RS Vfgh 2020/9/28 E1262/2020

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Index

44/01 Zivildienst

Norm

StGG Art2
B-VG Art7 Abs1 / Gerichtsakt
ZivildienstG §8a Abs6, §21
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Verlängerung des Zivildienstes um drei Monate zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie; keine Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit der weiteren Heranziehung des Beschwerdeführers als Zivildienstleistenden

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) begründet in seiner Entscheidung an keiner Stelle, auf Grund welcher Erkenntnisse oder Ermittlungsergebnisse die Heranziehung von Zivildienstleistenden zum außerordentlichen Zivildienst für "erforderlich" iSd §8a Abs6 ZDG gehalten wird. Im Bescheid der Zivildienstserviceagentur wird ausgeführt, die durch das COVID-19-Virus ausgelösten Folgen, insbesondere jene im Bereich der öffentlichen Gesundheitsversorgung und im Pflegebereich, hätten das Ausmaß eines außerordentlichen Notstandes erreicht. Zahlreiche Einrichtungen des Zivildienstes hätten die Zivildienstserviceagentur informiert, dass viele Beschäftigte, die in Krankenanstalten, im Rettungswesen, in der Sozial- und Behindertenhilfe sowie in der Altenbetreuung zur Betreuung von Klienten eingesetzt gewesen seien, auf Grund einer Erkrankung oder einer behördlichen Anordnung nicht mehr ihren Dienst versehen könnten. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde an das BVwG der Sache nach auch das Fehlen des Vorliegens der "Erforderlichkeit" der Verlängerung gerade seines Zivildienstes iSd §8a Abs6 ZDG geltend gemacht, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Zivildienstserviceagentur neben der Verlängerung des Zivildienstes auch "auf freiwilliger Basis ehemalige Zivildiener rekrutiert" habe. Mit Stand 17.03.2020 hätten sich bereits 2500 Freiwillige zum außerordentlichen Zivildienst gemeldet, des Weiteren seien auch ordentliche Zivildiener aus anderen Bereichen versetzt worden und man habe Zivildienstpflichtige, deren ordentlicher Zivildienst erst mit Juli begonnen hätte, auf Mai vorgezogen, wodurch man weitere Hilfskräfte mobilisieren hätte können.

Das BVwG wäre vor diesem Hintergrund gehalten gewesen, Ermittlungen zu den Grundlagen seiner Entscheidung durchzuführen und auf Grund der Ermittlungsergebnisse seine Entscheidung nachvollziehbar zu begründen. Das BVwG hat sich nicht mit dem maßgeblichen Sachverhalt auseinandergesetzt. Insbesondere fehlen Ausführungen zu den Fragen, auf Grund welcher Tatsachen der (weitere) Einsatz des Beschwerdeführers iSd §8a Abs6 ZDG als erforderlich erachtet wird bzw auf Grund welcher sachlichen Kriterien gerade der Beschwerdeführer für eine Verlängerung ausgewählt wurde. Weder in den Verwaltungs- noch in den Gerichtsakten finden sich Hinweise, dass zu der Frage, ob ein solcher Einsatz erforderlich wäre, Ermittlungen getätigt oder Einsicht in schriftliche Unterlagen genommen worden wären.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Zivildienst, COVID (Corona), Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1262.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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