TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/16 I410 2167846-3

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Veröffentlicht am 16.07.2020
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Entscheidungsdatum

16.07.2020

Norm

AsylG 2005 §15
AsylG 2005 §24 Abs3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I410 2167846-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva Lechner, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.10.2018, Zl. 1078082104/180657870, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 15.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (Erstantrag).

Mit Bescheid vom 28.07.2017, Zl. 1078082104-150867554, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) diesen Antrag als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist und eine 14tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Dieser Bescheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.03.2018, GZ I416 2167846-1/7E, bestätigt.

Am 29.03.2018 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag (ersten Folgeantrag) auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 28.05.2018, Zl. 1078082104/180306724, wies die belangte Behörde diesen Folgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 04.07.2018, I403 2167846-2/3E, als unbegründet ab.

Am 12.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.10.2018, Zl. 1078082104/180657870, wies die belangte Behörde diesen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) gemäß „§ 68 Abs. 1 AVG“ wegen entschiedener Sache zurück.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 20.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

Der volljährige und strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer, ist in einem arbeitsfähigem Alter, ist Angehöriger der Volksgruppe der Igbo, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Feststellungen zu seiner Identität – vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum – können nicht getroffen werden.

Im ersten, rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren wurde zusammengefasst Folgendes geltend gemacht: Der Beschwerdeführer habe Nigeria wegen eines Familienstreits um ein Grundstück mit einem Haus verlassen. Das Haus habe sein Vater und sein Onkel gemeinsam von seinen Großeltern bekommen. Sein Onkel habe dann aber das ganze Haus alleine besitzen wollen und deshalb sei es zu Streitigkeiten und Kampfhandlungen gekommen. Dabei sei der Vater des Beschwerdeführers von einem Cousin umgebracht worden und der Beschwerdeführer habe dann einen seiner Cousins getötet. Danach sei er weggelaufen, weil er fürchtete, von seinen Cousins umgebracht zu werden. Probleme mit der Polizei befürchte er deshalb auch. In der gegen den abweisenden Bescheid gerichteten Beschwerde machte der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt im Wesentlichen geltend, er müsse befürchten, von seinen Cousins umgebracht zu werden. Außerdem müsse der geschilderte Vorfall mit Toten und Verletzten kriminalpolizeiliche Ermittlungen in Nigeria auslösen. Wenn die Vorfälle nämlich keine Ermittlungen auslösten, sei davon auszugehen „dass in seinem Herkunftsland anarchie herrscht und die Rechtsdurchsetzung sowohl gegen ihn als auch gegen die Täter die gegen seine Familie tätlich geworden sind dem Faustrecht überlassen wäre und somit der Beschwerdeführer bewußt schutzlos der Behörde bzw. Willkür seiner Gegner ausgesetzt wäre.“

Im Erkenntnis vom 12.03.2018 gab das Bundesverwaltungsgericht seiner Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und die Rückkehrentscheidung keine Folge und setzte sich dabei unter Berücksichtigung der einschlägigen Berichtslage zum Herkunftsstaat Nigeria mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander. Dabei verneinte es die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens und das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung. Darüber hinaus bejahte es, selbst für den Fall, dass eine private Verfolgung durch Familienmitglieder vorliegen würde, die Schutzfähigkeit und –-willigkeit der nigerianischen Behörden bzw. das Vorliegen eine innerstaatliche Fluchtalternative. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Beschwerdeführers und der allgemeinen Lage in Nigeria, kam das Bundesverwaltungsgericht, ebenfalls wie zuvor die belangte Behörde, zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen wird können.

In seinem ersten Folgeantrag vom 29.03.2018 machte der Beschwerdeführer Folgendes geltend: Er habe inzwischen via Facebook wieder Kontakt zu seiner Schwester. Sie habe ihm gesagt, dass er in Nigeria von der Polizei bzw. seinem Onkel und seinen Cousins wegen des im Rahmen seines ersten Asylverfahrens geschilderten Vorfalls mit seinem Cousin im Jahr 2015 gesucht werde. Dieser Folgeantrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2018 rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Im nunmehrigen zweiten Folgeantrag vom 12.07.2018 bringt der Beschwerdeführer vor, dass sein erwähntes Problem noch immer existiere und schlimmer werde. Er habe mit seiner jüngeren Schwester über Facebook (schriftliche) kommuniziert. Sie habe ihm geschrieben, dass sein Onkel ihr Haus niedergebrannt habe und noch immer nach ihm suche, um ihn umzubringen. Bei einer Rückkehr befürchte er, von der Familie seines Onkels bzw seinem Onkel umgebracht zu werden. In der gegen den zurückweisenden Bescheid gerichteten Beschwerde machte der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt geltend, dass er „im gegenständlichen Verfahren von der belnagten Behörde wegen Abwesenheit nicht einvernommen [worden ist], sodass der Sachverhalt – warum [er] noch immer bzw aktuell besonders befürchte, dass [ihn sein] Onkel ums Leben bringen will – ungeklärt blieb. Dies ist insofern entscheidungswesentlich, weil in Nigeria zum einen die Polizei den Bürger nicht schützt, und zum anderen eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht besteht.“ Aus den ausführlichen Länderberichten zu Nigeria ergebe sich, dass in Nigeria katastrophale Verhältnisse herrschten. Da er nicht bei seiner Familie leben könne, wäre ihm internationaler Schutz zuzuerkennen. „[D]azu hätte es freilich [s]einer Einvernahme bedurft und hätte das Verfahren eingestellt werden müssen, da diese aufgrund (s)einer Abwesenheit nicht möglich war.“

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nach rechtskräftiger Beendigung seines ersten Asylverfahrens von seinem Onkel weiterhin verfolgt wird und dass dieser das gemeinsame Haus niedergebrannt hat.

Neues (relevantes) Tatsachenvorbringen und neue Tatsachen, die eine gegenüber der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2018 in wesentlichen Punkten geänderte Sachlage begründen, sind nicht gegeben.

Weiters konnte auch eine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht festgestellt werden.

A) 2. Beweiswürdigung

Der maßgebliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt der unbedenklichen verwaltungsbehördlichen Akten.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Zu dem im zweiten Folgeantrag vorgebrachten Vorbringen wird zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers als solches festgestellt. Es ergibt sich aus der Niederschrift seiner Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.07.2018. Das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer von seinem Onkel und seinen Cousins verfolgt wird, deckt sich mit dem Fluchtvorbringen im ersten Asylverfahren, und wurde bereits dort für nicht glaubhaft erachtet. Soweit das Vorbringen zum zweiten Folgeantrag über das ursprüngliche Vorbringen hinausgeht, fehlt diesem, wie auch von der belangten Behörde dargelegt, ein glaubhafter Kern. Wie bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2018 ausführlich dargelegt, war das Fluchtvorbringen, wonach der Beschwerdeführer Verfolgung durch seinen Onkel und seine Cousins wegen Grundstücksstreitigkeiten, welche tätliche Auseinandersetzungen zur Folge hatten, fürchtete, nicht glaubhaft. Bereits daraus folgt, dass das nunmehr ergänzte Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer von seiner Schwester via Facebook erfahren habe, dass sein Onkel aktuell immer noch nach ihm suche und das Haus niedergebrannt habe, keinen glaubhaften Kern aufweist, dem Asylrelevanz zukommt. War die ursprüngliche Verfolgung nicht glaubhaft, ist es deren Fortbestehen ebenfalls nicht. In der von einem Rechtsanwalt verfassten Beschwerde, ist der Beschwerdeführer der schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht entgegengetreten. Im Übrigen blieb der Beschwerdeführer der vom Bundesverwaltungsgericht am 10.07.2020 abgehaltenen mündlichen Verhandlung unentschuldigt fern.

Ein geänderter Sachverhalt in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2018, zugestellt am 13.03.2018, wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Weder wurde eine Änderung der Lage in Nigeria noch wesentliche, in der Person des Beschwerdeführers liegende neue Tatsachen behauptet.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides)

3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

3.2. „Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid (Vorerkenntnis) weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides (Vorerkenntnisses) entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

3.3. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich an Hand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind (VwGH 04.06.1991, 90/11/0229; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 27.06.2001, 98/18/0297; VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0294, mwN).

Im Beschwerdeverfahren gegen den wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückweisenden Bescheid ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Es ist daher das – im erstinstanzlichen Verfahren über den gegenständlichen zweiten Folgeantrag erstattete – Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Verfahrens eingetreten sind, auf das Vorliegen von relevanten Sachverhaltsänderungen zu prüfen, wobei dies an dem im Vorbescheid (Erkenntnis) angenommenen Sachverhalt zu messen ist (vgl. VwGH 20. 03.2003, Zl. 99/20/0480, mit weiteren Nachweisen). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann (VwGH, 04.11.2004, 2002/20/0391).

Als Vergleichsentscheidung ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN), hier also das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2018. In diesem Erkenntnis wurde die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten damit begründet, dass das Fluchtvorbringen, wonach der Beschwerdeführer Nigeria aufgrund einer Verfolgung durch seinen Onkel und seine Cousins wegen Grundstücksstreitigkeiten verlassen habe, nicht glaubhaft ist und selbst unter der Annahme, dass dieses Vorbringen als glaubhaft zu werten gewesen wäre, von einer Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der nigerianischen Behörden auszugehen ist und darüber hinaus dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in diesem Erkenntnis damit begründet, dass dem volljährigen, gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria weder die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen noch die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre. Unter Berücksichtigung der Lage im Herkunftsstaat wurde bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im Falle einer Rückkehr verneint. Außerdem wurde auf das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative hingewiesen.

Bei dem zur Begründung des zweiten Folgeantrages gemachten Vorbringen einer befürchteten Verfolgung durch seinen Onkel und seine Cousins handelt es sich um die Behauptung einer bereits im Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung existierenden Verfolgungs- bzw. Bedrohungssituation. Dieses Fluchtvorbringen wurde vom Beschwerdeführer bereits im ersten Asylverfahren behauptet und für nicht glaubhaft erachtet. Der nunmehr im zweiten Folgeantrag vom Beschwerdeführer darüber hinaus gehenden Behauptung, er habe von seiner Schwerster erfahren, dass sein Onkel das gemeinsame Haus niedergebrannt habe und noch immer nach ihm suche, fehlt es an einem glaubhaften Kern (vgl. die Beweiswürdigung oben unter Punkt 2). Im Übrigen käme diesem neuen Tatsachenvorbringen keine Asylrelevanz zu und würde es zu keinem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits im Erkenntnis vom 12.03.2018 ausgesprochen, dass selbst bei der Annahme einer bestehenden (privaten) Verfolgung durch den Onkel und die Cousins, es am Beschwerdeführer gelegen gewesen wäre, die nigerianischen Behörden um ihren Schutz zu ersuchen, da von einer grundsätzlichen Schutzfähigkeit und –willigkeit der staatlichen Behörden in Nigeria auszugehen ist. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht im maßgeblichen Vorerkenntnis auch das Bestehen einer dem Beschwerdeführer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative bejaht. Dass sich die tatsächliche Lage im Herkunftsstaat seit dem 12.03.2018 in wesentlichen Punkten konkret geändert hat, wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Ein geänderter Sachverhalt in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 12.03.2018 wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Weder wurde eine Änderung der tatsächlichen Lage in Nigeria noch wesentliche in der Person des Beschwerdeführers liegende neue Tatsachen behauptet.

Eine Lageänderung als allgemein bekannte Tatsache, welche unter Umständen von Amts wegen wahrzunehmen gewesen wäre (VwGH 07.06.2000, 99/01/0321; 29.06.2000, 99/01/0400; 15.03.2010, 2006/01/0316), lag ebenfalls nicht vor. Dies folgt bereits daraus, dass zwischen Ergehen der zuletzt gegenüber dem Beschwerdeführer getroffenen rechtskräftigen Entscheidung vom 12.03.2018 und dem bekämpften Bescheid nur rund sieben Monate lagen, in denen keine neuen Berichte über die Lage im Herkunftsstaat die zu einer Aktualisierung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Nigeria geführt hätten, hervorgekommen sind.

Sowohl mit Blick auf die rechtskräftig entschiedene Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigter als auch mit Blick auf die rechtskräftige Nichtgewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kam es somit weder in der maßgeblichen Sachlage noch in den anzuwendenden Rechtsnormen zu einer Änderung, aufgrund derer eine andere rechtliche Beurteilung des Vorbringens möglich gewesen wäre.

Die belangte Behörde durfte keine neue Sachentscheidung treffen, sodass sie den gegenständlichen Folgeantrag zutreffend wegen entschiedener Sache zurückwies.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, die belangte Behörde hätte das Verfahren einstellen müssen, da eine Einvernahme des Beschwerdeführers aufgrund seiner Abwesenheit nicht möglich war, ist auf § 24 Abs 3 AsylG zu verweisen, wonach der Umstand, dass der Asylwerber von der belangten Behörde oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen steht, wenn der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht und sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat. Dadurch, dass der Beschwerdeführer seiner Ladung zum Einvernahmetermin bei der belangten Behörde unentschuldigt fernblieb, verletzte er seine Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG und hat sich dem Verfahren entzogen. Davon geht wohl auch der Beschwerdeführer selbst aus, wenn er in der Beschwerde ausführt, „[s]eine Einvernahme [sei] aufgrund seiner Abwesenheit nicht möglich [gewesen]“. Warum die belangte Behörde nicht von einem geklärten Sachverhalt hätte ausgehen dürfen, ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde enthält diesbezüglich weder ein substantiiertes Vorbringen noch wird darin den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen (konkret) entgegengetreten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren Einvernahme entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Mitwirkungspflicht Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Verfahrensentziehung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I410.2167846.3.00

Im RIS seit

05.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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