TE Bvwg Beschluss 2020/9/14 W185 2193741-1

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Veröffentlicht am 14.09.2020
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Entscheidungsdatum

14.09.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
FPG §21
FPG §9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W185 2193741-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, LV Oberösterreich, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Teheran vom 09.10.2017, GZ: Teheran-ÖB/KONS/2784/2017, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus Afghanistan, brachte am 19.07.2017 persönlich einen Einreiseantrag nach § 35 Abs 1 AsylG bei der ÖB Teheran ein. Als Bezugsperson wurde der (angebliche) Ehemann der Beschwerdeführerin angegeben, welcher seit 27.09.2016 in Österreich asylberechtigt sei. Elektronisch wurde der Einreiseantrag seitens der ÖRK bereits am 27.12.2016 eingebracht.

Nach Übermittlung der Antragsunterlagen durch die ÖB Teheran teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Stellungnahme vom 21.09.2017 mit, dass die Gewährung des Status einer Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Antragstellung mehr als 3 Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson erfolgt sei und somit die Erfüllung der Voraussetzungen gem. § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 Asylg 2005 nachzuweisen wäre. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden. Überdies seien die von der Antragstellerin vorgelegten Dokumente sämtlich nach der Statusgewährung der Bezugsperson ausgestellt worden und sei deren Authentizität nicht überprüfbar.

Am 25.09.2017 wurde der Beschwerdeführerin seitens der ÖB Teheran die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme hiezu eingeräumt (Parteiengehör).

Am 04.10.2017 erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme, welche dem Bundesamt übermittelt wurde. Es wurde ausgeführt, dass der Einreisantrag – via ÖRK – fristwahrend am 27.12.2016 und somit innerhalb der 3-Monats-Frist gestellt worden sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Voraussetzungen nach § 60 AsylG zu erbringen wären. Es wäre möglich gewesen, die Dokumente im Original vorzulegen.

Die Behörde hielt in der Folge ihre Stellungnahme vom 20.09.2017 aufrecht, da das behauptete Familienverhältnis nicht als erwiesen im Sinne eines vollen Beweises anzusehen sei (Mail des Bundesamtes vom 06.10.2017). Nicht mehr releviert wurde seitens des Bundesamtes die (Nicht)Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005.

Mit Bescheid vom 09.10.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Verwiesen wurde hiezu auf die bereits übermittelte negative Mitteilung des Bundesamtes.

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin am 06.11.2017 fristgerecht eine Beschwerde. Darin brachte die Beschwerdeführerin u.a. vor, dass ihr Recht auf Parteiengehör nicht ausreichend gewährt worden sei. Mit en Argumenten in der Stellungnahme habe sich die Behörde nicht erkennbar auseinandergesetzt, was ein willkürliches Verhalten darstelle. Die Ehe mit der Bezugsperson sei nach afghanischem Recht und Praxis rechtmäßig geschlossen und im Nachhinein registriert worden. Laut ACCORD-Bericht sei dies eine zulässige Vorgangsweise, die Ehe sohin als rechtmäßig anzusehen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.01.2018 wies die ÖB Teheran die Beschwerde gemäß § 14 Abs 1 VwGVG als unbegründet ab.

Am 11.01.2018 brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

Mit Schreiben vom 19.04.2018 legte das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres den Verwaltungsakt dem BMI vor. Die Akten langten am 27.04.2018 beim BVwG ein.

Mit Schreiben des Österreichischen Roten Kreuzes, LV OÖ, vom 29.10.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, zog die Beschwerdeführerin die Beschwerde ausdrücklich zurück. Grund der Rückziehung sei die mittlerweile erfolgte Scheidung der Beschwerdeführerin von der Bezugsperson.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus den Bestimmungen des §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132).

Die Beschwerdeführerin und die in Österreich asylberechtigte Bezugsperson sind mittlerweile geschieden. Mit der in der Folge übermittelten ausdrücklichen schriftlichen Zurückziehung der Beschwerde vom 29.10.2019 hat die Beschwerdeführerin dargetan, dass ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung nicht mehr besteht. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war daher als gegenstandslos einzustellen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit rechtliches Interesse Scheidung Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2193741.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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