TE Vwgh Beschluss 2020/10/23 Ra 2020/13/0036

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Veröffentlicht am 23.10.2020
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §2 Abs3 Z4
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Waldviertel in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 28. Jänner 2020, Zl. RV/7100260/2015, betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Kalenderjahre 2009 bis 2012 (mitbeteiligte Partei: G in A), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Anlässlich einer in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführten gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) beim - zwischenzeitig verstorbenen - Transportunternehmer X gelangten die Prüfer zum Ergebnis, dass der teilzeitbeschäftigten Dienstnehmerin Y (Gattin des Dienstgebers) aufgrund der privaten Nutzung eines arbeitgebereigenen KFZ (Kleinbus) ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis zugekommen sei. Da die Dienstnehmerin das KFZ in den geprüften Jahren in einem geringfügigen Ausmaß von unter 500 km im Monat für Familiengroßeinkäufe verwendet habe, sei der geldwerte Vorteil nach den Bestimmungen der Sachbezugswerteverordnung mit 0,75% der Anschaffungskosten des privat genutzten KFZ zu bewerten.

2        Das revisionswerbende Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte auf dieser Grundlage mit Bescheiden vom 13. Juni 2014 gegenüber X Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) fest.

3        In der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde vom 1. Juli 2014 wurde zum verfahrensgegenständlichen Sachverhalt ausgeführt, die Dienstnehmerin sei nur 15 Stunden in der Woche beschäftigt und beziehe ein Bruttogehalt von € 550. Das Ausmaß der privaten Nutzung des arbeitgebereigenen KFZ (Kleinbus mit 9 Sitzen) betrage lediglich rund 50 km im Monat (Familiengroßeinkauf einmal im Monat von G nach K und zurück), was sich anhand der betrieblichen Aufzeichnungen nachweisen ließe. Diese private Nutzung sei bei der Gewinnermittlung beim Dienstgeber durch Ausscheiden eines Privatanteils berücksichtigt worden. Für sonstige private Fahrten stünden der Dienstnehmerin mehrere private PKW anderer Familienangehöriger zur Verfügung.

4        In rechtlicher Hinsicht wurde - auf das Wesentliche zusammengefasst - vorgebracht, ein Sachbezug könne nicht vorliegen, wenn dadurch das Bruttogehalt (inkl. Sachbezug) insgesamt ein fremdunüblich hohes Ausmaß erreichen würde. Im konkreten Fall würde schon der Ansatz des halben Sachbezuges zur Verdopplung des regulären Gehalts führen. Dies sei in Anbetracht der Angehörigenjudikatur steuerlich nicht anzuerkennen. Wenn die Überlassung des arbeitgebereigenen KFZ zudem gar nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst sei, sondern ausschließlich private bzw. familiäre Gründe für die private Nutzung ausschlaggebend seien, könne aber ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis gar nicht mehr vorliegen. Dies sei hier der Fall, weil die sporadische Überlassung des betrieblichen KFZ ausschließlich privat bedingt sei.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Jänner 2020 gab das Bundesfinanzgericht - nach Beschwerdevorentscheidung des revisionswerbenden Finanzamts und Vorlageantrag - der Beschwerde Folge und hob die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Das Bundesfinanzgericht führte - nach Schilderung des Verfahrensgangs und Feststellung des im bisherigen Verfahren unstrittigen Sachverhalts - im Wesentlichen aus, die Sachbezugswerteverordnung sei sowohl im Bereich des ASVG als auch im Bereich des EStG nicht losgelöst von anderen Rechtsvorschriften anzuwenden. Zunächst sei zu beurteilen, ob es sich bei einem in der Privatnutzung eines arbeitgebereigenen KFZ gelegenen Vorteil um Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 handle. Erst bei Bejahung dieser Frage sei in weiterer Folge nach der Sachbezugswerteverordnung vorzugehen. Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 - sei es in Form von Geld oder in Form eines geldwerten Vorteils - könne aber nur vorliegen, wenn die Leistung des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers darstellt, somit ihre Wurzel im Dienstverhältnis habe. Da zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer neben dem Dienstverhältnis auch andere Rechtsbeziehungen bestehen können, seien die Motive für die Leistung des Arbeitgebers für die Frage, ob Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 vorliegt, relevant.

7        Das Bundesfinanzgericht stellte abschließend fest, dass im vorliegenden Fall das arbeitgebereigene KFZ der - im Übrigen unstrittig fremdüblich entlohnten - Dienstnehmerin nicht aufgrund des Dienstverhältnisses überlassen worden sei, sondern ausschließlich aus persönlichen Gründen, nämlich in ihrer Eigenschaft als Gattin des Arbeitgebers. Das Vorliegen der persönlichen Motivation sei vom revisionswerbenden Finanzamt auch nicht in Zweifel gezogen worden, lediglich die Relevanz dieses Aspekts sei bestritten worden. Da somit die Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ nicht im Dienstverhältnis begründet sei, sei das Vorliegen von Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 zu verneinen.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Zur Zulässigkeit der Revision wird ausschließlich geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es das Vorliegen von Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 verneinte, weil es die Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ durch die Dienstnehmerin nicht als im Dienstverhältnis begründet, sondern als privat veranlasst einstufte.

13       Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt, weil die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts, wonach das Motiv für die Überlassung eines arbeitgebereigenen KFZ an einen Dienstnehmer für die Einstufung dieser Leistung als Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 - und in Folge für den Ansatz eines entsprechenden Sachbezuges - von Bedeutung ist, im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht.

14       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum EStG 1988 können zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer neben dem Dienstverhältnis naturgemäß auch gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Diese Rechtsbeziehungen sind dann steuerlich grundsätzlich vom Dienstverhältnis getrennt zu beurteilen. Einkünfte, die auf diesen Rechtsbeziehungen beruhen, sind der in Betracht kommenden Einkunftsart zuzurechnen (vgl. VwGH 19.9.2013, 2013/15/0183, VwSlg. 8853/F, mwN). Insoweit liegt kein Arbeitslohn vor (vgl. VwGH 25.7.2018, Ro 2018/13/0005; 1.6.2016, 2013/13/0061, mwN).

15       Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Zu diesen „Bezügen und Vorteilen“ gehören alle Einnahmen (Geld oder geldwerte Vorteile) im Sinn des § 15 Abs. 1 EStG 1988. Ein Vorteil wird dann für ein Dienstverhältnis gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. VwGH 7.10.2003, 99/15/0257, VwSlg. 7864/F; 26.1.2006, 2002/15/0188, VwSlg. 8106/F; 19.9.2013, 2013/15/0183, VwSlg. 8853/F; 19.12.2013, 2011/15/0158, VwSlg. 8875/F; 27.2.2014, 2011/15/0106; 1.6.2016, 2013/13/0061; vgl. auch Kirchmayr/Geringer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 25 Tz 12 ff, und Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, 66. Lfg, § 25 Tz 2, 15 und 18).

16       Daraus ergibt sich aber, dass die Motive des Arbeitgebers für die Erbringung einer Leistung an den Arbeitnehmer nicht ausgeblendet werden können.

17       Wird der Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung des Arbeitgebers (wie etwa Überlassung des arbeitgebereigenen KFZ) und Gegenleistung des Arbeitnehmers (Erbringung der Arbeitsleistung) durchbrochen, weil die Leistung des Arbeitgebers nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, sondern aus anderen Gründen erfolgt (wie etwa Vorteile, die der Dienstgeber im eigenbetrieblichen Interesse oder aufgrund einer persönlichen Beziehung zum Arbeitnehmer gewährt), ist diese Leistung nicht als Arbeitslohn einzustufen (vgl. VwGH 25.7.2018, Ro 2018/13/0005; 1.6.2016, 2013/13/0061; 29.7.2010, 2008/15/0297; vgl. Kirchmayr/Geringer, a.a.O., § 25 Tz 7/4).

18       Die Frage, ob eine Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer durch das Dienstverhältnis veranlasst ist oder aus privaten, außerhalb des Dienstverhältnisses liegenden Motiven erfolgt, ist eine Sachverhaltsfrage, die vom Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist. Dabei ist auch auf die Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. VwGH 25.7.2018, Ro 2018/13/0005, mwN) sowie darauf abzustellen, ob es sich beim Dienstgeber und Dienstnehmer um Angehörige handelt. Leistungen an nahe Angehörige können nämlich nur insoweit als Entgelt (Arbeitslohn) für ihre Arbeitsleistung angesehen werden, als sie unter gleichen Voraussetzungen auch Fremden gezahlt worden wären; trifft diese Voraussetzung aber nicht zu, so stellen diese Leistungen kein Entgelt für die Arbeitsleistung dar und können daher nicht als Bezug oder Vorteil aus einem Dienstverhältnis angesehen werden (vgl. VwGH 25.7.2018, Ro 2018/13/0005).

19       Das Bundesfinanzgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass im gegenständlichen Fall die Überlassung des arbeitgebereigenen KFZ an die Dienstnehmerin nicht aufgrund des Dienstverhältnisses erfolgt ist, sondern ausschließlich aus persönlichen Gründen, weil sie die Gattin des Arbeitgebers war. Gegen diese Feststellung werden in der Revision auch keine Einwände vorgebracht.

20       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130036.L00

Im RIS seit

05.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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