TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/16 96/08/0308

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Veröffentlicht am 16.09.1997
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Index

10/10 Datenschutz;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1 idF 1993/502;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 1993/502;
AlVG 1977 §9 Abs1;
DSG 1978 §4 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Helmut Berger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 19, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. Juni 1996, Zl. 12/1218/1996, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 iVm § 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der seit 1986 im Bezug von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung stehende Beschwerdeführer beantragte am 10. Oktober 1995 (neuerlich) Notstandshilfe, die ihm in der Folge gewährt wurde. Mit Eingangsdatum 29. Jänner 1996 findet sich im Akt eine Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse, wonach sich der Beschwerdeführer vom 15.1. bis 24.1. 1996 im Krankenstand befunden bzw. - wie sich aus einer weiteren Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse vom 6.2.1996 ergibt - vom 18.1.1996 bis 24.1.1996 Krankengeld bezogen hat.

Die auf den vorliegenden Beschwerdefall konkret bezughabenden Aktenstücke beginnen mit einer Niederschrift vom 20. Februar 1996, aufgenommen vom Arbeitsmarktservice Angestellte, unter welche der Beschwerdeführer - der Beurkundung zufolge - seine Unterschrift verweigert hat. Der wesentliche Text dieser Niederschrift lautet wie folgt:

"Mir wurde am 6.2.96 folgende Nach(Um)Schulung mit Beginn

12.2.96 angeboten:

Orientierungswoche f. Büro und Verwaltung

Ich habe am 12.2.96 folgende Nach(Um)Schulung vereitelt (siehe oben)

Stellungnahme zur Vereitelung der Nach(Um)Schulung: Ich habe die Maßnahme nicht vereitelt, im übrigen spreche ich diesbezüglich nicht mehr mit zust. Berater, sie bekommen alles schriftlich.

Stellungnahme zu den Angaben des Schulungsunternehmens: (s. Rücks.)

Das bekommen sie schriftlich

Angabe von Nachsichtsgründen gemäß § 10 (2) AlVG:

Ergehen ebenfalls schriftlich

Vorschreibung einer Kontrollmeldung für den 13.3.96 Über die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn ich diese vorgeschriebene Kontrollmeldung unterlasse, wurde ich belehrt. Fotokopie der Niederschrift erhalten.

Wien, den 14.2.1996

Unterschrift verweigert

unleserliche Unterschriften - Bearbeiter/in"

Auf der Rückseite dieses Formulars findet sich in der Rubrik "Angabe des Schulungsunternehmens" ein Aktenvermerk über eine telefonische Rücksprache mit dem BFI, wonach sich der Beschwerdeführer geweigert habe "Testergebnisse und Zustimmungserklärung zu unterschreiben. Ohne dies ist jedoch Teilnahme nicht möglich (siehe Beilage)".

In der Beilage (von der nicht ersichtlich ist, von wem sie verfaßt wurde, es scheint sich jedoch um einen Bericht des zuständigen Betreuers zu handeln) wird folgendes dargelegt:

"(Beschwerdeführer) hat abgeschlossene Ausbildung als GH-Kaufmann. Sein letztes Dienstverhältnis als Büroangestellter war von 1.1.86 bis 30.6.86. Seitdem ist (Beschwerdeführer) als arbeitssuchend gemeldet. Da die Verm-Bem. ha. immer wieder scheiterten, wurde (Beschwerdeführer) am 8.6.95 ein Einladungsschreiben für den Ressourcenpool ausgefolgt. Durch diese Maßnahme sollte ihm eine Unterstützung bei der Stellensuche geboten werden. Dort zeigten sich jedoch, aufgrund der langen Berufsentfremdung, gravierende Qualifikationsmängel. Aus diesem Grund wurde (Beschwerdeführer) die Orientierungswoche angeboten, um seine noch vorhandenen Bürokenntnisse abzutesten und eine darauf aufbauende Kursmaßnahme speziell für ihn zusammenzustellen. Er gibt jedoch bereits am 11.1.96 im Kursinstitut an, daß er diese Maßnahme als Dienstverhältnis sehe, lieber selbständig tätig sein möchte und lehnt die Maßnahme ab. Da er sich in keiner Weise kooperativ zeigte u. sich sogar weigerte, die Testergebnisse zu unterschreiben, konnte kein Schulungsplan für ihn erstellt werden.

Als (Beschwerdeführer) am 15.1.96 ha. vorsprach, wurde ihm mitgeteilt, daß über diesen Sachverhalt eine Niederschrift aufzunehmen sei. Als er dies hörte, nahm er seine Meldekarte an sich und verließ das Beraterzimmer mit der Bemerkung, daß er jetzt wieder in den Kurs gehe. Eine weitere Teilnahme kam vorerst nicht zustande, da (Beschwerdeführer) krankgeschrieben wurde. Danach wurde (Beschwerdeführer) ein neuerliches Einladungsschreiben ausgefolgt. (Beschwerdeführer) wurde nochmals eingehend über die Konsequenzen seiner eventuellen Nichtteilnahme informiert. Wieder im Kurs (12.2.96) weigerte sich (Beschwerdeführer) abermals, die Zustimmungserklärung u. den Ausbildungsplan zu unterschreiben, da er sie (gemeint offenbar: sich) in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlte. Daher konnte auch diesmal kein Schulungsplan festgelegt werden und (Beschwerdeführer) vereitelte dadurch abermals den Beginn der Maßnahme. Es wird daher dringend gebeten, eine Sperre gem. § 10 zu verhängen".

Ferner ist in dieser Darstellung festgehalten, daß eine Stellungnahme zu den Weigerungsgründen nicht erfolgen könne, da der Beschwerdeführer sich geweigert habe, mit dem zuständigen Berater darüber zu sprechen. Auch eine Stellungnahme zu Nachsichtsgründen könne aus diesem Grund nicht abgegeben werden. Ferner liegt dieser Niederschrift als weitere Beilage die Ablichtung eines Formulars bei, welches sich seinem Inhalt nach auf Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers bezieht (Einkommen, Beihilfen, Frage nach Behinderungen, allfälligen Pensionsanträgen, land- und forstwirtschaftlichen Besitz u.ä.m.) und ausgefüllt ist. Ferner enthält dieses Formular eine Unterschrift (offenkundig des Beschwerdeführers) mit dem Beisatz "mit Vorbehalt", die mit 12. Februar 1996 datiert ist. Im unteren Drittel enthält das Formular folgenden Passus:

"Zustimmungserklärung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 Datenschutzgesetz

(DSG):

Ich erkläre hiermit mein ausdrückliches Einverständnis zur Übermittlung meiner Daten - Familienname, Vorname, Geburtsname bzw. Name aus früheren Ehen, Sozialversicherungsnummer bzw. Geburtsdatum, Anschrift, zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit bzw. erlernter Beruf - an den Schulungsträger zum Zwecke des Zugangs zur Förderungsmaßnahme nach dem AMSG. Ich wurde über den Übermittlungszweck ausreichend informiert. Mir ist außerdem bekannt, daß mir ein schriftlicher Widerruf dieser Zustimmungserklärung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 DSG jederzeit offen steht."

Diese Zustimmungserklärung ist durchgestrichen und mit dem handschriftlichen Zusatz "nicht einverstanden und widerrufe alle bisherigen Zustimmungen" (augenscheinlich vom Beschwerdeführer stammend) versehen.

Ferner ist dieser Niederschrift ein EDV-Ausdruck mit folgendem Text, datiert mit 15.1.1996, angeschlossen:

"(Beschwerdeführer) spricht ha. vor und gibt bekannt, im BFI nicht genommen zu werden. Auf jede Frage nach dem WARUM ? antwortet er: "das wissen sie selbst besser". Er würde nach eigener Auss. gerne teilnehmen. Nochmaliger RÜ mit Frau ... bestätigt, daß (Beschwerdeführer) nicht an Maßnahme (frühester Beginn: 22.1.) teilnehmen will. (Beschwerdeführer) hat bereits am 11.1. bei Fr. ... bekanntgegeben, daß er die Anwesenheitspflicht an der Maßnahme als Angestelltenverhältnis sieht u. daran eigentlich nicht interessiert sei. Wie bereits aus dem Text v. 11.1. zu ersehen ist, weigerte er sich auch die Testergebnisse zu unterschreiben. Als (Beschwerdeführer) mitgeteilt wurde, daß über diesen Sachverhalt eine NS aufzunehmen sei, nahm er die grüne Meldekarte an sich und verließ das Beraterzimmer mit der Bemerkung, daß er nun wieder zur Schule gehe. Daher konnte auch kein neuer Vorsprachetermin eingetragen werden".

Ein weiterer "Text" enthält folgende Ausführungen:

"6.2.96: Neuerliches ELS f. BFI ausgefolgt, eingehende AlVG-Info im Beisein von Fr. ... erteilt, da (Beschwerdeführer) OWO. bereits absolviert hat, wurde mit Fr. .../BFI vereinbart, daß (Beschwerdeführer) bereits am 12.2. mit der Maßnahme/Einzelmodule Lohnverr. beginnen kann.

12.2.96: Begehren OWO/BFI storniert

12.2.96: (Beschwerdeführer) hat heute zum 2. Mal mit der OWO begonnen; hat das Begehren nur mit Vorbehalt unterschrieben und die Zustimmungserklärung am Beg. durchgestrichen mit dem Vermerk "nicht einverstanden". Tel. mit BFI, Fr. ...: er weigerte sich wieder den Ausbildungsplan zu unterschreiben, da er sich in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlt. Weiters versteht er nicht, daß sämtliche Informationen über ihn sofort an den AMS-Berater weitergeleitet werden.

12.2.96 Tel. Mitteilung vom BFI/Fr. ..., (Bereichsleitung) (Beschwerdeführer) weigert sich, Zustimmungserklärung zu unterschreiben, daher ist Teilnahme an der Maßnahme nicht möglich. RS wurde von Fr. ... wieder an das AMS verwiesen, BE zur NS § 10 veranlaßt."

Mit Datum 14.2.1996 richtete der Beschwerdeführer an das Arbeitsmarktservice Angestellte ein Schreiben, worin er folgendes ausführte:

"An der Orientierungswoche für Büro und Verwaltung habe ich bereits vom 8.1.1996 bis 12.1.1996 teilgenommen. Ich war aber gerne bereit diese ab 12.2.1996 noch ein zweites Mal zu besuchen. Somit habe ich die notwendigen Unterschriften nicht verweigert sondern sogar doppelt geleistet.

Ich war und bin weiterhin jederzeit bereit an den Schulungsmaßnahmen des BFI teilzunehmen.

Nach dem Datenschutzgesetz habe ich die Möglichkeit eine Zustimmungserklärung zu geben, abzulehnen oder eine gegebene Zustimmung zu widerrufen und von diesem Recht habe ich Gebrauch gemacht.

Ich habe zu Frau gesagt, daß ich den Kurs machen möchte. Sie

hat meine Teilnahme abgelehnt und mich an Frau R.

weiterverwiesen.

Herr hat mir nur die Vorderseite seiner Niederschrift gezeigt und kopiert, somit ist mir eine Stellungnahme zu den Angaben des Schulungsunternehmers: (s. Rücks.) nicht möglich Ihr Referent fragte mich: "Das Schulungsinstitut hat uns mitgeteilt, daß sie sich geweigert haben das zu unterschreiben." Das ist aber nachweislich unrichtig, denn ich habe nichts verweigert und ich habe alle Unterschriften zu welchen ich aufgefordert wurde geleistet. Ich fühle mich über die DLU unzureichend informiert. Frau sagte, daß die DLU sehr kompliziert sei und sie später darauf zurückkommen werde. Ich erwartete weiteres zu erfahren, aber auf einmal war sie verschwunden".

Abschließend enthält das Schreiben noch Ausführungen zu der nach Auffassung des Beschwerdeführers gegebenen sozialrechtlichen Schlechterstellung seiner Person.

Als nächstes findet sich im Akt eine Niederschrift über die Verhandlung des Regionalbeirates zur Verhängung einer Ausschlußfrist über den Beschwerdeführer vom 12.2.1996 bis 10.3.1996.

Mit Bescheid vom 1.3.1996 sprach das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste schließlich aus, daß der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung für den Zeitraum vom 12.2. bis 10.3.1996 verloren habe. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Nach Hinweisen auf die zitierten Gesetzesstellen wird der Bescheid damit begründet, daß der Beschwerdeführer "eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene Schulungsmaßnahme nicht angenommen" habe. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, worin er auf seine Stellungnahme vom 14.2.1996 verwies und erklärte, zur Teilnahme an Schulungsmaßnahmen am BFI bereit zu sein. Er habe alles wie aufgefordert unterschrieben. Die zugewiesene Schulungsmaßnahme habe mit Datenschutz nichts zu tun und er verstehe nicht, warum die Daten weitergegeben werden sollten, zumal das Arbeitsamt ja im Besitz seiner Daten sei.

Im Berufungsverfahren wurde mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen die folgenden Wortlaut hat:

"Ich war am 12.2.96 im BFI und wollte den Kurs dort belegen. Ich wurde jedoch weggeschickt aus mir unerklärlichen Gründen. Ich habe auch jede von mir verlangte Unterschrift geleistet. Das Arbeitsmarktservice hat alle Daten von mir und deshalb steht es mir auch frei die Zustimmungserklärung durchzustreichen. Ansonsten bleibe ich bei meinen Berufungsausführungen und den Ausführungen der Stellungnahme vom 14.2.96. Ich habe im Moment keine Arbeit in Aussicht. Ich bin jedoch immer auf Arbeitssuche. Doch bei jeder Firma, bei der ich vorspreche, sind EDV-Kenntnisse erwünscht. Daher würde ich auch gerne einen EDV-Kurs belegen, um endlich eine geeignete Stelle zu finden. Ich bin jederzeit bereit eine Schulungsmaßnahme zu besuchen. Leider komme ich mit meinem Berater nicht gut aus."

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 25.6.1996 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Nach Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und Darstellung des Verwaltungsgeschehens trifft die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid folgende "Feststellungen":

"Sie hatten Ihr letztes Dienstverhältnis im Jahr 1986 und waren seither als arbeitssuchend gemeldet. Am 8.6.95 wurde Ihnen ein Einladungsschreiben für den Ressourcenpool ausgefolgt. Durch diese Maßnahme sollte Ihnen eine Unterstützung bei der Stellensuche geboten werden. Aufgrund der langen Berufsentfremdung und der daraus resultierenden Qualifikationsmängel wurde Ihnen eine Orientierungswoche angeboten, um die noch vorhandenen Bürokenntnisse abzutesten und eine darauf aufbauende Kursmaßnahme speziell für Sie zusammenzustellen.

Am 11.1.96 lehnten Sie jedoch diese Kursmaßnahme mit der Begründung ab, daß Sie diese Maßnahme als Dienstverhältnis sehen und lieber selbständig tätig sein möchten. Weiters weigerten Sie sich die Testergebnisse und die Zustimmungserklärung zu unterschreiben, weshalb kein Schulungsplan für Sie erstellt werden konnte.

Bei Ihrer h.o. Vorsprache am 7.5.96 gaben Sie an, daß Sie am 12.2.96 im BFI waren und den Kurs dort belegen wollten. Sie wurden jedoch aus Ihnen unerklärlichen Gründen weggeschickt. Sie wiederholten nochmals, daß Sie jede von Ihnen verlangte Unterschrift geleistet haben. Weiters fügten Sie hinzu, daß das Arbeitsmarktservice alle Daten von Ihnen hat und es Ihnen daher auch zusteht, die Zustimmungserklärung durchzustreichen. Abschließend sagten Sie, daß Sie ansonsten bei Ihren Berufungsausführungen bleiben.

Der Ausschuß für Leistungsangelegenheiten kam aufgrund der Sach- und Aktenlage zur Ansicht, daß Sie eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene Schulungsmaßnahme aufgrund Ihres Verhaltens vereitelt haben, weshalb der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen war."

Gegen diesen Bescheid richtet sie die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 des AlVG sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert der Arbeitslose für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Notstandshilfe, wenn er (u.a.) ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt.

Die in Rede stehende Fassung des § 10 Abs. 1 AlVG wurde mit der Novelle BGBl. Nr. 502/1993 gemäß § 79 Abs. 5 AlVG mit 1. August 1993 in Kraft gesetzt.

Zur früheren Fassung dieser Bestimmung, insbesondere zur bereits damals im Gesetz enthaltenen Verpflichtung des Arbeitslosen, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen, hat der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 30. März 1993, Zlen. 92/08/0216, 0267, 93/08/0005, sowie vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/08/0215, ausgesprochen, daß es nicht im freien Belieben des Arbeitsamtes steht, einem Arbeitslosen (auch einem Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder ihn einer Nach- oder Umschulung zuzuweisen. Eine solche Zuweisung vermöchte sich insbesondere auch nicht auf die vom Arbeitslosen (auch wiederholt) an den Tag gelegte Arbeitsunwilligkeit, eine ihm durch das Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, zu stützen. Für eine solche Maßnahme sei vielmehr Voraussetzung, daß die Kenntnisse des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind.

Gleiches gilt nach dem Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zl. 95/08/0339 auch für die Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt: Auch die Zuweisung zu einer solchen Maßnahme bedürfe des Nachweises, daß der Beschwerdeführer ohne diese Wiedereingliederungsmaßnahme nicht in der Lage ist, einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen.

Überdies hat das Arbeitsmarktservice die Pflicht, den Arbeitslosen über die Rechtsfolgen einer Weigerung an einer solchen Maßnahme teilzunehmen zu belehren (vgl. das Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid als so mangelhaft begründet, daß der Verwaltungsgerichtshof sich nicht in der Lage sieht, die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides zu überprüfen:

Während nach der Aktenlage offenbar das Verhalten des Beschwerdeführers am 12.2.1996 Grundlage der Verhängung einer "Sperrfrist" im Sinne des § 10 AlVG im erinstanzlichen Bescheid zu sein scheint, wie aus der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 14. Februar 1996 aber auch zu dem "Text" vom 12.2.1996 über die Weigerung, die Zustimmungserklärung zu unterschreiben, hervorgeht, stützt sich der angefochtene Bescheid auf ein Verhalten des Beschwerdeführers vom 11.1.1996, von dem lediglich in Textausdrucken, welche der Niederschrift vom 14.2.1996 beigeschlossen sind, die Rede ist, allerdings in widersprüchlicher Weise: Während im Text vom 15.1.1996 davon ausgegangen wird, daß der Beschwerdeführer am 11.1. an einer "Anwesenheitspflicht an der Maßnahme als Angestelltenverhältnis ... nicht interessiert sei" und sich geweigert habe Testergebnisse zu unterschreiben, ergibt sich aus dem Text vom 6.2.1996, daß der Beschwerdeführer - wie er auch in seiner Berufung hinsichtlich des Zeitraums vom 8.1.96 bis 12.1.96 vorbringt - "OWO (gemeint offenbar Orientierungswoche) bereits absolviert hat." Es liegen also keine verläßlichen Feststellungen dazu vor, ob der Beschwerdeführer die bereits früher durchgeführte Kursmaßnahme absolviert oder vereitelt hat; andererseits wurde dem Beschwerdeführer eine Vereitelung vom 11.1.1996 in der Niederschrift vom 14. Februar 1996 gar nicht vorgehalten. Es finden sich dazu auch - abgesehen von den Textausdrucken des Arbeitsmarktservice - im Akt keinerlei sonstige Niederschriften.

Im übrigen wurden die genannten Texte vom 15.1., sowie vom

6. und 12.2.1996 nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer weder vorgehalten, noch zur Kenntnis gebracht, sodaß er auch keine Gelegenheit erhalten hat, dazu Stellung zu nehmen. Schon der aufgezeigte Begründungsmangel und die in der Vorenthaltung wesentlicher Ermittlungsergebnisse, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden, liegende Verletzung des Parteiengehörs führen zu Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG.

Für das fortgesetzte Verfahren sei aus Gründen der Verfahrensökonomie noch auf folgendes hingewiesen: Der Umstand, daß der Beschwerdeführer die "Zustimmungserklärung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 Datenschutzgesetz (DSG)" auf einem Formular, das ihm offenbar im Zuge der Schulungsmaßnahme zur Unterschrift vorgelegt wurde, durchgestrichen hat, bildet keinen Vereitelungstatbestand im Sinne des § 10 AlVG: Wird nämlich der Beschwerdeführer in dieser Zustimmungserklärung ausdrücklich darüber belehrt, daß ihm ein schriftlicher Widerruf dieser Zustimmungserklärung jederzeit offenstehe, dann kann ihm nicht zur Last gelegt werden, diese Zustimmungserklärung schon von vornherein nicht zu unterfertigen bzw. frühere Zustimmungserklärungen zu widerrufen. Auch ist nicht erkennbar, inwieweit die Unterfertigung dieser Zustimmungserklärung zur Durchführung der Maßnahme erforderlich gewesen wäre. Dies gilt im übrigen auch für die in den ausgedruckten Texten des Arbeitsmarktservice wiederkehrende Anmerkung, der Beschwerdeführer habe sich geweigert "den Ausbildungsplan" zu unterschreiben. Auch hier läge es an der belangten Behörde darzulegen, worin dieser Ausbildungsplan besteht, aus welchen Gründen eine Unterfertigung durch den Beschwerdeführer für die Erreichung der Ausbildungsziels erforderlich ist, sowie ferner, daß der Beschwerdeführer über diese Umstände spätestens aus Anlaß seiner Weigerung, diese Unterschrift zu leisten, belehrt und auf die Folgen der Verweigerung seiner Unterschrift aufmerksam gemacht wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das über die in der genannten Verordnung festgelegten Pauschalsätze hinausgehende Kostenersatzbegehren mußte abgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996080308.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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