TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/18 LVwG-AV-448/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Norm

KFG 1967 §57a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 11. März 2019, Zl. ***, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967, nach mündlicher Verhandlung durch Verkündung am 13. August 2020 zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 8. März 1989, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in einer näher genannten Prüfstelle für näher genannte Kraftfahrzeuge erteilt.

Mit Bescheid dieser Behörde vom 14. April 2005, Zl. ***, wurde diese Ermächtigung des Beschwerdeführers neu gefasst.

1.2.  Mit Bescheid vom 08. Jänner 2018, ***, widerrief die belangte Behörde die Ermächtigung des Beschwerdeführers zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstätte ***, ***, mit sofortiger Wirkung; unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

Dieser Bescheid wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Mai 2018 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten erfüllten nicht die Anforderungen an ein Gutachten iSd Rechtsprechung und habe sich die belangte Behörde somit zu Unrecht auf diese Gutachten gestützt. Sie hätte vielmehr weitere Gutachten einholen oder die Amtssachverständigen zur Verbesserung auffordern müssen.

Eine seitens der belangten Behörde gegen diesen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts eingebrachte Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2018, ***, zurückgewiesen.

1.3.  Am 20. November 2018 fand eine unangekündigte Revision der Begutachtungsstelle des Beschwerdeführers statt. Dabei wurde festgestellt, dass im Zeitraum 01. Oktober 2018 bis 20. November 2018 bei sieben Fahrzeugen der Klasse O2 (Anhänger mit zwei Achsen) keine Werte der Feststellbremse der zweiten Achse im Gutachten eingetragen wurden. Überdies wurde bei 30 Motorrädern der Klasse L3e im Begutachtungszeitraum 01. Jänner 2018 bis 20. November 2018 Abbremswerte der Hinterradbremse im Gutachten eingetragen, welche aufgrund der Höhe dieser Werte bei sach- und fachgerechter Prüfung nicht zu erreichen wären. Weiters wurde bei zwei Fahrzeugen der Klasse L7e die Abbremswirkung beider Bremsanlagen als „Hilfsbremsanlage“ anstatt als „Integralbremsanlage“ angegeben.

Bei keinem dieser Fahrzeuge wäre aber ein negatives Gutachten gemäß § 57a KFG auszustellen gewesen. Die Verkehrs- und Betriebssicherheit war jeweils gegeben.

1.4.  Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019, ***, wurde dem Beschwerdeführer die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen teilweise widerrufen, nämlich hinsichtlich näher bezeichneter Fahrzeugarten (Zugmaschinen, Transportkarren, Motorkarren, selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Sonderkraftfahrzeuge, jeweils bis 50 km/h Bauartgeschwindigkeit).

Begründet wurde dies damit, dass ein für diese Begutachtungstätigkeiten erforderlicher, näher bezeichneter Achsheber im Grubenbereich im Betrieb nicht vorhanden sei.

Nachdem der Beschwerdeführer einen derartigen Achsheber in seinem Betrieb in der Folge anschaffte und auch sonst alle technischen Einrichtungen im Betrieb vorhanden waren (und auch derzeit sind), die nach der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung erforderlich sind, wurde der Bescheid vom 18. Jänner 2018 mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 02. Mai 2019, LVwG-AV-284/002-2019, aufgehoben.

1.5.  Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. März 2019, ***, wurde dem Beschwerdeführer – nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens – neuerlich die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen (diesmal zur Gänze) wiederrufen, wobei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde nicht ausgeschlossen wurde.

Begründend stützte sich die belangte Behörde auf die „erwiesenermaßen“ unrichtige Begutachtung von sechs näher genannten Kraftfahrzeugen (VW 3BG, VW A3/1HN, Opel T98, Pontiac U-Van, Steyr 700 AP und Suzuki EDT01V) sowie die im Rahmen der Revision am 20. November 2018 hervorgekommenen „groben Mängel“, die auf „große Wissenslücken“ schließen ließen.

1.6.  In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde u.a. ausgeführt, dass die seitens der belangten Behörde eingeholten ergänzenden Stellungnahmen der Amtssachverständigen nach wie vor keine „Gutachten“ im Sinne der Rechtsprechung darstellen, dem Beschwerdeführer kein Fehlverhalten zur Last gelegt werden könne und der angefochtene Bescheid daher ersatzlos aufzuheben sei.

1.7.  Es kann – entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid – nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Begutachtung von Kraftfahrzeugen, insbesondere bei den sechs von der belangten Behörde genannten Kraftfahrzeugen, zu Unrecht positive Gutachten gemäß § 57a KFG ausgestellt hat.

2.   Beweiswürdigung:

2.1.  Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2020, in welcher Beweis erhoben wurde durch (Verzicht auf) Verlesung des vorgelegten Verwaltungsakts, des Gutachtens des Sachverständigen für Kfz-Wesen C vom 11. Juni 2020 sowie Erörterung dieses Gutachtens im Rahmen der Verhandlung. Die belangte Behörde hat zu dieser Verhandlung keinen Vertreter entsandt.

Soweit in der Folge keine gesonderten Ausführungen erfolgen, waren die Feststellungen im Verfahren nicht strittig.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass das Landesverwaltungsgericht – mangels Bestreitung durch die belangte Behörde – den Aussagen des Sachverständigen C gefolgt ist, welcher sich in seinem Gutachten vom 11. Juni 2020 bzw. der Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch mit allen von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahmen der Amtssachverständigen sowie der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 20. November 2017 auseinandergesetzt hat.

2.2.  Zum Nichtvorliegen von unrichtigen Gutachten im Zusammenhang mit den sechs von der belangten Behörde genannten Kraftfahrzeugen:

2.2.1.  Pontiac U-Van, FIN: ***:

Seitens des von der belangten Behörde herangezogenen Amtssachverständigen wurde der „matte Scheinwerfer“ als im Zeitpunkt der Begutachtung durch den Beschwerdeführer bereits vorliegend angesehen, was zu einem negativen Gutachten durch den Beschwerdeführer hätte führen müssen. Wenngleich es der Sachverständige C aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen § 57a und § 56 Überprüfung für „eher unwahrscheinlich“ hielt, dass hinsichtlich der Scheinwerfer nicht auch schon bei der § 57a Überprüfung ein „schwerer Mangel“ vorgelegen sei (vgl. Verhandlungsschrift Seite 2f), könne er dies mangels Lichtbildern oder Altteilen, welche den Zustand des Scheinwerfers im Zeitpunkt der Überprüfung gemäß § 56 dokumentierten, nicht abschließend beurteilen. Sonst hat der Sachverständige kein Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Rahmen der Begutachtung ableiten können

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.2.2.  Steyr 700 AP, FIN: ……….***

Hinsichtlich der von der belangten Behörde problematisierten Mängel 5.3.2 sowie 5.3.3 erschien es dem Sachverständigen C aufgrund des Baujahrs 1960 – wiederum mangels Lichtbildern die den Zustand im Zeitpunkt der § 56 Überprüfung dokumentieren – denkbar, dass bei der Begutachtung durch den Beschwerdeführer noch kein leichter Mangel vorgelegen war und insofern ein zutreffendes Gutachten ausgestellt wurde (vgl. Verhandlungsschrift Seite 3); auch sonst hat der Sachverständige kein Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Rahmen der Begutachtung ableiten können (vgl. das Gutachten Seite 23ff).

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.2.3.  Opel T98, FIN: ***:

Hinsichtlich der von der belangten Behörde problematisierten Mängel 1.1.12 und 1.1.11. führte der Sachverständige C aus, dass betreffend Mangel 1.1.12 wiederum mangels Vorliegens von Lichtbildern des Zustands sowie des Interpretationsspielraums des Prüfers nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass vom Beschwerdeführer überhaupt ein leichter, geschweige denn ein schwerer Mangel zu setzen gewesen wäre (vgl. Verhandlungsschrift Seite 3).

Zu Mangel 1.1.11. ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, dass er – anders als dies vom Amtssachverständigen angenommen wurde – keinen Tausch der vorderen Bremsleitung vorgenommen, sondern eine starre Bremsleitung der Hinterachse getauscht habe. Das vom Amtssachverständigen hervorgehobene Problem führte der Beschwerdeführer auf den Bruch einer – im Rahmen der Begutachtung gemäß § 57a noch intakten – Klammer zurück, aufgrund dessen dann der im Lichtbild ersichtliche Mangel entstanden ist. Dass diese Darstellung der Realität entspricht, hielt der Sachverständige C im Rahmen der Verhandlung für denkbar (vgl. Verhandlungsschrift Seite 3f), sodass im Zweifel wiederum davon auszugehen ist, dass diesbezüglich im Rahmen der Begutachtung durch den Beschwerdeführer kein Mangel vorgelegen ist.

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.2.4.  Suzuki EDT01V, FIN: ***:

Hinsichtlich der vom Amtssachverständigen problematisierten Mängel 2.1.3., 5.3.4., 6.1.1. sowie 6.2.1. führte der Sachverständige C aus:

Mangel 2.1.3. könne durchaus durch Fremdeinwirkung nach der Begutachtung durch den Beschwerdeführer entstanden sein (vgl. Gutachten Seite 50), weshalb im Zweifel dieser Variante gefolgt wird.

Mangel 5.3.4. könnte nach Darstellung des Sachverständigen C allenfalls auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten „erschwerten Einsatzbedingungen“ zurückzuführen sein (vgl. Verhandlungsschrift Seite 5); ebenso denkbar war für den Sachverständigen C, dass bei der Überprüfung durch den Beschwerdeführer ein „leichtes Spiel“ vorhanden gewesen sei, dieses aber aufgrund der „Verspannung“ des Fahrzeuges bei der Begutachtung durch den Beschwerdeführer – schuldlos – nicht aufgefallen sei (Verhandlungsschrift Seite 5). Im Zweifel wird auch diesbezüglich davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer kein Fehlverhalten zur Last gelegt werden kann.

Die Mängel 6.1.1. und 6.2.1. beurteilte der Sachverständige C dahingehend, dass im Gutachten gemäß § 57a KFG vom Beschwerdeführer diesbezüglich ohnehin ein „leichter Mangel“ gesetzt worden sei und mit Blick auf den Interpretationsspielraum des Prüfers nicht abschließend beurteilt werden könne, ob hier tatsächlich bereits ein „schwerer Mangel“ im Gutachten vermerkt hätte werden müssen. Auch diesbezüglich geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer korrekterweise nur einen „leichten Mangel“ im Gutachten gemäß § 57a KFG vermerkt hat.

Zum Mangel 0.2 hat der Sachverständige ausgeführt, es sei denkbar, dass die Fahrzeugidentifizierungsnummer bei diesem Fahrzeug nicht ausschließlich am Unterboden auffindbar sei. Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 20. November 2017 überdies glaubhaft angegeben, dass dieses Fahrzeug von ihm bereits seit 2011 begutachtet wird, er insofern sowohl das Fahrzeug als auch die Fahrzeugidentifizierungsnummer kenne. Diesbezüglich ist auch festzuhalten, dass die im Rahmen der Überprüfung des Fahrzeuges gemäß § 56 KFG „freigelegte“ FIN mit jener, welcher der Beschwerdeführer in seinem Gutachten gemäß § 57a KFG vermerkt hat, übereinstimmt. Zusammenfassend kann auch diesbezüglich kein Fehlverhalten des Beschwerdeführers festgestellt werden.

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.2.5.  VW A3, FIN: ***:

Hinsichtlich der vom Amtssachverständigen als „Langzeitmängel“ problematisierten Mängel 5.1.3. und 6.2.1. führte der Sachverständige C aus, dass der Mangel 5.1.3. auf eine „nicht ausreichenden Fettung“ der Radlager bzw. undichte Simmerringe zurückzuführen sein könnte; dies seien jedoch jeweils Umstände, die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Begutachtung gemäß § 57a nicht feststellbar waren (vgl. Gutachten Seite 64f). Zu Mangel 6.2.1. führte der Sachverständige aus, dass der Beschwerdeführer im Gutachten gemäß § 57a KFG einen „leichten Mangel“ gesetzt und als Bemerkung festgehalten habe, dass die Karosserie angerostet sei und Dellen aufweise. Der Prüfer habe, sofern keine Durchrostung vorhanden sei, die Festigkeit des Materials zu beurteilen und obliege es dann seinem Interpretationsspielraum einen leichten oder einen schweren Mangel zu setzen. Es lasse sich daher nicht abschließend beurteilen, ob dieser Mangel bereits als „schwerer Mangel“ zu beurteilen gewesen wäre (vgl. Gutachten Seite 66ff).

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.2.6.  VW 3BG, FIN: ***:

Hinsichtlich des vom Amtssachverständigen als „Langzeitmangel“ eingestuften Mangels 4.1.1. hat der Sachverständige C ausgeführt, dass dieser Mangel vom Beschwerdeführer als „leichter Mangel“ eingestuft worden sei; ob ein vergilbter Scheinwerfer als „leichter“ oder „schwerer“ Mangel eingestuft werde, liege im Interpretationsspielraum des Prüfers. Es könne mangels eigener Wahrnehmung, Fotos oder Altteilen vom Zustand im Zeitpunkt der Überprüfung gemäß § 56 KFG nicht abschließend beurteilt werden, ob auch schon im Zeitpunkt des Gutachtens gemäß § 57a KFG ein „schwerer Mangel“ zu setzen gewesen wäre (vgl. Gutachten Seite 38).

Insofern geht das Landesverwaltungsgericht im Zweifel davon aus, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Begutachtung gemäß § 57a KFG vorgenommen hat.

2.3.  Auch aus den von der belangten Behörde mit Schreiben vom 12. Juli 2019 bzw. vom 23. September 2019 vorgelegten Überprüfungen gemäß § 56 KFG ist ein Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Rahmen der von ihm durchgeführten Begutachtung dieser Kraftfahrzeuge gemäß § 57a KFG nicht ableitbar: Mit den seitens der belangten Behörde vorgelegten Schriftsätzen wird nur der Zustand der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Begutachtung gemäß § 56 KFG dokumentiert, was – ohne Gutachten eines Sachverständigen – keinen Schluss auf den Zustand der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Begutachtung gemäß § 57a KFG durch den Beschwerdeführer zulässt. Es wurde seitens der belangten Behörde aber auch gar nicht behauptet, dass diese Fahrzeuge durch den Beschwerdeführer im Rahmen seiner Tätigkeit unrichtig begutachtet worden seien.

2.4.  Die Feststellung, wonach hinsichtlich aller Fahrzeuge, bei deren Gutachten gemäß § 57a im Rahmen der Revision am 20. November 2018 Mängel festgestellt wurden, trotz dieser Fehleintragungen jedenfalls die Verkehrs- und Betriebssicherheit gegeben war, gründet auf die diesbezüglichen, seitens der belangten Behörde unwidersprochenen Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten vom 11. Juni 2020 (siehe Seite 70ff des Gutachtens).

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  In der Sache:

3.1.1.  § 57a KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967, lautet (auszugsweise):

§ 57a. Wiederkehrende Begutachtung

(1) Der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges, ausgenommen

1.

Anhänger, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h nicht überschritten werden darf,

2.

Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h,

3.

selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Transportkarren jeweils mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h,

4.

Motorkarren mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h,

hat dieses zu den im Abs. 3 erster Satz festgesetzten Zeitpunkten von einer hiezu gemäß Abs. 2 Ermächtigten wiederkehrend begutachten zu lassen, ob es den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht und, bei Kraftfahrzeugen, ob mit dem Fahrzeug nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden können; hiebei braucht jedoch die Messung des Nahfeldpegels nicht zu erfolgen, wenn keine Bedenken hinsichtlich einer Abänderung der Auspuffanlage bestehen oder das Fahrzeug nicht als lärmarmes Fahrzeug gekennzeichnet ist. Fahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg sind außerdem, soweit das durch das prüfende Organ beurteilt werden kann, zu begutachten, ob sie den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen.

(1a) […]

(1b) […]

(2) Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.

(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

(2b) […]

[…]“

3.1.2.  Im Erkenntnis vom 8. September 2016, Ra 2014/11/0082, fasste der Verwaltungsgerichtshof die Leitlinien für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG wie folgt zusammen:

§ 57a Abs. 2 KFG 1967 verlangt für die Verleihung der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen nach Abs. 1, dass der Betreffende vertrauenswürdig ist; ist er dies nicht mehr, ist die Ermächtigung zu widerrufen.

Ein Gewerbetreibender ist dann als vertrauenswürdig iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (ständige Judikatur; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1985, Zl. 85/11/0077, vom 27. März 1990, Zl. 89/11/0080, vom 2. Juli 1991, Zl. 91/11/0026, vom 22. November 1994, Zl. 94/11/0221, und vom 27. März 2008, Zl. 2005/11/0193).

Bei diesen Entscheidungen stand regelmäßig ein im Zusammenhang mit der Begutachtung gesetztes Fehlverhalten im Raum. So vertrat der Verwaltungsgerichtshof etwa die Ansicht, die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtige die nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 erforderliche Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß, wobei unter besonderen Umständen bereits die Erstellung auch nur eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit erschüttern könne (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 91/11/0026). Auch die Unterfertigung von Blankogutachten durch das geeignete Personal und die daraufhin mögliche Verwendung derartiger Blankogutachten durch anderes Personal sei geeignet, die Vertrauenswürdigkeit zu erschüttern (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 89/11/0080).

Die Grundlage für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ist aber nicht auf Fehlverhalten in Zusammenhang mit einer Begutachtungstätigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 beschränkt, was sich schon daraus ergibt, dass es bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit keinen Unterschied macht, ob über die erstmalige Erteilung oder den Widerruf einer bereits erteilten Ermächtigung zu entscheiden ist. Aus der gesetzlichen Formulierung, die sowohl hinsichtlich der Erteilung der Ermächtigung als auch hinsichtlich deren Widerrufs den Begriff "vertrauenswürdig" verwendet, folgt, dass in beiden Fällen von der Behörde derselbe Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2001/11/0061; in diesem Sinn auch das zitierte Erkenntnis Zl. 85/11/0077 und der hg. Beschluss vom 29. Jänner 2016, Zl. Ra 2016/11/0009).

Entscheidend ist vielmehr, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 2005/11/0193 mwN).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt (vgl. nur etwa das Urteil des OGH vom 28. April 2015, 8 Ob 8/15g), die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (vgl. das Urteil des OGH vom 15. September 1999, 12 Os 71/99).“

Das Verwaltungsgericht hat bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG einen strengen Maßstab anzulegen (VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016).

3.1.3.  Zur „Vertrauenswürdigkeit“ des Beschwerdeführers:

Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, dass mit Ausnahme der bei der Revision am 20. November 2018 hervorgekommenen Mängel seit Erteilung der Ermächtigung am 07. März 1989 keinerlei Auffälligkeiten festgestellt werden können. Die von der belangen Behörde mit Schreiben vom 12. Juli 2019 bzw. 23. September 2019 vorgelegten weiteren Überprüfungen gemäß § 56 KFG lassen – und hat die belangte Behörde derartiges auch gar nicht behauptet – ebenfalls nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer diese Fahrzeuge unrichtig begutachtet hätte.

Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass in den von der belangten Behörde in ihrer Begründung herangezogenen sechs Fällen unrichtige Gutachten gemäß § 57a KFG ausgestellt wurden.

Hinsichtlich der im Rahmen der Revision festgestellten Mängel ist einerseits festzuhalten, dass sich die Revision auf den Zeitraum Jänner bis Mitte November 2018 bezog, also auf einen bereits seit knapp zwei Jahren zurückliegenden Zeitraum, und andererseits die darin festgehaltenen Mängel nach Aussage des Sachverständigen jeweils nicht dazu geführt haben, dass nicht verkehrs- und betriebssichere Fahrzeuge positiv begutachtet worden wären. Festzuhalten ist überdies, dass der Beschwerdeführer mangels Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seit Erlassung des angefochtenen Bescheids weiterhin Fahrzeuge begutachten konnte und auch in diesem Zeitraum keinerlei Unregelmäßigkeiten hervorgekommen sind (vgl. zum Ganzen VwGH vom 27. März 2008, 2005/11/0193).

In einer Gesamtschau gelangt das Landesverwaltungsgericht – vor allem auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den es vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat,– zur Auffassung, dass derzeit von einer Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 ausgegangen werden kann, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist (vgl. VwGH vom 27. März 2008, 2005/11/0193, wo deutlich gravierendere Fehlleistungen eines Ermächtigten [unstrittig erfolgten zB die positive Überprüfung von 20 Kraftfahrzeugen der Klasse N1 sowie von 20 Anhängern der Klasse O2 jeweils ohne entsprechende Ermächtigung und erforderliche Prüfeinrichtung] die Annahme der Vertrauensunwürdigkeit nicht rechtfertigen konnten).

3.2.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Zur Überprüfung der Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte ist der VwGH im Allgemeinen nicht berufen (zB VwGH vom 26. Mai 2015, Ra 2014/01/0175, mit Hinweis auf VwGH vom 24. März 2014, Ro 2014/01/0011). Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die regelmäßig nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; wiederkehrende Begutachtung; Vertrauenswürdigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.448.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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