TE Bvwg Beschluss 2020/8/5 W181 2232252-1

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Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §31 Abs1
GebAG §43 Abs1 Z1 litd
VwGVG §17

Spruch

W181 2232252-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 11.02.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Sachverständigen XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit

€ 1.255,80 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.07.2019, XXXX , wurde die Antragstellerin von der Leiterin der Gerichtsabteilung W265 in der Beschwerdesache XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet Psychiatrie und Neurologie bestellt und ihr, nach entsprechender Untersuchung, die Beantwortung von Fragen in einem Gutachten aufgetragen. Das Gutachten war schriftlich zu erstatten.

2. Mit Schriftsatz vom 11.02.2020 legte die Antragstellerin das schriftlich erstattete Gutachten samt folgender Gebührennote vor:

Gebührennote – Nr. 0120/2020

XXXX

 

1. Befund und Gutachten nach Untersuchung § 43 (1) abcdef
Psychiatrische Untersuchung
Neurologische Untersuchung
7 weitere Fragen

€ 116,20

€ 116,20

€ 813,40 116      813,40

5. Aktenstudium § 36

€ 44,90

6. Schreibgebühr § 31(3)
30 Urschrift à € 2,00
41 Ablichtungen à € 0,60

€ 60,00

€ 24,60

9. Sonstige Kosten § 31
Elektronische GA Übermittlung

€ 12,00

NETTO Summe

€ 1.187,30

Zzgl. 20% UST

€ 237,46

GESAMTSUMME abgerundet

€ 1.[4]24,00

3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 10.07.2020, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass im gegenständlichen Fall lediglich eine siebenfache Gebühr für Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG zuerkannt werden könne, da die achte Frage des Gutachtensauftrages entfallen sei. Darüber hinaus wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Notwendigkeit der 41 Ablichtungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens darzulegen. Das Schreiben wurde am 13.07.2020 nachweislich zugestellt.

4. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens zur XXXX als Sachverständige aus dem Fachgebiet Psychiatrie und Neurologie bestellt wurde und dabei, nach entsprechender Untersuchung, ein schriftliches Gutachten zu erstatten hatte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren XXXX dem Bestellungsbeschluss vom 19.07.2019, XXXX , dem Gebührenantrag vom 11.02.2020, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2020, Zl. W181 2232252-1/2Z und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.       den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.       den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.       die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.       die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Zu A)

Zu der beantragten Gebühr für Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 lit. d GebAG

Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GebAG steht die Gebühr für Mühewaltung den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Insoweit in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen (§ 43 ff GebAG) dieses Bundesgesetzes zu bestimmen.

Im, für das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG anwendbaren § 53a Abs. 1 AVG, wird auf die Bestimmungen des GebAG dahingehend verwiesen, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren haben, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden.

§ 43 Abs. 1 GebAG normiert Folgendes:

„§ 43 (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt
1.         für die Untersuchung samt Befund und Gutachten
a) bis c) […]

d)       bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens         116,20 Euro;
[…].“

Ein einheitlich in Auftrag gegebenes Gutachten ist nach § 43 Abs. 1 GebAG dann mehrfach zu honorieren, wenn nach dem erteilten Auftrag in Wahrheit mehrere Gutachten zu erstatten sind, die unabhängig voneinander bestehen können (vgl. OLG Graz SV 2010/4, 222).

Voraussetzung für eine mehrfache Honorierung ist dabei nach überwiegender Rechtsprechung, dass für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können (vgl. LG Salzburg SV 2010/2, 91; LG Feldkirch SV 2010/4, 220; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 130f, 133f zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 7 und 9 zu § 43 GebAG).

Maßgeblich für die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 134 zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 10 zu § 43 GebAG).

Laut Bestellungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2019, XXXX , waren insgesamt acht Fragen zu beantworten bzw. Punkte näher zu erörtern, wobei die Fragen sieben und acht wie folgt formuliert waren:

„[…]

7. Besteht beim Beschwerdeführer eine beschränkte Wiedergabefähigkeit, beschränkte Wahrnehmungsfähigkeit oder beschränkte Erinnerungsfähigkeit bzw. ist er grundsätzlich in der Lage Erlebtes wiederzugeben?

8. Wenn ja, wie wirkt sich dies auf das Verfahren aus und hat sich dies auf die bisherigen Vernehmungen ausgewirkt?“

Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin die Frage „7.“ dahingehend beantwortete, dass bei dem Beschwerdeführer keine beschränkte Wiedergabefähigkeit, keine beschränkte Wahrnehmungsfähigkeit und keine beschränkte Erinnerungsfähigkeit bestehe sowie der Beschwerdeführer grundsätzlich in der Lage sei, Erlebtes wiederzugeben, entfiel im Vergleich zum Gutachtensauftrag die Beantwortung der Frage der Auswirkungen einer beschränkten Wiedergabe- Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit auf das Verfahren und die bisherigen Vernehmungen (Frage „8.“).

Aus diesem Grund ist lediglich eine 7-fache Honorierung der Mühewaltung sowie die Begutachtung aus neurologischer Sicht nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG zulässig.

Zu den beantragten Kosten für Ablichtungen (Kopien) gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 GebAG

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 GebAG sind den Sachverständigen ausschließlich folgende mit der Erfüllung ihres jeweiligen Gutachtensauftrags notwendigerweise verbundene variable Kosten, nicht aber Fixkosten zu ersetzen: die Materialkosten für die Anfertigung von Kopien, Ausdrucken, Fotos, Zeichnungen, Modellen, Röntgenaufnahmen, sonstige Dokumentationen und Vervielfältigungen.

Die Antragstellerin machte im Rahmen der Honorarnote eine Vergütung von 41 Ablichtungen geltend.

Gemäß § 38 Abs. 2 GebAG hat der Sachverständige die Umstände, die für die Bestimmung seiner Kosten für die Ablichtungen bedeutsam sind, zu bescheinigen.

In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass durch die Einbringung des Gutachtens samt Honorarnote im Wege des ERV (Verpflichtung zum elektronischen Verkehr) die Schreibgebühr für die bislang erforderlichen, aufgrund der elektronischen Übermittlung künftig nicht mehr nötigen Ausfertigungen des Gutachtens entfällt. Da die Sachverständigen für die Zwecke der Archivierung die Urschrift verwenden können (für die sie Anspruch auf eine Gebühr nach § 31 Abs. 1 Z 3 GebAG haben), wird im Fall der ERV-Nutzung auch in ihrem Bereich regelmäßig kein gebührenrechtlich relevanter Bedarf nach Anfertigung einer Ausfertigung bestehen (vgl. RIS-Justiz RL0000180; ErläutRV 561 BlgNR 26. GP 3.).

Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin der Aufforderung nicht nachgekommen ist, die Notwendigkeit der Anfertigung von 41 Ablichtungen darzulegen, kann mangels Bescheinigung bzw. Nachvollziehbarkeit im Hinblick auf das übermittelte Gutachten, insbesondere da durch die Einbringung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs die Notwendigkeit der Ausfertigung des Gutachtens entfällt, die hierfür beantragte Gebühr gemäß § 31 GebAG nicht zuerkannt werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

 

Mühewaltung gemäß § 43 Abs. 1 lit d GebAG

 

Neurologische Untersuchung à 116,20

Psychiatrische Untersuchung à 116,20

6 weitere Fragen

116,20

116,20

697,20

Aktenstudium gemäß § 36 GebAG

44,90

Schreibgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Z 3

Urschrift; € 2/1000 Zeichen (ohne Leerzeichen)

60,00

Sonstige Kosten gemäß § 31 Abs. 1a GebAG

 

Übermittlung des Gutachtens im Wege des ERV

12,00

Zwischensumme

1.046,50

20 % USt.

209,30

Gesamtsumme

1.255,80

Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 1.255,80 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Einbringung elektronischer Rechtsverkehr Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren mehrfache Honorierung Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W181.2232252.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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