TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 96/04/0173

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §153 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1994 §148 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch H & T, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Juli 1994, Zl. VwSen-220700/2/Schi/Ka, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. August 1993 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L.-Gastronomie- und Handelsges.m.b.H. in L, welche Betreiberin des Lokals "Cafe A." an einem näher beschriebenen Standort sei, somit als gemäß § 370 Abs. 3 GewO 1973 gewerberechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß

1)

in diesem Lokal die im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid unter Pkt. 3 vorgeschriebene Auflage, "die Zugangstüre mit einer Selbstschließungseinrichtung zu versehen und während der gesamten Betriebszeit geschlossen zu halten", während im einzelnen angegebener Betriebszeiträume nicht eingehalten worden sei, indem die Lokaleingangstüre während dieser Zeiträume ständig geöffnet gewesen sei, und

2)

das genannte Lokal zumindest am 10. August 1992 nach Durchführung einer gemäß § 81 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 genehmigungspflichtigen Änderung betrieben worden sei, ohne daß die hiefür erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, indem zusätzlich zum gewerbebehördlich genehmigten Gastlokal unmittelbar vor dem Objekt L, H.-Gasse 12 ein Schanigarten, bestehend aus zwei runden Tischen mit insgesamt 11 Stühlen errichtet und betrieben worden sei (es seien in diesem Garten Gäste mit Getränken bewirtet worden), obwohl dieser zusätzliche Schanigarten geeignet sei, Nachbarn durch Lärm und Rauch zu belästigen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er habe bereits am 22. März 1990 um die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage angesucht, diese sei ihm jedoch bis dato nicht erteilt worden. Nach dem 1. Juli 1993 sei er von der Gewerbebehörde mehrmals aufgefordert worden, sein Ansuchen betreffend den Schanigarten zurückzuziehen, weil aufgrund der Gewerberechtsnovelle 1992 eine solche Genehmigung nicht mehr erforderlich sei. Aufgrund dieser Gesetzesänderung sei das vorgeworfene Delikt nicht mehr strafbar, der Beschwerdeführer könne dafür nicht mehr strafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Dem Vorwurf, daß die Zugangstüre entgegen der vorgeschriebenen Auflage nicht geschlossen gehalten worden sei, sei zu entgegnen, daß eine Eingangstüre nur dann geschlossen gehalten werden könne, wenn nicht ständig Gäste das Lokal betreten bzw. dieses verlassen. Aufgrund der hohen Besucherfrequenz sei es in Spitzenzeiten - die vorgeworfenen Zeiträume würden sämtlich Spitzenzeiten betreffen - geradezu unmöglich, die Türe ständig geschlossen zu halten. Des weiteren komme es auch vor, daß an besonders heißen Tagen sich Gäste genau in den Bereich der Eingangstüre stellten und dadurch die Türe offenhielten; dem Bedienungspersonal sei es nicht ständig möglich, die Gäste darauf aufmerksam zu machen, daß die Türe geschlossen zu halten sei. Entsprechende Ermittlungen zur Entlastung des Beschwerdeführers, warum die Türe zu den genannten Zeiten offengestanden sei, seien allerdings unterblieben.

Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Juli 1994 wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe einer Änderung sowohl der verletzten Rechtsvorschrift als auch der Strafnorm bestätigt. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei die Frage, warum die Eingangstüre nicht geschlossen, sondern geöffnet gewesen sei, nicht relevant. Nach den herangezogenen Gesetzesbestimmungen in Verbindung mit Pkt. 3 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides sei es lediglich erforderlich, daß die Eingangstüre geschlossen gehalten werde. Aber selbst wenn es so gewesen sein sollte, daß Gäste in der Türe gestanden und ein Schließen daher nicht möglich gewesen sei, könnte dies den Beschwerdeführer nicht exkulpieren. Er wäre nämlich in diesem Fall verpfichtet gewesen, die Gäste darauf aufmerksam zu machen, daß die Eingangstüre geschlossen gehalten werden müsse und weiters, sie am weiteren Verweilen in diesem Bereich zu hindern. Warum dies ihm bzw. dem Bedienungspersonal unmöglich gewesen wäre, habe er nicht erklärt. Der unabhängige Verwaltungssenat sei im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers weiters der Meinung, daß der Betrieb eines Gast(Schani)gartens ohne Betriebsanlagengenehmigung nach wie vor strafbar sei. Aus § 153 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 sei nämlich nicht abzuleiten, daß Gastgärten nicht mehr als Betriebsanlagen genehmigungspflichtig seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "Recht auf Nichtbestrafung ohne strafrechtlich relevantes Verhalten" verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, er habe in seiner Berufung ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt und neben einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens behauptet. Dennoch habe die belangte Behörde die angefochtene Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung getroffen. Wäre eine Verhandlung durchgeführt worden, so hätte in dieser erörtert werden können, daß die Gewerbebehörde die Rechtsansicht vertreten habe, es sei aufgrund der Gewerberechtsnovelle eine Genehmigung des Schanigartens nicht mehr notwendig und daß sie den Beschwerdeführer daher mehrmals zur Zurückziehung seines Antrages um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung zur Änderung der Betriebsanlage aufgefordert habe. Wäre die Verhandlung durchgeführt worden, so hätte der Beschwerdeführer in dieser daher darlegen können, daß ihm kein Sorgfaltsverstoß zur Last liege. Im übrigen sei eine Lärmbelästigung während der im § 153 Abs. 1 GewO 1973 genannten Zeiten nicht möglich und es werde im angefochtenen Bescheid auch nicht begründet, wie eine Belästigung der Nachbarn durch Rauch erfolgen könnte. Selbst wenn ihm aber ein verwaltungsstrafrechtliches Verhalten anzulasten sei, hätte die belangte Behörde § 21 VStG anzuwenden gehabt. Bei Durchführung der beantragten Verhandlung hätte weiters dargelegt werden können, daß an heißen Sommertagen ein derartiges Kommen und Gehen von Gästen auftrete, daß sich diese sprichwörtlich die Türklinke in die Hand gäben, sodaß die Eingangstüre bei einem derartigen Zustrom bzw. Abgang von Gästen naturgemäß lange offen stehe. Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde sei es nämlich relevant, ob es zu den angegebenen Tatzeiten die Eingangstüre wegen des Betretens oder durch das Verlassen des Lokals durch Gäste offengestanden sei.

Gemäß § 51 e Abs. 1 VStG in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995, ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige zu laden. Wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen. Somit kann dahingestellt bleiben, ob in der Berufung bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet bzw. die Höhe der Strafe bekämpft wurde. Zufolge des ausdrücklichen Verlangens des Beschwerdeführers, eine Berufungsverhandlung anzuberaumen, entsprach das Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung keinesfalls dem Gesetz.

Allerdings muß das rechtswidrige Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht in jedem Fall die Aufhebung des Berufungsbescheides nach sich ziehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Behörde bei Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wobei die Relevanz des in der Nichtdurchführung der mündlichen Verhandlung gelegenen Verfahrensmangels in der Beschwerde darzustellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zlen. 96/10/0193, 0201).

Das unter diesem Gesichtspunkt erstattete Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzulegen. Denn selbst wenn es zuträfe, daß die Gewerbebehörde den Beschwerdeführer unter Hinweis auf die am 1. Juli 1993 in Kraft getretene Gewerberechtsnovelle 1992 aufgefordert hätte, sein Ansuchen um Genehmigung der Änderung seiner Betreibsanlage durch Hinzunahme des in Rede stehenden Gastgartens zurückzuziehen, weil eine solche Genehmigung nicht mehr erforderlich sei, so wäre dies - insbesondere auch für die Frage des Verschuldens des Beschwerdeführers - ohne jeden Belang; wird dem Beschwerdeführer doch eine am 10. August 1992, also lange vor Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 und der behaupteten gewerbebehördlichen Aufforderung, sein Ansuchen zurückzuziehen, begangene Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

In diesem Zusammenhang sei noch bemerkt, daß auch der dem § 153 Abs. 1 GewO 1973 (§ 148 Abs. 1 GewO 1994) unterliegende Gastgewerbebetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 leg. cit. genehmigungspflichtig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 96/04/0243, und die hier zitierte Vorjudikatur). Es ist daher die Auffassung des Beschwerdeführers, während der in dieser Bestimmung genannten Zeiten seien von Gastgärten ausgehende Lärmimmissionen "gar nicht möglich", d.h. für die Frage der Genehmigungspflicht gemäß § 74 GewO nicht zu berücksichtigen, unzutreffend.

Eine ausreichende Darlegung der Relevanz des in der unterbliebenen mündlichen Verhandlung gelegenen Verfahrensmangels ist dem Beschwerdeführer aber auch mit der Behauptung, es seien Ermittlungen zur Frage, ob die Eingangstüre zu den vorgeworfenen Zeiten wegen des Betretens oder des Verlassens des Lokales durch Gäste offengestanden sei und es hätten "diese Aspekte" in einer Verhandlung "entsprechende Berücksichtigung finden können", nicht gelungen. Selbst wenn es nämlich so wäre, daß sich (kommende und gehende) Gäste - wie der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung ausführt - immer wieder in den Bereich der Eingangstüre stellten und diese durch ihr Verweilen offen hielten, das Bedienungspersonal die Gäste aber nicht dauernd darauf aufmerksam machen könne, daß die Türe geschlossen gehalten werden müsse, so wird damit ein Umstand, der die Tatbestandsmäßigkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens oder sein Verschulden ausschließen könnte, nicht aufgezeigt. Auch die Erörterung dieses Vorbringens in einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hätte daher an der Strafbarkeit des Beschwerdeführers nichts zu ändern vermocht.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich ohne nähere Begründung rügt, die belangte Behörde hätte die Bestimmung des § 21 VStG zur Anwendung bringen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, daß ein Anhaltspunkt dafür, daß die Voraussetzungen dieser Bestimmung im vorliegenden Fall erfüllt wären, nicht ersichtlich ist.

Die sich somit als unbegründend erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040173.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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