TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/11 VGW-101/050/13041/2018

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Veröffentlicht am 11.01.2019
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Entscheidungsdatum

11.01.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §34

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über die Beschwerde des Herrn A. B., Wien, C.-gasse gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom
6. September 2018, Zahl: ..., betreffend Verhängung einer Ordnungsstrafe

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG 1991 wegen Verletzung des Anstandes durch ungeziemendes Benehmen eine Ordnungsstrafe im Ausmaß von 500 Euro verhängt. Begründend wurde in dem Bescheid ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung vom 26. Mai 2018, am 4 Juli 2018 im Verkehrsamt erschien, um einer Ladung zur amtsärztlichen Untersuchung nachzukommen. Nach der amtsärztlichen Untersuchung sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass er aufgrund des Untersuchungsergebnisses nur als bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen angesehen werde, weshalb eine Nachuntersuchung in einem Jahr erforderlich sei. Als Auflage wurden weiters ärztliche Kontrolluntersuchungen in Abstand von sechs Monaten vorgeschrieben.

Am 21. August 2018 langte bei der belangten Behörde ein Schreiben ein, in dem der Beschwerdeführer sich unflätig äußerte. Weil die Äußerungen des Bescheidadressaten in diesem Schreiben nicht toleriert werden könnten, werde die im Spruch genannte Ordnungsstrafe verhängt.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer den Hergang der Untersuchung vor dem Verkehrsamt schilderte und sich für seine Eingabe entschuldigte, wobei er ausführte, dass er weder vor Ort jemals jemanden beschimpft noch attackiert oder beleidigt hätte.

Der Beschwerde war eine fachärztliche Stellungnahme hinsichtlich der Führerscheintauglichkeit des Beschwerdeführers beigelegt .

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer am 18. Juni 2018 einer ärztlichen Untersuchung nach dem § 8 Führerscheingesetz beim Amtsarzt der Landespolizeidirektion Wien in 1010 Wien, Schottenring 7-9 unterzogen hat. Am 4. Juli 2018 wurde ein Gutachten nach § 8 Führerscheingesetz erstellt, woraus sich ergibt, dass der Beschwerdeführer zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 befristet geeignet ist.

Weiters befindet sich im Akt das inkriminierte Schreiben, eingelangt bei der Landespolizeidirektion Wien am 21. August 2018.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs.1AVG hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Aufrechterhaltung des Anstandes zu sorgen

§ 34 Abs.2 AVG normiert, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann neben anderen Möglichkeiten auch eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.

Gemäß § 34 Abs.3 AVG können von der Behörde die gleichen Ordnungsstrafen gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Aus dem Akteninhalt geht hervor und ist als unbestritten als bewiesen anzunehmen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer zwar am 4. Juli 2018 bei der Landespolizeidirektion Wien im Verkehrsamt erschien, um einer Ladung zur amtsärztlichen Untersuchung nachzukommen. Im Rahmen dieses Termins kam es jedoch laut unbestrittenem Akteninhalt zu keinerlei Vorfällen, die eine Ordnungsstrafe rechtfertigen würden. Erst am 21.8.2018 erreichte das Verkehrsamt das inkriminierte Schreiben. Es ergibt sich somit keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass im Rahmen der Amtshandlung - nämlich der amtsärztlichen Untersuchung bzw. des Vorstelligwerdens zur amtsärztlichen Untersuchung - vom Beschwerdeführer irgendwelche, die Amtshandlung störenden oder den Anstand verletzenden Handlungen gesetzt wurden, sodass daraus ein unter § 34 Abs. 2 AVG zu subsumierendes Verhalten, das eine Ordnungsstrafe rechtfertigen würde, nicht ersichtlich ist. Sollte die belangte Behörde eine Ordnungsstrafe gemäß § 34 Abs. 3 AVG, nämlich gegen Personen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen, verhängten haben wollen, so ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer jedoch nicht vorgeworfen wurde, sich in einer schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient zu haben sondern vielmehr den Anstand im Rahmen einer Amtshandlung verletzt zu haben.

Dazu ist jedoch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den die Beamten betreffenden Disziplinar und Ordnungsstrafen zu verweisen, wonach auch im Fall eines Schuldspruches mit dem eine Disziplinar- oder Ordnungsstrafe verhängt wird das Erkenntnis die Tat umschreiben und als Pflichtverletzung feststellen muss. Teil des Schuldspruches muss also – im Ergebnis nicht anders als dies § 44a Z 1 VStG anordnet – die als erwiesen angenommene Tat sein.

Es muss somit die begangene Tat bestimmt umschrieben werden. Auch im Einzelnen durch die Anführung des konkreten Verhaltens und der dadurch bewirkten Folgen sowie weiters des die Pflichtverletzung darstellenden Disziplinar (straf)tatbestandes. Dazu gehört auch die rechtliche Subsumtion des angenommenen strafbaren Verhaltens unter die Disziplinar bzw. Ordnungsstrafnorm (vgl. dazu VwGH 2011/11/0159 vom 23.01.2007 sowie 2001/09/0035 vom 17.11.2004). Weder eine konkrete Umschreibung des den Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens findet sich im Spruch des angefochtenen Bescheides noch die rechtliche Subsumtion des angenommenen Verhaltens unter die korrekte Strafsanktionsnorm.

Aus diesen beiden Gründen war der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet und daher spruchgemäß aufzuheben.

Diese Entscheidung konnte unter Anwendung des § 44 Abs. 2 VwGVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ordnungsstrafen; Amtshandlung; Tatanlastung; Umschreibung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.101.050.13041.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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