TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/24 97/03/0110

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Veröffentlicht am 24.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
99/03 Kraftfahrrecht;

Norm

ADR 1973 Rn2307 idF 1995/357;
ADR 1973;
GGSt §22 Abs1 Z7;
GGSt §32 Abs1 Z3;
GGSt §32 Abs3;
GGSt §40 Abs1;
GGSt §42 Abs2 Z13;
VStG §1 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, Lieberstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. März 1997, Zl. 1997/20/24-3, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes-Straße, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Punktes 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses einschließlich der Kostenentscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 9. November 1996 um 9.30 Uhr eine nach dem Kennzeichen bestimmte Beförderungseinheit auf einem näher bezeichneten Straßenstück gelenkt,

"1)

obwohl das Versandstück nicht UN-geprüft war und Sie keine Ausnahmebewilligung nach § 25 GGSt vorweisen konnten;

2)

obwohl Sie kein Beförderungspapier gem. RN 2002/3 ADR mitführten."

Dadurch habe er zu 1) § 32 Abs. 1 Z. 3 GGSt in Verbindung mit Rn 2307 ADR und zu 2) § 32 Abs. 3 GGSt in Verbindung mit Rn 10381 (1) a) ADR verletzt. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer zu 1) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 11 GGSt eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt, zu 2) wurde unter Anwendung von § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zu Punkt 1):

Die im angefochtenen Bescheid als durch die Tat verletzten

Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z. 2 VStG) angeführten Normen

lauten:

§ 32 Abs. 1 Z. 3 Gefahrgutbeförderungsgesetz

- Straße - GGSt, BGBl. Nr. 209/1979: "Der Lenker darf eine Beförderungseinheit nur in Betrieb nehmen, wenn die Tafeln mit den Nummern zur Kennzeichnung der Gefahr und des Stoffes und die sonstigen Aufschriften und bildlichen Darstellungen vorschriftsmäßig angebracht sind."

Rn 2307 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl. Nr. 522/1973 in der Fassung BGBl. Nr. 357/1995:

"(1) Die Stoffe, die unter c) der einzelnen Ziffern fallen, müssen verpackt sein:

a)

in Fässern aus Stahl nach Rn. 3520 oder

b)

in Fässern aus Aluminium nach Rn. 3521 oder

c)

in Kanistern aus Stahl nach Rn. 3522 oder

d)

in Fässern oder Kanistern aus Kunststoff nach Rn. 3526 oder

e)

in Kombinationsverpackungen (Kunststoff) nach Rn. 3537 oder

f)

in zusammengesetzten Verpackungen nach Rn. 3538 oder

g)

in Kombinationsverpackungen (Glas, Porzellan oder Steinzeug) nach Rn. 3539.

Bem. zu a), b), c) und d): Für Fässer und Kanister

mit abnehmbarem Deckel für dickflüssige Stoffe mit einer Viskosität bei 23 Grad C von mehr als 200 mm2/s gelten vereinfachte Bedingungen (siehe Rn. 3512, 3553, 3554 und 3560).

(2) Die Stoffe, die unter c) der einzelnen Ziffern fallen, dürfen auch in metallenen Großpackmitteln (IBC) nach Rn. 3622, in starren Kunststoff-Großpackmitteln (IBC) nach Rn. 3624 oder in Kombinations-Großpackmitteln (IBC) mit einem starren Kunststoff-Innenbehälter nach Rn. 3625 verpackt sein."

Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht erkennen, daß diese Bestimmungen durch die zu Punkt 1) des Schuldspruches umschriebene Tathandlung verletzt wurden, läßt sich doch aus diesen Regelungen nicht das Verbot der Inbetriebnahme einer mit einem "nicht UN-geprüften" Versandstück beladenen Beförderungseinheit entnehmen. Während § 32 Abs. 1 Z. 3 GGSt die Verpflichtung des Lenkers normiert, eine Beförderungseinheit nur in Betrieb zu nehmen, wenn bestimmte Tafeln und sonstige Aufschriften und bildliche Darstellungen vorschriftsmäßig angebracht sind, schreibt Rn 2307 ADR für näher bezeichnete Stoffe bestimmte Verpackungen vor. Keiner dieser Bestimmungen kann der zu Punkt 1) des Schuldspruches erhobene Tatvorwurf subsumiert werden.

Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Punktes 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Zu Punkt 2):

Gemäß § 32 Abs. 3 GGSt hat der Lenker bei der Beförderung die im § 22 Abs. 1 Z. 7 angeführten Begleitpapiere, Bescheide und Ausrüstungsgegenstände dem ADR entsprechend mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Dem § 22 Abs. 1 Z. 7 GGSt zufolge darf ein gefährliches Gut nur dann befördert werden, wenn dem Lenker für jede Beförderungseinheit übergeben worden sind:

a)

die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere,

b)

die bei der Beförderung auf Grund des ADR jeweils mitzuführenden Ausrüstungsgegenstände,

c)

der Bescheid über die besondere Zulassung, sofern eine solche vorgeschrieben ist und

d)

der Bescheid über die besondere Bewilligung, sofern eine solche vorgeschrieben ist, oder der Bescheid über die Ausnahmebewilligung.

Rn 2002 (3) a) ADR sieht vor, daß bei jeder durch diese Anlage geregelten Beförderung von Gütern ein Beförderungspapier mit näher umschriebenen Angaben mitzuführen ist.

Gemäß Rn 10381 (1) a) ADR müssen außer den nach anderen Vorschriften erforderlichen Papieren in der Beförderungseinheit die nach Rn 2003 (3), (4) und (9) der Anlage A vorgesehenen Beförderungspapiere für alle beförderten gefährlichen Stoffe mitgeführt werden.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer als Lenker bei der Beförderung eines gefährlichen Gutes kein den angeführten Bestimmungen des ADR entsprechendes Begleitpapier mitgeführt hat. Aufgrund dieses Sachverhaltes nahm die belangte Behörde zu Recht die Verwirklichung des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs. 3 GGSt an.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß die gemäß § 42 Abs. 2 Z. 13 GGSt unter Strafsanktion gestellte Gebotsnorm des § 32 Abs. 3 GGSt "erst über den Umweg des bloß sinngemäß anzuwendenden ADR einigermaßen konkretisiert werden" könne, und darin einen Verstoß gegen den Grundsatz des § 1 Abs. 1 VStG erblickt, kann ihm nicht gefolgt werden. Da der durch den Verweis auf die entsprechenden Bestimmungen des ADR umschriebene strafbare Tatbestand klar und eindeutig erkennbar ist, widerspricht die Regelung nicht dem § 1 Abs. 1 VStG.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem hinsichtlich der "gegenständlichen völlig neuen Regelungen" das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes nach § 5 Abs. 2 VStG geltend gemacht wird, bezieht sich offensichtlich bloß auf Punkt 1) des Schuldspruches. Die im § 32 Abs. 3 GGSt verankerte Verpflichtung des Lenkers zum Mitführen der Begleitpapiere hat keine neue Regelung erfahren, die Kenntnis dieser elementaren Bestimmung ist einem Berufskraftfahrer - wie dem Beschwerdeführer - jedenfalls zuzumuten, dies auch dann, wenn er vor Antritt der Fahrt nicht gemäß § 40 Abs. 1 GGSt über seine Pflichten und die Besonderheiten der Beförderung unterwiesen wurde. Ein Verstoß des Beförderers gegen seine im letzten Satz der genannten Bestimmung normierte Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Lenker diese Unterweisung erhält, vermag beim Lenker einer Beförderungseinheit keineswegs zwangsläufig den Ausschluß des Verschuldens im Falle einer Pflichtverletzung zu bewirken.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 1 zweiter Satz VStG eine Ermahnung aussprach, kann doch das Nichtmitführen der vorgeschriebenen Begleitpapiere bei der Beförderung durch den Lenker unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen schwere Folgen nach sich ziehen (vgl. 1150 BlgNR 14.GP 42).

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß eine Anwendung der durch die in BGBl. III Nr. 22/1997 kundgemachte ADR-Novelle eingeführten Rn 2009 und 10603 schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die dort vorgesehene Voraussetzung, daß die beförderte Menge 450 l je Verpackung nicht übersteigt, im Beschwerdefall nicht erfüllt war, handelte es sich doch um die Beförderung eines mit ca. 800 l Dieselkraftstoff gefüllten Aufsetztanks mit einem Fassungsvermögen von ca. 1000 l.

Somit war die Beschwerde in Ansehung des Spruchpunktes 2) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997030110.X00

Im RIS seit

07.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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