TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/25 G302 2160606-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.08.2020

Norm

ASVG §58
ASVG §67 Abs10
ASVG §83
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G302 2160606-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über den Vorlageantrag von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Ralph FORCHER, in 8010 Graz, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (nunmehr der Österreichischen Gesundheitskasse) vom XXXX , GZ: XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 10.06.2020 und am 19.08.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse nunmehr der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX , GZ: XXXX wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX , geb. XXXX (im Folgenden: BF) als ehemaliger Geschäftsführer der XXXX , FN XXXX (im Folgenden: S GmbH), welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der XXXX , FN XXXX (im Folgenden: Primärschuldnerin) war, der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 ASVG und § 83 ASVG für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto XXXX aufgrund von Meldeverstößen gemäß § 111 ASVG den Betrag von EUR XXXX zuzüglich Verzugszinsen in dem gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von derzeit 7,88 % p.a. aus dem Betrage von EUR XXXX schulde.

Gegen den im Spruch genannten Bescheid erhob der Rechtsvertreter des BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass der BF ohne einen Zweifel davon ausgegangen sei, dass es sich bei XXXX (im Folgenden: AK) und XXXX (im Folgenden: SS) nicht um Dienstnehmerinnen gemäß ASVG handle, diese auch zuvor schon im Unternehmen tätig gewesen seien und sich das Thema „Qualifizierung als Dienstnehmer im Sinne des ASVG“ während seiner Geschäftsführertätigkeit nicht gestellt habe. Auch bei der GPLA, die vom Finanzamt durchgeführt worden sei, sei dies nicht thematisiert worden. Wären sämtliche vom BF beantragten Beweise erhoben worden, wäre eine andere Beurteilung zu erwarten gewesen. Insbesondere seien EUR XXXX an Vergleichszahlungen zur Begleichung der sozialversicherungsrechtlichen Beiträge an den Masseverwalter bezahlt worden.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom XXXX , GZ: XXXX wurde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der fristgerecht eingelangte Vorlageantrag.

Am 10.06.2020 und am 19.08.2020 fanden beim Bundesverwaltungsgericht mündliche Verhandlungen statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF war von XXXX bis jedenfalls XXXX selbständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH. Im gleichen Zeitraum war auch XXXX (im Folgenden: MG) selbständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH.

Die S GmbH war die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Primärschuldnerin.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom XXXX , XXXX wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und galt die Primärschuldnerin damit als aufgelöst. Am XXXX wurde das Konkursverfahren gemäß § 139 IO mit einer Quote von XXXX % aufgehoben.

Für den Zeitraum von XXXX bis XXXX erfolgte erstmals durch das Finanzamt eine GPLA der Primärschuldnerin, welche mit XXXX ohne Beanstandungen von behördlicher Seite abgeschlossen wurde.

Nachdem die damals für die Primärschuldnerin als „selbständig Erwerbstätige“ tätigen AK und SS Anträge auf Nachversicherung stellten, erfolge eine weitere GPLA durch die belangte Behörde für den Zeitraum von XXXX bis XXXX , bei welcher festgestellt wurde, dass es sich bei AK und SS um freie Dienstnehmerinnen gehandelt habe.

Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , sprach die belangte Behörde gemäß § 410 Abs. 1 Z 2 iVm. § 4 Abs. 4 ASVG und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a) AlVG aus, dass AK im Zeitraum von XXXX bis XXXX und SS im Zeitraum von XXXX bis XXXX auf Grund ihrer Tätigkeit für die Primärschuldnerin der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen (Spruchpunkt I.). Weiters ist die Primärschuldnerin wegen der im Zuge der bei ihr stattgefundenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben festgestellten Meldedifferenzen gemäß §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG verpflichtet, die in den Beitragsabrechnungen vom XXXX , XXXX und XXXX sowie in den Prüfberichten vom XXXX , XXXX und XXXX zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge im Betrag von insgesamt EUR 29.702,36 nachzuentrichten.

Dieser Bescheid wurde an AK, SS und den Masseverwalter zugestellt.

Gegen diesen Bescheid wurde durch den Masseverwalter der Primärschuldnerin beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben. Nach Zurückziehung dieser Beschwerde wurde das Verfahren mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2016, G305 2116246-1/17E eingestellt.

Der Bescheid der belangten Behörde vom XXXX erwuchs somit in Rechtskraft.

Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums XXXX bis XXXX bestand am XXXX aufgrund der nachträglich im Zuge der GPLA zur Sozialversicherung angemeldeten Dienstnehmer auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin ein Rückstand in Höhe von EUR XXXX samt Verzugszinsen gerechnet bis XXXX .

Mit Schreiben der belangten Behörde vom XXXX wurde der BF über seine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für rückständige Sozialversicherungsbeiträge informiert und aufgefordert, Einwände gegen sein Verschulden fristgerecht darzulegen. Gleichzeitig wurde dem BF eine Rückstandsaufstellung gemäß § 64 ASVG der Primärschuldnerin übermittelt.

Die XXXX (im Folgenden M GmbH) und MG haben sich verpflichtet, an die Insolvenzmasse einen Betrag von Euro XXXX zu leisten, womit sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den Insolvenzmassen der Primärschuldnerin, der S GmbH, der M GmbH und MG endgültig bereinigt und verglichen werden. Der Betrag wurde an das Insolvenzkonto geleistet.

Die Beiträge wurden zur Insolvenz der Primärschuldnerin angemeldet, wurden als Insolvenzforderung eingeordnet und mit der allgemeinen Quote bedient, diese wurde auch in Anrechnung gebracht. Der geschlossene Vergleich und die Zahlung an die Insolvenzmasse aus einer privatrechtlichen Vereinbarung sind nicht geeignet, um den Beitragsausfall oder das Verschulden auszuschließen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang, wie auch der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den am 10.06.2020 und 19.08.2020 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlungen. Im Zuge dessen wurden der BF, der weitere Geschäftsführer MG zum Sachverhalt vernommen sowie die Beweismittel und der vorliegende Akteninhalt mit dem rechtsfreundlichen Vertreter und einem Vertreter der belangten Behörde erörtert.

Die Feststellungen zur Geschäftsführertätigkeit des BF beruhen auf dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX . Das Ende der Geschäftsführertätigkeit wurde im Firmenbuch mit XXXX vermerkt, während der BF angab, dass die Geschäftsführertätigkeit tatsächlich mit XXXX geendet habe. Da sich der Haftungszeitraum des angefochtenen Bescheides nur bis XXXX erstreckt und der BF selbst angab, bis XXXX als Geschäftsführer tätig gewesen zu sein, konnte eine Feststellung über den nachfolgenden Zeitraum unterbleiben.

Die Feststellungen zur Gesellschaftereigenschaft der S GmbH beruhen auf dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX .

Die Qualifizierung der AK und SS als freie Dienstnehmerinnen beruht auf dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde XXXX , Zl. XXXX , welcher nach Zurückziehung der dagegen erhobenen Beschwerde schließlich in Rechtskraft erwuchs.

Die Höhe der aushaftenden Beträge ergeben sich aus der Rückstandsaufstellung der belangten Behörde zum Beitragskonto XXXX und wurden vom BF, nach Einschränkung des Haftungszeitraums auf Juli 2013 nicht weiter bestritten.

Die Feststellungen zum Insolvenzverfahren ergeben sich aus der Einsichtnahme in den Akt des LGZ XXXX zu XXXX .

Sofern der BF vorbringt, dass er während seiner Geschäftsführertätigkeit überzeugt gewesen sei, dass aus seiner Sicht AK und SS keine Dienstnehmerinnen gewesen seien, wird ausgeführt, dass der erkennende Richter aufgrund der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zum Schluss gelangt, dass der BF und der weitere Geschäftsführer MG den Sachverhalt lediglich in ein für sie besseres Licht rücken wollten, um den Sanktionen (Haftung) zu entgehen.

Dem BF ist entgegen zu halten, dass die Definition des Dienstnehmers und die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag seit 1992 ständige Rechtsprechung des VwGH ist und seitdem nicht geändert wurde. Die Beurteilungskriterien ergeben sich aus der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Wissen um die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag kann somit bei jedem Meldepflichtigen als Grundwissen vorausgesetzt werden. Somit gehen die Ausführungen des BF ins Leere.

Darüber hinaus wäre der BF verpflichtet gewesen, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen (Erkundigungspflicht), falls er dieses Grundwissen nicht hat. Dass der BF seiner Erkundigungspflicht (Nachfrage bei der belangten Behörde) nicht nachgekommen ist, ist unstrittig.

Insgesamt ergeben die vorliegenden Tatsachen und Beweise sowie mangelnde gegenteilige Beweise ein Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den, durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Zu den den Vertretern auferlegten Pflichten gehören insbesondere die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese gemäß § 111 ASVG iVm. § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind (VwGH vom 17.12.2015, Zl. 2013/08/0173).

Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge beim Primärschuldner. Steht noch nicht einmal eine teilweise ziffernmäßig bestimmbare Uneinbringlichkeit fest, kommt eine Geltendmachung der Haftung noch nicht in Betracht (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).

Weitere Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sind neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit (vgl VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

3.3. Im gegenständlichen Fall sind die Voraussetzungen der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG erfüllt:

3.3.1. Uneinbringlichkeit ist bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).

Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom XXXX , XXXX wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin eingeleitet. Dieses Verfahren wurde am XXXX mit einer Quote von XXXX % beendet. Die darüber hinaus bestehende Forderung der belangten Behörde ist somit als uneinbringlich zu qualifizieren.

Die Einwände des BF, Vergleichszahlungen in Höhe von EUR XXXX an den Masseverwalter der Primärschuldnerin für die Begleichung der sozialversicherungsrechtlichen Beiträge geleistet zu haben, sind für die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden nicht von Belang.

Zum vom BF ins Treffen geführte Vergleich (siehe ON 35 des Insolvenzaktes), nämlich dass die Ansprüche zwischen den Insolvenzmassen der Primärschuldnerin, der S GmbH, der M GmbH und MG endgültig bereinigt und verglichen werden, ist auszuführen, dass dieser darauf abzielt, die Ansprüche aus einer privatrechtlichen Vereinbarung (Unternehmenskaufvertrag, "Share-Deal") zwischen diesen zu bereinigen. Eine Auswirkung auf die Ansprüche des SV-Trägers ist nicht möglich, zumal weder die Masse noch der BF bzw. MG berechtigt sind, über Ansprüche des SV-Trägers zu disponieren. Die belangte Behörde als zuständiger Träger der Krankenversicherung war in den Vergleich weder eingebunden noch hat sie Beträge daraus erhalten. Allen Beteiligten am Vergleichsabschluss musste klar gewesen sein, dass die als Insolvenzforderung angemeldeten GPLA-Nachverrechnungsbeträge keinesfalls zu 100% bedient werden konnten und auch keine Sondermasse (§ 48 IO) gebildet werden konnte. Die GPLA-Nachverrechnungsbeträge waren nicht besichert und sie fielen als Insolvenzforderungen (§ 65 ASVG iVm § 51 IO) in die allgemeine Gläubigerklasse. Der belangten Behörde fiel somit lediglich die allgemeine Quote von 16,09% zu. Dies ergibt sich auch aus dem Verteilungsentwurf bzw. der Verteilungsliste im beigeschafften Insolvenzakt. Jede andere Auslegung würde den Grundprinzipien der Insolvenzordnung diametral zuwiderlaufen.

Der von der rechtsfreundlichen Vertretung verwendete Begriff der "Uneinbringlichkeit" entspricht nicht dem hier verfahrensgegenständlichen Begriff der "Uneinbringlichkeit" iSd Rsp des VwGH zu § 67 Abs. 10 ASVG. Wesentlich ist, dass feststeht, "dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können" (vgl. jüngst auch mit Abgrenzung von Masse-/Insolvenzforderung VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039). Die Beitragsforderung wurde "zum Teil" befriedigt, da sie mit der allgemeinen Insolvenzquote bedient wurde.

3.3.2. Zur direkten Haftung des BF für Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach bei einer GmbH & Co KG der Haftungsdurchgriff der Beiträge der KG direkt gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gerichtet werden kann. Die Inanspruchnahme der Komplementär-Gesellschaft selbst ist dafür nicht erforderlich (vgl. VwGH 30.09.1997, 95/08/0152 und 20.04.2004, 2003/08/0243).

Der BF war unstrittig von XXXX bis XXXX selbständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH (unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Primärschuldnerin) und kann somit grundsätzlich zur Haftung von aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen der Primärschuldnerin aufgrund von Meldepflichtverletzungen in diesem Zeitraum herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob der BF infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der belangten Behörde haftet.

Zum Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach bei mehreren bestellten Geschäftsführern, grundsätzlich alle für die Erfüllung der ihnen als gesetzlichen Vertretern auferlegten Pflichten haften (VwGH 20.04.2005, 2003/08/0243). Eine Aufgabenverteilung wurde vom BF nicht vorgebracht.

Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/00070). Eine solche ist schon dann anzunehmen, wenn der Geschäftsführer keine Gründe anzugeben vermag, wonach ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war (VwGH 29.06.1999, 99/08/0075).

Im vorliegenden Fall machte der BF geltend, dass er während seiner gesamten Tätigkeit als Geschäftsführer ohne Zweifel davon ausgegangen sei, dass es sich bei AK und SS nicht um Dienstnehmerinnen gehandelt habe. Insbesondere habe AK Honorarnoten gelegt und die Rechnungslegung unter Hinweis auf „Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 1 UStG“ vorgenommen, diese Honorarnoten würden sich nicht im GPLA Akt befinden. Der BF sei im Verfahren betreffend die Dienstnehmereigenschaft der AK und SS nicht Partei gewesen, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer gewesen sei. Weiters sei es durch die Einstellung des Beschwerdeverfahrens des BVwG G305 2116246-1 zu keiner Sachentscheidung gekommen.

Der BF war am Ermittlungsverfahren bezüglich der Dienstnehmereigenschaft (siehe die aufgenommene Niederschrift vom 28.11.2014 vor der belangten Behörde) beteiligt. Dessen Angaben wurden im Verfahren gewürdigt. Da bezüglich der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren im Laufen war, wurde der Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , rechtsrichtig dem Masseverwalter zugestellt. Abgesehen davon war der BF, wie er selbst ausführt, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer. Der BF war somit nicht Bescheidadressat des Nachversicherungsbescheides der belangten Behörde. Durch die Einstellung des Beschwerdeverfahrens ist es insofern zu einer Sachentscheidung gekommen als durch die Zurückziehung der Beschwerde der meritorische Bescheid der belangten Behörde in Rechtskraft erwachsen ist. Somit gehen diese Ausführungen ins Leere.

Das für die Haftung erforderliche Verschulden an einem Meldepflichtverstoß kann dem Vertreter einer juristischen Person insoweit angelastet werden, als er verpflichtet gewesen wäre, bestimmte konkret zu bezeichnende Meldungen zu erstatten, und das Wissen um diese Meldepflicht entweder als vom Grundwissen des Vertreters umfasst anzusehen oder das Nichtwissen von ihm zu vertreten wäre (VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012).

Zum Einwand des BF, dass er keine Zweifel gehegt habe, dass es sich bei AK und SS nicht um Dienstnehmerinnen gehandelt habe, insbesondere weil diese Honorarnoten gelegt haben, wird auf die Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach die Definition des Dienstnehmers seit 1992 keiner Abänderung unterlegen ist. Die Abgrenzung eines „freien Dienstnehmers zum Werkvertrag“ gehört zum Grundwissen eines Geschäftsführers.

Ein Meldepflichtiger muss sich alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen und hat er den Mangel im Fall einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten. Ein Meldepflichtiger, der nicht über alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verfügt, ist nicht schon deshalb exkulpiert, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Einen solchen Meldepflichtigen trifft grundsätzlich eine Erkundigungspflicht, in dessen Rahmen er gehalten ist, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung bei der Behörde bzw. bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen. Er ist daher nur dann exkulpiert, wenn die zur Beurteilung im Einzelfall notwendigen Kenntnisse nicht zu dem einem Meldepflichtigen zu unterstellenden Grundwissen gehören und er die ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, sich in der Frage der Meldepflicht hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses sachkundig zu machen, und die Unterlassung der Meldung auf das Ergebnis dieser Bemühungen ursächlich zurückzuführen ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich der Meldepflichtige auf eine ihm mitgeteilte Verwaltungspraxis der Gebietskrankenkasse, auf ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung oder auf sonstige verlässliche Auskünfte oder Institutionen zu stützen vermag (VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012).

Es obliegt dem Meldepflichtigen darzutun, dass er entweder die Verpflichtung zur Meldung im Sinne des § 35 Abs. 3 ASVG auf Dritte übertragen hat oder aus welchen Gründen ihn kein Verschulden an der Unterlassung der Meldung trifft (VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012).

Die Behörde darf dann, wenn eine als zum Grundwissen des Geschäftsführers zu zählende Meldepflicht verletzt wurde, diese Verletzung ohne Weiteres als vom Geschäftsführer verschuldet beurteilen (VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012 mwN).

Dass der BF verpflichtet gewesen wäre, die Beschäftigung von AK und SS gemäß §§ 33 f. ASVG zu melden, steht im gegenständlichen Fall auf Grund des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom XXXX , Zl. XXXX betreffend die Feststellung der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht fest.

Im Bescheid vom XXXX betreffend die Nachversicherung wurde auf die Eigenschaft der AK und SS als freie Dienstnehmerinnen eingegangen. Die Vorlage von Honorarnoten durch AK konnte den BF nicht von seiner Erkundigungspflicht befreien. Auf Grund welcher konkreten (für ein Dienstverhältnis ganz atypischen) Merkmale des Vertragsverhältnisses der BF der Meinung gewesen sein konnte, das Beschäftigungsverhältnis mit SS sei nicht dienstnehmerhaft gewesen, wurde von ihm nicht dargetan. Dass er subjektiv der Meinung gewesen sei, es liege keine Dienstnehmereigenschaft vor, beruht sohin auf mangelnden Kenntnissen, die ihn im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung nicht exkulpieren.

Sofern der BF auf die GPLA (des Finanzamts) im Jahr 2013 verweist, die jedoch seiner Geschäftsführungsbefugnis zeitlich nachgelagert war, kann diese die ursprüngliche Verletzung der Meldepflichten (§§ 33, 34 ASVG) nicht beseitigen oder rechtfertigen.

Zusammengefasst ist ein Verschulden des BF zu bejahen, als er seiner Erkundigungspflicht betreffend die Eigenschaft der AK und SS als freie Dienstnehmerinnen verletzt hat und die daran anknüpfende Meldepflicht als Grundwissen eines Geschäftsführers zu qualifizieren ist.

3.3.3. Zur Kausalität ist anzuführen, dass die Meldeverstöße und die daraus resultierenden Abfuhrpflichtverstöße auch kausal für die Uneinbringlichkeit waren, weil die Beträge bei ordnungsgemäßer Meldung hätten einbringlich gemacht werden können (vgl. VwGH vom 17.12.2015, Zl. 2013/08/0173).

Haftungsbegründend gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist nicht das Herbeiführen der Uneinbringlichkeit als solcher (also insbesondere einer Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin), sondern die schuldhafte Verletzung von Melde- und Auskunftspflichten (bzw. das Unterlassen der Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge) durch den Vertreter. Kausal ist dieses Verhalten grundsätzlich schon dann, wenn die Einbringlichkeit zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung gegeben, die Zahlung der Beiträge durch die Primärschuldnerin im Fall pflichtgemäßen Verhaltens also möglich gewesen wäre. Ausgehend davon, dass die haftungsbegründende Pflichtverletzung ausschließlich in der Meldepflichtverletzung (und nicht etwa in der Herbeiführung einer Zahlungsunfähigkeit) gelegen ist, schadet es auch nicht, wenn jemand zum Zeitpunkt des Eintritts der Uneinbringlichkeit nicht mehr Vertreter der Gesellschaft war (VwGH 22.02.2012, 2010/08/0190).

Es ist davon auszugehen, dass die Sozialversicherungsbeiträge bei richtiger Meldung der Dienstnehmer einbringlich gewesen wären, weil zu diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin noch nicht eröffnet war (vgl. dazu VwGH vom 17.12.2015, Zl. 2013/08/0173).

3.3.4. Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so legte die belangte Behörde ihrem Bescheid einen Rückstandsausweis vom 02.12.2016 zugrunde.

Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (VwGH, 12.01.2016, Ra 2014/08/0028). Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.

Es bedarf – wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038 ausgeführt hat - auch keiner weiteren Klarstellung, wie sich der Haftungsbetrag im Einzelnen zusammensetzt. Die im Bescheid enthaltene Aufgliederung in Teilbeträge für bestimmte Zeiträume zuzüglich Verzugszinsen ist für das gegenständliche Verfahren hinreichend.

Die Haftung des BF erstreckt sich nach dem oben Gesagten auf die Beitragsschulden zur Gänze. Sie umfasst im Hinblick auf die §§ 58 Abs. 5, 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG.

3.4. § 68 Abs. 1 ASVG lautet wie folgt:

Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist."

Der VwGH vertritt in ständiger Rechtsprechung betreffend die "Beitragsmithaftenden" Folgendes: Erstens ist auch über die Haftungsverpflichtung nach § 67 Abs 10 ASVG unter den weiteren Voraussetzungen des § 409 und § 410 (insbesondere Abs 1 Z 7) ASVG ein Feststellungsbescheid nach § 68 Abs 1 ASVG zu erlassen. Zweitens verjährt auch dem Haftungspflichtigen gegenüber dieses Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen erst binnen drei bzw fünf Jahren. Drittens wird dieses Feststellungsrecht jedenfalls auch durch jede zum Zwecke der Feststellung (seiner Haftungsverpflichtung) getroffenen Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Haftungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Viertens ergibt sich aus der Geltung des § 68 Abs 1 ASVG, daß gegenüber dem Haftungspflichtigen von "festgestellten Beitragsschulden" iSd § 68 Abs 2 ASVG jedenfalls so lange nicht gesprochen werden kann, als noch ein Streit über die Haftungsverpflichtung selbst nach § 68 Abs 1 ASVG besteht (VwGH 26.05.2004, 2001/08/0209).

Aus dem Tatbestandsmoment der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung beim Primärschuldner (GmbH) folgt nach der Rechtsprechung des VwGH (Zl. 2001/08/0209), dass die Verjährungsfrist für den haftungspflichtigen Vertreter (zumindest) nicht früher ablaufen kann als die Haftung entstanden ist, dh. als feststeht, dass die Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung eingetreten ist; dabei kann von Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung in dem in § 67 Abs. 10 gemeinten Sinn nur dann gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Feststellbarkeit der Uneinbringlichkeit (frühestens also mit deren objektivem Eintritt) die Beitragsforderung gegenüber dem Primärschuldner nicht verjährt (und damit schon wegen Fristablaufs "uneinbringlich" geworden) ist.

Im gegenständlichen Fall wurde mit Beschluss des LGZ XXXX vom XXXX , XXXX der Konkurs über die Primärschuldnerin eröffnet und mit 17.08.2016 nach Schlussverteilung aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt war die Schuld der Primärschuldnerin als uneinbringlich zu qualifizieren und konnte der BF erst ab diesem Zeitpunkt zur Haftung herangezogen werden. Die Mitteilung der belangten Behörde vom XXXX , mit welcher der BF über die Einleitung des Haftungsverfahrens informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme zu seinem Verschulden aufgefordert wurde, erfolgte somit innerhalb der Verjährungsfrist.

3.5. Aus den dargelegten Gründen war die Haftung des BF im gegenständlichen Fall zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragsrückstand Dienstnehmereigenschaft Erkundigungspflicht Geschäftsführer Haftung Kausalität Meldepflicht Uneinbringlichkeit Verjährungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G302.2160606.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten