TE Vwgh Erkenntnis 1988/6/27 87/12/0129

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Veröffentlicht am 27.06.1988
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Index

Dienstrecht
14/02 Gerichtsorganisation
63/05 Reisegebührenvorschrift

Norm

Geo §277 Abs3
Geo §281
Geo §282
RGV 1955 §20 Abs3

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
87/12/0130
87/12/0131
87/12/0132
87/12/0133

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Fischer, über die Beschwerden 1. des KB in W, 2. der MP in W, 3. des RH in W, 4. des HS in W und 5. des WT in M, alle vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs Kai 5, gegen die Bescheide des Bundesministers für Justiz vom 6. Juli 1987, Zl. 2935/1-III 5/87 (betreffend den Erstbeschwerdeführer), vom 7. Juli 1987, Zl. 1921/3-III 5/87 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), vom 9. Juli 1987, Zl. 1661/1-III 5/87 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), vom 7. Juli 1987, Zl. 1741/1-III 5/87 (betreffend den Viertbeschwerdeführer) und vom 8. Juli 1987, Zl. 5141/1-III 5/87 (betreffend den Fünftbeschwerdeführer), betreffend Reisegebühren zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer stehen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen zum Bund; der Erstbeschwerdeführer befindet sich bereits im Ruhestand. Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer sind Bezirksrevisoren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Auch der Erstbeschwerdeführer hatte während der Zugehörigkeit zum Dienststand eine solche Planstelle inne.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zuständig gewordene belangte Behörde die näher bezeichneten Anträge der Beschwerdeführer auf Zuerkennung von Reisegebühren nach § 20 Abs. 1 RGV 1955 für Prüfungen der Geschäfte und der Gebarung der Gerichte im Raume Wien ab. Diese Bescheide wurden (insofern gleichlautend) wie folgt begründet:

„Die von den Bezirksrevisoren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bei den Wiener Gerichten vorgenommenen Geschäfts- und Gebarungsprüfungen sind Dienstverrichtungen im Dienstort (§ 2 Abs. 2 RGV).

Bei Dienstverrichtungen im Dienstort gebührt dem Beamten nach § 20 Abs. 1 RGV grundsätzlich der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels (§ 20 Abs. 1 Z. 1) und die Tagesgebühr nach Tarif II, und zwar im vollen Ausmaß bei einem 12 Stunden übersteigenden ununterbrochenen Aufenthalt außerhalb der Dienststelle, im Ausmaß von zwei Drittel dieser Tagesgebühr bei einem 8 Stunden übersteigenden ununterbrochenen Aufenthalt außerhalb der Dienststelle und im Ausmaß von einem Drittel dieser Tagesgebühr bei einem 5 Stunden übersteigenden ununterbrochenen Aufenthalt außerhalb der Dienststelle (§ 20 Abs. 1 Z. 2).

Kein Anspruch auf eine Vergütung nach Abs. 1 besteht jedoch für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind (§ 20 Abs. 3 RGV).

Um eben solche regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen handelt es sich jedoch bei der auswärtigen Prüfungstätigkeit des Bezirksrevisors:

Gemäß § 280 Abs. 1 lit. b Geo werden durch den Oberlandesgerichtspräsidenten Beamte des gehobenen Fachdienstes (nunmehr Beamte des gehobenen Dienstes) als Revisoren bei den Gerichtshöfen I. Instanz mit der Bezeichnung ‚Bezirksrevisor‘ bestellt; der Bezirksrevisor nimmt die Prüfung bei den Bezirksgerichten und den Gerichtshöfen I. Instanz vor. Nach § 280 Abs. 2 Geo können auf Anordnung des Oberlandesgerichtspräsidenten mehrere Bezirksrevisoren verschiedener Sprengel am Sitz eines Landesgerichtes zusammengezogen werden, um sie je nach Bedarf verwenden zu können. In diesem Falle haben die Präsidenten der Gerichtshöfe die Entsendung des Bezirksrevisors beim Oberlandesgerichtspräsidenten zu beantragen, der das weitere veranlaßt.

Die Prüfungsbeamten bei den Gerichtshöfen I. Instanz in Wien werden im Sinne der obgenannten Bestimmungen am Sitze des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien zum Bezirksrevisor beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, Landesgericht für Strafsachen Wien, Handelsgericht Wien und Jugendgerichtshof Wien (sowie nunmehr Arbeits- und Sozialgericht Wien) bestellt, bleiben jedoch dem Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien unterstellt. Die Diensträume der Bezirksrevisoren (Geschäftsabteilung), in denen die außerhalb der Prüfung an Ort und Stelle (der jeweiligen Gerichte) zu verrichtenden Amtsgeschäfte, wie die Überprüfung der Beschlüsse über Sachverständigengebühren, Berichtigung von Zahlungsaufträgen usw., erledigt werden, befinden sich infolge Raumnot nicht im Justizpalast beim Landesgericht für Zivilrechtssachen selbst, sondern im Gebäude des Bezirksgerichtes Fünfhaus in Wien 15., Sperrgasse 17.

Gemäß § 277 Abs. 3 Geo hat der Revisor jährlich einmal eine Prüfung (jedes einzelnen Gerichtes) zu einem vorher nicht bestimmten Zeitpunkt vorzunehmen. Die Geschäfts- und Gebarungsprüfung der Gerichte im Raum Wien wird von fünf bestellten Bezirksrevisoren auf der Grundlage eines Jahres-(Vierteljahres)-Prüfungsplanes vorgenommen, der vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien genehmigt werden muß.

Andere Gerichte zu prüfen, liegt somit in der Natur des Dienstes eines Bezirksrevisors und es handelt sich dabei - wie aus dem Umfang des Aufgabenbereiches und den vorgeschriebenen Prüfungsperioden hervorgeht - um regelmäßige Dienstverrichtungen.

Nach der zwingenden Vorschrift des § 20 Abs. 3 RGV steht für derartige Dienstverrichtungen im Dienstort keine Vergütung nach § 20 Abs. 1 RGV zu.“

In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden Anträge der Beschwerdeführer auf „Reisegebühren nach § 20 Abs. 1 RGV 1955 für Prüfungen der Geschäfte und der Gebarung der Gerichte im Raume Wien“ mit der Begründung abgewiesen, daß diese Prüfungen im Sinne des § 20 Abs. 3 RGV 1955 „als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen“ seien.

Die Beschwerdeführer anerkennen ausdrücklich, daß die Dienstverrichtungen zur Natur ihres Dienstes gehören, sie bestreiten aber die Regelmäßigkeit. Dazu erschöpfe sich die Begründung der angefochtenen Bescheide in der Wendung „wie aus dem Umfang des Aufgabenbereiches und den vorgeschriebenen Prüfungsperioden hervorgeht“. Was der hierin enthaltene Hinweis auf die Häufigkeit betreffe, sei seine mangelnde Eignung offensichtlich. Auch dem sehr häufigen Auftreten von Ereignissen könne jede Regelmäßigkeit fehlen. Genau das sei hier der Fall und sogar durch Gesetzesregelung vorgezeichnet, die Unregelmäßigkeit geradezu verlange, da jede Regelmäßigkeit für die zu prüfenden Gerichte zumindest die Möglichkeit der Vermutung des Zeitpunktes der nächsten Prüfung eröffnen würde. Allerdings sei unzweifelhaft eine solche Häufung gegeben, daß in jedem Jahr Dienstreisen anfielen. Damit fiele aber dieser Grund in seiner Bedeutung mit dem weiteren Grund der „vorgeschriebenen Prüfungsperioden“ zusammen. Auch daraus sei für den einzelnen Prüfer nicht mehr zu erschließen, als daß jedenfalls jährlich Dienstreisen anfielen. Hingegen sei es durchaus vorgekommen und komme es auch tatsächlich zu Perioden von jedenfalls mehr als einem Monat ohne solche Dienstreisen. Das Erfordernis der Regelmäßigkeit sei daher nicht erfüllt. Der Gesetzgeber habe nicht auf die Häufigkeit abgestellt, soweit diese nicht im Erfordernis „aus der Natur der Sache“ enthalten sei. Gerade durch dieses Erfordernis werde mittelbar auch bereits vorgegeben, daß Dienstreisen mindestens jährlich bzw. sogar monatlich anfielen.

Bei einem Dienst, bei dem dies nicht zuträfe, könnte schwerlich gesagt werden, daß dennoch Dienstreisen zur Natur des Dienstes gehörten. Damit erhalte die zusätzliche Festlegung des Regelmäßigkeitserfordernisses zwingend die Bedeutung, daß sie durch die Häufigkeit von Dienstreisen auch in einem Ausmaß, wie es hier gegeben sei, nicht erfüllt werden könne. Da jedenfalls eine Regelmäßigkeit in jedem anderen Sinne fehle, sei dieses im Gesetz zusätzlich genannte Erfordernis nicht erfüllt. Demgemäß erweise es sich, daß die belangte Behörde § 20 Abs. 3 RGV 1955 in Wahrheit so auszulegen versuche, als ob darin nur das Erfordernis aufgestellt wäre, daß die Dienstreisen zur Natur des Dienstes gehören und nicht auch regelmäßig anfallen müssen. Dies sei rechtsirrig.

Nach § 20 Abs. 3 RGV 1955 steht für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden, kein Anspruch auf eine Vergütung nach Abs. 1 (sondern gemäß § 20 Abs. 4 RGV 1955 ein Anspruch auf eine besondere Vergütung: vgl. das Erkenntnis vom 18. Juni 1976, Zl. 1288/74) zu, wenn sie als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind. Das bedeutet, daß eine gebührenrechtlich zu beurteilende Dienstverrichtung im Dienstort außerhalb der Dienststelle daran zu messen ist, ob Dienstverrichtungen dieser Art als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 1974, Zl. 116/74, Slg. N.F. Nr. 8677/A, auf das die belangte Behörde in den Gegenschriften verweist, zum Begriff „regelmäßige Dienstverrichtungen“ ausgeführt hat, ist es sowohl dann erfüllt, wenn solche Dienstverrichtungen „von formelhafter Gesetzmäßigkeit“ sind, als auch dann, wenn der Außendienst und nicht der Innendienst die Regel ist. Die in den §§ 281, 282 Geo näher umschriebene, nach § 277 Abs. 3 Geo jährlich einmal zu einem vorher nicht bestimmten Zeitpunkt vorzunehmende „Gebarungs- und Verrechnungsprüfung“ der in den Bescheidbegründungen angeführten Gerichtshöfe erster Instanz und der ihnen untergeordneten Wiener Bezirksgerichte durch einen der fünf Bezirksrevisoren des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien liegt nicht nur unbestritten in der Natur ihres Dienstes, sondern ist auch insofern von formelhafter Gesetzmäßigkeit, als nach der eben genannten Verordnungsbestimmung eine solche Gebarungs- und Verrechnungsprüfung jedes der genannten Gerichte einmal jährlich und damit in diesen „vorgeschriebenen Prüfungsperioden“ immer wiederkehrend zu erfolgen hat. Daß die jährliche Prüfung eines konkreten Gerichtes „zu einem“ (jedenfalls für dieses Gericht) „vorher nicht bestimmten Zeitpunkt vorzunehmen“ ist, demgemäß in unterschiedlichen Zeiträumen eines Jahres stattfindet und unterschiedlich lang dauert (so die Behauptungen der Beschwerdeführer in den Verwaltungsverfahren) und - nach den Behauptungen der Beschwerden - nicht, wie die belangte Behörde festgestellt hat, in Jahres- oder Vierteljahresplänen vorher festgelegt wird, benimmt dem Typus dieser nach den erwähnten Verordnungsbestimmungen vorgeschriebenen, einmal jährlich vorzunehmenden, in der Natur des Dienstes eines Bezirksrevisors des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gelegenen Dienstverrichtung im Dienstort außerhalb der Dienststelle nicht die Regelmäßigkeit im Sinne formelhafter Gesetzmäßigkeit. Ob dies auch dann zuträfe, wenn keine Prüfungsperioden vorgeschrieben wären, braucht in den Beschwerdefällen nicht geprüft zu werden.

Da nach den obigen Darlegungen die Unterstellung der konkret zu beurteilenden Dienstverrichtungen der Beschwerdeführer außerhalb ihrer Dienststelle unter § 20 Abs. 3 RGV 1955 dem Gesetz entspricht und daher die Abweisung ihrer Anträge, ihnen Reisegebühren nach § 20 Abs. 1 RGV 1955 zuzuerkennen, zu Recht erfolgt ist, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Bemerkt wird, daß damit - entsprechend dem Gegenstand dieser Beschwerdeverfahren - nicht über die Frage entschieden wurde, ob den Beschwerdeführern für diese Dienstverrichtungen eine besondere Vergütung nach § 20 Abs. 4 RGV 1955 gebührt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, 27. Juni 1988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1987120129.X00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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