TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/23 I406 2231748-1

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Veröffentlicht am 23.10.2020
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Entscheidungsdatum

23.10.2020

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art133 Abs4

Spruch

I406 2231746-1/9E

I406 2231748-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus HINTNER und Emanuel STRAKA als Beisitzer über die Beschwerden von

1.        XXXX , geboren am XXXX , StA. Nepal (I406 2231746-1) und

2.        XXXX , Geschäftsführer XXXX , XXXX (I406 2231748-1),

beide vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH, Bürgerstraße 17/p, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 14.02.2020, ABB-Nr. XXXX betreffend „Versagung der Zulassung als sonstige Schlüsselkraft nach § 12b Z 1 AuslBG“ zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Am 18.11.2019 wurde für den am 14.11.1998 geborenen nepalesischen Staatsangehörigen XXXX (im folgenden: Erstbeschwerdeführer) bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX als zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte“ als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gestellt.

Dem Antrag waren ein „School Leaving Certificate Examination (Grade XI & XII)“ des Government of Nepal – Ministry of Education vom 27.05.2018, ein „Transfer Certificate“ der XXXX School in XXXX , Nepal vom 15.11.2018 über den Schulbesuch des Erstbeschwerdeführers von 17.07.2016 bis 15.11.2018, ein Zertifikat des XXXX in XXXX , Nepal vom 07.01.2018 über die Ausbildung des Erstbeschwerdeführers als nepalesischer Koch zwischen 05.10.2017 und 04.01.2018, eine Arbeitszeitbestätigung des Hotel Royal in Rupandehi vom 07.11.2019 über seine Tätigkeit als nepalesischer Koch seit 25.03.2018, sowie ein ÖSD Zertifikat A1 vom 11.04.2019 und ein ÖSD Zertifikat A2 vom 24.10.2019 beigelegt.

Angeschlossen wurde weiters eine Arbeitgebererklärung des XXXX (im folgenden: Zweitbeschwerdeführer), mit der eine Entlohnung von € 2.670,-- brutto für die Vollzeittätigkeit des Beschwerdeführers als „nepalesischer Spezialitätenkoch“ in Aussicht gestellt wurde.

Dieser Antrag wurde samt Beilagen an die örtlich zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kitzbühel (im folgenden: belangte Behörde oder AMS) zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des AuslBG übermittelt.

2.       Auf Anfrage der belangten Behörde vom 03.02.2020 teilte ENIC NARIC AUSTRIA dieser mit E-Mail vom 10.02.2020 mit, dass die vorgelegte Urkunde „School Leaving Certificate Examination (Grade XI & XII)“ des Government of Nepal – Ministry of Education nicht die allgemeine Universitätsreife des Erstbeschwerdeführers im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 bescheinige.

Auf eine weitere Anfrage erteilte ENIC NARIC AUSTRIA mit E-Mail vom 11.02.2020 der belangten Behörde weiters die Auskunft, dass auch der Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) nicht gegeben sei, weil das vorgelegte Zertifikat lediglich zwei Schuljahre umfasse, in Österreich der Abschluss einer BHS jedoch fünf Jahre dauere.

3.       Daraufhin wurde dem Zweitbeschwerdeführer vom AMS mitgeteilt, dass aufgrund der Auskunft von ENIC/NARIC keine Punkte für das Kriterium Qualifikation vergeben werden können und daher die erforderliche Mindestpunktezahl nicht erreicht werde. Der Zweitbeschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass mit einem Deutschnachweis auf Niveau A2 ein Zugang zum Studium möglich sei. Als Bestätigung legte er ein allgemeines Informationsschreiben der Universität XXXX für ausländische Studierende vor. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Voraussetzung für die spezielle Universitätsreife handle und nicht die erforderliche allgemeine Universitätsreife.

4.       Mit Bescheid vom 14.02.2020, ABB-Nr. XXXX , wies die belangte Behörde nach Anhörung des Regionalbeirates den gegenständlichen Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Zulassung als Schlüsselkraft im Unternehmen des Zweitbeschwerdeführers ab.

Begründend wurde nach Zitierung der angewandten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass anstelle der gemäß §12b Z1 AuslBG erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nur 35 Punkte hätten angerechnet werden können (Qualifikation: 0 Punkte, Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 0 Punkte, Sprachkenntnisse Deutsch: 10 Punkte, Sprachkenntnisse Englisch: 10 Punkte, Alter: 15 Punkte).

5.       Die Beschwerdeführer erhoben dagegen mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 24.03.2020 rechtzeitig Beschwerde.

Der Erstbeschwerdeführer verfüge über eine in Nepal abgeschlossene Ausbildung zum Koch und eine einschlägige Arbeitspraxis als Koch sowie Erfahrung im Gastronomiebereich und Hotelgewerbe. Damit weise er jedenfalls die erforderlichen speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten in der in Aussicht genommenen Beschäftigung auf. Ungeachtet der Frage, ob die in Nepal absolvierte Kochausbildung einem österreichischen Lehrabschluss entspreche, sei daher das Kriterium „abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung“ jedenfalls erfüllt, womit für das Kriterium „Qualifikation“ 20 zusätzliche Punkte anzurechnen seien, sodass der Erstbeschwerdeführer die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreiche. Außerdem habe es die belangte Behörde verabsäumt, ein Ermittlungsverfahren im Sinne einer Arbeitsmarktprüfung durchzuführen.

6.       Mit Schreiben vom 03.06.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Dabei verwies das Arbeitsmarktservice auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1077 Blg NR 24.GP, S 13 („Sonstige Schlüsselkräfte“), wonach das zusätzliche Kriterium „spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten“ in der Anlage C alternativ zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung gelten und sicherstellen solle, dass Profisportler, aber auch sonstige Spezialisten, die über keine formelle Berufsausbildung verfügen würden, zugelassen werden könnten. In Österreich gebe es jedoch eine Lehrausbildung als Koch, welche nach dem BAG drei Jahre betrage.

Die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahren erübrige sich daher, zumal bereits das primäre Erfordernis der Mindestpunktezahl nicht erfüllt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer ist am 14.11.1998 geboren und nepalesischer Staatsbürger.

Der Erstbeschwerdeführer absolvierte zwischen 05.10.2017 und 04.01.2018 einen dreimonatigen Kurs als Koch am XXXX

In der Zeit vom 25.03.2018 bis 07.11.2019 war der Erstbeschwerdeführer im Hotel XXXX in XXXX als Koch tätig.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über keine abgeschlossene Ausbildung als Koch in der in Österreich gesetzlich vorgeschriebenen Dauer von drei Jahren.

Der Erstbeschwerdeführer beantragte am 18.11.2019 die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als (sonstige) Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war er somit 21 Jahre alt.

Er sollte im Unternehmen des Zweitbeschwerdeführers als nepalesischer Koch mit 40 Wochenstunden bei einem Entgelt in der Höhe von € 2.670,-- brutto monatlich tätig werden.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2.

Der Zweitbeschwerdeführer erteilte in der Arbeitgebererklärung die Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzarbeitskräften.

Die monatliche ASVG-Höchstbeitragsgrundlage für das Jahr 2019 belief sich auf € 5.220,--.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen basieren auf dem vorliegenden Akt des Arbeitsmarktservice und dem Vorbringen der Beschwerdeführer samt vorgelegten Unterlagen und sind unstrittig.

Zum Nachweis der Ausbildung und Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers wurden ein „School Leaving Certificate Examination (Grade XI & XII)“ des Government of Nepal – Ministry of Education vom 27.05.2018, ein „Transfer Certificate“ der XXXX in XXXX , Nepal vom 15.11.2018 über den Schulbesuch des Erstbeschwerdeführers von 17.07.2016 bis 15.11.2018, ein Zertifikat des XXXX in XXXX , Nepal vom 07.01.2018 über die Ausbildung des Erstbeschwerdeführers als nepalesischer Koch zwischen 05.10.2017 und 04.01.2018, eine Arbeitszeitbestätigung des Hotel XXXX in XXXX vom 07.11.2019 über seine Tätigkeit als nepalesischer Koch seit 25.03.2018, sowie ein ÖSD Zertifikat A1 vom 11.04.2019 und ein ÖSD Zertifikat A2 vom 24.10.2019 vorgelegt.

Die Beschwerdeführer behaupteten nicht, dass der Erstbeschwerdeführer eine entsprechende Lehre absolviert oder abgeschlossen hat. Vielmehr bestätigen sie implizit durch ihr Vorbringen, ihm seien alternativ Punkte für seine besonderen Fähigkeiten als nepalesischer Koch anzuerkennen, die fehlende abgeschlossene Berufsausbildung.

Die Höchstbeitragsgrundlage für 2019 wurde im Bundesgesetzblatt BGBl. II Nr. 329/2018 kundgemacht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 20f AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, bestimmt ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A):

3.1 Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist einem Arbeitgeber auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1.       …

2.       die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3.       keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4.       die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5.       der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6.       die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7.       der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8.       die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt und

9.       der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a)       einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b)       die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist.

Der mit „Prüfung der Arbeitsmarktlage“ überschriebene § 4b AuslBG normiert in seinem Abs. 1, dass die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zulässt, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

Der mit „Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen“ überschriebene § 12b AuslBG lautet:

„Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1.       die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2.       ein Diplomstudium zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt bzw. ein Bachelorstudium, ein Masterstudium oder ein (PhD-)Doktoratsstudium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität absolviert und erfolgreich abgeschlossen haben und für die beabsichtigte Beschäftigung, die ihrem Ausbildungsniveau zu entsprechen hat, ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens dem ortsüblichen Entgelt inländischer Studienabsolventen mit einer vergleichbaren Tätigkeit und Berufserfahrung entspricht, jedenfalls aber mindestens 45 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt,

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.“

Die Anlage C zum AuslBG lautet:

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachem Niveau (A1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

90

20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

3.2.1. Die gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung als Schlüsselkraft sind nach den Angaben im gestellten Antrag hinsichtlich der Höhe der monatlichen Bruttoentlohnung erfüllt, denn das vereinbarte (Brutto-) Entgelt in der Höhe von € 2.670,-- monatlich überschritt den im § 12b Z 1 (erster Fall) AuslBG normierten Mindestbetrag von 50 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage von € 5.220,--.

3.2.3. Die Beschwerdeführer machten in der erhobenen Beschwerde im Wesentlichen geltend, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund der von ihm erworbenen Ausbildung und Berufserfahrung das in der Anlage C des AuslBG normierte Zulassungskriterium „abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung“ jedenfalls erfülle, womit für seine Qualifikation 20 zusätzliche Punkte anzurechnen seien. Ob die in Nepal absolvierte Kochausbildung einem österreichischen Lehrabschluss entspreche, spiele keine Rolle.

Dabei wird jedoch verkannt, dass der Gesetzgeber für sonstige Schlüsselkräfte im Kriterium „Qualifikation“ der Anlage C zu § 12b Z 1 AuslBG als Mindestanforderung für eine „abgeschlossene Berufsausbildung“ einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vorsieht. Die vorgelegte Bestätigung über einen dreimonatigen Kochkurs und die ab März 2018 gesammelte Arbeitserfahrung als Koch in einem Hotel genügt dem Erfordernis der abgeschlossenen Berufsausbildung nicht.

Im „Besondere[n] Teil“ der Erläuterungen der Regierungsvorlage 1077 der Beilagen XXIV. GP, S 11 ff, wird zu Art. I Z 17 (§§ 12, 12a, 12b, 12c, 12d und 13 AuslBG sowie Anlage A, B und C) wird (auszugsweise) Folgendes dargelegt:

„Die Zulassungsvoraussetzungen werden für besonders hochqualifizierte Personen (§ 12), für Fachkräfte in Mangelberufen (§ 12a) und für sonstige Schlüsselkräfte (§§ 12b und 12c) den jeweiligen arbeitsplatzbezogenen und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen entsprechend unterschiedlich geregelt. Die in den Anlagen A, B und C normierten Kriterien sind in Kategorien unterteilt, wobei pro Kategorie nur eine bestimmte Höchstpunkteanzahl erreicht werden kann und den Qualifikationen ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Als Qualifikationsnachweise gelten Hochschul- oder Fachhochschulausbildungen, die den Stufen 5A und 6 der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen (ISCED) 1997 entsprechen und eine vierjährige (Anlage A) bzw. dreijährige Mindestdauer (Anlage B und C) aufweisen. Die Hochschulausbildung erfasst sowohl Diplomstudien als auch Studien, die der Bologna-Struktur entsprechen. Die Stufe 5A umfasst die Hochschulausbildung unterhalb der Promotion, die Stufe 6 die Promotion und die Habilitation sowie Postgraduate Ausbildungen. Studien in den Fachgebieten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (sog. MINT-Fächer) werden wegen der großen Nachfrage nach Absolventen dieser Studienrichtungen höher bewertet. Das in der Anlage A angegebene Bruttojahresgehalt muss jedenfalls im Rahmen einer Tätigkeit in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt, für das letzte Kalenderjahr vor der Antragstellung nachgewiesen werden. Dieses Kriterium ist hinsichtlich seiner praktischen Auswirkungen auf die Zulassung Hochqualifizierter, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Umrechnung des letztjährigen Bruttojahresgehalts mit einem internationalen Faktor zur Vergleichbarkeit der Gehälter, ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Regelung zu evaluieren und erforderlichenfalls anzupassen. Die im Kriterienkatalog der Anlagen A bis C vorgesehenen Sprachkenntnisse orientieren sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Dabei entsprechen Kenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau der Stufe A1, Kenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung der Stufe A2, Kenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung der Stufe B1 und Kenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung der Stufe B2.

Besonders Hochqualifizierte (§ 12 AuslBG)

… .

Fachkräfte in Mangelberufen (§§ 12a und 13 AuslBG)

Grundlage ist eine Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, in der bestimmte Mangelberufe festgelegt sind. Es können somit nur Fachkräfte zugelassen werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet. Neben der erforderlichen Mindestpunkteanzahl ist ein der Ausbildung und jeweiligen Einstufung entsprechendes Entgelt, das vom Arbeitgeber vor der Einstellung zu gewährleisten ist, eine unabdingbare Zulassungsvoraussetzung. … .

Sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“ (§§ 12b und 12c AuslBG)

Das Kriterien- und Punktesystem für die sonstigen Schlüsselkräfte (Anlage C) entspricht im Wesentlichen dem der Fachkräfte in Mangelberufen. Das zusätzliche Kriterium „spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten“ soll alternativ zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung gelten und sicherstellen, dass Profisportler, aber auch sonstige Spezialisten, die über keine formelle (Berufs)-Ausbildung verfügen, zugelassen werden können. Die für den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich besonders wichtige Gruppe der Profisportler und Profisporttrainer erhält zudem Bonuspunkte, um die erforderliche Mindestpunkteanzahl auch bei Überschreiten der vorgesehenen Altersgrenzen erreichen zu können. Voraussetzung ist weiters ein Mindestentgelt von 50 % (für unter 30-Jährige) bzw. von 60 % (für über 30-Jährige) der monatlichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage. Das entspricht derzeit einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.100 bzw. 2.520 Euro zuzüglich Sonderzahlungen. Vor der Zulassung ist eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen, d.h. die Schlüsselkräfte erhalten die „Rot-Weiß-Rot - Karte“ nur, wenn für die zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. … .“

Der Gesetzgeber wollte daher auch bei den „sonstigen Schlüsselkräften“ im Wesentlichen an das für „Fachkräfte in Mangelberufen“ geltende Kriterien- und Punktesystem anknüpfen. Sowohl nach der Anlage B („Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a“) als auch nach der Anlage C („sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b“) wurde das Qualifikationskriterium „abgeschlossene Berufsausbildung“, der - nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage - auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht, gleich zu halten ist, mit 20 Punkten bewertet.

Nicht vorgesehen ist laut den zitierten Erläuterungen, dass ein Nachweis spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten eine abgeschlossene Berufsausbildung im angestrebten Beruf ersetzen kann, würde dies doch zur Umgehung der österreichischen Voraussetzungen zur Berufsausübung in einem Lehrberuf dienen. Vielmehr ist dieses Kriterium vorgesehen, wenn um Zulassung als Schlüsselkraft angesucht wird und für den angestrebten Beruf keine gesetzlich normierte Berufsausbildung vorgesehen ist, so zum Beispiel der Beruf als Sportler.

Dieses zusätzliche Kriterium der Anlage C ist daher als subsidiärer Behelf zu sehen, nicht aber als gleichrangige Alternative zu einer Berufsausbildung in einem Lehrberuf oder einer mit dieser vergleichbaren.

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. c des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), BGBl. Nr. 142/1969, ist ein Lehrberuf eine Tätigkeit (neben anderen Erfordernissen), deren sachgemäße Erlernung mindestens zwei Jahre erfordert. Gemäß § 6 Abs. 1 BAG beträgt die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf in der Regel drei Jahre. Sie darf innerhalb eines Zeitraumes von zwei bis höchstens vier Jahren nur in ganzen oder halben Jahren festgesetzt werden.

Gemäß § 1 Abs. 1 der (Koch-Ausbildungsverordnung), BGBl. II Nr. 177/2005, wird der Lehrberuf "Koch'' in Österreich mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

Die gegenständlich nachgewiesene Ausbildung des Erstbeschwerdeführers als nepalesischer Koch zwischen 05.10.2017 und 04.01.2018 ohne weiteren Nachweis der Ausbildungsinhalte stellt daher schon allein aufgrund der kurzen Dauer jedenfalls keine "abgeschlossene Berufsausbildung" zum Koch dar.

Das vorgelegte Ausbildungszertifikat müsste demnach zumindest eine dreijährige Ausbildungsdauer aufweisen. Aus dem Zertifikat geht dies allerdings nicht hervor und wurde dies von den Beschwerdeführern auch nicht behauptet.

Auch aus der zusätzlich vorgelegten Arbeitsbestätigung eines Hotels kann – schon allein in zeitlicher Hinsicht – nicht gefolgert werden, dass der Beschwerdeführer eine einschlägige Berufsausbildung abgeschlossen hat.

Der Besuch eines Kochkurses und die vorgebrachte Arbeitserfahrung entspricht daher nicht einem österreichischen Lehrabschluss oder einer vergleichbaren Ausbildung im Sinn der Anlage C.

Da weder der vom Erstbeschwerdeführer vorgelegte Nachweis über einen Kochkurs, noch seine Arbeitserfahrung als Koch in einem Hotel als „abgeschlossene Berufsausbildung" zu werten ist und damit nicht von einer mit einer in Österreich abgeschlossenen Lehrzeit vergleichbaren Ausbildung ausgegangen werden kann, waren für das Qualifikationskriterium „abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung“ gemäß der Anlage C zu § 12b AuslBG keine Punkte zu vergeben.

3.2.4. Das Vorliegen der allgemeinen Universitätsreife haben die Beschwerdeführer nicht behauptet.

3.2.5. Die Beschäftigung des Erstbeschwerdeführers im Hotel R seit 25.03.2018 kann mangels Vorliegens einer entsprechenden Ausbildung nicht als „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ gewertet werden, sodass für diese Zeiten der Beschäftigung als Koch keine Punkte vergeben werden können.

3.2.6. Da im konkreten Fall lediglich für die Sprachkenntnisse Deutsch und Englisch jeweils 10 Punkte und für das Alter 15 Punkte, nicht jedoch für die Qualifikation und für die ausbildungsadäquate Berufserfahrung Punkte zu vergeben waren, wurde die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 nicht erreicht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft nach § 12b Z 1 AuslBG liegen damit nicht vor.

4.       Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im Beschwerdefall ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140). Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Berufsausbildung Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2231748.1.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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