TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/26 I408 2234260-1

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Veröffentlicht am 26.08.2020
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Entscheidungsdatum

26.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §207 Abs1
StGB §212
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2234260-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Portugal, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.06.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern. Dieser Aufforderung kam er nicht nach.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 31.07.2020, zugestellt am 05.08.2020, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), es wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung begründet. Er habe keine familiären Anbindungen im Bundesgebiet; verfüge hier über kein Beschäftigungsverhältnis und sein Privatleben stehe einem Aufenthaltsverbot nicht entgegen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Behebung des angefochtenen Bescheids. Hilfsweise wird die Verringerung der Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes sowie ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Begründet wird die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben und die Entscheidung unzureichend begründet worden sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die vom Gericht angeordnete psychotherapeutische Behandlung und den 20ig-jährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich entsprechend zu würdigen und hätte dies bei ihrer Gefährdungsprognose entsprechend berücksichtigen müssen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist portugiesischer Staatsbürger. Er ist ledig. Seine Muttersprache ist Portugiesisch und er beherrscht die deutsche Sprache.

Der Beschwerdeführer verfügt seit 2003 im österreichischen Bundesgebiet über einen gemeldeten Wohnsitz. Er hat im Bundesgebiet private, jedoch keine familiären Bindungen.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er sich am 16.07.2018 an der ihm anvertrauten Enkeltochter seiner Lebensgefährtin verging, indem er die Hand der damals Elfjährigen nahm, sie über seinen nackten Bauch legte und in Richtung seines Penis führte, wobei das Opfer ihre Hand wegzog, bevor sie diesen berührte. Sodann streichelte er ihren Bauch und ihre Vagina und griff ihr anschließend an die Brust und drückte diese zusammen. Bei der Strafzumessung wurden das reumütige Geständnis und der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet. Erschwerend wirkte sich das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen aus. Der für die Minderjährige in der Strafverhandlung geltend gemachte Betrag von € 1.000, -- wurde vom Beschwerdeführer anerkannt und es erging auch ein entsprechender Zuspruch.

Der Beschwerdeführer verging sich am 16.07.2018 an der ihm anvertrauten Enkeltochter seiner Lebensgefährtin, indem er die Hand der damals Elfjährigen nahm, sie über seinen nackten Bauch legte und in Richtung seines Penis führte, wobei das Opfer ihre Hand wegzog, bevor sie diesen berührte. Sodann streichelte er ihren Bauch und ihre Vagina und griff ihr anschließend an die Brust und drückte diese zusammen.

Der Beschwerdeführer unterzieht sich einer psychotherapeutischen Behandlung.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes und den vom Bundeverwaltungsgericht ergänzend eingeholten Abfragen aus ZMR, AJ-Web-Auszug und Strafregister.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund vorliegender Identitätsdokumente fest (ZMR-Ausdruck vom 26.08.2020).

Dass der Beschwerdeführer ledig ist, keine Sorgepflichten hat und in Österreich keiner Beschäftigung nachgeht sowie die deutsche Sprache spricht, geht aus dem Protokoll der Strafverhandlung vom 06.05,3019 (AS 2) hervor. Diesem ist zu entnehmen, dass er beschäftigungslos ist und die Verhandlung ohne Dolmetscherunterstützung durchgeführt wurde. Zudem ist weder aus dem Beschwerdeschriftsatz noch dem eingeholten Sozialversicherungsauszug ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers zu entnehmen.

Der seit 2003 nachgewiesene Aufenthalt im Bundesgebiet ergibt sich aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Sofern in der Beschwerde behauptet wird, dass sich der Beschwerdeführer schon seit 2000 in Österreich aufhält, so konnte dies weder über das ZMR noch AJ-Web verifiziert werden, noch ist dieser dreijährige Unterschied ausschlaggebend für die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftat, zu seiner Verurteilung und zu den Strafbemessungsgründen basieren auf dem Strafregister und auf dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, XXXX. Es sind keine Hinweise auf weitere relevante strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers aktenkundig.

Dass der Beschwerdeführer private Anknüpfungspunkte in Österreich hat, ergibt sich schon aus seiner Aufenthaltsdauer. Es sind aber keine Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des Beschwerdeführers in Österreich aktenkundig. Familiäre Bindungen des Beschwerdeführers werden weder in der Beschwerde nicht behauptet noch lassen sich auch den Verwaltungsakten nicht entnehmen.

Dass der Beschwerdeführer sich einer psychotherapeutischen Behandlung unterzieht, geht aus dem Beschwerdeschriftsatz sowie einer am 26.08.2020 eingelangten diesbezüglichen Bestätigung (OZ 3 und 4) hervor.

Dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, ergibt sich aus der Schwere und des hohen Unrechtsgehalts der begangenen Tat.

In der Beschwerde werden keine neuen Sachverhaltselemente vorgebracht, sondern nur auf seinen langjährigen Aufenthalt, seine Unbescholtenheit und die Vornahme einer psychotherapeutischen Behandlung auf Weisung des Strafgerichtes hingewiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Portugal und unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit 2003 rechtmäßig und kontinuierlich im österreichischen Bundesgebiet auf und es ist damit der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG (nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich) heranzuziehen.

Der Beschwerdeführer wurde des sexuellen Missbrauchs einer seiner Obhut anvertrauten Unmündigen für schuldig erkannt. Diese Verurteilung, die die Kriterien des § 53 Abs 3 Z 1 FPG erfüllt, indiziert eine beträchtliche von ihm ausgehende Gefährlichkeit. Die sexuelle Ausbeutung von Kindern zählt zu den in Art 83 Abs 1 Unterabs 2 AEUV angeführten Straftaten, die als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen und geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen (vgl. EuGH 22.05.2012, C-348/09, P. I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid). Aufgrund des Alters des Missbrauchsopfers, das beim Übergriff erst elf Jahre alt war und des gleichzeitig verwirklichten Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses weist die Straftat des Beschwerdeführers trotz der vergleichsweise geringen Strafe besonders schwerwiegende Merkmale auf, die ein Aufenthaltsverbot gegen ihn notwendig machen, obwohl er das unionsrechtliche Daueraufenthaltsrecht erworben hat. Daran ändert auch die derzeit vorgenommene Therapie nichts, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters nach der Rechtsprechung des VwGH auch in diesem Fall grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich nach der Tat wohlverhalten hat (siehe zuletzt VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276). Dieser Wohlverhaltenszeitraum beginnt beim Beschwerdeführer frühestens mit seiner Verurteilung am 06.05.2019. Die seither verstrichene Zeit reicht aufgrund der schwerwiegenden Tat gegen die sexuelle Integrität von Kindern noch nicht aus, um einen Wegfall der durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit des Beschwerdeführers anzunehmen.

Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers stellt eine Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral) berührt. Die strafrechtliche Verurteilung wegen Verbrechen und Vergehen gegen die sexuelle Integrität von Kindern führen trotz der vorgenommenen Therapie dazu, dass für den Beschwerdeführer noch keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben in Österreich und geht hier keiner Erwerbstätigkeit nach. Es ist jedoch davon auszugehen, dass er Sozialkontakte geknüpft hat, sodass das Aufenthaltsverbot jedenfalls in sein Privatleben eingreift. Daher ist eine einzelfallbezogene gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit seinen gegenläufigen privaten Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Diese Interessenabwägung ergibt hier, dass der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verhältnismäßig ist. Aufgrund der begangenen Straftat besteht ein besonders großes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Der Beschwerdeführer kann die Kontakte zu in Österreich lebenden Freunden und Bekannten auch durch Telefonate, Briefe und elektronische Kommunikationsmittel (Internet, E-Mail, soziale Medien) sowie durch Besuche außerhalb Österreichs pflegen. Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar, sich außerhalb von Österreich niederzulassen, zumal er alleinstehend und im erwerbsfähigen Alter ist. Das Aufenthaltsverbot wurde somit dem Grunde nach zu Recht erlassen.

Da der Beschwerdeführer zum ersten Mal wegen Sexualdelikten verurteilt wurde und keine relevanten Vorstrafen bestehen, er sich im Strafverfahren geständig verantwortete, sodass das Strafgericht es bei einer bedingten zweijährigen Haftstrafe beließ, ist ein dreijähriges Aufenthaltsverbot ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung wirksam zu begegnen. Dabei sind dem Beschwerdeführer vor allem die unverzügliche Verantwortungsübernahme für seine Tat, die besuchte Therapie und die Übernahme des für die Minderjährige in der Strafverhandlung geltend gemachte Betrag von € 1.000, -- positiv anzurechnen. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids war dahingehend abzuändern.

Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Vor diesem Hintergrund sind die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden, insbesondere, da der BF das Bundesgebiet bereits verlassen hat.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist, zumal auch in der Beschwerde diesbezüglich kein entsprechendes Vorbringen erstattet wurde.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, unterbleibt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal von deren Durchführung keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284, 01.03.2018, Ra 2018/19/0014 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG im vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Gesamtbeurteilung Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Sexualdelikt Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Unmündige Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2234260.1.00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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