TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/2 W247 1414948-2

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Veröffentlicht am 02.10.2020
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Entscheidungsdatum

02.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W247 1414950-2/2E

W247 1414949-2/3E

W247 1414948-2/3E

W247 1414947-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) der XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, 2.) der mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, 3.) des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation und 4.) der mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, alle vertreten durch RAe XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2018, Zl. 1.) XXXX und vom 13.06.2018, Zlen: 2.) XXXX , 3.) XXXX und 4.) XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., iVm § 88 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) und ihre drei minderjährigen Kinder, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), der Drittbeschwerdeführer (BF3), sowie die im österreichischen Bundesgebiet geborene Viertbeschwerdeführerin (BF4), welche alle im vorherigen asylrechtlichen Verfahren bereits als russische Staatsbürger geführt wurden, beantragten am 18.01.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von Fremdenpässen.

Dem Antragsformular der Erstbeschwerdeführerin wurden folgende Dokumente beigelegt:

?        Kopie des Einkommenssteuerbescheides 2015

?        Kopie der Lohn/Gehaltsabrechnung Dezember 2017

Kopie des Auszuges aus dem Gewerberegister BH XXXX

?        Kopie des Fremdenpasses F1101418, ausgestellt von der BH XXXX , gültig bis 27.02.2018

1.2. Mit Schreiben vom 01.02.2018 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) die beschwerdeführenden Parteien davon, dass deren Anträgen auf Ausstellung von Fremdenpässen keine Nachweise beiliegen würden, aus denen hervorgehe, warum ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung von Fremdenpässen im Sinne des § 88 FPG erblickt werden könne. Die beschwerdeführenden Parteien wurden aufgefordert, binnen zweiwöchiger Frist ein derartiges Interesse der Republik Österreich anhand entsprechender Unterlagen darzutun bzw. Nachweise iSd. der Z 1 bis 5 des § 88 Abs. 1 FPG bzw. des § 88 Abs. 2 FPG vorzulegen.

1.3. Per E-Mail vom 19.02.2018 brachte der nunmehrige rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer vor, dass bei der Erstbeschwerdeführerin zumindest eine ungeklärte Staatsangehörigkeit vorliege. Sie sei zwar auf dem Gebiet der russischen Föderation geboren, jedoch sei ihre Geburt nie registriert und seien nie irgendwelche Dokumente ausgestellt worden. Auch wenn ihr nach den Bestimmungen des russischen Staatsbürgerschaftsrechts die russische Staatsbürgerschaft zukommen müsste, sei ihr diese faktisch nie gewährt worden und sei sie vom russischen Staat nie wie eine russische Staatsbürgerin behandelt worden. Die Erstantragstellerin sei daher faktisch staatenlos und habe sie daher ein Recht auf Ausstellung eines Fremdenpasses, wie er ihr bereits vom BFA ausgestellt worden sei.

1.4. Mit E-Mail vom 06.05.2018 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer dem BFA die „Rot-Weiss-Rot-Karte plus“ der Erstbeschwerdeführerin und brachte dazu vor, dass aus dieser hervorgehe, dass sie staatenlos sei. Es werde daher umgehend um die Ausstellung eines Fremdenpasses ersucht.

1.5. Mit Schreiben vom 23.05.2018 verständigte das BFA die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer (BF2-BF4) davon, dass deren Anträgen vom 18.01.2018 auf Ausstellung von Fremdenpässen keine Nachweise beiliegen würden, aus denen hervorgehe, warum ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung von Fremdenpässen im Sinne des § 88 FPG erblickt werden könne. Begründend wurde darauf verwiesen, dass an die Beschwerdeführer am 01.02.2018 über deren Mutter, der BF1, als gesetzliche Vertreterin ein Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG versendet worden sei, die Zustellung davon jedoch von der Behörde nicht eruiert werden könne und auch die Post darüber keine Aufzeichnungen führe. Die vom rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführer eingebrachten Schreiben würden sich nur auf das Verfahren/Parteiengehör der Mutter und gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführer, dh. die Erstbeschwerdeführerin, beziehen, sodass nochmals die Gelegenheit gegeben werde, eine Stellungnahme abzugeben. Die beschwerdeführenden Parteien (BF2-BF4) wurden aufgefordert, binnen zweiwöchiger Frist ein derartiges Interesse der Republik Österreich anhand entsprechender Unterlagen darzutun bzw. Nachweise iSd. der Z 1 bis 5 des § 88 Abs. 1 FPG bzw. des § 88 Abs. 2 FPG vorzulegen.

2.1. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 23.05.2018 (ad Erstbeschwerdeführerin) bzw. 13.06.2018 (ad Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die gegenständlichen Anträge der beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF4) auf Ausstellung eines Fremdenpasses jeweils gemäß § 88 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., abgewiesen.

2.2. Im Rahmen der Entscheidungsbegründung wurde zunächst festgestellt, dass es sich bei den Beschwerdeführern (BF1-BF4) um Staatsangehörige der Russischen Föderation handle, wobei die Erstbeschwerdeführerin und die Zweit- bis Drittbeschwerdeführer in XXXX (Russische Föderation) geboren worden seien, die Viertbeschwerdeführerin in XXXX und der legale Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet jeweils unstrittig sei. So sei die Erstbeschwerdeführerin im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung „Rot-Weiss-Rot-Karte plus“, gültig bis 28.02.2021, die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer würden jeweils über eine Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt-EU“, zuletzt ausgestellt von der BH XXXX am 13.07.2017, gültig bis 13.07.2022 verfügen. Begründend wurde weiters im Bescheid der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt, dass die Beschwerdeführer am 19.10.2009 (die Erstbeschwerdeführerin und die minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer) bzw. am 12.05.2010 (die minderjährige Viertbeschwerdeführerin) jeweils Asylanträge gestellt hätten, die gemäß §§ 3, 8 AsylG abgewiesen worden seien. Die gegen diese Entscheidungen fristgerecht erhobenen Beschwerden seien jeweils mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 05.07.2011 als unbegründet abgewiesen worden und wären die Asylverfahren seit 21.07.2011 rechtskräftig abgeschlossen. Bei der Identität der Beschwerdeführer handle es sich um eine Verfahrensidentität, weil die Richtige mangels Vorlage eines Dokumentes nicht festgestellt habe werden können. In den Verfahren sei seitens des BFA festgestellt worden, dass die Beschwerdeführer Staatsbürger der Russischen Föderation seien und sei diese Feststellung mit Erkenntnis vom Asylgerichtshof bestätigt worden. Zur Entscheidungsfindung sei der Akt der NAG-Behörde XXXX betreffend die Erstbeschwerdeführerin zur Einsicht angefordert worden. Bei Durchsicht des Aktes der BH XXXX sei festgestellt worden, dass seitens ihres Vertreters beim Duldungsantrag angeführt worden sei, dass sie staatenlos sei. Bei der begründeten Stellungnahme gemäß § 44 Abs. 2 NAG vom 26.02.2012 der XXXX , werde festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung u. a. wegen nicht klärbarer Staatenlosigkeit auf Dauer unzulässig sei. Am 10.07.2012 sei ihr vom Stadtmagistrat XXXX ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiss-Rot-Karte plus“ ausgestellt worden mit der Staatsangehörigkeit „Russische Föderation“. Am 28.02.2013 sei ihr von der BH XXXX ein Fremdenpass, lautend auf „staatenlos“ ausgestellt worden. In dem von der Behörde gesichteten NAG-Akt der BH XXXX habe kein Nachweis entdeckt werden können, der eine Staatenlosigkeit untermauern würde. Auch der von der LPD XXXX angeforderte Akt XXXX gäbe keine Aufschlüsse über eine Staatenlosigkeit. Der Akt sei zur Gänze an die BH XXXX abgetreten worden und seien diese Unterlagen bereits in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Die Beschwerdeführer hätten bislang keinen Nachweis erbracht, dass sie tatsächlich staatenlos seien. In der Stellungnahme vom 19.02.2018 habe der Vertreter der Beschwerdeführer geschildert, dass die Erstbeschwerdeführerin zumindest über eine ungeklärte Staatsangehörigkeit verfüge, weil deren Geburt in der Russischen Föderation nie registriert worden sei. Am 06.05.2018 habe ihr Vertreter die Kopie ihres derzeitigen Aufenthaltstitels übermittelt mit dem Hinweis, dass daraus hervorgehe, dass sie staatenlos sei. Ihr sei von der BH XXXX im Verfahren Zl. XXXX ihr Aufenthaltstitel auf „staatenlos“ ausgestellt worden, weil sie dem Antrag ihren auf „staatenlos“ lautenden Fremdenpass vorgelegt hätten. Es gehe aus den Unterlagen nicht hervor, dass sie einen Nachweis erbracht hätte, der diese Änderung herbeigeführt hätte. Vielmehr würden die Unterlagen den Schluss zulassen, dass diese Änderung die Folge eines erfolglosen Versuchs, sie nach Russland abzuschieben, gewesen sein könnte. Somit weise die Behörde auf die Rechtskraftwirkung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 05.07.2011 hin, wonach die Beschwerdeführer weder staatenlos noch deren Staatenlosigkeit ungeklärt seien. Die Erstbeschwerdeführerin sei Staatsbürgerin der Russischen Föderation. Der Umstand, dass ihre Identität bisher nicht geklärt werden habe können, sei letztlich auf die mangelnde Mitwirkung an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und seien alle daran anknüpfenden Konsequenzen von ihr zu vertreten. Nachdem sie nicht in den Adressatenkreis des § 88 Abs. 1 Z. 1 bis 5 FPG falle, bestehe für die Behörde keine Möglichkeit, ihr einen Fremdenpass auszustellen. Sie sei weder staatenlos, noch habe sie eine ungeklärte Staatsangehörigkeit. Besondere Leistungen im Interesse des Bundes bzw. des Landes seien von ihr auch nicht behauptet oder erbracht worden. Auch die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2 FPG komme aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht in Betracht. Aus der bisher vorgenommenen Ausstellung eines Fremdenpasses könne kein Rechtsanspruch auf eine Stattgebung weiterer Anträge abgeleitet werden. Die Erstbeschwerdeführerin gehöre nicht zu dem Personenkreis, dem ein Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 1 Z. 1 bis 5 oder Abs. 2 FPG ausgestellt werden könne, dementsprechend sei ihr Antrag mangels Erfüllung der Voraussetzungen abzuweisen gewesen.

Abweisende Bescheide gemäß § 88 Abs. 1 und 2 FPG ergingen ebenso an die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer.

3. Mit Verfahrensanordnung vom 23.05.2018 bzw. 13.06.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater von Amts wegen zur Seite gestellt.

4. Gegen die dargestellten Bescheide richten sich die durch den gewillkürten Vertreter der beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom 20.06.2018, am 21.06.2018 fristgerecht eingebrachten Beschwerden. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in ihrem Recht auf Ausstellung von Fremdenpässen gemäß § 88 Abs. 2 FPG verletzt würden. Die Tatsache, dass nach dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes seitens der Landespolizeidirektion XXXX und der BH XXXX die Staatenlosigkeit der Beschwerdeführer festgestellt worden sei, wäre von der belangten Behörde völlig unberücksichtigt gelassen worden. In reiner Willkür sei auch nicht festgestellt worden, dass die befristete Aufenthaltsbewilligung der Erstbeschwerdeführerin, die bis zum 28.02.2021 gültig sei, als Staatsangehörigkeit „staatenlos“ aufweise. Seitens der belangten Behörde sei ein Beweis gefordert worden, dass die Beschwerdeführe staatenlos seien. Es sei jedoch gar nicht möglich, einen solchen Beweis zu erbringen. In der Begründung sei darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der Identität der Beschwerdeführer nur um eine Verfahrensidentität handle, weil die richtige mangels Vorlage von Dokumenten nicht festgestellt werden habe können. Zur Identität einer Person zähle jedoch auch die Staatsbürgerschaft, sodass die belangte Behörde bei einer stringenten Feststellung und rechtlichen Beurteilung, die sich nicht nur am größten Nachteil für die Antragsteller orientiere, davon ausgehen hätte müssen, dass es sich bei der vom Asylgerichtshof festgestellten Staatsbürgerschaft ebenfalls nur um eine „Verfahrensstaatsbürgerschaft“ handle. Dies umso mehr, als die Beschwerdeführer im Asylverfahren keinerlei Dokumente in Vorlage gebracht hätten, aus der eine Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation hervorgehe. Dies sei nach Erlassung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes von der Landespolizeidirektion XXXX und der BH XXXX auch so gesehen worden und wären den Beschwerdeführern daher Aufenthaltstitel als Staatenlose erteilt worden. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen, dass die Erstbeschwerdeführerin zwar in XXXX geboren worden sei, ihre Eltern jedoch Kurden und Jesiden gewesen wären und ihre Geburt nie registriert worden wäre. Die Erstbeschwerdeführerin habe nie über eine Geburtsurkunde verfügt und auch nie eine Schule besucht. Sie könne daher ihre behauptete Geburt in der russischen Föderation nicht nachweisen, weshalb sie auch die Voraussetzungen dafür, dass sie russische Staatsangehörige sei, nicht nachweisen könne. Dies treffe auch auf die Kinder (die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer, Anm.) zu, wobei die jüngste Tochter (die Viertbeschwerdeführerin, Anm.) gar nicht in der russischen Föderation geboren sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe angegeben, dass sie sich mehrmals in Russland um Papiere bemüht habe, jedoch nie welche bekommen habe. Dies decke sich auch mit dem Umstand, dass es nicht möglich gewesen wäre, die Beschwerdeführerin nach Abschluss des Asylverfahrens in die russische Föderation abzuschieben. Wenn einer Person die Anerkennung der Staatsangehörigkeit verweigert werde, da von dieser Person die Voraussetzungen dafür nicht nachgewiesen werden könnten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese Person tatsächlich diese Staatsangehörigkeit besitze. Die Beschwerdeführer hätten keinerlei Möglichkeit, ihre Rechte aus der angeblich bestehenden Staatsbürgerschaft in Anspruch zu nehmen und würden tatsächlich von dem Staat, auf dessen jetzigem Territorium sie geboren seien, nicht als ihre Staatsangehörige anerkannt. Es könne daher seitens der belangten Behörde aufgrund ihres nach den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes entstandenen Wissens nicht mehr festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer Staatsbürger der russischen Föderation seien. Vielmehr hätte ihre Staatenlosigkeit bzw. eine ungeklärte Staatsangehörigkeit festgestellt werden müssen und ihren Anträgen auf Ausstellung der Fremdenpässe stattgegeben werden müssen. Beantragt wurde daher, das Bundesverwaltungsgericht wolle den Beschwerden Folge geben und die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass 1.) den Beschwerdeführern die Fremdenpässe gemäß § 88 Abs. 2 FPG erteilt würden und 2.) in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und die Rechtssache zur Ergänzung der Verfahren und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

5. Die Beschwerdevorlage vom 22.06.2018 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsbericht (BVwG) am 26.06.2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer (BF1-BF4) sind Angehörige der kurdischen Volksgruppe und der jesidischen Glaubensgemeinschaft.

Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist Mutter der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer (BF2-BF4). Die Erstbeschwerdeführerin und die minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer wurden in XXXX in der Russischen Föderation geboren. Die Viertbeschwerdeführerin wurde in XXXX in Österreich geboren.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte für sich und die minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer im Jahr 2009 infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet Asylanträge, im Jahr 2010 wurde für die zwischenzeitlich im Bundesgebiet geborene Viertbeschwerdeführerin ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Nachdem in Bezug auf jene Anträge rechtskräftig abweisende Entscheidungen ergangen waren (vgl. die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 05.07.2011, Zahlen: D11 4149501-1/2010/7E (ad Erstbeschwerdeführerin), D11 414949-1/2010/6E (ad Zweitbeschwerdeführerin), D11 414948-1/2010/6E (ad Drittbeschwerdeführer), D11 414947-1/2010/6E (ad Viertbeschwerdeführerin) wurden den beschwerdeführenden Parteien erstmals am 10.07.2012 Aufenthaltstitel „Rot-Weiss-Rot-Karte Plus“ erteilt, welche in den Folgejahren regelmäßig, im Falle der Erstbeschwerdeführerin zuletzt bis 28.02.2021 und im Falle der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer als Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ zuletzt bis 13.07.2022, verlängert wurden. Die Beschwerdeführer (BF1-BF4) halten sich somit rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF4) verfügten im Zeitraum 28.02.2013 bis 27.02.2018 über - durch die Republik Österreich ausgestellte - Fremdenpässe, aktuell befinden sie sich nicht im Besitz eines Reisedokumentes.

Es kann nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer (BF1-BF4) die russische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen über den relevanten Verfahrensverlauf, die Personen der beschwerdeführenden Parteien, deren familiäre Verhältnisse und ihren legalen Aufenthaltsstatus ergeben sich aus dem insofern unstrittigen Akteninhalt, sowie der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, in welchem der Umstand, dass sich die beschwerdeführenden Parteien im Besitz gültiger Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungsgesetz befinden, zweifelsfrei dokumentiert ist.

Die beschwerdeseitige Behauptung einer in casu nicht geklärten Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer (BF1-BF4) beruht zunächst darauf, dass bereits anlässlich der Ausstellung ihrer Fremdenpässe im Jahr 2013 seitens der BH XXXX , als ausstellender Behörde, von einer Staatenlosigkeit der Beschwerdeführer ausgegangen wurde (vgl. Aktenseite 7 des Verwaltungsaktes der Erstbeschwerdeführerin). Wurde weiters hinsichtlich der BF1 seitens der BH XXXX bei Ausstellung der befristeten Aufenthaltsberechtigung „Rot-Weiss-Rot-Karte plus“, gültig vom 10.07.2012 bis zum 10.07.2013, zunächst noch die Staatsangehörigkeit „Russische Föderation“ auf der Kartenrückseite vermerkt, so ist die BH XXXX bereits bei Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig vom 11.07.2013 bis zum 11.07.2014 und sodann bei allen weiteren Verlängerungen der Rot-Weiss-Rot-Karte plus von der Staatenlosigkeit der BF1 ausgegangen und hat dies auch auf der jeweiligen Kartenrückseite vermerkt. Den Ausführungen der belangten Behörde in angefochtenen Bescheiden folgenden, gehe dieser Umstand auf beschwerdeseitige Angaben im Rahmen der jeweiligen Antragsstellungen zurück, wonach beschwerdeseitig stets von der BF1 ihre Staatenlosigkeit angeführt worden sei, ohne dass diese entsprechende dbzgl. Nachweise in Vorlage gebracht hat. Hinsichtlich der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer (BF2 bis BF4) ist anzumerken, dass diese im Rahmen ihrer Aufenthaltstitel jeweils mit Staatsbürgerschaft „Russische Föderation“ ausgewiesen sind.

Es gilt festzuhalten, dass für die Beschwerdeführer (BF1-BF4) im Rahmen ihrer Asylverfahren die Staatsangehörigkeit „Russische Föderation“ als Verfahrensidentität festgestellt worden ist und die Beschwerdeführer, weder seinerzeit noch im gegenständlichen Verfahren einen Nachweis zu liefern im Stande gewesen sind, welche ihre Staatsangehörigkeit als zumindest ungeklärt erscheinen hätte lassen.

„Letztlich handelt es sich im gegenständlichen Fall um ein auf Antrag der bP hin eingeleitetes Verwaltungsverfahren und trifft die bP somit eine erhöhte Obliegenheit zur Mitwirkung (für viele: Erk.d.VwGH vom 09.04.2013, 2011/04/0001; 22.02.2011, 2008/04/0247; 14.05.1986, 86/03/0044). Diese erhöhte Obliegenheit zur Mitarbeit im Verfahren betrifft jedenfalls den Nachweis der Berechtigung, welche durch die Urkunde verschafft werden soll, bzw. die behördlichen Eintragungen in die Urkunde. Hierzu gehört im gegenständlichen Fall jedenfalls auch die Identität. Zwar wird im auf Antrag eingeleiteten Verfahren die Behörde nicht von ihrer Obliegenheit befreit, ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen, doch steht es der Behörde auch frei, aus der unterlassenen Mitwirkung im Rahmen der Beweiswürdigung ihre Schlüsse zu ziehen (Erl.d.VwGH vom 28.06.1959; 2496/56; VwSlg 5007 A/1959; 13.03.1974, 1749/73, 1750/73; 12.12.1978, 1246/77).

Aus einer Zusammenschau der oa. Erwägungen ergibt sich allgemein, dass die antragstellenden Parteien im Verfahren entsprechend mitzuwirken, ihre Identität nachzuweisen haben und aufgrund der Unterlassung dieser Handlung die belangte Behörde berechtigt ist, ihre Schlüsse zu ziehen und im Rahmen dieser Schlüsse zur Überzeugung zu gelangen, dass mangels Feststehens der Identität die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Dokuments nicht vorliegen…“ (vgl. Asyl- und Fremdenrecht, Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, § 88 Fremdenpolizeigesetz, E6, S. 1291).

In diesem Sinne gilt es festgehalten, dass die BF1 mit Schriftsatz vom 01.02.2018, die BF2-BF4 mit Schriftsatz vom 23.05.2018 von der belangten Behörde jeweils nachweislich dazu aufgefordert worden sind, Nachweise oder Beweismittel vorzulegen, aus denen einen Anspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 FPG abgeleitet werden kann. Mit E-Mail vom 19.02.2018 brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer lediglich vor, dass bei der Erstbeschwerdeführerin zumindest eine ungeklärte Staatsangehörigkeit vorläge. Sie sei zwar auf dem Gebiet der russischen Föderation geboren, jedoch sei ihre Geburt nie registriert und seien nie irgendwelche Dokumente ausgestellt worden. Auch wenn ihr nach den Bestimmungen des russischen Staatsbürgerschaftsrechts die russische Staatsbürgerschaft zukommen müsste, sei ihr diese faktisch nie gewährt worden und sei sie vom russischen Staat nie wie eine russische Staatsbürgerin behandelt worden. Die Erstantragstellerin sei daher faktisch staatenlos und habe sie daher ein Recht auf Ausstellung eines Fremdenpasses, wie er ihr bereits vom BFA ausgestellt worden sei. Ebenso wurde im Rahmen der Beschwerdeschrift auf Seite 3 vorgebracht, dass die BF1 in der Russischen Föderation geboren, aber nie registriert worden sei. Sie, wie auch ihre Kinder, sei - ebenso ihre Eltern - Kurden und Jesiden – und hätte nie über eine Geburtsurkunde verfügt, sei nie zur Schule gegangen und habe im Herkunftsstaat keine Papiere erhalten, obwohl sie sich darum bemüht habe.

Dem ist entgegen zu halten, dass sich im gesamten Akt keinerlei Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass die BF1 in casu tatsächlich versucht hätte bei der russischen Botschaft in Wien einen Reisepass für sich oder ihre Kinder zu beantragen, noch wurde Derartiges beschwerdeseitig im Verfahren behauptet.

Alle BF sind nicht subsidiär schutzberechtigt, da jedoch die Interessenlage großteils -hinsichtlich der Pflicht die Vertretungsbehörde seiner eigenen Heimat aufzusuchen - ident ist, wird darauf verwiesen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2009/122, Z 73 und 74 (§ 88 Abs. 2 und 2a) wird hinsichtlich subsidiär Schutzberechtigter wie folgt ausgeführt:

„Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn deren Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert. Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die "zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" müssen sich auf dem Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen“ (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht (2014) Anm 2 zu § 88 FPG).

Neben dem Status des subsidiär Schutzberechtigten ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen.

Im gegenständlichen Fall ist es den Beschwerdeführern möglich und zumutbar, sich ein gültiges Reisedokument zu beschaffen bzw. ein solches zumindest zu beantragen. Die BF1 hat nicht einmal den Versuch unternommen bei der russischen Botschaft in Wien einen Reisepass für sich oder ihre Kinder zu erhalten.

Die alleinigen nicht substantiierbaren beschwerdeseitigen Angaben, es sei nicht möglich, da die keine Unterlagen vorhanden wären, genügt nicht um davon ausgehen zu können, die oa. Vertretungsbehörden wurden keine Reisedokumente ausstellen.

Wenn die beschwerdeführenden Parteien nicht hinreichende Unterlagen zum Beweis ihrer Identität und ihrer Staatsangehörigkeit besitzen, so steht dies einem Antrag und so auch einer Ausstellung eines Reisepasses insofern nicht entgegen, als die Identität und Staatsangehörigkeit auf persönliche Anfrage geprüft werden können. Durch die Möglichkeit der Substituierung nicht vorhandener Dokumente durch Überprüfung auf persönliche Anfrage besteht gegenständlich eine konkrete Möglichkeit, sich Reisedokumente des Heimatstaates zu beschaffen.

Eine persönliche Anfrage wurde von den Beschwerdeführern jedoch bislang erkennbar unterlassen, berechtigte Gründe für dieses Verhalten sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Insbesondere liegen keine individuellen Umstände vor (etwa eine schwere Erkrankung), die es den Beschwerdeführern gänzlich verunmöglichen würden, persönlich die Vertretungsbehörde aufzusuchen. Es stehen folglich einer persönlichen Kontaktaufnahme der Beschwerdeführer mit der Vertretungsbehörde keine Hindernisse entgegen, sodass es ihnen möglich und zumutbar ist, sich persönlich an die Vertretungsbehörde zu wenden. Die lediglich behauptete Aussichtlosigkeit einer Reisepasserlangung wegen Ermangelungen einer seinerzeitigen Registrierung der Geburt der BF1 im Herkunftsstaat ist in casu mangels Verifizierbarkeit nicht ausreichend.

Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführer (BF1-BF4) nicht versucht haben, einen Reisepass von der Vertretungsbehörde zu beantragen, obwohl dies aufgrund der dargelegten Umstände möglich und zumutbar ist, liegt gegenständlich kein Fall vor, in dem den Beschwerdeführern die Erlangung eines Fremdenpasses rechtlich zustehen würde.

Zumal die Ausstellung eines Reisedokumentes durch einen anderen Staat einen massiven Eingriff in die Hoheitsreiche des Herkunftsstaates bedeutet, ist für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen und geht das Fremdenpolizeigesetz von der Prämisse aus, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde, was im Fall der beschwerdeführenden Parteien nicht zutrifft, nachweislich kein Reisedokument erhalten kann, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen.

Die Beschwerdeführer werden demnach ein gültiges Reisedokument bei der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu beantragen haben.

Da die Beschwerdeführer - mangels eines entsprechenden Antrages bei dieser - nicht substantiiert darlegen konnten, dass ihnen die Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates die Ausstellung eines Reisedokumentes verweigert, ist die Voraussetzung zur Erteilung eines Fremdenpasses an Fremde, nicht erfüllt. Die Beschwerdeführer konnten nicht substantiiert darlegen, nicht in der Lage zu sein, sich ein gültiges Reisedokument ihres Herkunftsstaates zu beschaffen.

Zum aktuellen Zeitpunkt ist kein objektiv nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb sie nicht in der Lage sein sollten, sich ein gültiges Reisedokument des Heimatlandes zu beschaffen bzw. wurde nicht substantiiert dargelegt, dass die Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchteil A) Stattgabe der Beschwerden:

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG 2005 idgF sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.

Der mit "Ausstellung von Fremdenpässen" betitelte § 88 FPG idgF lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1.       Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2.       ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3.       ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;

4.       ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5.       ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) bis (4) […]“

Der mit „Versagung eines Fremdenpasses“ betitelte § 92 FPG idgF lautet wie folgt:

„(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1.       der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2.       der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3.       der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4.       der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5.       durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.

(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.

(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.“

3.3. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die belangte Behörde fälschlich davon ausgegangen ist, dass die beschwerdeführenden Parteien einem der in § 88 Abs. 1 FPG angeführten Personenkreise zuzuordnen sind, für welche die Ausstellung eines Fremdenpasses ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Reisedokuments für die betreffende Person voraussetzt.

„…Sofern ein rechtmäßiger Aufenthalt eines Staatenlosen gegeben ist, bedarf es des Erfordernisses eines Interesses der Republik an der Ausstellung des Reisepasses im Sinne des Absatz 1 sohin nicht.“ (vgl. Asyl- und Fremdenrecht, Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, § 88 Fremdenpolizeigesetz, K5, S. 1288)

Richtigerweise sind die gegenständlichen Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Ausstellung von Fremdenpässen iSd. § 88 FPG, welche sich sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung, als auch zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide und zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt, auf der Grundlage von „Rot-Weiß-Rot-Karten Plus“ bzw. „Daueraufenthalt EU“ legal im Bundesgebiet aufgehalten haben, gemäß Abs. 2 des § 88 FPG zu entscheiden.

Da im Verfahren – wie die belangte Behörde im Rahmen der angefochtenen Bescheide im Ergebnis richtig entschieden hat - überdies kein substantiierbarer Nachweis vorliegt, dass in casu die beschwerdeführenden Parteien staatenlos sind bzw. dass deren Staatsbürgerschaft ungeklärt sind (siehe Beweiswürdigung), folgt, dass die Beschwerdeführer (BF1-BF4) die Voraussetzung zur Ausstellung von Fremdenpässen gemäß § 88 Abs. 2 FPG nicht erfüllen.

3.4. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr trifft § 88 Abs. 2 FPG eine klare, eindeutige, Regelung weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Familienverfahren Fremdenpass Herkunftsstaat individuelle Verhältnisse mangelnder Anknüpfungspunkt Mitwirkungspflicht Reisedokument Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W247.1414948.2.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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