwG aber aus den folgenden Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG).

Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist von der Verwaltungsbehörde ausreichend in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden. Ein Fall des Art 6 EMRK liegt in diesem Verfahrensstadium noch nicht vor (vgl. im Übrigen auch VfSlg 16716/2002 mwH, wonach ein Einleitungsbeschluss keine Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" iSd Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK], BGBl 1958/210 darstellt - für einen Verhandlungsbeschluss gilt sinngemäß das Gleiche u. VfGH 30.11.2004, B 94/04). Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art 6 Abs 1 MRK getroffen (vgl. 09.09.2014, Ro 2014/09/0049; 14.10.2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007).

Ein unionsrechtlicher Anknüpfungspunkt, der die Anwendung des Art 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389, indizieren würde, liegt nicht vor.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug):

„Verjährung

§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2.

innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,

2.

(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 120/2012)

2a.

für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,

3.

für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4.

für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und

5.

für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung

a)

über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,

b)

der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder

c)

der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens

 

bei der Dienstbehörde.

(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,

2.

für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.

Im Verfahren vor der Disziplinarkommission im PTA-Bereich und in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung ist Z 1 anzuwenden.

(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist.

Disziplinaranzeige

§ 109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß § 78 StPO vorzugehen.

(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht der oder des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht. Diese ist der Beamtin oder dem Beamten nachweislich mitzuteilen. Nach Ablauf von drei Jahren ab Mitteilung an die Beamtin oder den Beamten darf eine Belehrung oder Ermahnung zu keinen dienstlichen Nachteilen führen und sind die Aufzeichnungen über die Belehrung oder Ermahnung zu vernichten, wenn die Beamtin oder der Beamte in diesem Zeitraum keine weitere Dienstpflichtverletzung begangen hat. […]

§ 110. (1) Auf Grund der Disziplinaranzeige oder des Berichtes des Dienstvorgesetzten hat die Dienstbehörde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder

2.

die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt weiterzuleiten.

(2) Die Dienstbehörde kann von der Erlassung einer Disziplinarverfügung oder der Weiterleitung der Disziplinaranzeige absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind. Auf Verlangen des Beamten ist dieser hievon formlos zu verständigen.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2.

die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,

3.

Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4.

die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet. […]

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. […]

Abgekürztes Verfahren

Disziplinarverfügung

§ 131. Die Dienstbehörde kann ohne weiteres Verfahren schriftlich eine Disziplinarverfügung erlassen, wenn

1.

die Beamtin oder der Beamte vor der oder dem Dienstvorgesetzten, der Leiterin oder dem Leiter der Dienststelle oder vor der Dienstbehörde eine Dienstpflichtverletzung gestanden hat,

2.

eine Dienstpflichtverletzung aufgrund eindeutiger Aktenlage als erwiesen anzunehmen ist oder

3.

die Beamtin oder der Beamte wegen des der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegenden Sachverhaltes rechtskräftig durch ein Strafgericht durch ein Verwaltungsgericht oder durch einen unabhängigen Verwaltungssenat bestraft wurde,

und dies unter Bedachtnahme auf die für die Strafbemessung maßgebenden Gründe zur Ahndung der Dienstpflichtverletzung ausreichend erscheint. Die Disziplinarverfügung ist auch der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt zuzustellen. In der Disziplinarverfügung darf nur der Verweis ausgesprochen oder eine Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges, auf den die Beamtin oder der Beamte im Zeitpunkt der Erlassung der Disziplinarverfügung Anspruch hat, verhängt werden.

Einspruch

§ 132. Der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt können gegen die Disziplinarverfügung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch erheben. Der rechtzeitige Einspruch setzt die Disziplinarverfügung außer Kraft; die Disziplinarkommission hat zu entscheiden, ob ein Verfahren einzuleiten ist.“

Die Höchstgerichte haben dazu ua. folgende einschlägige Aussagen getroffen [Anmerkung des BVwG: Da der Verhandlungsbeschluss nach der aktuellen Rechtslage im Einleitungsbeschluss aufgegangen ist, gelten die Aussagen des VwGH für den Verhandlungsbeschluss sinngemäß nunmehr auch für den Einleitungsbeschluss.]:

Voraussetzung für den Verhandlungsbeschluss ist die ausreichende Klärung des Sachverhaltes, auf Grund dessen im Verhandlungsbeschluss als unabdingbarer Inhalt die Anschuldigungspunkte zu formulieren sind, die die Grundlage für die mündliche Verhandlung darstellen. Eine weiter darüber hinausgehende Behandlung des Sachverhaltes im Rahmen der einzelnen Anschuldigungspunkte erübrigt sich im Stadium des Verhandlungsbeschlusses, weil damit der Beurteilung im folgenden Disziplinarverfahren vorgegriffen würde und es nicht Aufgabe des Verhandlungsbeschlusses, sondern des nachfolgenden Disziplinarverfahrens ist, die Rechtsfrage bzw. Schuldfrage zu klären (VwGH 18.03.1998, 96/09/0145 mit Hinweis E 29.6.1989, 88/09/0126).

Wie beim Einleitungsbeschluss oder bei der Entscheidung über die Suspendierung erfolgt die Entscheidung der Disziplinarkommission beim Verhandlungsbeschluss noch im Verdachtsbereich. Daraus folgt, dass in dieser Phase des Disziplinarverfahrens (Fassung des Verhandlungsbeschlusses und damit Weiterführung des Disziplinarverfahrens oder dessen Einstellung) nur offenkundige Einstellungsgründe zu beachten sind. (VwGH 16.11.1995, 93/09/0054).

Im Spruch des Verhandlungsbeschlusses sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Daraus folgt, dass im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Aus dem Begriff "Anschuldigungspunkt" in § 124 Abs. 2 BDG [nunmehr § 123 Abs. 2 BDG] folgt weiters, dass anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beschwerdeführer im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird. Angesichts dieser Bedeutung des Verhandlungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses ist die "BESTIMMTE" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserheblich: Der vorgeworfene Sachverhalt muss der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verhandlungsbeschlusses die spruchmäßige Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird. Er muss eine so hinreichende Substantiierung enthalten, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt. (VwGH 19.12.2002, 2002/09/0128, mit Hinweis auf E 16. Juli 1992, 92/09/0016, und B 1. Juli 1998, 97/09/0095, jeweils mit weiteren Nachweisen).

§ 109 Abs 3 BDG 1979 stellt eine lex specialis iSd § 105 erster Halbsatz BDG 1979, und zwar zur Frage der Gewährung des Parteiengehörs zur Disziplinaranzeige, soferne der Einleitungsbeschluss ausschließlich auf diese Anzeige gestützt wird, dar. Die unverzügliche Mitteilung der Disziplinaranzeige an den beschuldigten Beamten, welche die genannte Bestimmung zwingend vorsieht, setzt diesen in die Lage, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis zu nehmen und allenfalls dazu auch eine Stellungnahme abzugeben. Nur dann, wenn die Disziplinarkommission vor der Erlassung des Einleitungsbeschlusses über die Disziplinaranzeige hinaus weitere Ermittlungen durchführen läßt - wozu sie nach dem Wortlaut des § 123 Abs 1 BDG 1979 keinesfalls gezwungen ist - hat sie zu den zusätzlichen Ermittlungsergebnissen dem beschuldigten Beamten im Sinne des § 45 Abs 3 AVG das Parteiengehör zu gewähren (VwGH 23.02.1994, 93/09/0335).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der DK zu den im Spruch angeführten Vorwürfen kein Disziplinarverfahren gegen den B einzuleiten.

3.3.3.1. Im Gegenstand ist zunächst zweifelhaft, ob die DK – obwohl gar keine formale Disziplinaranzeige des Vorgesetzten bzw der Dienstbehörde vorliegt – zur Entscheidung über die Einleitung bzw hier Nichteinleitung zuständig war.

Voraussetzung für die Zuständigkeit der DK ist gemäß § 123 Abs 1 BDG, dass eine Disziplinaranzeige iSd § 109 BDG bei ihr eingelangt ist, weil diese den Umfang des vorgeworfenen Verhaltens umgrenzt und die Grundlage für die Beurteilung der DK darstellt, ob einzuleiten ist oder nicht. Das ergibt sich schlüssig nicht nur aus den oben unter II.3.2. zitierten Erkenntnissen des VwGH, sondern auch aus dem Gesetzestext selbst, der immer wieder auf die Disziplinaranzeige Bezug nimmt.

Die Dienstbehörde hat gemäß § 109 Abs 3 BDG eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen, um diesem die Möglichkeit zu geben seine Parteienrechte geltend zu machen.

Gemäß § 110 Abs 1 Z 1 BDG ist eine Disziplinaranzeige des zur Dienstaufsicht berufenen Vorgesetzten schon für die Erlassung einer Disziplinarverfügung erforderlich.

Im vorliegenden Fall wurde keine Disziplinaranzeige verfasst und dem B zugestellt, sondern die DK hat sofort – ohne dem B Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben - eine Disziplinarverfügung (§ 131 BDG) erlassen und eine Geldbuße verhängt. Erst die Disziplinarverfügung wurde dem B am 08.01.2020 zugestellt und umgrenzte ihm gegenüber den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, wogegen dieser gemäß § 132 BDG fristgerecht am 17.01.2020 Einspruch erhob, ohne sich substantiell inhaltlich dazu zu äußern. Er bestritt lediglich den Sachverhalt.

Da die Disziplinarverfügung gemäß § 132 BDG durch den rechtzeitigen Einspruch des B ex lege außer Kraft gesetzt wurde, gehört diese zwar dem Rechtsbestand nicht mehr an, dennoch begründet deren Weiterleitung nach § 132 letzter Halbsatz die Entscheidungskompetenz der DK. Diese hat die Beschwerde nicht nur inhaltlich zu prüfen, sondern zuerst festzustellen, ob nicht ein allfälliger Zurückweisungsgrund vorliegt (so sinngemäß der VwGH 23.03.1994, 93/09/0390). Sie hat nach Einlangen der Akten - ohne Bedachtnahme auf die Disziplinarverfügung – über die Einleitung des Disziplinarverfahrens gemäß § 123 BDG zu entscheiden und dabei so vorzugehen, wie wenn ihr durch die Dienstbehörde eine Disziplinaranzeige übermittelt wird (§ 123 Abs 1 BDG). Sie hat insbesondere auch zu klären, ob das Verfahren nicht wegen „mangelnder Strafwürdigkeit“ einzustellen ist (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 620).

Im vorliegenden Fall ist die Dienstbehörde mittelbare Vorgesetzte des B und hat sie in dieser Funktion, unter Verletzung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 109 Abs 3 BDG, anstatt einer Disziplinaranzeige gleich eine Disziplinarverfügung erlassen. Ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber im Falle eines Einspruches das ex lege außer Kraft treten der Disziplinarverfügung angeordnet hat, hat diese die Wirkung, dass die Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs 1 BDG gewahrt ist und dass klar zum Ausdruck kam, dass die Dienstbehörde der Meinung ist, dass ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung gegen den B vorliegt, der mit der Disziplinarverfügung auch entsprechend konkretisiert wurde, sodass diese einer Disziplinaranzeige gleicht kommt. Aufgrund der klaren Formulierung des § 132 Satze BDG ist daher davon auszugehen, dass der DK eine Zuständigkeit zur inhaltliche Entscheidungskompetenz zukam. Der Verfahrensfehler wirkt sich nicht mehr aus, weil dem B sowohl im Zuge des Einspruches gegen die Disziplinarverfügung als auch im Rahmen des Parteiengehörs des BVwG die Möglichkeit zur Stellungnahme und Ausräumung des Verdachts offen gestanden wäre. Die bloße Behauptung der Sachverhalt stimme nicht, ohne Beweismittel dazu anzubieten, reicht nicht aus.

3.3.3.2. Zum Vorwurf der Befangenheit des Mag. G. der als Vertreter der Dienstbehörde, die Disziplinarverfügung erlassen hat und gleichzeitig gegen die Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens in der Sache Beschwerde beim BVwG erhoben hat ist das Folgende festzustellen:

Gemäß § 47 BDG hat sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch der befangene Beamte die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen. § 7 des AVG und sonstige die Befangenheit regelnde Verfahrensvorschriften bleiben unberührt.

§ 7 Abs 1 Z 2 sieht eine Enthaltung der Ausübung des Amtes in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind ausdrücklich vor. Da Mag. G. als Bevollmächtigter der Dienstbehörde tätig geworden ist und die Disziplinarverfügung die Grundlage für die Entscheidung der DK war, erlassen hat, hätte er seine Vertretung zu veranlassen gehabt. Er war zweifellos befangen.

Das Wesen der Befangenheit besteht grundsätzlich in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (VwGH 24.04.2014, Ro 2014/01/0013).

Grundsätzlich stellt das Vorliegen von Befangenheit nur dann einen wesentlichen, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel dar, wenn Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Bescheides bestehen. Dies setzt aber voraus, dass der Entscheidungsspielraum der Behörde ein enger ist, sodass die sachliche Richtigkeit eindeutig ist und […] ohne weiteres beurteilt werden kann. Liegt hingegen ein weiter Entscheidungsspielraum der Behörde vor, bei dem im Einzelfall nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ohne Befangenheit ein anderes, für den BF günstigeres Ergebnis, wenn auch nur in Teilen der Entscheidung, erzielt worden wäre, kann der Befangenheit die Relevanz als Verfahrensmangel nicht abgesprochen werden (VwGH 12.11.2012, 2011/06/0202).

Als Disziplinaranwalt hat er aber keine Entscheidungsbefugnis, sodass sich seine Befangenheit weder auf die Entscheidung der DK noch des BVwG auswirken konnte. Der Verfahrensfehler bleibt daher ohne Folgen.

3.3.2. Die DK hat inhaltlich nicht – positiv - zu prüfen, ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde, sondern – negativ – zu erheben, ob nicht ein Grund für die Einstellung des Verfahrens vorliegt der eine Bestrafung ausschließt. Es handelt sich dabei um eine Entscheidung im Verdachtsbereich (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 567).

Gem. der zitierten ständigen Rsp des VwGH sind in dieser Phase des Disziplinarverfahrens nur offenkundige Einstellungsgründe gemäß § 118 BDG zu beachten.

Der Einleitungsbeschluss dient der hinreichend bestimmten Darstellung jenes Verhaltens, aufgrund dessen sich der Verdacht von konkreten Dienstpflichtverletzungen ergibt. Diese Darstellung muss so substantiiert sein, dass die Tatbestände sowohl von der DK als auch vom Beschuldigten abgegrenzt werden können („Unverwechselbarkeit“, um eine Doppelbestrafung auszuschließen) und der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, sich sachgerecht zu verteidigen. Die Konkretisierung muss umso genauer sein, je größer die Möglichkeit von Verwechslungen mit anderen Dienstpflichtverletzungen besteht oder wo Verdachtsmomente bestritten werden (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 571 und die dort zitierte umfangreiche Judikatur).

Die Konkretisierung in der Disziplinarverfügung ist als ausreichend anzusehen, weil dort die beiden Mails mit den inkriminierenden Aussagen des B enthalten sind und der mangelhaften rechtlichen Beurteilung einzelner Aussagen, aufgrund der ex lege Außerkraftsetzung der Disziplinarverfügung durch § 132 BDG keine Relevanz mehr zukommt.

3.3.3. Die DK ist sinngemäß davon ausgegangen, dass die Wortwahl des B, zwar „nicht sehr nett“ gewesen sei, jedoch noch unterhalb der Grenze wäre, die der VwGH für die § 43a BDG zu unterstellenden Verhaltensweisen angesehen habe. Der B habe lediglich seinen persönlichen Eindruck wiedergegeben und sei dies im Zuge der Meinungsäußerung als erlaubt anzusehen. Er habe nicht gesagt, der BE bediene sich Stasi-Methoden, sondern, dass es für ihn „klinge wie in alten Stasi Zeiten“. Es dürfe nicht jede spontane Äußerung auf die Goldwaage gelegt werden und sei die menschliche Würde oder die dienstliche Zusammenarbeit dadurch nicht ernstlich gestört. Das gleiche gelte für die zweite E-Mail die von BE ausgelöst wurde, weil dieser keine Veranlassung gesehen habe, auf die erste E-Mail zu reagieren.

3.3.4. Der DA führt demgegenüber an, dass von einer spontanen Unmutsäußerung keine Rede sein könne. Der B habe wohlüberlegt, Tage später, zwei schriftliche E-Mails verfasst und seien dabei strengere Maßstäbe anzulegen. Die Grenze der Meinungsfreiheit sei dort wo Kritik nicht mehr sachlich in einer dem Anstand entsprechenden Form vorgebracht werde. Der B habe dem BA persönlich abwertende Vorwürfe gemacht („Leider hatte er die Courage nicht … tief in die unterste Schublade gegriffen … “) , ihn der Spionage beschuldigt die ihn an alte Stasi-Zeiten erinnern würden gemacht und diesem und seinen Vorgesetzten R, in dem er ihm unterstellt habe „Drahtzieher solcher Aktionen“ zu sein, eine unehrenhafte persönliche Einstellung unterstellt, dies verstoße gegen § 43a BDG.

3.3.5. Der DA ist damit aus den folgenden Gründen im Wesentlichen im Recht.

3.3.5.1. § 43a BDG lautet unter der Überschrift „Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)“ (Hervorhebungen durch BVwG):

„Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.“

3.3.5.2. Diese Pflicht bedeutet ein allgemeines kollegiales Verhalten an den Tag zu legen, und unkooperatives Verhalten zu unterlassen. Auch eine Art der dienstlichen Kommunikation die verbal völlig korrekt, aber unterschwellig aggressiv oder aufdringlich ist, kann in schweren Fällen unter diesen Tatbestand subsumiert werden (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 213).

3.3.5.3. Dazu ist zunächst festzustellen, dass in den negativ besetzten Ausführungen im zweiten Mail keine Vorgesetzten (nicht einmal abstrakt) erwähnt werden, sondern lediglich gefragt wird „[…] wer immer auch die Drahtzieher solcher Aktionen sind.“ Daher kann durch diese allgemeine Aussage kein konkreter Mitarbeiter oder Vorgesetzten in seiner Würde verletzt worden sein.

3.3.5.4. Anders verhält sich die Sachlage im Hinblick auf die schriftlichen Ausführungen des B, den BE betreffend. Hier werden die Ausführungen des DA geteilt.

Der VwGH hat festgestellt, dass disziplinär inkriminierte (Meinungs-)Äußerungen eines Beamten insbesondere dahingehend geprüft werden müssen, ob dem Beamten hinsichtlich der Form dieser Kritik eine bedenkliche Wortwahl, die als Beleidigung, Schmähung oder massiver Vorwurf, der den Rahmen sachlicher Kritik sprengen würde, anzulasten ist (Hinweis E 28.07.2000, 97/09/0106, mwH; VwGH 03.09.2002, 99/09/0212).

Weiters hat der VwGH ausgeführt, dass in diesem Rahmen jeder Beamte selbstverständlich das Recht hat, sich auch gegen interne Angriffe zur Wehr zu setzen. Grundsätzlich ist aber zu fordern, dass sich eine vorgetragene Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Disziplinarrechtlich ergibt sich die diesbezügliche Grenze (die auch gegen verfassungsrechtliche Grundrechte, wie das der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 13 StGG bzw Art 10 EMRK wirkt - (Hinweis E VfGH 14.12.1994, B 1400/92) vor allem aus der Bestimmung des § 43 Abs 2 BDG 1979. Die durch § 43 Abs 2 BDG 1979 gezogene Schranke im Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten ist durch Vorwürfe gegenüber einem Vorgesetzten betreffend eines „Schürens von Intrigen" und der „Hinterhältigkeit" überschritten. Mit diesen - in schriftlicher Form gegenüber einer übergeordneten Dienstbehörde gemachten - auch persönlich abwertenden (beleidigenden) Vorwürfen der „Hinterhältigkeit" und „Intrige" (somit ebenfalls einer HINTERHÄLTIGKEIT betriebenen Machenschaft) verstößt ein Beamter ungeachtet der Frage der Richtigkeit der allenfalls hinter solchen Anschuldigungen stehenden Vorwürfe gegen § 43 Abs 2 BDG 1979 (VwGH 19.10.1995, 94/09/0024).

Für die gute Zusammenarbeit in einer Behörde ist es wünschenswert, dass jeder Beamte seinen Kollegen und Vorgesetzen mit der Achtung und Hilfsbereitschaft begegnet, die er selbst von ihm erwartet. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten stellt schon eine Dienstpflichtverletzung dar. Es sind die Bedingungen des Einzelfalles entscheidend. An spontane mündliche Äußerungen sind geringere Anforderungen zu stellen als an schriftliche. Einer verständlichen Erregung ist billigerweise Rechnung zu tragen. Die Grenze der Pflichtwidrigkeit ist erst erreicht, wenn die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzen verletzt oder wenn der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit anderweitig ernstlich gestört wird (VwGH 04.09.1989, 89/09/0076 unter Hinweis auf E 11.12.1985, 85/09/0223).

Unstrittig ist die vom VwGH zu § 43 Abs 2 BDG ergangene Rechtsprechung auf die Auslegung des § 43a BDG anzuwenden und ist bei verbalen Ausschreitungen (Beschimpfungen, Verspottungen und Lächerlichmachen) auf deren Gewicht abzustellen. Wo nur bei schweren Fällen eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs 2 BDG angenommen wurde – etwa, wenn aus der Formulierung und Nebenumständen Rückschlüsse auf dienstlich relevante Charaktermängel gezogen werden konnten oder wenn das Verhalten über längere Zeit anhielt (vgl dazu Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 210).

Wenn die DK vor diesem Hintergrund anführt, die schriftliche Aussage des B sei lediglich die Wiedergabe eines persönlichen Eindruckes - weil der B dem BE ja nicht unterstellt hätte, sich Stasi-Methoden zu bedienen und unterliege daher der Freiheit der Meinungsäußerung, verkennt sie, dass der Vorwurf „ … klingt wie aus alten Stasi Zeiten der DDR …“ mit der Frage „ … spionierst du mir nach? …“ verbunden wurde und ihm sodann im Mail an dessen Vorgesetzten noch unterstellt wurde, dass er „[keine] Courage“ und „tief in die unterste Schublade gegriffen“ habe, sodass sehr wohl ein unkollegiales unkooperatives Verhalten, eine bedenkliche Wortwahl, Beleidigung und Schmähung durch Unterstellung von Charkaterschwäche und Verwendung von Methoden aus der untersten Schublade (wie die in der Öffentlichkeit negativ besetzte Spionage bzw Stasi-Methoden) vorliegt. Diese Aussagen sind überdies im Kontext mit der bloßen Ausübung der Dienstpflichten des BE als Job-Coach gestanden und kann in der bloßen Nachfrage bei Kollegen – auch wenn der BE nicht Vorgesetzter des B war bzw ist – kein verpöntes Verhalten erkannt werden, dass eine derartige verbale Reaktion des B als gerechtfertigt erscheinen ließe. Ein derartiges Verhalten ist nicht ungeeignet negative Vorbildwirkungen bei anderen von Job-Coaches zu betreuenden Bediensteten und bei den Job-Coaches selbst auszulösen und damit das Betriebsklima negativ zu beeinflussen.

Es handelt sich – wie der DA zutreffend ausführt – insbesondere nicht um eine spontane Äußerung im Zuge einer Meinungsverschiedenheit, sondern um eine wohlüberlegte zweimalige schriftliche Äußerung, einmal gegenüber dem BE und einmal gegenüber den Vorgesetzten des BE. Wobei das Mail an die Vorgesetzten des BE dessen Würde erheblicher verletzte, als jenes an diesen selbst, weil sich dadurch der Adressatenkreis erweiterte.

Eine allfällige Mitschuld durch den BE (die aufgrund der Aktenlage noch gar nicht abschließend beurteilt werden kann), wäre allenfalls als Milderungsgrund bei der Strafbemessung im Verfahren zu berücksichtigen und kann weder den Wegfall des Verdachtes einer Verletzung des § 43a BDG tragen noch stellt sie einen Einstellungsgrund iSd § 118 BDG dar. Ebenso verhält es mit der vom B in seiner Stellungnahme angeführten eingeschränkten Gesundheit und der Emotionalität aufgrund des Umgangs der Dienstbehörde mit seinen Eingaben zu geplanten Versetzungen und seinem Bekenntnis, dass er seine Ausdruckweise nunmehr bedauere.

Auch sonst sind keine offensichtliche Einstellungsgründe nach § 118 BDG ersichtlich, sodass durch die DK – unter Präzisierung des Spruches auf die konkreten inkriminierten Aussagen - ein Disziplinarverfahren einzuleiten gewesen wäre.

Zusammengefasst liegt eine Rechtswidrigkeit iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG und ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung de

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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