TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/5 I403 2235559-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.10.2020
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Entscheidungsdatum

05.10.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2235559-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Montenegro, vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 31.08.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und wurde am 12.05.2020 wegen des dringenden Tatverdachts, das Verbrechen des Suchtgifthandels begangen zu haben, festgenommen.

2. Mit Schreiben vom 18.05.2020 des Landesgerichts XXXX wurde die belangte Behörde von der Verhängung der Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer verständigt.

3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 03.06.2020 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass im Falle einer Verurteilung die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei. Gleichzeitig wurde ihm die Gelegenheit eingeräumt, binnen 10 Tagen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen zu beantworten.

4. Der Beschwerdeführer machte von der Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, keinen Gebrauch.

5. Mit Schriftsatz vom 13.08.2020 des Landesgerichts XXXX wurde die belangte Behörde von einer rechtskräftigen Verurteilung gegen den Beschwerdeführer verständigt.

6. Mit Bescheid vom 31.08.2020, Zl. XXXX , erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Montenegro zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

7. Gegen Spruchpunkt VI. dieses Bescheids richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 28.09.2020 (bei der belangten Behörde eingelangt am 28.09.2020).

8. Mit Schriftsatz vom 29.09.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 30.09.2020, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Montenegro. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Österreich ein und hält sich mindestens seit März 2020 im Bundesgebiet auf. Seit 12.05.2020 befindet er sich in Haft, und er wird voraussichtlich am 22.10.2020 bedingt entlassen.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft:

Mit Urteil vom 07.08.2020, rechtskräftig seit 11.08.2020, des Landesgerichts XXXX zu XXXX wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG und wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz, zweiter Fall, Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ihm ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Höhe von 16 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Der Beschwerdeführer hat in XXXX als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge

1.) anderen durch überwiegend gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar Heroin (angenommener Wirkstoffgehalt 1,73 % Heroin, 0,3 % Monoacetylmorphin und 0,1 % Acetylcodein), nämlich

a.) am 07.05.2020 an einen verdeckten Ermittler 2 Gramm Heroin

b.) am 09.05.2020 an einen verdeckten Ermittler 2 Gramm Heroin

c.) zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum von etwa Ende März bis Anfang Mai 2020 in zehn Angriffen einem abgesondert verfolgten Käufer 15 Gramm Heroin

d.) zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum von März 2020 bis 11.05.2020 in zahlreichen Angriffen unbekannt gebliebenen Abnehmern zumindest 983 Gramm Heroin.

2.) am 12.05.2020 mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar 223,60 Gramm Heroin (darin 153, 2 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 1,73 % Heroin, 0,3 % Monoacetylmorphin und 0,1 % Acetylcodein, 48,1 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 2 % Heroin, 0,4 % Monoacetylmorphin, 0,2 % Acetylcodein sowie 22,3 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 11,12 % Heroin, 0,3 % Monoacetylmorphin und 0,7 % Acetylcodein).

Bei der Strafbemessung wurden die Unbescholtenheit, die Tatbegehung vor Vollendung des 21. Lebensjahres, das umfassende Geständnis und der wesentliche Beitrag zur Wahrheitsfindung mildernd berücksichtigt. Das Zusammentreffen von zwei Verbrechen wurde als erschwerend gewertet.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Die Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit gründet sich auf die zutreffende Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid (AS 47 bzw. Bescheid vom 31.08.2020, S.4) und auf das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer montenegrinischer Staatsbürger sei (AS 84 bzw. Beschwerde vom 28.09.2020, S. 2).

Da der Beschwerdeführer einen Reisepass mit der Nr. XXXX , gültig bis 20.08.2020, besitzt, steht seine Identität fest (AS 46, 47 bzw. Bescheid vom 31.08.2020, S. 3, 4).

Der Beschwerdeführer verkaufte in Österreich im Zeitraum von März 2020 bis Anfang Mai 2020 Heroin, daher war festzustellen, dass er sich mindestens seit März 2020 im Bundesgebiet aufhält. Dass er sich seit 12.05.2020 in Haft befindet und voraussichtlich am 22.10.2020 bedingt entlassen wird, geht aus der Verständigung vom 04.09.2020 der Justizanstalt XXXX über die voraussichtliche Entlassung des Beschwerdeführers hervor (AS 77).

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, war festzustellen, da es von ihm, insbesondere in der Beschwerde, unterlassen wurde, allfällige soziale Kontakte oder Verwandte im Bundesgebiet aufzuzeigen.

Weder aus dem Verwaltungsakt noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich konkrete Umstände, welche die Annahme einer Integration in Österreich nahelegen würden, weshalb die Feststellung über seine mangelnde Integration zu treffen war.

Die Feststellungen über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 01.10.2020 und dem im Akt einliegenden Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.08.2020 zu XXXX (AS 23 ff).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Der Umstand, dass sich die Beschwerde nur gegen den Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides richtet, ergibt sich aus der Beschwerde vom 28.09.2020, in der ausgeführt wurde: „Beschwerde gegen Spruchpunkt VI“. Wenn in der Beschwerde an anderer Stelle beantragt wird, Spruchpunkt IV. zu beheben, handelt es sich dabei um einen offensichtlichen Flüchtigkeitsfehler, da inhaltlich eindeutig das in Spruchpunkt VI. behandelte Einreiseverbot und nicht die in Spruchpunkt IV. geregelte Frist für die freiwillige Ausreise angefochten wurde.

3.1.    Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids.)

3.1.1.  Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn 
         1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;  
         (…)

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der nicht nur auf das bisherige Verhalten des Fremden und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009).

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes vom Landesgericht XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot sohin zu Recht auf § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG gestützt.

Der Ansicht der belangten Behörde, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, ist aus den folgenden Gründen beizutreten:

Ist der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, so ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bereits indiziert. Die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat, nämlich die Durchführung des Suchtgifthandels zeigt, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die Bevölkerung Österreichs und ihre Gesundheit darstellt. Die Erfüllung des Gefährdungsmaßstabs ergibt sich insbesondere aus der hohen Sozialschädlichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers, Heroin gewerbsmäßig verkauft zu haben, da es sich um eine Droge mit hohem Abhängigkeitspotenzial handelt, die bei chronischem Gebrauch zum körperlichen Verfall führt und bei der auch die Gefahr einer (oft tödlichen) Überdosierung sehr hoch ist (vgl. Information des Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), abrufbar unter https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sucht/heroin-kokain/heroin-wirkung-folgen; Zugriff am 05.10.2020).

Zudem stellt Suchtgiftdelinquenz nach der Rechtsprechung des VwGH ein verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist, zumal im Fall des Beschwerdeführers iSd § 28a SMG eine qualifizierte sowie besonders schwerwiegende Form der Suchtgiftdelinquenz vorliegt (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass bei derart schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot entgegenstehen (vgl. VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207 mit weiteren Hinweisen).

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass bei richtiger rechtlicher Beurteilung sowie ordnungsgemäß durchgeführter Gefährdungsprognose ein Einreiseverbot in der Dauer von 8 Jahren als überschießend beurteilt und eine wesentlich kürzere Dauer bemessen hätte werden müssen. Die Behörde habe es verabsäumt, dem bisherigen Lebenswandel des Beschwerdeführers das erforderliche Gewicht beizumessen, und es sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich um einen 19 Jahre alten jungen Erwachsenen und bei der Straftat um einen jugendlichen Fehltritt handle, der keinen Rückschluss auf den zukünftigen Lebenswandel zulasse.

Dieses Vorbringen vermag jedoch nicht zu überzeugen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer trotz seines jungen Alters als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Suchtgifthandel betrieb, lässt es nicht zu, dies als jugendlichen Fehltritt zu werten. Zusätzlich ist sowohl die hohe Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelinquenz als auch die bei jungen Erwachsenen im Allgemeinen höhere Rückfallquote (vgl. RZ 2014, 91) zu berücksichtigen.

Zudem handelt es sich beim gewerbsmäßigen Verkauf von Drogen über einen längeren Zeitraum keinesfalls um einen (spontanen) einmaligen Fehltritt eines Jugendlichen, sondern vielmehr um eine wohl geplante und organisierte Vorgehensweise. Zwar wurde der Beschwerdeführer – wie in der Beschwerde zu Recht ausgeführt wird - das erste Mal in Österreich verurteilt und die verhängte Freiheitsstrafe liegt im unteren Bereich des Strafrahmens, dem steht aber der Umstand gegenüber, dass er zwei Verbrechen beging.

Seine beträchtliche kriminelle Energie ist ebenfalls daran erkennbar, dass er keine Bindungen zu Österreich hat und offenkundig nur ins Bundesgebiet eingereist ist, um Suchtgift zu verkaufen. Außerdem wiegt seine Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schwer, da diese auf eine gravierende Gefährdung öffentlicher Interessen hinweist. In Anbetracht dieser Umstände kann die 8-jährige Dauer des Einreiseverbots nicht als überschießend bewertet werden. Die Erlassung eines Einreiseverbots von weniger als 8 Jahren scheidet vor allem angesichts der Gefahren von gemeinschaftlich organisiertem Suchtgifthandel aus.

Dem Beschwerdeführer kann auch keine positive Zukunftsprognose attestiert werden. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Da sich der Beschwerdeführer derzeit noch in Haft befindet und die begangenen Straftaten ferner noch nicht so lange zurückliegen, um eine positive Zukunftsprognose abgeben oder um überhaupt von einem Wegfall der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehen zu können, kann ihm noch kein Gewinnungswandel und somit keine positive Zukunftsprognose zugesonnen werden. Daran kann auch sein reumütiges Geständnis im Strafverfahren nichts ändern.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren keine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt und sich keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft hat. Allerdings lässt sich der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt aus dem Akteninhalt ableiten. Zudem wurde dem Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme die Gelegenheit zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. Dem Beschwerdeführer wurde daher ein Parteiengehör gewährt. Obwohl er auch ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass er mit der Erlassung einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung ohne eine weitere Anhörung zu rechnen habe, ließ der Beschwerdeführer die ihm gewährte Frist zur Erstattung einer Stellungnahme ungenützt verstreichen. Dem Beschwerdevorbringen, wonach das Ermittlungsverfahren der Behörde mangelhaft sei, kann daher nicht gefolgt werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Verhängung eines langjährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann. In der Gesamtschau der oben angeführten Umstände ist das Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer als angemessen zu qualifizieren.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG als unbegründet abzuweisen.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Die Behörde hat den Sachverhalt auch richtig gewürdigt. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen das Einreiseverbot.

Da im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer ein schwerwiegendes Delikt begangen hat und keine Bindungen zu Österreich hat, sondern lediglich zur Begehung von Straftaten eingereist ist, steht bereits anhand der Aktenlage fest, dass ein Einreiseverbot in der Dauer von 8 Jahren gerechtfertigt und die Entscheidung der Behörde nicht zu beanstanden ist.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich daher keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde eine individuell auf den Fall bezogene Gefährdungsprognose vorgenommen und im Verfahren wurde keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186).

Schlagworte

Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Vorstrafe Wiederholungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2235559.1.00

Im RIS seit

18.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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