TE Vwgh Erkenntnis 2020/11/26 Ra 2019/11/0107

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Veröffentlicht am 26.11.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

AVG §68 Abs1
AVG §8
KFG 1967 §28
KFG 1967 §28 Abs2
KFG 1967 §29 Abs3
KFG 1967 §31
KFG 1967 §31 Abs1
KFG 1967 §31 Abs2
VwRallg

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2019/11/0113 E 26.11.2020
Ra 2019/11/0118 E 16.12.2020
Ra 2019/11/0121 E 16.12.2020
Ra 2019/11/0122 E 26.03.2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Landeshauptmanns der Steiermark gegen den Beschluss und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 7. Mai 2019, Zl. LVwG 41.5-236/2019-8, betreffend 1. Zurückweisung einer Beschwerde i.A. Wiederaufnahme eines Verfahrens nach dem KFG 1967 und 2. Aufhebung der Einzelgenehmigung eines Kraftfahrzeuges (mitbeteiligte Partei: K GmbH in W, vertreten durch die Mag. Brunner Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Volksgartenstraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss und das angefochtene Erkenntnis werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit „Einzelgenehmigungsbescheid“ des Revisionswerbers vom 23. Juni 2016 wurde ein näher spezifiziertes Kraftfahrzeug der Marke C auf der Rechtsgrundlage näher genannter Bestimmungen des KFG 1967 kraftfahrbehördlich genehmigt. Als Adressat des Bescheides wurde A. (mit Zustelladresse in der Steiermark) angeführt.

2        Mit (an die mitbeteiligte Partei als nunmehrige Zulassungsbesitzerin gerichtetem) Bescheid vom 11. Dezember 2018 nahm der Revisionswerber das Verfahren gemäß § 31 Abs. 2 KFG 1967 zur Erlangung der genannten Einzelgenehmigung gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG von Amts wegen wieder auf (Spruchpunkt 1.) und wies gleichzeitig den Antrag auf Einzelgenehmigung zurück (Spruchpunkt 2.).

3        In der Begründung führte er zusammengefasst aus, der in der Einzelgenehmigung angeführte Antragsteller (A.) habe, wie sich aus dessen Zeugenaussage ergebe, den Kauf und den rechtmäßigen Besitz des Kraftfahrzeuges vorgetäuscht, um im Hinblick auf den in der Steiermark gelegenen Wohnsitz des Antragstellers die örtliche Zuständigkeit des Revisionswerbers für die Erteilung der genannten Einzelgenehmigung zu begründen. Der gegenständliche Bescheid vom 11. Dezember 2018 habe aber gegenüber der mitbeteiligten Partei zu ergehen, weil diese als nunmehrige Zulassungsbesitzerin Inhaberin der in Rede stehenden Einzelgenehmigung geworden sei. In einem abschließenden Hinweis wurde in diesem Bescheid auf die Rechtsfolge (Erlöschen der Einzelgenehmigung vom 23. Juni 2016) hingewiesen.

4        Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde und führte aus, dass sie keinen der Wiederaufnahmegründe des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG verwirklicht habe.

5        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden kurz Verwaltungsgericht) die Beschwerde, soweit sie sich gegen die mit Bescheid vom 11. Dezember 2018 verfügte Wiederaufnahme richtete, als unzulässig zurück und gab der Beschwerde unter einem mit dem angefochtenen Erkenntnis insoweit statt, als Spruchteil 2. des genannten Bescheides (Zurückweisung des Antrages auf Einzelgenehmigung) ersatzlos behoben wurde. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        In der Begründung ging das Verwaltungsgericht von der Annahme aus, der Einzelgenehmigungsbescheid vom 23. Juni 2016 sei gegenüber A. G. erlassen worden, dieser sei im abgeschlossenen Verfahren einzige Verfahrenspartei gewesen. Es könne daher keine Wiederaufnahme des Verfahrens gegenüber der mitbeteiligten Partei erfolgen, weil diese nicht Partei des wiederaufgenommenen Verfahrens (betreffend die Einzelgenehmigung) gewesen sei (Hinweis auf VwGH 20.3.1968, 0010/68).

7        Daher sei Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 11. Dezember 2018 (Verfügung der Wiederaufnahme) nach Meinung des Verwaltungsgerichts „nicht rechtswirksam erlassen“ worden, somit „kein tauglicher Anfechtungsgegenstand“ für eine Beschwerde und diese daher (insoweit) mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

8        Mangels rechtswirksamer Wiederaufnahme des Verfahrens stelle Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 11. Dezember 2018 eine in rechtswidriger Weise ergangene neuerliche Entscheidung des (mit Bescheid vom 23. Juni 2016) bereits rechtskräftig entschiedenen Antrags auf Einzelgenehmigung dar. Daher sei der besagte Spruchpunkt 2. mit Erkenntnis ersatzlos zu beheben gewesen.

9        Sowohl gegen den angefochtenen Beschluss als auch gegen das angefochtene Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

10       Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision, in der sie u.a. ausführt, sie sei im ursprünglichen Verfahren niemals Partei gewesen, sodass die Wiederaufnahme gegenüber dem (ursprünglichen) Genehmigungsinhaber A. erfolgen hätte müssen; erst im wiederaufgenommen Verfahren wäre ein Parteiwechsel möglich gewesen. Der Revisionswerber argumentiere widersprüchlich, wenn er hinsichtlich des Kraftfahrzeuges nunmehr die „Eigentümerstellung“ der mitbeteiligten Partei annehme, weil er diese im behördlichen Verfahren verneint habe.

11       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12       Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Einzelgenehmigung gemäß § 31 Abs. 2 KFG 1967 insbesondere aufgrund § 28 Abs. 2 leg. cit. dingliche Wirkung zukommt, die (nach näher zitierter Rechtsprechung) dazu führe, dass bezüglich der mitbeteiligten Partei als Besitzerin der Sache (Kraftfahrzeug) im Entscheidungszeitpunkt die Parteistellung im Wiederaufnahmeverfahren nicht habe verneint werden dürfen.

13       Die Revision ist auch begründet.

14       Das KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 19/2019, lautet (auszugsweise):

„Typengenehmigung und Einzelgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Anhängern und ihrer Teile und Ausrüstungsgegenstände

§ 28. Allgemeines

(1) Typen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder von Fahrgestellen solcher Fahrzeuge und einzelne Kraftfahrzeuge oder Anhänger oder Fahrgestelle solcher Fahrzeuge sind auf Antrag behördlich zu genehmigen, wenn sie den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen.

(2) Die Genehmigung einer Type oder eines einzelnen Fahrzeuges oder Fahrgestelles gilt ohne Rücksicht darauf, wer der Erzeuger der Type oder, bei ausländischen Erzeugern, ihr Bevollmächtigter in Österreich oder wer der Besitzer des Fahrzeuges ist.

(3) ...

§ 29. Typengenehmigung

...

(2) Über einen Antrag auf Genehmigung einer Type (§ 28 Abs. 1) hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu entscheiden. ...

(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat vor der Entscheidung über den Antrag auf Typengenehmigung ein Gutachten eines oder mehrerer gemäß § 124 bestellter Sachverständiger darüber einzuholen, ob die Type den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht, mit der Type nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden, und – soweit dies dem oder den Sachverständigen erkennbar ist – die Type der Typenbeschreibung entspricht und das Fahrzeug den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Einzelgenehmigung

§ 31. (1) Die Genehmigung eines einzelnen Kraftfahrzeuges oder Anhängers oder eines Fahrgestelles solcher Fahrzeuge darf nur erteilt werden, wenn das Fahrzeug oder Fahrgestell

1.   keiner genehmigten Type angehört,

...

(2) Über die Genehmigung eines einzelnen Kraftfahrzeuges oder Anhängers oder eines Fahrgestelles solcher Fahrzeuge hat auf Antrag des Erzeugers, bei ausländischen Erzeugern des gemäß § 29 Abs. 2 Bevollmächtigten oder des rechtmäßigen Besitzers des Fahrzeuges, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 6 der Landeshauptmann zu entscheiden, in dessen örtlichem Wirkungsbereich der rechtmäßige Besitzer seinen Hauptwohnsitz hat oder der Erzeuger oder sein inländischer Bevollmächtigter den Hauptwohnsitz oder eine feste Betriebsstätte oder, sofern sich das Fahrzeug dort befindet, ein Auslieferungslager haben. Der Landeshauptmann hat vor der Entscheidung über den Antrag auf Einzelgenehmigung ein Gutachten eines oder mehrerer gemäß § 125 bestellter Sachverständiger darüber einzuholen, ob das Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit und, soweit dies durch den Sachverständigen zumutbar erkennbar ist, den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

...

§ 37. Zulassung

(1) Kraftfahrzeuge und Anhänger sind auf Antrag und, soweit dies erforderlich ist, unter Vorschreibung entsprechender Auflagen zum Verkehr zuzulassen, wenn die im Abs. 2 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. ...

(2) Kraftfahrzeuge und Anhänger dürfen nur zugelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeuges ist oder das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des rechtmäßigen Besitzers innehat, wenn ...“

15       Wie erwähnt wird in der Begründung des angefochtenen Beschlusses, mit dem die Beschwerde der Mitbeteiligten gegen die mit Bescheid vom 11. Dezember 2018 verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen wurde, ausgeführt, dass diese Verfügung nicht rechtswirksam erlassen worden bzw. „kein tauglicher Anfechtungsgegenstand“ sei, weil die Mitbeteiligte nicht Partei des wiederaufgenommenen Verfahrens gewesen sei.

16       Der Tragfähigkeit des erstgenannten Begründungsarguments (keine rechtswirksame Erlassung eines Bescheides) steht die Aktenlage entgegen, nach welcher der Bescheid vom 11. Dezember 2018 an die Mitbeteiligte adressiert und ihr am 17. Dezember 2018 zugestellt wurde. Es besteht auch kein Grund für Zweifel an der Bescheidqualität der von der belangten Behörde verfügten Wiederaufnahme des Einzelgenehmigungsverfahrens.

17       Soweit die Begründung des angefochtenen Beschlusses in ihrer Gesamtheit aber dahin zu verstehen ist, der Bescheid vom 11. Dezember ?018 könne die Mitbeteiligte, weil diese nicht Partei des wiederaufgenommenen Verfahrens gewesen sei, nicht in Rechten verletzen und bilde insoweit für sie keinen „tauglichen Anfechtungsgegenstand“, so erweist sich auch diese Rechtsmeinung als unzutreffend.

18       Lehre und Rechtsprechung verstehen unter der (in den Verwaltungsvorschriften normierten oder sich aus der Rechtsnatur ergebenden) „dinglichen Wirkung“ bestimmter Bescheide, dass infolge ihrer Objektbezogenheitdie Rechtswirkungen (die durch den Bescheid begründeten Rechte und Pflichten) an der Sache haften und den jeweiligen Inhaber des entsprechenden Rechts an einer Sache (so etwa den jeweiligen Eigentümer) treffen und durch einen Wechsel in der Person des Inhabers des Rechts nicht berührt werden. Kommt es zu einem Wechsel des Berechtigten an der Sache, so tritt dieser auch in die Parteistellung des Rechtsvorgängers mit den gleichen Rechten und Pflichten ein, muss sich also alle Verfahrenshandlungen und -unterlassungen seines Rechtsvorgängers zurechnen lassen. Ein dinglicher Bescheid hat gegenüber demjenigen zu ergehen, der im Zeitpunkt seiner Erlassung Inhaber des Rechts ist (vgl. zum Ganzen die hg. Judikatur referiert bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 8 Rn 25f.).

19       Dingliche Wirkung eines Bescheides bedeutet daher regelmäßig die Erstreckung der Bescheidwirkungen auf die Rechtsnachfolger der Partei in dem zur Erlassung des betreffenden Bescheides führenden Verwaltungsverfahren (vgl. VwGH 10.10.2007, 2006/03/0151, mwN).

20       Gemäß § 28 Abs. 2 KFG 1967 gilt die Genehmigung eines einzelnen Fahrzeuges ohne Rücksicht darauf, wer der Besitzer des Fahrzeuges ist.

21       Schon der Wortlaut dieser Bestimmung spricht somit klar dafür, dass der Einzelgenehmigung iSd § 31 KFG 1967 dingliche Wirkung zukommt. In diesem Sinn führen auch die Gesetzesmaterialien (RV 186 BlgNR 11. GP, 83) zu § 28 Abs. 2 KFG 1967 aus, dass die Genehmigung als „objektiver Feststellungsbescheid“ ohne Rücksicht darauf gelten soll, wer der Erzeuger der Type, der Bevollmächtigte in Österreich oder der Besitzer des Fahrzeuges ist.

22       Abgesehen davon spricht für die dingliche Wirkung insbesondere die Objektbezogenheit der Einzelgenehmigung, ist doch für deren Erteilung gemäß § 31 Abs. 1 und 2 zweiter Satz KFG 1967 (ebenso wie für die Erteilung der Typengenehmigung gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit.), ausschließlich die Erfüllung fahrzeugspezifischer (und nicht persönlicher) Kriterien maßgebend (was zur genannten Rechtsfolge der Gültigkeit der Genehmigung unabhängig davon, wer Fahrzeugbesitzer ist, führt).

23       Damit in Übereinstimmung findet sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach welcher der Zweck des Genehmigungsverfahrens gemäß §§ 28 ff KFG 1967 darin liegt, die Vorschriftsmäßigkeit und Betriebstauglichkeit des Fahrzeuges zu prüfen, die wieder die Voraussetzung dafür bietet, dass es zum Verkehr zugelassen wird (vgl. VwGH 16.6.2003, 2002/02/0312).

24       Im Revisionsfall ist somit von der dinglichen Wirkung der mit Bescheid vom 23. Juni 2016 dem A. erteilten Einzelgenehmigung auszugehen, die gemäß § 31 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 (u.a.) einen Antrag des rechtmäßigen Besitzers voraussetzte. Mit dem Übergang des (rechtmäßigen) Besitzes am Kraftfahrzeug auf eine andere Person gingen daher auch die Rechte und Pflichten aus dieser Einzelgenehmigung über, und zwar (entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung) ohne gesondertes Zutun des A. Dies ergibt sich aus § 28 Abs. 2 KFG 1967.

25       Entscheidend dafür, ob ein Wiederaufnahmebescheid der mitbeteiligten Partei gegenüber ergehen durfte und ihr gegenüber Rechtswirkungen entfaltete, ist somit, ob die mitbeteiligte Partei im Zeitpunkt der Verfügung der Wiederaufnahme im (rechtmäßigen) Besitz des gegenständlichen Kraftfahrzeuges war.

26       Zu dieser Frage hat das Verwaltungsgericht, offenbar ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht, keine Feststellungen getroffen. Auch die Revisionsbeantwortung lässt die Frage des (rechtmäßigen) Besitzes der mitbeteiligten Partei am gegenständlichen Kraftfahrzeug offen (laut aktenkundigem Schreiben des Revisionswerbers an die mitbeteiligte Partei vom 23. August 2018 scheint diese zum letztgenannten Zeitpunkt bereits Zulassungsbesitzerin, somit gemäß § 37 Abs. 2 KFG 1967 rechtmäßige Besitzerin des Kraftfahrzeuges gewesen zu sein; die mitbeteiligte Partei dürfte aufgrund ihres aktenkundigen Schreibens vom 5. September 2018 das Kraftfahrzeug im „Frühsommer 2016“ gekauft haben).

27       Wäre die mitbeteiligte Partei als (rechtmäßige) Besitzerin des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges (insbesondere als Rechtsnachfolgerin des A. als seinerzeitigen Inhabers der Einzelgenehmigung) anzusehen, so träfen sie nach dem Gesagten die Rechte und Pflichten aus der genannten Einzelgenehmigungen und ihr gegenüber wäre eine amtswegige Wiederaufnahme zu verfügen (vgl. VwGH 30.6.1998, 98/05/0033, VwGH 22.2.2005, 2003/06/0034, sowie Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 69 Rn 49; nicht vergleichbar hingegen, weil keine Rechtsnachfolge betreffend, das im angefochtenen Erkenntnis zitierte Erkenntnis VwGH 20.3.1968, 0010/68).

28       Dem kann im Übrigen nicht entgegen gehalten werden, dass es sich bei den Verfahren betreffend einerseits die Erteilung der gegenständlichen Einzelgenehmigung und andererseits die diesbezügliche Wiederaufnahme um verschiedene Verwaltungsverfahren handle (vgl. VwGH 21.11.2002, 2001/07/0027, zum Wiederaufnahmeverfahren als Teil jenes abgeschlossenen Verfahrens, das durch die Wiederaufnahme wieder eröffnet werden soll).

29       Das Verwaltungsgericht hat daher die Frage, ob die mitbeteiligte Partei bei Verfügung der Wiederaufnahme (rechtmäßige) Besitzerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges war, offenbar aufgrund einer unzutreffenden Rechtsansicht nicht geklärt und damit den angefochtenen Beschluss mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

30       Dies führt auch zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, weil im Fall der rechtswirksamen Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens gegenüber dem (rechtmäßigen) Besitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges, der das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Bescheid außer Kraft tritt (vgl. auch dazu VwGH 21.11.2002, 2001/07/0027, sowie die bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 70 Rn 6, referierte hg. Judikatur).

31       Ob daher, wie das Verwaltungsgericht meint, dem Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 11. Dezember 2018 (Zurückweisung des seinerzeitigen Antrages auf Einzelgenehmigung) die Rechtskraft des Einzelgenehmigungsbescheides vom 23. Juni 2016 entgegensteht, lässt sich erst dann beurteilen, wenn über die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtens entschieden wurde. Im vorliegenden Fall führt daher die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auch zur Aufhebung des darauf aufbauenden angefochtenen Erkenntnisses (vgl. abermals Hengstschläger/Leeb, aaO, § 70, Rn 21).

32       Nach dem Gesagten waren daher sowohl der angefochtene Beschluss als auch das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 26. November 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019110107.L00

Im RIS seit

14.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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