TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/19 96/19/1837

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Veröffentlicht am 19.09.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §15 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §3 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des 1965 geborenen JD in Wien, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Mai 1996, Zl. 116.254/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Mai 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. November 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 AufG sei die Erteilung einer Bewilligung ausgeschlossen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des FrG vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei dies dann der Fall, wenn durch den Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet werde. Nach der auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers beruhenden Aktenlage und seiner vorgelegten Lohnbestätigung gehe er (nach der Aktenlage seit 10. November 1993) einer Erwerbstätigkeit nach, "ohne über die dafür erforderliche Aufenthaltsbewilligung zu verfügen". Dieses Verhalten könne Beispielswirkungen auf andere Fremde ausüben. Es liege daher der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei ausgeschlossen. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die durch die Anwesenheit seiner Gattin im Bundesgebiet begründeten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 und § 5 AufG lauten auszugsweise:

"§ 1. (1) Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden "Bewilligung" genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.

(2) Von Fremden, die sich

...

2. zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen.

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 5, § 10 und § 15 FrG lauten auszugsweise:

"§ 5. Paßpflichtige Fremde brauchen für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird.

§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

§ 15. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder

...

(3) Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach

1. der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung oder

2. der Befristung der Bewilligung oder des Sichtvermerkes."

§ 3 Abs. 2 AuslBG lautet:

"(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."

Die belangte Behörde legt dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid weder einen Verstoß gegen die fremdenpolizeiliche Bestimmung des § 15 Abs. 1 FrG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet) noch einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zur Last.

Auf Basis der unbedenklichen Bescheidfeststellung, daß der Beschwerdeführer seit 10. November 1993 durchgehend in Österreich beschäftigt war, ist ihm allerdings ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 AufG anzulasten, weil gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG aufgrund seiner Arbeitstätigkeit unwiderleglich vermutet wird, daß er in Österreich einen Hauptwohnsitz begründet hat. Hiezu hätte er eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz benötigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im hg. Erkenntnis vom 7. März 1997, Zl. 95/19/0682, ausgesprochen, daß die Verletzung aufenthaltsrechtlicher, nicht jedoch ausländerbeschäftigungsrechtlicher Bestimmungen durch die Fortsetzung einer ausländerbeschäftigungsrechtlich erlaubten Arbeitstätigkeit nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes für sich allein noch nicht die gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu stellende Gefährdungsprognose rechtfertigt. Diese für die Fortsetzung einer solchen Erwerbstätigkeit entwickelten Grundsätze sind auch auf den hier vorliegenden Fall zu übertragen, daß es der Fremde verabsäumt, die zur Aufnahme einer - ausländerbeschäftigungsrechtlich zulässigen - Erwerbstätigkeit erforderliche (weitere) Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz einzuholen. Auch dieses Versäumnis allein rechtfertigt noch nicht die Annahme, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers aufgrund der zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden.

Aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid - der sich auf die wiedergegebene Argumentation beschränkte - mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ist ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht vorgesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1985, Zl. 83/01/0314).

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191837.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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